Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 34v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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An diesem Punkt tauchten zwei grundsätzliche Wege auf, die von der analytischen Philosophie gegangen werden konnten. Einmal der von den Nativisten und den Kohärenztheoretikern vorgeschlagene neokantische Weg, nach dem die grundlegenden Aspekte von Logik und Mathematik angeboren sind und sie beim Benutzen der Sprache automatisch auf psychologischer Ebene zur Geltung kommen. Einige dieser Neokantianer äußerten im Widerspruch zur kantschen Auffassung sogar, dass diese angeborenen und sich von selbst zeigenden Aspekte vielleicht sogar einen Weg zur äußeren Realität darstellen. Allerdings fragten Kritiker aufgrund der Theoriegeladenheit der Wahrnehmung stets wie es möglich sei, die Existenz einer solchen Verbindung nachzuweisen? Jede Annahme an eine solche Verbindung zwischen Realität und subjektiv erschaffener Logik lässt sich bekanntlich nur mit einem Sprung in den Glauben erreichen.

Daher gewann schliesslich der neohumeische Weg, der von Pragmatikern wie Quine, Nelson Goodman und Ernst Nagel vertreten wurde. Bei diesem sind logische und mathematische Lehrsätze kaum mehr als eine Funktion mit der Aufgabe anzuzeigen, wie wir Worte verwenden und welche Wortkombinationen wir bevorzugt verwenden. Konzepte sind nur noch im Moment verhaftet und basieren auf subjektiven menschlichen Präferenzen darüber, wie der Fluss der phänomenalen Erfahrung verlaufen soll.

Die direkte Folge eines solchen Nominalismus besteht im konzeptionellen Relativismus mit Implikationen wie etwa: Wir hätten uns auch für die Anwendung anderer Konzepte entschliessen können; wir hätten und könnten die Welt noch immer in anderer Weise formen. Wir könnten uns beispielsweise dazu entschliessen, einen bestimmten Teil im Farbenspektrum nicht als "blau" zu bezeichnen und den benachbarten Teil "grün", sondern einen überlappenden Teil herausnehmen und diesen frei nach Goodman fortan als "blün" oder "glau" bezeichnen. Es ist alles nur eine Frage der Konvention.

Wenn alle Konzepte nur nominal sind, dann besteht eine Konsequenz darin, dass es keine Basis gibt, die eine Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Annahmen begründen könnte. Alle Annahmen können immer nur erst hinterher erkannt werden und sie alle entstehen nur noch zufällig. Logische Prinzipien sind Konstrukte basierend auf Konzepten. Was als Prinzip der Logik gilt wird entsprechend nicht von der Realität bestimmt, sondern von uns festgelegt: "Die Prinzipen von Logik und Mathematik sind universell wahr und zwar aus dem einfachen Grund, weil wir nie zulassen, dass sie etwas anderes sind."

Logische Prinzipien wurden zu einem Sachverhalt, bei dem es um die Frage geht, welche Formulierungen wir bereit sind "zuzulassen" und der Frage, in wieweit wir bereit sind, die aus einem Prinzip abgeleiteten Konzequenzen zu akzeptieren oder nicht. Die logische Rechtfertigung, so Rorty über Quines Doktrin, "ist keine Frage der besonderen Beziehung zwischen Ideen (oder Worten) und Objekten, sonderen von Gesprächen oder der sozialen Praxis." Was ist dann, wenn jemand die Konzequenzen aus einem bestehenden logischen Prinzip nicht gefallen? Was wenn sich Gesprächsmittel oder soziale Praktiken verändern? Wenn die Regeln von Logik und Sprache konventionell sind, was hindert dann jemanden daran aus welchem Grund auch immer einer anderen Konvention zu folgen? Rein gar nichts. Die Regeln von Logik und Grammatik werden wie alle anderen Konventionen auch zu Variablen, wie es das Hände schütteln ist, die Umarmung, das Zunicken, oder das aneinanderreiben der Nasen. Keine Begrüssungsformel oder Logiksystem ist einem beliebig anderen überlegen.

Mit Erreichen der 1950er Jahre waren diese Schlussfolgerungen bereits ein Allgemeinplatz. Sprache und Logik wurden als konventionell gegeben und innere Systeme erachtet - und nicht als objektive und in der Realität verhaftete Werkzeuge des Bewusstseins.

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