ÄGYPTOLOGIE: Wissenschaft im Alten Ägypten, Teil 1

in #de-stem6 years ago

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Liebe Ägyptologie-Begeisterte! ;) Mit diesem Artikel möchte ich anfangen, die deutsche Steemit-Gemeinde auch mit einbißchen Archäologie-Wissen zu "versorgen" und hoffe, dass ich damit noch mehr Leute "anstecken" kann, die sich für antike Geschichte in Ägypten und dem Vorderen Orient interessieren. Ich werde nach und nach einige meiner bisher in Englisch erschienen Artikel zurück ins Deutsche übersetzen und ab sofort auch neue Beiträge immer in zwei Sprachen anbieten. In diesem Blogpost starte ich mit der Serie "Wissenschaft im Alten Ägypten" und da dies ein weites Feld ist, teile ich auch diese Serie in mehrere Teile auf, damit es halbwegs übersichtlich bleibt, denn es gibt viel zu sagen, wenn es um die altägyptische Technolgie geht.

Hier wird es also nun um

• Astronomie und Kalenderwesen sowie
• Mathematik und Metrologie

gehen.

Astronomie

Sirius und Orion, Foto der NASA, Public Domain Quelle

Wenn wir heute den Begriff "Astronomie" hören, dann denken wir zunächst an Teleskope und Satelliten, die den Himmel abscannen, um Antworten auf Fragen zum Ursprung unseres Universums zu finden. Die Alten Ägypter hatten diese Art von Hilfsmitteln natürlich noch nicht, aber sie hatten ihre Augen, ihren Geist – und jede Menge Zeit, um die Dinge zu beobachten. Und das gehört eigentlich zu den Hauptfaktoren für unser Verständnis von "Wissenschaft" in der Antike: am Anfang stand immer eine Fragestellung oder ein Problem, das es zu lösen galt. Und das ägyptische Volk vor tausenden von Jahren hatten sehr viele davon...

Sonne, Mond und Sterne

Göttin Sopdet Quelle

Der Himmel führte die Menschen durch Zeit und Raum. In einer Landschaft, die hauptsächlich aus Wüstengebieten bestand, war die Fähigkeit zu einer klaren Orientierung nicht nur wichtig, sondern konnte entscheidend sein über Leben und Tod in kritischen Situationen. Daher waren die Sterne stets treue Begleiter der Alten Ägypter auf ihrem Weg durch die Wüste. Diese kannten bereits den Unterschied zwischen beweglichen Sternen und den sogenannten Zirkumpolar-Sternen, die niemals hinter dem Horizont verschwinden wegen ihres besonderen Orbits (Umlaufbahn) in Beziehung zur Erde. Sie nannten sie "die, die nie verschwinden" (Rossi 2010: 394). Der sehr helle Sirius, der zu den Sternen gehört, die auf- und untergehen, war einer der wichtigsten Himmelskörper. In altägyptischen Hieroglyphen wurde er "Sopdet" genannt und fand seinen religiösen und mythologischen Ausdruck in der gleichnamigen Göttin Sopdet. Die Griechen nannten den Stern übrigens Sothis. Zusammen mit dem Mond wurden Sterne dazu benutzt, Kalendersysteme zu schaffen, die ich im nächsten Abschnitt einwenig näher beleuchten will.

Kalender

Hieroglyphen-Kalender im Tempel von Kom Ombo,
Public Domain Quelle

Zunächst entwickelten die Alten Ägypter einen Mondkalender, der auf 29 bzw. 30 Tagen basierte. Allerdings hat der Monat genau genommen 29,5 Tage , da er mit dem natürlichen Mondzyklus einhergeht. Dies führte im Alten Ägypten nach einiger Zeit zu immer größeren Verschiebungen im Kalender, die sich wiederholten. Daher schwenkten sie zu einem sonnenbasierten Kalender um, der dann für Tausende von Jahren seine Gültigkeit behielt. Der Mondkalender blieb aber dennoch erhalten und wurde zumindest für religiöse Zeremonien und Feste gebraucht.

Der Sonnenzyklus begann mit dem Aufgang des Sterns Sirius, wie oben bereits angesprochen. Davon ausgehend zählten die Ägypter 12 Monate á 30 Tage, also 360 Tage. Heute wissen wir, dass das "normale" Jahr jedoch 365 Tage hat. Den Ägypten war das bewusst. Daher fügten sie dem Jahr einfach 5 weitere Tage hinzu. Mit der Entwicklung von präziseren Beobachtungs- und Berechnungswerkzeugen wissen wir heute, dass ein Sonnenjahr eigentlich einpaar Stunden länger als 365 Tage dauert – das war etwas, das die Alten Ägypter nicht beachteten. Diese relativ kleine Unregelmässigkeit führte dazu, dass ihr Kalenderzyklus ganze 1460 Jahre dauerte, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren.


