Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 42v100

in #deutsch6 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Rousseaus Kollektivismus und Statismus

Ist die Korruption erst einmal völlig entfernt, dann kann das Projekt der Errichtung einer gerechten Gesellschaft beginnen. Es ist klar, dass ein gutes Gebäude nur auf einem guten Fundament stehen kann. Der primitive Zustand der Natur war gut, aber wir können leider nicht dorthin zurückkehren. Ist die Vernunft erst einmal geweckt, dann kann sie nicht wieder vollständig unterdrückt werden. Gleichzeitig allerdings ist es aber ebenfalls nicht tolerabel, etwas zuzulassen, dass uns zurück in die aktuelle fortschrittliche Zivilisation führen würde. Glücklicherweise stellt uns die Geschichte gute Modelle zur Verfügung, wobei die Erkenntnis aus diesen ist, dass die meisten tribalen Kulturen, die in ihren Gesellschaften zwischen dem Ertragen des primitiven Zustandes und den drängenden Aktivitäten unseres Egozentrismus einen Ausgleich schaffen konnten, aller Wahrscheinlichkeit nach die glücklichsten waren und Epochen der Stabilität erlebten. Je mehr man darüber nachdenkt, desto eindeutiger ist die Schlussfolgerung, dass ein solcher Zustand die wenigsten Aufstände mit sich brachte und für die darin lebenden Menschen das beste war.

Entsprechend ist das beste, was wir machen können der Versuch, dieses Modell auf die moderne Gesellschaft zu übertragen.

Der Neuerschaffung muss ein gutes Verständnis der menschlichen Natur vorausgehen. Und entgegen der Auffassung der Philosophen der Auflärung ist der Mensch von Natur aus ein leidenschaftliches Tier und nicht ein rationales. Die am tiefsten liegenden Leidenschaften setzen dabei die Richtung für den Verlauf des Lebens und die Vernunft hat gegen diese keine Chance.

Leidenschaften sind daher eine angemessene Grundlage für die Gesellschaft, da eine der am tiefsten ligenden Bedürfnisse jenes nach Religion ist und nach Rousseau die Religion elementar für die gesellschaftliche Stabilität ist. Dieses Bedürfnis nach Glauben ist dabei wichtiger als alle Ziele der Aufklärung: "Ich glaube daher, dass die Welt von einem mächtigen und weisen Willen beherrscht wird. Ich sehe, oder besser, ich fühle es." Nach Rousseaus Gefühlen gibt es Gott, aber dieser hat ihn nicht mit allzu vielen Informationen über seine Natur ausgestattet. Gott "ist genauso vor den Sinnen verborgen, wie er vor der Erkenntnis verborgen ist," weshalb es lediglich seine Gefühle waren, die ihn erahnen ließen, dass eine mächtige, intelligente und gute Macht die Welt erschaffen hat. Die Betrachtungen der Philosophie zu Gott allerdings haben die Sache nicht nur nicht besser gemacht, sondern sie haben sie schlimmer gemacht: "Je mehr ich darüber nachdenke," so Rousseau, "desto verwirrter bin ich." Daher hat er dann die Philosophen ignoriert - "überwältigt vom Gefühl meiner Inkompetenz werde ich nie wieder über Natur Gottes nachdenken" - und sich beim Thema religiöse Überzeugungen von seinen Gefühle leiten lassen, und beschränkte sich auf die Feststellung, dass einen hierbi Gefühle besser anleiten als die Vernunft. "Ich nahm einen anderen Pfad und sagte zu mir 'Es ist besser, dem inneren Licht folgen; es wir mich weniger in die Irre führen, als sie [die Philosophen] mich in die Irre führen." Sein inneres Licht enthüllte Rousseau dann die Gewissheit, dass die Existenz Gottes die Basis aller Erklärungen ist, und dass Gefühle immun sind gegen Einwände und Gegenargumente: "Man könnte sehr gut mit mir darüber debattieren; aber ich fühle es und die Gefühlsebene ist bei weitem stärker als jede Vernunft, die dagegen ankämpft."

Dieses Fühlen war für Rousseau aber nicht nur eine persönliche Marotte. Vielmehr finden sich laut Rousseau an der Basis aller bürgerlichen Gesellschaften religiöse Begründungen, nach denen die Gründer der jeweiligen Gesellschaft handelten. Die Gründungsväter der Gesellschaft müssen dabei nicht zwingen vom Glauben an religiöse Regeln angeleitet sein, aber die Berufung darauf ist zentral für die weitere Entwicklung der Gesellschaft. Wenn die Menschen glauben, dass ihre Anführer den Willen Gottes ausführen, dann werden sie sich stärker aus freien Stück unterordnen und "widerstandslos das Joch des öffentlichen Wohls tragen." Die Vernunft der Aufklärung dagegen führt zu Unglauben; Unglauben führt zu Ungehorsam; und Ungehorsam füht zu Anarchie. Laut Rousseau ist dies ein weiterer Grund, weshalb "der Zustand der Reflektion ein Zustand gegen die Natur ist und der Mann, der meditiert zu einem verwahrlosten Tier wurde." Daher ist die Vernunft schädlich für die Gesellschaft und sie sollte begrenzt werden und ersetzt durch eine natürliche Leidenschaft.

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Das erklärt viel von dem was ich bemerke wenn ich mit meinen MItmenschen über Gott spreche. Die einen lehnen das Thema total ab, seien sie nun Atheisten oder Agnostiker. Die anderen verfallen in eine Bigotterie übelster Sorte.

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