Die Reise durch Nordungarn, Teil 1! Ein Bauern-Landhaus und das Schloss von Edeleny-Ein Bericht des Balten!

in #deutsch6 years ago (edited)

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Bild aus Wikimedia common. Hier eine topographische Karte Ungarns, wir befinden uns gerade im Niemandsland nördlich von Miskolc.

Werte Mitleser!

Nach 13 h Autofahrt erreichten wir gestern unser diesjähriges Sommerdomizil, ein typisch ungarisches Bauernlandhaus, gelegen ca. 50 km nördlich der Stadt Miskolc in den Hügeln einer ländlichen Region, vor dem kleinen Nationalpark Aggtelek und nahe an der slowakischen Grenze.

Unser Dorf befindet sich also im Komitat Borsod-Abaúj-Zemplén in Nordungarn.

Es grenzt im Norden an die Slowakei sowie an die Komitate Nógrád, Heves, Jász-Nagykun-Szolnok, Hajdú-Bihar und Szabolcs-Szatmár-Bereg. 😊

Das Komitat hat eine Fläche von 7.247,23 km² und 660.549 Einwohner.

Wer sich anhand der Umgestaltungen dieses Komitats mit ungarischen Gebietsreformen befassen will, (ein Thema, bei dem sich sicher nicht sehr viele Mitsteemianer auskennen) und sich damit ein Alleinstellungsmerkmal erwerben will (beim Klimawandel oder der Politik sind wir ja alle meist oberschlau), kann Grundzüge dieser Reformen im entsp. Wikipedia-Artikel über das Komitat nachlesen! 😎

Die Hauptstadt ist Miskolc, andere wichtige Orte sind Sátoraljaújhely, Ózd, Tiszaújváros sowie die Weinstadt Tokaj mit dem Tokajer Weingebiet.

Das Gebiet ist hügelig und im Westen vor allem durch das Bükk-Gebirge geprägt.
Nach Südosten zur Theiß hin wird die Landschaft flacher.
Nordöstlich des Komitats schließt sich in der Slowakei die Karst-Landschaft Zemplín an.

Unser Dorf im Randgebiet des Nationalparks Aggtelek gelegen, welcher für Karsthöhlen, ein Huzulen-Pferdegestüt, zahlreiche geschützte Tier- und Pflanzenarten, Salamander und mehr bekannt ist.
Der kleinste Nationalpark Ungarns wurde 1985 gegründet und umfasst heute ca. 20170 ha.
Rotwild, Wildschweine, Rehe, aber auch Luchse, Wildkatzen und Wölfe gibt es.
Und 31. März 2018 wurde sogar ein junger Braun-Bär, ein slowakischer Grenzgänger, am Nachmittag von Wanderern in der Nähe von Jósvafő beobachtet.

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Karte aus http://anp.nemzetipark.gov.hu/index.php?pg=menu_400

Vom Nationalpark werde ich sicher noch berichten, die geographisches Lage unseres Quartiers ist perfekt, da neben dem Aggtelek-Park, auch den Bükk-Nationalpark, den Hortobagy-Nationalpark, die Theiss, Miskolc, Eger, Tokaj, Debrecen, Kosice in der Slowakei, und mehr in vertretbarer Zeit erreichbar sind.
Auch einen Abstecher in die Ukraine wollen wir uns gönnen.

Unser Dorf liegt in einem hübschen Tal, erreichbar über eine Schotter-Straße, die bereits von „the middle of nowhere“ abzweigt und über die man dann „at the end of nowhere“ ankommt-legt man mitteleuropäische Sichtweisen zu Grunde.
Kanadier, Australier, Russen, oder Farmer in Namibia und andere sehen die Definition von „middle of nowhere“ anders.

Das Dorf hat zwei Straßen, die Leute (ca. 150 Einwohner) leben dort so gut sie können, es gibt einen winzigen Lebensmittelladen.