Orientierung von Bauwerken

Die Äquinoktien, das heisst die Tag- und Nachtgleichen, die zwei mal im (solaren) Jahr stattfanden und heute immer noch von vielen Menschen am 21. Juni und 21. Dezember gefeiert werden, war den Alten Ägyptern auch sehr gut bekannt. In einigen Monumenten können wir heute für eine kurze Zeitspanne sehen, wie sich das Sonnenlicht an einem bestimmten Punkt in einem Tempel oder Grabkomplex sammelt. Der Tempel von Karnak in Luxor ist ein Beispiel, wo sogar heute noch Hunderte von Menschen zusammenkommen, um das Licht zu "begrüßen". Ein weiteres Beispiel ist der Tempel von Abu Simbel nahe Assuan in Südägypten, wo die Sonne im entscheidenden Moment einen Lichtstrahl in das Allerheiligste, das Sanktuar, schickt.


Diese faszinierende Videoaufnahme habe ich auf Youtube gefunden, wo man deutlich die Sonnenstrahlen sehen kann, die durch den Tempeleingang von Karnak kommen.

Darüber hinaus wird angenommen, dass die Pyramiden von Giza in Kairo an den Sternen orientiert sind. Aber das wird nachwievor kontrovers diskutiert, ob überhaupt und wenn ja, an welchen Sternen eine Ausrichtung erfolgte. Was denkt ihr – gibt es einen Zusammenhang zwischen den Pyramiden und den Plejaden?

Mathematik

Ein Zeichen einer hochentwickelten Nation von heute ist die Verwendung moderner Technologie wie z.B. Computer. Quantencomputer werden entwickelt, um Methoden zur Verbesserung der Effizienz der Rechenleistung (nicht nur für Kryptowährungen ;)) zu erforschen. Die Alten Ägypter dachten nicht an Bitcoin, aber sie standen vor ähnlichen Herausforderungen: die Verwaltung einer wachsenden Bevölkerung machte es erforderlich, neue Wege zu finden, z.B. für die effektive Verteilung von Waren (und Dingen des täglichen Bedarfs), um soziale Unruhen zu verhindern. Heute verfügen wir Ägyptologen über hochinteressante Dokumente mit Listen, die Daten und Berechnungen für verschiedene Bevölkerungsschichten enthalten.

Berechnungen

Mathematischer Papyrus Rhind, Public Domain Quelle

Unsere Quellen, die beweisen, wie mathematische Berechnungen durchgeführt wurden, sind hauptsächlich Papyri (und manchmal auch Keramikstücke oder Kalksteinscherben, die antiken "Notizzettel", die nach der Benutzung einfach weggeworfen wurden). Die wichtigsten Papyri sind Papyrus Kahun, Papyrus Rhind, Papyrus Moskau und Papyrus Berlin 6619 (Rossi 2010:391). Wir unterscheiden dabei zwischen offiziellen Dokumenten und Schultexten. Letztere können nochmals unterteilt werden in Tabellentexte und sogenannte "Problemtexte". Diese Dokumente zeigen uns heute, wie die Alten Ägypter wissenschaftliche Phänomene an ihre Nachfolger überlieferten: sie beschrieben einfach das Problem und setzten daneben eine Beispiellösung, die alle erforderlichen Berechnungsschritte enthielt. In Bezug auf diese "Problemtexte" noch ein spezieller Hinweis: mit diesen Beispiellösungen können wir hier und auch in anderen Bereichen, die wir heute "Wissenschaft" nennen, erkennen, dass das Aufschreiben von Wissen, z.B. Ereignisse der Geschichte, für die Alten Ägypter keinen reinen Selbstzweck hatte, sondern dazu diente, anderen dabei zu helfen, zu lernen und sich Wissen anzueignen, um die Gegenwart zu bewältigen. Ähnliches gilt auch für Wandmalereien. Wenn die Ägypter ihre Gräber und Tempel mit teils sehr detailierten Szenen dekorierten, in denen sie darstellten, wie sie zum Beispiel etwas produzierten, dann ging es ihnen nicht darum, dieses Wissen für uns zu bewahren! Sondern es war mehr ein magischer Akt, etwas an einer Wand zu fixieren, um sicherzustellen, dass der Grabinhaber in der Lage war, von den produzierten Dingen im Jenseits zu profitieren. Wir, als ihre Nachfahren in der sehr fernen Zukunft profitieren nur von diesem sehr glücklichen Zufall. ;)

