Was ist Handeln? Was ist Praxeologie? Einführung in das Denken Ludwig von Mises

 

Wo anfangen?

Wer das Denken von Ludwig von Mises betrachten will, kann natürlich mit seiner Antwort auf eine kontroverse Frage beginnen: „Warum ist Inflation schlecht?“ oder „Woran scheitert Interventionismus?“ Wenn er grundsätzlicher werden möchte, könnte er mit Mises eigener Wirtschaftstheorie beginnen: „Was sind Preise?“, „Was ist Zins?“ oder „Was ist Geld?“. Doch all das ist nicht das, womit Mises selbst die Darstellung seines Denkens begonnen hat. Am Anfang seines Opus Magnum Nationalökonomie (erweiterte englische Fassung: Human Action) steht die Frage „Was ist Handeln?“. Er beginnt dabei mit der Definition des Begriffes und entfaltet sein Denken über die nächsten 200 Seiten, bevor er sich überhaupt dem engeren ökonomischen Denken zuwendet.

Seine Definition von Handeln lautet: „Handeln ist bewusstes Verhalten. Handeln ist Wollen, das sich in Tat und Wirken umsetzt und damit verwirklicht, ist ziel- und zweckbewusstes Sichbenehmen, ist sinnhafte Antwort des Subjekts auf die Gegebenheit der Welt und des Lebens.“ 

Bewusstes und Unbewusstes

Er fährt damit fort, dass er bewusstes Verhalten von unbewusstem Verhalten unterscheidet und klar trennt. Für ihn gibt es nur eine Grauzone zwischen bewusstem und unbewusstem Verhalten, da wir in manchen Fällen nicht erkennen können, um was es sich gerade handelt. Ansonsten sind die beiden klar voneinander getrennt. 

Das unbewusste Verhalten stellt er in eine Reihe mit anderen Naturerscheinungen, wie etwa das Wetter. Wenn wir uns warm kleiden und einen Schirm mit uns führen um dem Regen zu trotzen ist dies bewusstes Verhalten. Werden wir dann dennoch krank so ist das krank werden unbewusstes Verhalten. Wenn wir kontrollieren können, ob wir vor Wut schreien wollen, dann ist sowohl das Schreien als auch das Zurückhalten des Schreiens bewusstes Verhalten. Können wir es jedoch nicht kontrollieren, so ist das Schreien unbewusstes Verhalten. 

Die Praxeologie

Nach dem alt-griechischen Wort πρᾶξις nennt er seine Lehre vom Handeln Praxeologie. Er trennt die Praxeologie von der Psychologie, indem er den Gegenstand der zweiteren in jenen Vorgängen sieht, die „zu einem bestimmten Handeln führen oder führen können.“ Demgegenüber ist der Gegenstand der Praxeologie das Handeln selbst. Wenn ein Psychopath mordet, so ist der innere Vorgang, der für ihn seinem Handeln Sinn gibt Gegenstand der Psychologie, die Tat hingegen ist Gegenstand der Praxeologie. Die beiden Disziplinen teilen sich zwar das Wort „unbewusst“, doch sie verwenden es auf unterschiedliche Weise.

Handeln kann in den unterschiedlichsten Formen auftreten. Das einfache Wünschen ist an sich noch keine Form des Handelns. Wer will, dass die Sonne scheint und es nicht regnet, der hat noch nicht gehandelt. Doch wer diesen Wunsch ausdrückt, der handelt. In vielen Fällen mag Handeln einen größeren Aufwand involvieren, doch in manchen Fällen genügt es ein einzelnes Wort zu sagen, um gehandelt zu haben. So kann denn auch das Nichtstun als Handeln aufgefasst werden, da es als willentliche Entscheidung aufgefasst werden kann etwas anderes nicht zu tun. 

Wir sehen also, dass der Mensch handeln muss, ob er will oder nicht, aber es ist auch so, dass nur der Mensch handeln kann. Da Denken und Handeln nicht voneinander zu trennen sind, waren menschenähnliche Geschöpfe, die noch nicht denken konnten keine Menschen und ihr tun war kein Handeln.

Ich beziehe mich in meiner Darstellung hier auf Ludwig von Mises: Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens. Genf, 1940. Da Mises Hauptwerk äußerst komplex und umfassend ist, möchte ich auf meinem Blog einige der Schlüsselstellen herausgreifen und zugänglich machen.