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RE: Offener Brief an die Abgeordneten des EU-Parlaments

in #deutsch6 years ago

Super Sache! Habe den Brief mal an die CSU-MEPs (also im EU-Parlamant EVP-Fraktion) aus Bayern geschickt. Mal lieber nicht gleich an alle deutsche MEPs, nicht dass die am Ende noch alle antworten ;-)

Habe dazu den Brief etwas abgewandelt: Ein paar technische Formulierungen raus und dafür noch explizit rein, dass Kreative auf YouTube nicht nur nicht geschützt werden wie die Kreativen etablierterer Form (Verlage etc.), sondern auch bedroht werden (durch Overblocking). Wollte das dazuschreiben, um denen klar zu machen, dass Kreative eben auch AUF bspw. YouTube existieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass so mancher MEP sich dieser Tatsache völlig unbewusst ist.
Außerdem habe ich noch nen Satz am Anfang dazu geschrieben, der erwähnt dass das folgende auf die Antwort von Axel Voss direkt eingeht. In der obigen Form finde ich es etwas seltsam das an andere Parlamentarier als den Herrn Voss zu schicken, da ja schon explizit auf dessen Antwort eingegangen wird.

Ich hänge meine abgewandelte Form des Briefes hier mal an. Falls jemand das an weitere CDU-EU-Parlamentarier schicken möchte, z.B. diejenigen des eigenen Bundeslandes, nur zu. Bayern wie gesagt habe ich schon gemacht. (Und nur an CDU schicken, macht nicht wirklich Sinn den Brief in dieser Form an Parlamentarier einer anderen Fraktion als der von Axel Voss zu schicken.)

Sehr geehrte Damen und Herren,

bzgl. der anstehenden Abstimmung zum neuen europäischen Urheberrecht gibt es bei vielen Menschen in Deutschland große Unsicherheiten.

Die federführende Seite mit Herrn Axel Voss führt seltsam anmutende Argumente an, die für viele Menschen nicht nachvollziehbar sind. Auch im Hinblick auf die in 2019 anstehende Europa-Wahl ist es wichtig dass Ihre Entscheidungen vom Wähler angenommen werden. Eine weitere Entfremdung der EU zum Bürger sollte vermieden werden. Sonst macht es die EU den EU-kritischen Parteien bei der nächsten Wahl zu einfach.

Hier sind zuerst die Parlamentarier, also Sie, gefordert. Ich gehe davon aus, dass Sie die Positionen von Herrn Axel Voss zum neuen Urheberrecht teilen und möchte Ihnen darlegen, wieso einige der von Herrn Voss angebrachten Punkte kritisch zu betrachten sind. Ich hoffe, dass Sie mir einige erhellende Einblicke zu den nachfolgenden Punkten bieten oder dass Sie eine neue Perspektive auf das geplante neue Urheberrecht gewinnen können.

15.000 arbeitslose Journalisten, sowie die Kreativen, die von Ihrer Arbeit nicht mehr leben können, werden als Grund für das EU-Leistungsschutzrecht (Artikel 11) angeführt.
Unverständlich ist dann aber, dass die Journalisten (also die Urheber) nichts von den neuen Einnahmen erhalten. Wieso fehlt eine eindeutige Regelung, die die Urheber an den Einnahmen beteiligt? So entsteht beim Bürger der Eindruck, dass die arbeitslosen Journalisten nur als Grund vorgeschoben werden sollen, um den Verlagen eine Sondersubventionierung zukommen zu lassen.

Warum glauben Sie, dass ein EU-LSR ein Erfolg wird? Vor allem in Bezug auf die Tatsache, dass es derzeit schon ein LSR in Deutschland und Spanien gibt. Trotz des LSR gib es weder in Deutschland noch in Spanien Mehreinnahmen durch das LSR. In beiden Fällen ist der vom Gesetzgeber geplante Effekt - wie von Kritikern vorhergesagt - nicht eingetreten.
Warum glauben Sie, dass eine EU-weite Regelung Erfolg haben wird?

Artikel 13 soll ebenfalls Kreativen mehr Einnahmen bescheren. Aber auch hier greift der geplante Entwurf zu kurz. Das Geld geht nicht an die Kreativen. Es geht an die Rechteverwerter. Warum hat der Entwurf nicht klar geregelt, dass diese die Einnahmen im Grunde an die Kreativen weiterleiten müssen?
Durch solche Fahrlässigkeiten entsteht bei den Wählern der Verdacht, dass diese neuen Richtlinien doch sehr Lobby-getrieben sind.

Niemand bestreitet, dass es Urheberrechtsverletzungen auf Plattformen im Internet gibt. Die Abkehr vom Providerprivileg führt jedoch zu einem Kollateralschaden der vielen Politikern offenbar nicht bewusst ist.

YouTube/Google/Facebook haben das Geld für ein Content-ID System zur Erkennung von Urheberrechtsverletzungen. Kommende Videoplattformen/Social-Websites und bereits existierende kleinere Konkurrenten haben aber nicht die nötigen Mittel. Will man darüber also wirklich das Monopol von Google und Facebook zementieren?

Ferner wird dabei übersehen, dass das Content-ID-System alles andere als perfekt ist. Es wird zwar heute gerne so hingestellt, aber die Realität sieht anders aus. Overblocking, also das massenhafte fälschliche Erkennen von rechtmäßigen Inhalten als unrechtmäßig, ist an der Tagesordnung.

In Deutschland werden außerdem Inhalte geblockt, die nach deutschem Recht legal (Zitatrecht) sind, nach US-Recht aber nicht.

