Die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts, Teil 4: Die Verfolgung und heimtückische Ermordung der Revolutionäre

in #deutsch7 years ago (edited)

Die ist der vierte Teil meiner Serie über die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. Der Spartakusaufstand brachte die Massen der Arbeiterschaft auf Berlins Straßen und das Militär schlug blutig zurück. Doch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht bekamen sie bisher noch nicht zu fassen. Die anderen Teile meiner Serie sind, bzw. werden sein:

Die Verfolgung der Revolutionäre

Während der Spartakusaufstände, der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht festlegen, erkannte Generalstabsoffizier Waldemar Pabst ein weiteres Mal die Gefährlichkeit Rosa Luxemburgs für die Konterrevolution. Ein katholischer Offizier aus Pabsts eigenen Reihen der GKSD trat an ihn mit der Bitte heran, man möge Rosa Luxemburg doch zur Truppe sprechen lassen, denn sie sei "eine Heilige" und ein neuer "Messias" (zit. n. Gittinger 1993, S.16). Waldemar Pabst schrieb dazu folgendes in seinen Memoiren:

"In diesem Augenblick erkannte ich die ganze Gefährlichkeit der Frau Luxemburg. Sie war gefährlicher als alle anderen, auch mit der Waffe." (Pabst: Memoiren, S.66)

Von da an beschloss Pabst Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gezielt zu jagen und zu beseitigen. Er ließ sie observieren und abhören, ließ etliche Briefe abfangen und versuchte jedes Versteck der beiden ausfindig zu machen.

Vor dem Hotel Eden

Bild Deutsches Historisches Museum

Am 15. Januar 1919 hatte man beide genau lokalisiert. Man nahm sie und den KPD-Politiker Wilhelm Pieck, der Luxemburg und Liebknecht gefälschte Papiere bringen wollte, gegen Abend im Haus der mit ihnen befreundeten Familie Marcusson gefangen und überführte sie getrennt und zu verschiedenen Zeitpunkten in das Hauptquartier der GKSD, das Eden-Hotel. Alle an der Verhaftung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Beteiligten erhielten später eine Belohnung in Höhe von 1700 Reichsmark, zu damaligen Zeiten eine enorme Summe (vgl. Gietinger 1993, S. 20).

Die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts

Eden Hotel

Die GKSD hatte in zwei großen Räumen im ersten Stock des Eden-Hotels ihr Quartier bezogen. Der eine Raum war der so genannte 'kleine Saal', das ehemalige Casino, und der andere, der so genannte 'kleine Salon', das Arbeitszimmer Pabsts. Gegen 21 Uhr 30 wurde Karl Liebknecht durch den Haupteingang des Hotels in den 'kleinen Salon' geführt, wo er einige Minuten von Waldemar Pabst verhört wurde. Liebknecht gab sich als Marcusson aus, wurde jedoch anhand der Initialen 'K L' in seiner Kleidung identifiziert.

Danach ging Pabst in den Nebenraum, den 'kleinen Saal', und rief wissend, dass Rosa Luxemburg auch bald eingeliefert werden würde, Gustav Noske an um die Erlaubnis für eine Exekution einzuholen. Noske jedoch erwiderte, dass Pabst eine Genehmigung zur Erschießung der beiden Gefangenen von General von Lüttwitz einholen solle. Jedoch entgegnete Waldemar Pabst, dass er diese nie bekommen würde. Daraufhin lautete die Antwort Noskes: "dann müsse er [Pabst] selbst verantworten was zu tun sei"(zit. n. Gietinger 1993, S.63). Pabst verstand dies als einen Freibrief für die Ermordung Luxemburgs und Liebknechts. Sofort beauftragte er den Hauptmann Horst von Pflugk-Harttung eine Truppe zusammen zu stellen, welche die Exekution ausführen sollte.

