Wert, Preis und Kaufkraft - eine Begriffsklärung, die für das Geld-Verständnis enorm wichtig ist

in #deutsch6 years ago (edited)

Maria-Theresien-Taler, 512px, cc-by-sa .jpg
Die bekannteste Silbermünze der Welt, der Maria-Theresien-Taler, stammt auch aus Wien so wie der Philharmoniker

Der im vorigen Beitrag genannte gehaltvolle Kommentar von @melange hat mich nicht nur zu der schwierigen Frage gebracht, sondern bewog mich auch zur im Titel genannten Begriffsklärung, da vor allem die ersten beiden fast immer synonym verwendet oder aber verwechselt werden.

Der Preis: Er ist die Menge eines Gutes oder einer Dienstleistung, die man bei einem Tausch hergibt, um ein anderes Gut oder eine Dienstleistung², das/die man haben möchte, zu erhalten.
² Der Einfachheit halber spreche ich künftig nur von Gut, gemeint ist aber immer beides.

Beispiel 1: Der Stammeshäuptling will sich von den Gefangenen des Nachbarstammes 3 Sklaven eintauschen. Dafür muss er wahlweise 2 Pferde, 5 Kühe oder 36 Ziegen hergeben. Nun können wir auf beiden Seiten von Preisen sprechen: Der Preis für 3 Sklaven beträgt 2 Pferde oder die Mengen der beiden anderen Güter³, der Preis für einen Sklaven demnach z. B. 12 Ziegen. Das sind die Preise aus Sicht des Stammeshäuptlings. Von der anderen Seite betrachtet: Der Preis für z. B. 5 Kühe beträgt 3 Sklaven. Das ist der Preis aus Sicht des Sklavenhändlers.
³ In der Ökonomik zählen auch Lebewesen, inklusive Sklaven, zu den Gütern.

Beispiel 2: Herr Müller braucht einen neuen Maßanzug. Sein Schneider will dafür eine Feinunze Gold haben (war tatsächlich der etwaige Preis vor 200 Jahren, 100 Jahren, 50 Jahren und heute immer noch, wenn man die Preise im jeweiligen Geld in Gold umrechnet!) oder 1,5 kg Silber haben. Müllers Sicht: Der Preis eines Maßanzugs ist eine Feinunze Gold oder 1,5 kg Silber. Des Schneiders Sicht: Der Preis einer Feinunze Gold oder von 1,5 kg Silber ist ein Maßanzug.

Üblicherweise meint man mit Preis aber nur die Menge Geldes, die der geldbenutzende Tauschpartner für das begehrte Gut eintauschen muss, der Begriff wird also nur für diese eine Seite gebraucht. Diesen bezeichnet man als Käufer, da ein Tausch, bei dem von einem der beiden Tauschpartner Geld eingetauscht wird, als Kauf bezeichnet. Die Gegenseite nennt man dann Verkäufer. Das trifft nur auf Beispiel 2 zu. Beispiel 1 ist ein direkter oder Naturaltausch, Beispiel 2 ein indirekter Tausch oder Kauf.

Nun zur Kaufkraft: Ganz einfach, das ist der Preis des Geldes.

Beispiel: Ein Paar Schuhe kostet 100 €. Der Preis, den der Schuhhändler löhnen muss, um 100 € zu erhalten, ist ein Paar Schuhe. Die 100 €, obwohl nur ein bunter Fetzen Papier, haben die Kraft, dafür im Tausch ein Paar Schuhe zu erwerben. Man könnte auch Tauschkraft dazu sagen.

Zum Schluss der schwierigste Begriff, der Wert: Das ist die höchst individuelle, nicht bezifferbare und sich permanent ändernde gedankliche Zuweisung des einzelnen Marktteilnehmers an bestimmte Güter im Hinblick darauf, wie gut diese gegenwärtig relativ im Vergleich zu Alternativen geeignet sind, seine aktuellen Bedürfnisse zu befriedigen.

Das ihm gegenwärtig am geeignetsten erscheinende Gut für sein aktuell dringendstes Bedürfnis nimmt dabei den ersten Rang in seiner Präferenzskala ein und ist damit das gegenwärtig wertvollste für ihn, die Alternativen hierzu und auch die gegenwärtig geeigneten Güter für die aktuell weniger dringenden Bedürfnisse werden nachgereiht und somit mit einem aktuell niedrigeren Wert bedacht.

Keine Angst, ich kann das erklären! Und zwar mit folgendem Beispiel: Ein Handelsvertreter hatte einen langen, harten Tag im Aussendienst hunderte von km von daheim entfernt, irgendwo in der Pampa, wo er noch nie war. Jetzt ist es bereits halb zehn und er hat mächtig Hunger, aber die Dorfwirte, bei denen er es versucht, haben alle schon die Küche geschlossen. Zur Autobahnraststätte ist es noch weit, aber da erblickt er seine Rettung: einen Dönerstand.