Das mathematische System im Alten Ägypten war ein Dezimalsystem (siehe auch Rossi 2010:392). Hier könnt ihr einmal sehen, wie die Zahlen in Hieroglyphen geschrieben wurden. Das Bild zeigt die Nummern 1, 10, 100 usw. Die Zahl 1.000.000 (eine Million) entsprach nicht immer dem korrekten mathematischem Wert, sondern war gleichbedeutend mit dem Begriff "sehr viel" oder "unendlich".

Da Hieroglyphen (Griechisch für "heilige Zeichen") aus Sicht der Alten Ägypter einen magischen Effekt hatten, können wir immer wieder künstlerisch "verpackte" Zeichen in Objekten, wie diesem hier, finden:


Diese Lotus-Schale aus Kalzit-Alabaster wurde im Grab von Tutanchamun gefunden und zeigt an den Henkeln die Hieroglyphe "Heh", die "Ewigkeit" bedeutete. CC BY-SA 3.0, Hinweis: Dies ist das Bild eines Replikats. Quelle

Metrologie

Die Alten Ägypter bauten die Pyramiden und dies führt zu der Frage, wie dies überhaupt möglich war ohne ein hochentwickeltes Mess-System. In der Tat gab es ein komplexes metrologisches System, das dazu diente, Lösungen für verschiedene geometrische Probleme zu finden, die als Basis für eine derartige Monumentalarchitektur galt. Sie verfügten über ein lineares Mess-System, das "Elle" genannt wurde und das in zwei Varianten aufgeteilt werden konnte: die königliche Elle und die kleine Elle mit ihren kleineren Untereinheiten, der "Palme" und dem "Finger" (Rossi 2010: 393).

Die Zwölf-Knoten-Schnur

Der sogenannte "Seilspanner", der verantwortlich für die Landvermessung war, benutzte eine spezielle Schnur mit 12 Knoten, um Rechenoperationen durchzuführen, die wir heute als den "Satz des Pythagoras" kennen (oder auch den "Goldenen Schnitt").

Das gängige Volumenmaß war das sogenannte "Hekat", das – grob geschätzt – 4,8 Litern entsprach. Die kleinste Untereinheit war das "ro": 1/32 eines Hekats = ca. 0,015 Liter (Imhausen 2003: 58–59). Dieses System wurde allgemein für die Verteilung von Getreide oder anderen Waren an die Bevölkerung genutzt. Besonders ausgebildete Schreiber notierten dabei ganz präzise das hereinkommende und das herausgehende Volumen von Früchten und Produkten, um die Versorgung der Menschen sicherzustellen.


Wie ihr in diesem Artikel sehen konnte, hatten die Alten Ägypter früher keine institutionalisierte Wissenschaft, wie wir sie kennen. Obwohl es Schulen und Gelehrte gab, vorallem im Bereich des Lesens und Schreibens, hatten sie keine "Universitäten" in der Weise, dass die Bildung in verschiedene Level aufgeteilt wurde. Erst später, als die (sehr wissenschafts-orientierten) Griechen ins Land kamen, veränderte sich ihre Perspektive.

Im nächsten Artikel (Teil 2) wird es um die Bereiche Geographie, Geologie und Biologie gehen. Ein weiterer Blogpost wird sich dann auch der Physik und der Chemie (Teil 3) sowie der Sprache und Literatur (Teil 4) widmen. In einem der Folgeartikel möchte ich dabei auch auf die Fähigkeit der Alten Ägypter eingehen, auf welche Weise sie neue Technologien entwickelten, was diese Gesellschaft so stark nach vorne gepusht hat, sodass wir heute von einer hochentwickelten Kultur sprechen können. Folgt mir einfach auf dem Blog! ;)


Quellen und weiterführende Literatur:

• Helck, Wolfgang, Maße und Gewichte [pharaonische Zeit], in: Helck, Wolfgang, Westendorf, Wolfhart Westendorf (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie. Band 3, Wiesbaden 1980.
• Imhausen, Anette, Ägyptische Algorithmen, Ägyptische Abhandlungen, 2003.
• Parker, Richard Anthony, The Calendars of Ancient Egypt, Studies in Ancient Oriental Civilization, No. 26, Chicago 1950.
• Rossi, Corinna, Science and Technology: Pharaonic, in: Lloyd, Allan B. (ed.), A Companion to Ancient Egypt, Volume I, Chicester, West Sussex, UK 2010.
• Wilson, Alistair Macintosh, The Infinite in the Finite, Oxford 1995.
• Zauzich, Karl-Theodor, Hieroglyphen ohne Geheimnis. Kulturgeschichte der antiken Welt, Darmstadt/ Mainz 2012.

