Der Prediger ist tot: Erhard Eppler

in #deutsch5 years ago

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Unser Freund und Nekrologe Notan Dickerle ist einer der nettesten Menschen der Welt; aber einer muß die Botschaft ja verbreiten, wenn wieder einmal einer die Frage „Hunde, wollt Ihr ewig leben?“ mit „Nein!“ beantwortet, oder, um es mit dem Melmacaner zu sagen, „in den Sack gehauen“ hat.
Unser verehrter Freund Notan Dickerle wird nun gebührend pietätvollere Worte finden, um Ehrhard Eppler zu verabschieden:

Politiker in Pastorentradition – zum Tode von Erhard Eppler

von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen “Bunt”

Viele haben den SPD-Politiker Erhard Eppler, der am vergangenen Samstag im Alter von 92 Jahren verstorben ist, für einen gelernten Theologen gehalten, aber er war vor seiner politischen Karriere Lehrer für Deutsch, Englisch und Geschichte. Von 1961 bis 1976 war er Parlamentarier im Deutschen Bundestag, anschliessend bis 1982 Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, wo er auch acht Jahre lang als Landesvorsitzender seiner Partei agierte. Als Friedensbewegter der 80-er Jahre war er tatsächlich stark in der evangelischen Kirche engagiert, zwei Mal sogar als Kirchentagspräsident, was seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit erklärt.

Bundeskanzler Kiesinger ernannte Eppler im Oktober 1968 zum Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit der ersten Großen Koalition – er war ihr letzter noch lebender Vertreter. Willy Brandt übernahm den Genossen in sein Kabinett, anfangs tat dies auch Helmut Schmidt, der jedoch für den dem linken Parteiflügel zugehörigen Eppler wenig Sympathie hatte. Als Schmidt den Etat für Entwicklungshilfe zusammenzustreichen drohte nahm der Minister schon bald seinen Hut. Er habe bereits damals auf das Problem Afrika und eine drohende Masseneinwanderung aufmerksam gemacht, sofern man nicht mehr für diesen Kontinent täte, gab Eppler nach der Flüchtlingskrise zu Protokoll. Vorausgesetzt, man wolle dieser Immigration nicht mit den Mitteln des Polizeistaates Einhalt gebieten. Eventuelle “böse Bilder” wollte der SPD-Politiker vom linken Flügel ebenso vermeiden wie die CDU-Bundeskanzlerin 2015, die meint, die Grenzen nicht schützen aber das Klima retten zu können...

Eppler war ein Mann der klassischen Linken, die sich lieber am Kapitalismus rieben als sich für abgehobene intellektuelle Konzepte zu begeistern. So empfahl er während Brandts Regierungszeit Steuererhöhungen, insbesondere einen Spitzensteuersatz von 60%, um die Handlungs- und Umverteilungsmöglichkeiten des Staates auszuweiten – es gab damals noch keine EZB und kein “quantitative easing” (wie Geldbeschaffung über die Notenpresse neuerdings genannt wird). Als Angehöriger der “Erlebnisgeneration” und aktiver Soldat im Zweiten Weltkrieg war er der “Gnade der späten Geburt” noch nicht teilhaftig und behielt die gewisse Bodenhaftung, die besonders aktuelle SPD-Politiker so schmerzlich vermissen lassen. Mit 16 Jahren trat Eppler sogar der NSDAP bei, was er später als “Dummheit” bezeichnete, aber nicht leugnete (“Ich bin nicht gegen meinen Willen auf eine Liste gekommen”). Nicht nur in jungen Jahren änderte er gelegentlich seine Position: hatte er zu Beginn der 80-er Jahre noch gegen den NATO-Doppelbeschluß agitiert so sprach sich Eppler später für den Kosovo-Krieg sowie den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr aus. Bis zuletzt verteidigte er Wladimir Putin – nicht zuletzt auch dessen Politik gegenüber der Ukraine – und kritisierte die arrogante Haltung des Westens gegenüber Russland: es sei gefährlich, “wenn europäischer Hochmut, verbunden mit amerikanischen Einflüsterungen, Russland dahin drängt, wohin es eigentlich nicht will: an die Seite Chinas.” Die Interessen Europas seien nicht identisch mit denjenigen der USA. - Bedenkenswerte Erkenntnisse eines offiziell nie mit Außenpolitik befassten analytisch denkenden deutschen Politikers!

Erhard Eppler hat mehrere Bücher geschrieben, unter anderem eines mit dem Titel “Als Wahrheit verordnet wurde”, in dem er seiner Enkelin in fiktiven Briefen vom Leben im Dritten Reich erzählt, natürlich mit der obligatorischen Stoßrichtung des “Nie wieder!” Zweifelsohne wurde unter Hitler Wahrheit verordnet, aber das war damals auch eine Diktatur, als solche klar erkennbar. Daß sich in Deutschland seit einigen Jahren unter demokratischem Deckmantel und unter Bezug auf angeblich menschenrechtlich gebotene bunte, multikulturelle“Werte” zunehmend ähnliche Tendenzen breitmachen, hat der alte “Pastor” Eppler nicht erkannt, zumindest nicht ausformuliert. Aber auch wer seinen Ansichten und seiner politischen Arbeit wenig abgewinnen konnte muß zugeben, daß die deutsche Politik und besonders die SPD nun wieder um einen originellen Kopf und ein politisches Urgestein ärmer geworden ist. Ruhe in Frieden, Erhard Eppler!

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