Pflugk-Harttung verständigte, als er in der nähe des Hotels gelegenen Quartier 'In den Zelten' angekommen war, seinen Bruder Heinz, dieser benachrichtigte den Leutnant zur See Hermann W. Souchon. Und Souchon suchte sich den Oberleutnant zur See Ulrich von Ritgen, den Leutnant zur See Heinrich Stiege und den Leutnant zur See Bruno Schulze aus. Zusammen kehrten alle in das Hotel-Eden zurück und berieten mit Waldemar Pabst das weitere Vorgehen. Kurz bevor Rosa Luxemburg eingeliefert wurde, entschieden sie, dass man Liebknecht auf dem Weg in das Untersuchungsgefängnis Moabit auf der Flucht erschießen sollte. Da Rosa Luxemburg jedoch körperlich sehr angeschlagen war, einigte man sich, dass eine Erschießung auf der Flucht bei ihr unglaubwürdig wirken würde, also wollte man den Tod durch einen Lynchmob fingieren.

Gegen 22 Uhr wurden Rosa Luxemburg und Willhelm Pieck in das Hotel durch den Haupteingang eingeliefert. Beim Betreten des Hotels rief ein Offizier höhnisch: "Röschen, da kommt die alte Hure". Lautstark protestierte Wilhelm Pieck gegen diese Beschimpfung und der Offizier entgegnete daraufhin: "Was will der Kerl? Ist wohl ihr Kavalier. Haut ihm in die Fresse" (zit. n. Hertmann 1987, S.254). Rosa Luxemburg wurde Waldemar Pabst im 'kleinen Saal' vorgeführt und Wilhelm Pieck sollte in einer Ecke des Flures auf seine Erschießung warten, die glücklicher Weise nie stattfand. Später konnte Pieck, nachdem man ihn in ein Polizeiquartier gebracht hatte, entkommen. Zur gleichen Zeit befand sich Karl Liebknecht noch immer im Zimmer nebenan, dem 'kleinen Salon'.

Pabst schrieb über das folgende Verhör mit Rosa Luxemburg:

"Ich [Pabst] fragte: Sind Sie Frau Luxemburg? Darauf sagte sie: Entscheiden Sie bitte selber. Da sagte ich: Nach dem Bilde müssten sie es sein. Darauf entgegnete Sie: Wenn sie es sagen! Ich war genauso schlau wie vorher." (Prozessakten: BA-MA, PH 8V/ Bd. 13, S.195)

Danach brachte man Rosa Luxemburg - Liebknecht wurde zuvor abgeführt - in den 'kleinen Salon'. Dort nähte sie sich den während ihrer Gefangennahme beschädigten Rocksaum an und versuchte sich mit dem Lesen von Goethes Faust, den sie zuvor im Haus der Marcussons eingepackt hatte, abzulenken. Etwa gegen 22 Uhr 45 wurde Karl Liebknecht unter Beschimpfungen, bespuckt von Hotelgästen und von Soldaten die Treppe hinunter zum Nebenausgang abgeführt.

Vor dem Hotel, das weiträumig abgesperrt war, bildeten einige Soldaten ein Spalier. Hauptmann Petri, der von Pabsts Beschluss, Luxemburg und Liebknecht ermorden zu lassen, nichts wusste, hatte, weil er fürchtete, Karl Liebknecht würde ungeschoren und lebend davonkommen, den Jäger Otto Wilhelm Runge bezahlt, damit er Liebknecht niederschlagen sollte. Eben dieser Jäger erkannte durch die gläserne Drehtür des Haupteingangs des Hotels, dass Karl Liebknecht durch den Seitenausgang abgeführt wurde. Er lief um das Hotel herum und erreichte das Auto, in dem Liebknecht abtransportiert werden sollte, als dieser im Begriff war einzusteigen. Er versetzte ihm einen harten Schlag mit einem Gewehrkolben auf den Hinterkopf. Stark blutend sank Liebknecht in den Sitz des Autos, er sagte noch: "Es blutet!" (zit. n. Gietinger 1993, S.22). Niemand reagierte darauf und das Auto fuhr los.

