Wenn es das BGE gibt, geht keiner mehr arbeiten?
Die Trennung zwischen den geistigen und den materiellen Bedürfnissen des Menschen gibt es nicht nur in den Religionen, sondern in vielen weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Betrifft sie nicht auch die BGE-Kritiker, die gerne argumentieren, dass keiner mehr arbeiten geht, wenn wir ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen?
Sie glauben, man könnte die Leidenschaft für das, was man tut, von der eigentlichen Tätigkeit trennen und konzentrieren sich in ihrer Argumentation nur auf die physischen Bedürfnisse eines Menschen. Man kann die geistigen aber nicht von den physischen Bedürfnissen eines Menschen trennen. Genauso wenig wie man den Geist von der Materie trennen kann. Mann kann es versuchen, ja, aber es wird bei der theoretischen Ebene bleiben.
Hinter dieser Kritik steckt eine Haltung, die genau den Zustand, in dem wir uns momentan befinden, nämlich, dass wir alle korrupt sind, bewahren möchte. Jeder, der für seine Arbeit Fiat-Geld nimmt, ist korrupt, weil er etwas tut, was ausschließlich jemand anderem dient. Und dafür bekommt er etwas, das ihm dabei hilft, mit anderen genau dasselbe zu tun.
Was sagt es über das eigene Menschenbild aus, wenn man über eine mögliche Zukunft spekuliert, in der Arbeit zwanglos und selbstbestimmt ist und man annimmt, alle würden nur noch faul rumliegen? Dass der Mensch von Natur aus faul ist? Dass er keine Liebe zu geben hat? Keine Hoffnung auf eine angenehme Zukunft für sich und andere Menschen hat? Dass er nicht bereit ist, etwas für diese Wünsche zu tun? Dass ihm schlichtweg alles außer der Befriedigung seiner tagesaktuellen, persönlichen Bedürfnisse egal ist? Insbesondere die Zukunft?
Ja, wir leben in einer herzlosen Welt. Aber das ist noch nicht das letzte Wort. Wer dem etwas entgegensetzen möchte, sollte bei sich und seinem Menschenbild anfangen und sich fragen: Warum denke ich so? Was hat mich dazu gebracht?
Es ist keine gute Idee, bei der Resignation über einen unwillkommenen Zustand stehenzubleiben und auf der Negativität zu beharren. Das, woran man glaubt, das, was man liebt und schätzt, bewahren zu wollen, es stärken zu wollen, ist wichtiger als alles andere.
Quellen
• Monica Sjöo, Barbara Mor: The Great Cosmic Mother - ENGLISCHE ORIGINAL-VERSION
• Monica Sjöo, Barbara Mor: Wiederkehr der Göttin - DEUTSCHE, GEKÜRZTE VERSION
Mein Artikel zum Thema Patriarchatskritik in Bumerang (Zeitschrift für Patriarchatskritik):
• https://fipaz.files.wordpress.com/2016/11/bumerang-2-natur-im-patriarchat.pdf (S.180 - 186)
Weitere Artikel
• Über die Serie Outlander: http://www.satt.org/gesellschaft/15_11_outlander.html
• Über den Film Walk the Line: http://www.satt.org/film/06_02_line.html
Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist also alles andere als sozial.
das warum liest du auf mises.de
Mir ging es nicht darum, für oder gegen das BGE zu sprechen, sondern das Argument der BGE-Kritiker, dass dann ja niemand mehr arbeiten würde, zu zerlegen. Menschen arbeiten für Geld ja, aber die Qualität des Arbeitsergebnisses hängt auch davon ab, ob sie das, was sie tun, gerne tun. Es wäre doch irgendwie scheinheilig, wenn eine Kindererzieherin oder Lehrerin, die plötzlich 1.000,- € mehr im Monat verdient, freundlicher, aufgeschlossener und hilfsbereiter wäre, oder? Sie wird ihren Job aller Voraussicht nach genauso gerne oder ungern machen wie vorher. Das liegt daran, dass man die materiellen Bedürfnisse und die geistigen Bedürfnisse eines Menschen nicht voneinander trennen KANN und man nicht das eine manipulieren kann, um auch das andere zu beeinflussen.
Ich kenne die libertäre Sicht, auf die sich der von dir verlinkte Artikel bezieht, inzwischen ganz gut, habe aber so meine Probleme damit. Ich gebe zu, dass die Libertaristen gute Argumente haben. Allerdings finde ich es problematisch, dass sie weiterhin auf ein (wie auch immer gestaltetes) Geldsystem setzen und damit die Korruptheit der Menschen fortführen möchten. Ich halte Geld für überflüssig. Nur in einem System, in dem Misstrauen und eine Jeder-gegen-jeden-Mentalität herrscht, braucht man einen "Verteilungsschlüssel" wie Geld. Dieses massive Bedürfnis, auch ja an der Verteilung materieller Güter beteiligt zu werden und ja als Gewinner im Spiel (oder Kampf) um Güter und Dienstleistungen hervorzugehen, ist aus meiner Sicht allgegenwärtig. Es springt mich schon an, wenn ich nur das deutsche Steemit-Forum betrete und mitlese wie dort über den aktuellen Bitcoin-Kurs geredet wird. Jeder will seinen Anteil am Braten. Diese Mentalität stört mich sehr, sie muss aber natürlich nicht notwendiger Weise etwas mit dem Libertarismus zu tun haben. Aber er ist für mich persönlich nicht die Lösung für unsere bestehenden Probleme. Aus Sicht der Patriarchatskritik ist es viel sinnvoller, den Drang nach Macht, Einfluss, Gütern und v.a. Herrschen und Beherrschen aufzugeben. Das ist für mich der Schlüssel, um als Menschen wieder zueinander zu finden. Alles andere erlebe ich persönlich nur als Entfremdung voneinander.
Edit: Es gibt übrigens zahlreiche Beispiele von Menschen, die jetzt schon bereit sind, für weniger als den Mindestlohn zu arbeiten. Das ist einerseits erschreckend, andererseits verrät es uns viel über unsere Mentalität in Bezug auf Arbeit. Es gibt Friseurlehrlinge, die für 2,- € / Stunde arbeiten. Natürlich müssen diese mit dem ALG2 aufstocken. Dennoch sieht man an ihnen, dass Menschen, die ihren Beruf lieben, ihn unabhängig davon, wie viel sie mit ihm erwirtschaften, gerne tun. Der Kapitalismus freut sich über diese Tatsache, denn gerade von diesen Menschen zehrt er am meisten. Jeder einzelne Mensch, der in einem Niedriglohnjob arbeitet, ist ein Beleg dafür, dass die Argumentation der BGE-Kritiker Lücken hat. Wenn es so wäre, müssten die sich ja freuen, wenn sie keine Arbeit mehr haben. Air Berlin ist ja vor Kurzem insolvent geworden. Die Betroffenen haben vor laufender Kamera geweint. Weil sie arbeiten möchten. Ich frage: Was sollte ein BGE daran ändern?