Das spannende Leben der Ameisen - Teil 3
Leben in der Kolonie
Nachdem in Teil 1 die Paarung und in Teil 2 die Koloniegründung behandelt wurde, widme ich mich jetzt den alltäglichen Geschäften einer Ameisenkolonie. Genauer gesagt werde ich über die Rollenverteilung und die Nahrungsbeschaffung berichten.
Rollen innerhalb der Kolonie
Männchen und Weibchen
Die Rolle der Männchen ist ja schon aus meinem ersten Post dieser Reihe hervorgegangen: Sie entstehen aus unbefruchteten Eiern und dienen lediglich der Reproduktion. Vor dem Schwarmflug übernehmen sie keinerlei Aufgaben im Nest.
Männchen haben meist einen merklich kleineren Kopf.
Aus befruchteten Eiern werden, meines Wissens nach abhängig von äußeren Umständen, entweder Königinnen oder Arbeiterinnen. Was mit den Königinnen passiert, wurde ja ebenfalls bereits in Teil 1 behandelt. Den überwiegenden Großteil der Kolonie machen jedoch die Arbeiterinnen aus. Sie sind nach der Gründung beispielsweise für die Nahrungsbeschaffung, die Aufzucht der Brut, die Verteidigung des Nests, die Versorgung der Königin und die Instandhaltung des Nests verantwortlich. Auch wenn ein Umzug notwendig wird, entscheiden das die Arbeiterinnen und nicht die Königin.
Die Königin ist also keineswegs eine Monarchin, sondern vielmehr wird sie lediglich zum " Werkzeug" der Kolonie. Stirbt die Königin, bricht nicht etwa Chaos aus. Ganz im Gegenteil, das Kolonieleben wird einfach fortgesetzt. Da jedoch keine neuen Arbeiterinnen hinzukommen, werden sie nach und nach weniger, längstens bis zum Tod der letzten Arbeiterin an Altersschwäche.
Polymorphismus
Als Polymorphismus (poly - viel, morphe - Gestalt) wird das Auftreten unterschiedlicher "Erscheinungsformen" innerhalb einer Population bezeichnet. In Bezug auf Ameisen ist damit gemeint, dass sich Arbeiterinnen einer Kolonie in sogenannte Kasten einteilen lassen, die sich äußerlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede reichen von kaum erkennbaren Größenunterschieden bis hin zu massiven morphologischen Unterschieden. Bekanntestes Beispiel ist hier wohl Carebara diversa mit ihren gigantischen Super-Majoren. (Leider habe ich von denen kein Bild, ich verweise einfach mal auf die Google Bilder Ergebnisse)
Natürlich sind nicht alle Arten polymorph, die Gattungen Lasius, Myrmica und Formica kommen beispielsweise wunderbar mit nur einer Form aus, während Messor, Camponotus und Pheidole ganz klar polymorph sind.
Minor-, Media-, Major-Arbeiterin
Wenn sich die Arbeiterinnen hauptsächlich durch ihre Größe unterscheiden und die Übergänge stetig sind, teilt man sie meist in Minor-, Media-, Major-Arbeiterinnen ein, wobei die einzelnen Kasten nicht klar definiert sind. Oft ist dabei die Kopfgröße überproportional zur Körpergröße, das heißt, dass die großen Majors einen verhältnismäßig größeren Kopf als die kleinen Minors haben.Soldaten
Nicht jede polymorphe Art hat auch automatisch eine sogenannte Soldatenkaste. Soldaten weisen neben ihrer Größe nämlich auch erhebliche morphologische Unterschiede auf. Anders als der Name vermuten lässt, sind Soldaten bei den meisten Arten jedoch nicht (zwingend) für Verteidigung des Nestes verantwortlich. Sie besitzen beispielsweise einen viel größeren Kopf mit starken Kiefermuskeln, um Nahrung zu zerkleinern.
Ernährung der Kolonie/Nahrungsbeschaffung
Zwei Nahrungsbestandteile sind für Ameisen essentiell: Proteine und Kohlehydrate.
In dem Artikel über den Lebenszyklus einer Arbeiterin habe ich ja schon angerissen, warum das so ist. Wenn Ameisen außerhalb des Nests nach Nahrung suchen, wird das auch "fouragieren" genannt.
Proteine
Proteine werden genau da benötigt, wo Biomasse aufgebaut wird: In der Wachstunsphase. Bei den Ameisen beschränkt wich diese auf ihr Dasein als Larve. Das bedeutet, dass eine Ameisenkolonie auch nur dann Proteine annehmen wird, wenn Larven vorhanden sind. Ist eine Larve erstmal verpuppt, hat die zukünftige Arbeiterin ihre finale Größe erreicht und wird bis an ihr Lebensende nicht mehr wachsen.