Liebknecht saß neben Leutnant Stiege und hinter Heinz von Pflugk-Harttung und Leutnant Rudolf Liepmann. Vorne platzierten sich Horst von Pflugk-Harttung und der Fahrer Peschel und auf dem rechten und dem linken Trittbrett standen Leutnant Schulze und der Jäger Friedrich. Im Tiergarten am Neuen See hielt der Wagen an, angeblich mit einer Panne. Die Reparatur nehme anscheinend viel Zeit in Anspruch, man werde mit Liebknecht zu Fuß weitergehen, erklärten die Offiziere.

Horst von Pflugk-Harttung packte den Gefangenen am Arm und stieß ihn von sich weg. Immer noch benommen von dem Schlag auf den Hinterkopf torkelte Karl Liebknecht ein paar Schritte nach vorne und die Soldaten eröffneten das Feuer. Liebknecht wurde aus ungefähr fünf Metern tödlich in den Rücken getroffen, er fiel zu Boden und die Soldaten zerrten den Toten zurück in das Auto, das urplötzlich wieder fahren konnte. Gegen 23 Uhr 15 wurde Liebknechts Leiche an der Rettungswache am Zoo, gegenüber dem Eden-Hotels, als unbekannter Toter eingeliefert. Die Offiziere kehrten in das Hotel zurück und erstatteten Pabst im 'kleinen Saal' Meldung.

Die letzen WEge

Bild Deutsches Historisches Museum

Um 23 Uhr 40 wurde Rosa Luxemburg abgeführt. Oberleutnant Kurt Vogel brachte sie durch den Haupteingang des Hotels nach draußen. Dort wartete, wie schon zuvor beim Abtransport von Karl Liebknecht, der Jäger Runge. Er wollte sich das Kopfgeld des Hauptmannes Petri redlich verdienen und schlug auch auf Rosa Luxemburg mit dem Gewehrkolben ein. Sie sank bewusstlos zu Boden und Runge schlug sie ein weiteres Mal. Erst dann griff Oberleutnant Vogel ein und die bewusstlose Rosa Luxemburg wurde zum Auto geschleppt und hineingeworfen.

Vorne saßen der Fahrer Hermann Janschkow und der Beifahrer Richard Hall. Neben Rosa Luxemburg nahmen der Jäger Max Weber und der Jäger Willy Grantke platz. Auch Vogel stieg zu und auf dem linken Trittbrett stand der Jäger Hermann Poppe. Nachdem das Auto einige Meter gefahren war, sprang der Leutnant zur See Hermann W. Souchon auf den Wagen und stellte sich auf das rechte Trittbrett. Auf der Höhe der Nürnberger Straße, 40 Meter vom Hotel Eden entfernt, fiel ein Schuss und traf Rosa Luxemburg in den Kopf. Bis heute ist nicht genau geklärt, wer diesen Todesschuss abgegeben hatte, entweder schoss Kurt Vogel oder Hermann W. Souchon. Danach fuhr der Wagen durch den Tiergarten bis zu einer Brücke über den Landwehrkanal. Vogel beschloss dort zu halten und die Leiche Luxemburgs wurde in den Kanal geworfen. (vgl. Haffner 1981, S.147-158; vgl. Gietinger 1993, S.20-30 & S.63f; vgl. Hetmann 1987, S.253-256; vgl. Hannover/Hannover-Drück 1967, S.35-38; vgl. Strübel 1996, S.109-122)

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind heimtückisch ermordet worden. Im letzten, folgenden Teil unser Serie geht es um das juristische Nachspiel der Morde, den Lügenprozess, und die milden Strafen, mit denen die Täter davon gekommen sind. Wie immer gilt, Kommentare, Resteems und Upvotes sind natürlich gerne gesehen.

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