Nichts wie hin, und da murrt er erst mal, weil ein Döner 6 € kostet, Unverschämtheit, bei ihm daheim zahlt er maximal 4 €! Aber wegen seines Hungers und der Lage der Dinge kauft er sich gleich 3 davon, schliesslich hat er noch 3 Stunden zu fahren. Nur 20 Minuten später setzt der Dönerverkäufer den Preis auf die Hälfte, weil er noch zu viel übrig hat. Da kommen bald 5 Leute daher, denen er seine Ware lautstark zum halben Preis feilbietet. Aber nur 2 von ihnen haben Interesse und handeln ihn dann auch noch auf 2 € herunter.

Wenige Tage später kauft sich der Handelsvertreter am Wiener Brunnenmarkt einen Döner für 1,30 € (ja, das habe ich schon gehabt, ist erst ca. 2 Jahre her!). Zusammengefasst: Erst kauft einer 3 Döner für je 6 €, kurz darauf bringt der Standler mit Müh und Not 2 für je 2 € los, daheim zahlt der Handelsvertreter 3,50 bis 4 € und kauft sich in Wien einen für 1,30 €. Was ist nun der Wert eines Döners???

Antwort: Ein Döner hat überhaupt keinen Wert an und in sich, so wie nichts auf Erden, noch nicht einmal Gold und Diamanten, sondern nur einen Preis!!! Hier haben wir halt je nach Marktlage verschiedene Preise. Und: Dass Wert und Preis verschiedene Bedeutungen haben, verrät uns das Wort "preiswert", das ja sonst sinnlos wäre!

Der Wert wird vom einzelnen Marktteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt einem bestimmten Gut zugedacht, das Gut wird also von ihm auf seine höchst individuelle und auch nur gegenwärtige Art und Weise wertgeschätzt. Ist es nun so, dass der Handelsvertreter seinen heiss begehrten Dönern den Wert von 6 € beimisst? Oder dass andererseits der Verkäufer den 6 € den Wert eines Döners beimisst? Nein und nein!

Würden beide nämlich das jeweils andere Gut als gleichwertig wie ihr eigenes einschätzen, sich also denken: "Der Döner ist mir jetzt gerade so viel wert wie die 6 €, die ich im Geldbeutel habe." bzw. "Die 6 € sind mir jetzt genauso viel wert wie einer meiner Döner.", dann wären das nur Feststellungen ohne Folgen. Denn warum sollten sie die Güter gegeneinander austauschen, wenn sie ihnen doch gegenwärtig eh gleich viel wert sind, schliesslich ist der Tausch ja ein Aufwand?

Vielmehr ist es notwendige Voraussetzung eines jeden Tausches, dass jeder Tauschpartner das jeweils andere Gut gegenwärtig höher wertschätzt als sein eigenes und dazu den Tauschaufwand mitbedenkt, er also vom Tausch profitiert oder das zumindest erwartet, er kann sich ja täuschen. Also: "Da ich so einen Hunger habe und in Anbetracht der widrigen Umstände sind mir jetzt 3 Döner mehr wert als die 18 €, die ich hinblättern muss." bzw. "Die 18 €, die ich bekomme, sind mir jetzt mehr wert als 3 meiner Döner."

So haben wir nach dem Tausch 2 Profiteure (und nicht einen unverschämten Unternehmer, der das arme Käufer-Opfer ausgenommen hat und dessen Verlust jetzt dem Profit des gierigen Händlers entspricht)! Zur Verdeutlichung noch ein kleines Beispiel eingeschoben: Die Kollegen Paul und Ludwig essen gemeinsam ihre mitgebrachte Jause. Paul hat einen Apfel dabei und Ludwig eine Birne. Sie stellen fest, dass Paul eigentlich Birnen lieber mag als Äpfel und Ludwig beides gleich gern. Nun tauschen sie Apfel und Birne. Voilá, schon haben wir wieder 2 Profiteure! Wie das? Nun, Ludwig profitiert von dem guten Gefühl, seinem Kollegen einen Gefallen getan zu haben.

Und wie ist das jetzt mit den 5 Leuten, von denen nur 2 was wollen und das auch nur, nachdem sie den Halbpreis nochmal gedrückt haben? Auch nicht anders: "Eigentlich bräuchten wir ja nichts mehr, aber nachdem der noch so viel da hat, können wir ihn bestimmt noch runterhandeln, und dann ist uns ein Döner jetzt mehr wert als die läppischen 2 €, aber weniger als die 3 €." bzw. "Na gut, ausnahmsweise sind mir jetzt 2 € mehr wert als einer meiner Döner, da ich noch viel zu viel da habe." [Zuviel Angebot trifft auf zu wenig Nachfrage, Anm.]

