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Mir ging es nicht darum, für oder gegen das BGE zu sprechen, sondern das Argument der BGE-Kritiker, dass dann ja niemand mehr arbeiten würde, zu zerlegen. Menschen arbeiten für Geld ja, aber die Qualität des Arbeitsergebnisses hängt auch davon ab, ob sie das, was sie tun, gerne tun. Es wäre doch irgendwie scheinheilig, wenn eine Kindererzieherin oder Lehrerin, die plötzlich 1.000,- € mehr im Monat verdient, freundlicher, aufgeschlossener und hilfsbereiter wäre, oder? Sie wird ihren Job aller Voraussicht nach genauso gerne oder ungern machen wie vorher. Das liegt daran, dass man die materiellen Bedürfnisse und die geistigen Bedürfnisse eines Menschen nicht voneinander trennen KANN und man nicht das eine manipulieren kann, um auch das andere zu beeinflussen.

Ich kenne die libertäre Sicht, auf die sich der von dir verlinkte Artikel bezieht, inzwischen ganz gut, habe aber so meine Probleme damit. Ich gebe zu, dass die Libertaristen gute Argumente haben. Allerdings finde ich es problematisch, dass sie weiterhin auf ein (wie auch immer gestaltetes) Geldsystem setzen und damit die Korruptheit der Menschen fortführen möchten. Ich halte Geld für überflüssig. Nur in einem System, in dem Misstrauen und eine Jeder-gegen-jeden-Mentalität herrscht, braucht man einen "Verteilungsschlüssel" wie Geld. Dieses massive Bedürfnis, auch ja an der Verteilung materieller Güter beteiligt zu werden und ja als Gewinner im Spiel (oder Kampf) um Güter und Dienstleistungen hervorzugehen, ist aus meiner Sicht allgegenwärtig. Es springt mich schon an, wenn ich nur das deutsche Steemit-Forum betrete und mitlese wie dort über den aktuellen Bitcoin-Kurs geredet wird. Jeder will seinen Anteil am Braten. Diese Mentalität stört mich sehr, sie muss aber natürlich nicht notwendiger Weise etwas mit dem Libertarismus zu tun haben. Aber er ist für mich persönlich nicht die Lösung für unsere bestehenden Probleme. Aus Sicht der Patriarchatskritik ist es viel sinnvoller, den Drang nach Macht, Einfluss, Gütern und v.a. Herrschen und Beherrschen aufzugeben. Das ist für mich der Schlüssel, um als Menschen wieder zueinander zu finden. Alles andere erlebe ich persönlich nur als Entfremdung voneinander.

Edit: Es gibt übrigens zahlreiche Beispiele von Menschen, die jetzt schon bereit sind, für weniger als den Mindestlohn zu arbeiten. Das ist einerseits erschreckend, andererseits verrät es uns viel über unsere Mentalität in Bezug auf Arbeit. Es gibt Friseurlehrlinge, die für 2,- € / Stunde arbeiten. Natürlich müssen diese mit dem ALG2 aufstocken. Dennoch sieht man an ihnen, dass Menschen, die ihren Beruf lieben, ihn unabhängig davon, wie viel sie mit ihm erwirtschaften, gerne tun. Der Kapitalismus freut sich über diese Tatsache, denn gerade von diesen Menschen zehrt er am meisten. Jeder einzelne Mensch, der in einem Niedriglohnjob arbeitet, ist ein Beleg dafür, dass die Argumentation der BGE-Kritiker Lücken hat. Wenn es so wäre, müssten die sich ja freuen, wenn sie keine Arbeit mehr haben. Air Berlin ist ja vor Kurzem insolvent geworden. Die Betroffenen haben vor laufender Kamera geweint. Weil sie arbeiten möchten. Ich frage: Was sollte ein BGE daran ändern?

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