Ferner wird das Content-ID-System nachweislich von Content-Trollen und auch von Urhebern missbraucht. So lassen z.B. Hollywood-Studios sehr gerne Videos löschen, die z.B. keine gute Kritik über den neuesten Hollywood-Film geliefert haben. Ebenfalls beanspruchen Content-Trolle Inhalte, die ihnen nicht gehören oder inzwischen gemeinfrei sind.

Natürlich hat Herr Voss für solche Probleme eine "Lösung": Nutzern, also den Kreativen deren Inhalte durch Overblocking gesperrt sind, stehe ja der Weg vor Gericht frei.
Also für Unternehmen aus Musik und Filmindustrie schafft man eine einfache Lösung, während die anderen Kreativen auf den Plattformen den umständlichen Weg nehmen und vor Gericht ziehen müssen?

Hierbei scheint es häufig, dass von vielen Politikern übersehen wird, dass im digitalen Zeitalter Kreative nicht gleich den Verlagen sind. Beispielsweise auf YouTube sind es Kreative, die die rechtmäßigen Inhalte erstellen - und diese werden nicht nur nicht beachtet beim geplanten Schutz der Kreativen, sondern gerade auch bedroht durch das Overblocking durch Upload-Filter.

Dies ist ein weiterer Punkt, an dem die Politik dem Wähler nur zu deutlich macht, dass die Belange der Menschen wenig Wert haben gegenüber den etablierten großen Verlagen. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich immer mehr Wähler von der EU abwenden und diese als gescheitert betrachten.

Urheberrechtsverstöße im Internet sind inakzeptabel. Urheberrechtsverstöße die auch noch finanziell ausgenutzt werden, sind aber nicht neu und der Gesetzgeber hat Möglichkeiten diese unrechtmäßigen Gewinne abzuschöpfen. Artikel 13 ist jedoch ungeeignet und der Kollateralschaden zu groß.

Die Notwendigkeit einer Modernisierung des Urheberrechts steht übrigens völlig außer Frage. Dessen sind sich viele Nutzer auch bewusst. Dementsprechend hat das EU-Parlament hier eine große Aufgabe. Es ist aber nicht die Aufgabe, Zeitungsverlage vom Wirtschaftsleben auszuklammern und zu subventionieren. Es gehört auch nicht zur Aufgabe, das YouTube/Facebook-Monopol zu zementieren.

Die EU muss natürlich einen fairen Ausgleich schaffen. Diese einseitige Verzerrung, die durch Artikel 11 und 13 vollzogen werden soll, stellt keinen fairen Ausgleich her.

Sollten Sie das anders sehen, würde ich gerne auch Ihre Argumente hören.

Mit freundlichen Grüßen,

Sort:  

Habe eine Antwort von MEP Markus Ferber erhalten. Der Typ versucht sich tatsächlich ernsthaft an der Mär vom LSR, das nur deshalb nicht funktioniert, weil nicht ganz Europa mitmacht. Als ob es Google überhaupt irgendwie juckt ob Europa nun Google News verwendet oder nicht.

Bin mir nicht sicher, ob die Antwort eigens geschrieben oder nicht trotzdem was Standardisiertes ist. Ist recht oberflächlich gehalten, auch wenn ein "In Ihrem Schreiben merken Sie an" vorkommt (womit aber nur das nicht-funktionierende LSR gemeint ist, was wohl jeder erwähnen würde). Zumal der erste Absatz völlig unnötig ist und keinen Sinn macht. Antwort anbei.

Sehr geehrter [RimaNari],

haben Sie vielen Dank für Ihre Anmerkungen bezüglich der geplanten Urheberrechtsrichtlinie. Ich möchte anmerken, dass es sich bei dem Abstimmungsergebnis vom 20. Juni noch um kein finales Ergebnis handelt, sondern der erste Schritt von vielen ist, bis es ein europäisches Regelwerk gibt. Nun muss sich noch das Plenum des Europäischen Parlaments positionieren, bevor das Dossier mit den Mitgliedstaaten verhandelt wird.

In Ihrem Schreiben merken Sie an, dass das Leistungsschutzrecht in Deutschland und Spanien nicht zufriedenstellend funktioniert hat. Diesen Punkt kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings zeigt dies, dass bisher einzelne Länder von den Plattformen ignoriert werden konnten. Durch ein europäisches Leistungsschutzrecht soll nun der Druck auf die Plattformen erhöht werden. Denn solange es die europäischen Verlage nicht schaffen, gemeinschaftlich und solidarisch den Plattformen die Stirn zu bieten, wird ein Fortbestehen zunehmend schwieriger.

In diesem Zusammenhang wären auch kleinere Unternehmen, deren Zweck es ist, von ihren Nutzern hochgeladene urheberrechtlich geschützte Werke zu speichern und diese anderen wieder öffentlich zugänglich zu machen, verpflichtet, Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen. Dabei muss aber nicht zwangsläufig ein kostenintensiver Uploadfilter programmiert bzw. gemietet werden. Denn Plattformen, welche Inhalte schon vorab komplett lizensieren, müssen keine Uploads filtern.

Grundsätzlich sollen mit der geplanten Richtlinienreform künftig die Rechte von Künstlern, Autoren, Produzenten, Verlegern, Rechteinhabern, Konsumenten und Internetnutzern besser geschützt werden. Dieses Ziel begrüße ich natürlich. Doch Maßnahmen, die zu stark in die Nutzungsfreiheit der Internetverwender eingreifen, sehe ich kritisch. Natürlich müssen Urheberrechte geschützt werden, doch dies darf nicht zu Lasten der Rede-, Meinungs- und Kunstfreiheit gehen, die immer noch oberste Priorität haben. Daher müssen Lösungen gefunden werden, die diesen Grundsätzen Rechnung tragen. Für Ihre Bedenken habe ich also Verständnis. Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass diese Kritikpunkte noch einmal Eingang in die politischen Diskussionen finden.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Ferber, MdEP

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