Wir haben einen alten Bauernhof ohne großen Luxus aber behaglich, viele verwilderte Obstbäume und Weinreben und ein kleines Schwimmbecken.

Das Haus ist langstreckt von Nord nach Süd ausgerichtet, mit renoviertem „alter Stube“ als Schlafzimmer zur Dorfstraße hin und nach hinten mit ehemaligen Stallungen als Zimmer ausgebaut, alles mit authentischem Charme.
Die Ostseite hat eine schmale durchgehende Veranda, und an der Südseite befindet sich eine Frühstücks-Veranda unter einem großen Nussbaum.
Zentral im Haus liegen die Küche und das Wohnsimmer.
Es herrscht Ruhe außer dem Bellen der Dorfhunde, dem "Schnurren" der Zikaden (als Ersatz für das der Goldkatze) und dem begeisterten Lärmen der zahlreichen Dorfkinder.

Die Entschleunigung gelingt sofort.
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Unser diesjähriges Sommerdomizil in Nordungarn

Der erste vormittägliche Spaziergang führte durchs Dorf auf die umgebenden Hügel, herrlich, ruhig, ein Rascheln neben dem Weg und ein wunderschönes Reh sprang elegant und furchtsam davon, auch Feldhasen und sahen wir bereits.
Das WLAN funktioniert gut, der Fernsehempfang nicht, gut so.

Am gestrigen Nachmittag fuhren dann durch die sonnendurchflutete Felder und Dörfer zur Kleinstadt Edeleny, um das dortige Schloss (ungarisch: „kastély“) zu besichtigen.
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sanfte Hügellandschaft in Nordungarn
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Das Schloss, auch“ L'Huillier-Coburg Palace“ genannt, ist das siebtgrößte Schloss Ungarns und wurde in früher Barock-Architektur zw. 1716 und 1730 von Jean Francois L'Huillier, der aus Lothringen stammte und 1668 geboren wurde, erbaut.
Seine offenbar bewegte Militärkarriere ließ ihn zu den Kriegsschauplätzen der Zeit kommen, er kämpfte für die Habsburger und gegen die Türken, aber sehr viel ist über ihn nicht bekannt.
Er war auch wegen Verdacht des Geheimnis-Verrats sieben Monate inhaftiert, das ungarische Parlament beschloss später seine Einbürgerung und nach seinem Tod 1728 schloss seine Frau Marie-Madeleine de Saint-Croix 1730 den Bau der Burg ab

Seine Enkelin Ludmilla und Ihr zweiter Gatte, Graf István Eszterházy, bauten viel um, 1820 starb mit dem zeitlebens unverheirateten Graf Louis Dessewffy der Familienzweig aus und das Schloss ging an die Krone.

1831 kaufte Ferdinand von Sachsen Coburg Gotha Landgut und Schloss, als Investment wie man heute sagen würde.
Das ergab für Schloss, Gut und Gegend einen wirtschaftlichen Aufschwung, die erste Zuckerfabrik Ungarns wurde hier 1845 errichtet.

Nach dem Ende der Coburger Ära, die das Schloss zum Schluss auch an eine Bergbaufirma vermietet hatten, wurde es im Jahr 1928 schließlich Eigentum des ungarischen Staates und durch das Justizministerium erworben.

Später residierte auch die Sowjet-Armee hier kurzzeitig und der im Kommunismus übliche Verfall schöner historischer Gebäude kam voll zum Tragen.

Seit 2009 wurde das Schloss in zwei Phasen intensiv auch mit Hilfe von EU-Geldern renoviert und ist heute herrlich anzusehen.
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Eingang zum Park über Wasserspiele und Brücke

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Erster Blick auf das Schloss
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Zweiter Blick auf das Schloss

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Dritter Blick auf Schloss und ein Brautpaar, kaum Touristen!!

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Blick in Innenhof

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Rückansicht

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Ungarischer Hard-Rock im weiten Areal neben dem Schlosspark.