Die größte Proteinquelle für Ameisen stellen tote und lebende Insekten dar. Aber auch Fleisch (Aas) kann als solche dienen. In der Haltung werden Proteine auch meist in Form von toten Insekten (z.B. Schokoschaben, die separat gehalten werden und sich schnell wieder vermehren) zur Verfügung gestellt.
Kohlehydrate
Kohlehydrate sind der zweite wichtige Nahrungsbestandteil für Ameisen. Irgendwoher müssen sie schließlich ihre Energie beziehen. Bei vielen Arten geschieht die Aufnahme mittels Honigtau, also den Ausscheidungen von Blattläusen. Eine andere Möglichkeit stellt die nectarivore Ernährung dar (also das Sammeln von Blütennektar). In der Haltung wird stattdessen Honig- oder Zuckerwasser verwendet.
Granivorie
Ich möchte nocheinmal speziell auf diese Art der Ernährung eingehen, da sie sich grundlegend von der "normalen" unterscheidet und auch in der Haltung ganz andere Ansprüche stellt. Granivore Arten ernähren sich nämlich quasi ausschließlich von Pflanzensamen. Einige Arbeiterinnen stellen daraus mit ihren Kauwerkzeugen Ameisenbrot her, das dann als Nahrung für die ganze Kolonie dient. Stehen ausreichend unterschiedliche Samen zur Verfügung, sind keinerlei Ergänzungen in Bezug auf Proteine oder Kohlehydrate nötig. Außerdem wird an geeigneten Stellen im Nest ein Kornspeicher angelegt, sodass auch in Zeiten des Mangels genug Nahrung vorhanden ist. Für die Haltung bedeutet das, dass es nicht notwendig ist, kontinuierlich nachzufüttern. Je nach Koloniegröße kann eine Hand voll Pflanzensamen alle paar Tage völlig ausreichen!
Nahrungsverteilung
Der überwiegende Teil der Arbeiterinnen befindet sich durchgehend innerhalb des Nests. Meist sind das die jüngereren Arbeiterinnen, während die älteren draußen furagieren. Das wird auch nicht durchgewechselt, aber wie gelangt die Nahrung dann zu all den anderen, wie wird die Königin ernährt?
Die Ameisen besitzen einen sogenannten Kropf. Er ist ähnlich dem Magen, mit dem Unterschied, dass es nicht der finalen Verdauung dient. Recht passend wird er auch "Sozialmagen" genannt, denn jede Arbeiterin kann den Inhalt aus ihrem Kropf mit einer anderen Arbeiterin teilen. Dieser Vorgang wird Trophallaxis genannt, und er macht es möglich, dass jedes Individuum einer Kolonie ernährt wird, obwohl nur ein Bruchteil die Nahrungsquelle besucht hat.
Dieser Mechanismus macht viele Ameisengifte so effektiv: Wenige Arbeiterinnen finden die vermeintliche Nahrungsquelle, schlagen sich den Sozialmagen voll und laufen zurück zu Kolonie, wo das Gift schnell unter allen verteilt wird (auch die Larven).
Fazit
Ameisen sind wahnsinnig interessante Tiere, und ihre Haltung ist für mich eines der faszinierenden Hobbys, die ich je begonnen habe. Ich habe noch lange nicht alles gelernt, was es zu wissen gibt, und das kann und wird auch niemals der Fall sein. Mein Zeil war es, euch einen kleinen Vorgeschmack auf die vielen Facetten dieses Themas zu bieten, und ich wurde dabei selbst wieder überwältigt. Ich hatte doch nie geplant so lange Texte zu schreiben! Höchstwahrscheinlich geht trotzdem auch viel Wichtiges ab, oft habe ich einfach drauf los geschrieben... aber schließlich diente diese kleine Reihe auch dazu, mich ein bisschen mit Steemit vertraut zu machen.
Wenn du die anderen beiden Artikel noch nicht gelesen hast:
Teil 1 - Paarung
Teil 2 - Koloniegründung
Wenn du noch Fragen hast, etwas unklar war, dir Fehler auffallen oder du mir einfach nur Feedback geben willst, wäre ich darüber sehr dankbar!
Liebe Grüße,
Gabs
PS: Alle Fotos wurden von mir geschossen und sind mein Eigentum.
Ameisen sind echt faszinierend..^^
Manchen Arten will ich auf keinen Fall begegnen..
Greets
Da fallen mir spontan eigentlich nur Treiberameisen ein... was schwebt dir sonst noch vor? Gut, nackt in ein Solenpsis geminata(Feuerameisen)-Nest zu fallen stell ich mir auch nicht so prickelnd vor... bzw. viel zu prickelnd ;)
Ja gut Treiberameisen wären wohl die Hölle :D
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