Ein andermal steht unser Handelsvertreter vor der Wahl: "Gehe ich jetzt in das feinere Lokal, wo ich für Schnitzel und Bier 18,50 SBD zahle oder doch lieber in das einfache Eckbeisl, wo es mich nur 13 SBD kostet und gehe dafür nachher noch in das nette Café, mein Budget hat halt nur 20 SBD?" Nun zur o. g. Präferenzskala (präferieren = bevorzugen), die in diesem Augenblick für dieses Individuum so ausschaut:

  1. Mittagessen im Eckbeisl, dann Kaffee und Kuchen im Café
  2. nur Mittagessen im feinen Lokal
  3. 20 SBD behalten und hungern

Sein dringendstes Bedürfnis ist gegenwärtig das Stillen seines Hungers. Der Einfachheit halber betrachten wir hier seine aktuellen weiteren Bedürfnisse nicht. Seine Wertschätzung für 1. ist also höher als die für 2., was ihm wiederum deutlich mehr wert wäre als 3., aber eh nicht zum Tragen kommt. Beim nächsten mal präferiert er 2. gegenüber 1., die Skala verschiebt sich also entsprechend und beim dritten mal ist Fasten angesagt, da präferiert er 3., also ändert sich die Skala schon wieder.

Wie sind diese Wertunterschiede nun zu beziffern? Fragen wir ihn einfach, seine Antwort: "Äh, was, wie beziffern? Geht doch gar nicht!" Genau so ist das! Eine Präferenzskala kann also nur eine Reihenfolge, hier von Gütern zur Befriedigung aktueller Bedürfnisse, abbilden, jedoch keine Wertunterschiede zwischen den einzelnen Bedürnisbefriedigungen messen und beziffern.

Werte sind nicht messbar, nicht bezifferbar, damit auch nicht mathematisierbar und nicht aggregierbar, erst recht nicht, nachdem sich die Werte bei jedem Marktteilnehmer auch noch laufend ändern, liebe BWLer und VWLer!

In aller Regel werden einem diese Sachverhalte nicht so ausdrücklich und deutlich bewusst, wie ich sie hier dargestellt habe, aber mit etwas Nachdenken ergibt sich, dass es nicht anders sein kann. Das ist übrigens die Subjektive Wertlehre der Österreichischen Schule (ÖS), die einzige Wertlehre, die alle Tauschphänomene schlüssig und lückenlos erklären kann.

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Sehr schön geschrieben mein Guter, echt TOP der ARTIKEL!!!!!!!!!!!!!!!

Vielen Dank Enrico! Aber wie du schon gemerkt hast ist der schon fast 2 Jahre alt. Ich habe den Text editiert und das ist ein "Edit Post" in der SteemWorld, der nix ausgelöst hat. Aber dann habe ich noch die Tags erweitert auf 10 mit den Tribes, das ging! Das war dann aber ein "Create Post", der deinen Autovoter auslöst (und noch einen).

Das Problem ist mir nicht neu und ich habe es mit dem Steemchiller besprochen. Ich schicke dir gleich den Link. Bei Steemauto ist das Problem nicht. Es passiert ja nichts, ist nur verwirrend.

Posted using Partiko Android

Bei der Gelegenheit hab ich gleich noch eine Frage, die ich dir schon länger stellen wollte: Du hast vor nicht langer Zeit mal farbigen Text gepostet in der Kneipe (rot und evtl. noch eine Farbe). Ich habe das jetzt ein paar mal versucht mit verschiedenen Frontends, aber es geht nicht, obwohl der Befehl schon erkannt wird, da er im Ergebnis nicht zu sehen ist. Hier ein Beispiel-String:

<span style="color:blue">
### Ich bin ein freier Mensch
</span>

Kannst du mir das bitte beibringen? Mindestens einen anderen Befehl habe ich auch noch probiert, ich weiss nicht mehr, welchen.

Via HTML klappt das nicht Steemit hat eine CSS Class
< div class=phishy>DEIN ROTER TEXT< /div>

die Leerstellen nach dem < lässt du aus

DEIN ROTER TEXT

Grob gesagt ist es nur eine CSS Class (Css Klasse)

Vielen Dank! Das geht dann wohl nur in rot. Mich würde auch dunkelblau interessieren.

Leider nein mein bester, aber warten wir ab,
sie haben ja zum HF21 auch ne neu Oberfläche angesagt,
mal sehen ob da dann mehr geht, ich frag mich eh warum sie das Css so dermaßen kastriert haben, ok die API ja auch, nur die Oberfläche war von Anfang an so?!?!?!?! KA KA

Normal kannst du wenn du via API deine Post sendest auch im HTML mit CSS senden, sprich wie eine ganz normale Internetseite, wenn du dann ein eigenes Frontend machst hast du alles was du willst an Farben und Formen, aber halt nicht auf Steemit.com

LOL OK 2 Jahre??? Wieso Votet der Autovoter das noch??

Bin ich bekloppt oder fehlt nur bei mir der Resteem Button????

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