Betritt man die Kleinstadt Edeleny (heute ca. 10.000 Einwohner), findet man schnell den Weg im Zentrum zum Kastely.
Wir passierten aber erst ein kleines ungarisches Hardrock Festival in den Außenanlagen des Schlossparks, um dann über den Park dieses schöne Schloss zu entdecken.
Außer uns befanden sich auf den Anwesen 3-5!! weitere Touristen und ein Hochzeitspaar, das auch von einer Drohne photographiert wurde.
Das Schloss bietet heute Ausstellungen und museumspädagogischer Veranstaltungen und andere regelmäßige Festivitäten.
Beeindruckend was sich in einer mir vorher vollkommen unbekannten ungarischen Kleinstadt in diesem ja eher unbekannten Landstrich so finden lässt.

Von den sich anschließenden Touren durch die Gegend werde ich berichten.

Peace, sisters and brothers!

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Bild von Pixabay

Quellen:
http://www.edelenyikastelysziget.hu/
http://edeleny.hu/
https://de.wikipedia.org/wiki/Edel%C3%A9ny
https://de.wikipedia.org/wiki/Komitat_Borsod-Aba%C3%BAj-Zempl%C3%A9n
https://de.wikipedia.org/wiki/Komitat_Heves
http://www.anp.hu/hu
https://hu.wikipedia.org/wiki/Aggteleki_Nemzeti_Park
https://de.wikipedia.org/wiki/Hortob%C3%A1gyi-Nationalpark
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCkk
http://www.anp.hu/uploads/texteditor/anpvedettfajok.pdf

Sort:  

Entschleunigung ja, aber Schreiblust behalten - das passt. Danke für deine Eindrücke und die vielen Informationen, die Fotos und die Beschreibung eures Domizils nebst Umgebung. Ich kann mir jetzt den Balten vorstellen... allerdings fehlt da doch was? Wo ist sie? Nicht mit von der Partie oder mit Brekkies ruhig gestellt? So ein Nationalpark ist doch bestimmt interessant und Sprachschwierigkeiten wird die Goldkatze doch nicht haben.

Schmunzeln musste ich bei deiner Beschreibung der Straßen nebst Beurteilung durch unterschiedliche Landsmänner ;-)

Viel Spaß weiterhin!
Lieben Gruß
Kadna

Die Goldkatze muss bei solchen Touren das "eigene Castle" hüten! Da darf sie dann auch mal zwei Wochen andere Familienmitglieder dominieren:)

Zum bösen Orban fährst Du also, wenn das Mutti Merkel hört...
Du bist wohl auch so ein Rechter der sich als Libertärer tarnt.
Wahrscheinlich leugnest Du auch das Klima...

Pah, Orban, das Weichei!
Schlimmer-ich habe ein Geheimtreffen mit Gabor Vona, dem ehemaligen Vorsitzenden der Jobbik-Partei-Wir planen die LNKLP zu gründen, die Libertär-Nationale-Klima-Leugner-Partei.
Ich will dort denn linken und den rechten Flügel der totalen Klimaleugnung ohne Kompromisse anführen und auch die Mitte, denn es gilt:
Liebe Nutten. liebe Nonnen, Wahlen werden in der Mitte gewonnen! (R.Grebe)
Gabor will das aber auch, es wird harte Auseinandersetzungen geben.
Wähler, hört die Signale, kann ich nur sagen!

oh wie wunderschön.....

sehr viele infos und dazu die tollen fotos...

da kann man sich vorstellen,wie es ist

lg feuerelfe

Danke, heute sollten ein paar von den Huzulen-Pferden entstehen.

Danke. Das ist wie von einem netten Menschen eine riesen Postkarte zu bekommen!

Gerne- hoffe ich kann einen Eindruck der Gegend vermitteln!

ja, genießt die Zeit dort. Mir ist plötzlich Marks Mobil eingefallen. Der kurvt zwar schon in Russland herum, aber vielleicht kennst du das Sendeformat. Vielleicht wegen Reise und Ruhe in Verbindung gebracht.

Ist das der Finne der durch Russland fährt?

Oh Mann, da bist du vielleicht schon wieder besser informiert als ich. Mark Hegewald scheint ein ehemaliger Radiomoderator (und anscheinend auch Techniker) zu sein. Ob der Finne ist, weiß ich nicht.

habs gefunden, ich meinte einen anderen, den Ville Haapasalo-
hier z.B.


Viele nette Reisdokus über Gegenden, die bei mir auch noch mal anstehen, muss allerdings noch etwas mehr russisch können bis dahin.

Ich möchte dich nur an etwas ganz Wichtiges erinnern:
Bei all den bereits eingeplanten Besichtigungen darfst du auf keinen Fall vergessen jedem angesiedelten Winzer zumindest einmal genau auf die Finger zu schauen - noch besser ins Glas!

Grüße nach Ungarn
Wolfram

Nach Eger und in die Region Tokaj kommen wir ja noch, keine Bange!

Beim Lesen der ungarischen Ortsnamen musste ich gleich an "Hódmezővásárhelykutasipuszta" denken - ich war nämlich in meiner Jugend ein großer Fan von Liselotte Pulver und konnte ihre alten Filme fast auswendig ;)

Wünsche gute Erholung und viele neue Eindrücke!

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Schön! Wir waren diesen Sommer auch in Ungarn im Urlaub. Aber weiter östlich, am Balaton.

Danke für Deine Antwort. Ja, es ist wirklich schön hier. Für den Balaton gilt allerdings-von uns aus gesehen: Im Südwesten nichts Neues.
Von Dir aus gesehen woh:l weniger weit östlich😎
BGvB

Da wünsch ich euch allen einen schönen Urlaub, genießt ihn😎 Das Schloss sieht wunderschön aus🤗

Ich hab' von Ungarn nie mehr als Budapest kennengelernt. Ihr seid da deutlich ländlicher unterwegs. :)

Es grenzt im Norden an die Slowakei sowie an die Komitate Nógrád, Heves, Jász-Nagykun-Szolnok, Hajdú-Bihar und Szabolcs-Szatmár-Bereg. 😊

Mir klingen noch die Fragezeichen in den Ohren beim vergeblichen Versuch, als Westeuropäer einen Bezug zur ungarischen Sprache zu bekommen. Da sind mir, trotz der kyrillischen Schrift, ein paar Brocken russisch leichter gefallen.

Erfreut hat mich auch, daß EU-Gelder für den "L'Huillier-Coburg Palace" mal weniger sinnfrei für kulturerhaltende Maßnahmen verblasen werden.
Ob der Aufwand für die von Dir wahrgenommenen Touristenmassen gerechtfertigt ist, ist bei "Kultur" zum Glück kein Maßstab.

Macht Euch noch schöne Tage!
Die Balten-Katze wetzt bereits ihre Krallen... :)

In Budapest habe ich in den Anfang 90 er zwei Jahre gelebt, eine herrliche Zeit damals.
Ein bischen ungarisch ist davon übriggeblieben, dem estnischen (hier kenn ich allerdings nur ein paar Sprachreste)in Grammatik und Herkunft ja verwandt, komm ich hier wenigsten auch in entlegen Dörfern zusammen mit Händen und Füßen und den vorhandenen Sprachfähigkeiten durch.
Russisch kann ich inzw. dank 1 x Woche 45 min richtigem Unterricht etwas besser-ein echtes Sprachtalent bin ich aber nie gewesen.
Und man merkt halt auch immer wieder, wie leicht das Englische doch im Vergleich zu derartigen Sprachmühen hier ist, aber Mandarin ist es eben auch nicht.
Heute besichtigen wir das Huzulen-Pferde-Gestüt in der Nähe und schauen mal, was es da noch so zu sehen gibt.
Außerdem schreib ich gerade noch etwas über "Platin" zusammen.

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