Alle verwendeten Bilder sind entweder CC BY-SA 3.0 oder stammen von mir selbst. Quellen sind direkt unter dem jeweiligen Bild verlinkt. Foto im Headerbild: https://de.wikipedia.org/wiki/Papyrus_Rhind



Wenn euch dieser Artikel gefallen hat, folgt mir auf meinem Blog @laylahsophia. Ich bin eine deutsche Ägyptologin und schreibe über das alte und das zeitgenössische Ägypten, Wissenschaftsgeschichte, Philosophie und Leben.

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Darüber hinaus wird angenommen, dass die Pyramiden von Giza in Kairo an den Sternen orientiert sind. Aber das wird nachwievor kontrovers diskutiert, ob überhaupt und wenn ja, an welchen Sternen eine Ausrichtung erfolgte. Was denkt ihr – gibt es einen Zusammenhang zwischen den Pyramiden und den Plejaden?

Ja es gibt tatsächlich einige Hinweise im Netz darauf, dass es einen Zusammenhang zu den Plejaden gibt. Ich bin davon überzeugt.

Interessant ist wohl auch folgendes:

https://www.facebook.com/physicsdashastronomy/photos/a.600209953514028.1073741828.599357590265931/913481942186826/?type=3&theater

https://www.reddit.com/r/conspiro/comments/2i66q9/if_you_type_299792458n_into_google_maps_you_will/

https://www.google.com/maps/place/The+Great+Pyramid+at+Giza/@29.9792357,31.1336547,19z/data=!3m1!4b1!4m5!3m4!1s0x14584587ac8f291b:0x810c2f3fa2a52424!8m2!3d29.9792345!4d31.1342019?hl=en

Das hebe ich mir für den Urlaub auf. Ist ja Mal ganz toll. Wann nimmt man sich das Thema schon freiwillig zur Brust? @laylahsophia liefert Ägyptologie als Urlaubslektüre. Locker und als Powerpack. Herzlichen Dank.

Interessant ist wohl auch folgendes:… …

Interessant? Es ist eher ein Hammer und kann kein Zufall sein.

Hm, auch wenn es seltsam klingt - ich glaube, das ist wirklich ein Zufall. Die Lichtgeschwindigkeit wird in Metern pro Sekunde gemessen. Und die Ägypter hatten, wie ich in meinem Artikel auch dargestellt habe, kein Metermaß, sondern die "königliche Elle". Soweit ich weiß, wurde das Metermaß erst im 18. Jh. erfunden. Außerdem gibt es keinen Hinweis darauf, dass den Ägyptern die Sekunde als Zeitmaß bekannt war. Die Tageszeiten wurden am Sonnenstand eher "grob geschätzt" nach unserem modernen Verständnis. Und ganz zum Schluss - wann wurde denn unser Koordinatensystem erfunden, also das System, dass unsere Erdkugel in Längen- und Breitengrade einteilt? Sehr viel später, oder?
Und als letztes fragen Ägyptologen immer auch nach dem "warum". Also, warum sollte der Platz der Pyramide dieselbe Zahl haben, wie die Lichtgeschwindigkeit?

Also aus meiner Sicht: nur, weil die Zahl übereinstimmt (auch wenn es wirklich kurios ist) – es sprechen mehr Dinge gegen eine bewusste Wahl, als dafür. ;)

Was, wenn sie mehr wussten, als sich das die Moderne überhaupt vorstellen kann und was, wenn die Vorfahren ihr Wissen in grundlegend anderer Weise adaptiert haben als wir heute, mit allen modernen, naturwissenschaftlichen Grundlagen, unter streng kapitalistisch geprägtem Rahmen wohlbemerkt, in dem Götter keine staatstragende Rolle mehr spielen. Wenn Realität unter jedem beliebigen, historischen Kontext zwar immer die gleichen Gesetzmäßigkeiten repräsentiert, aber diametral unterschiedliche Gestalt annimmt, lässt sich eine ausschließlich durch Relikte sprechende Vergangenheit nur schemenhaft erfassen.

Wäre ich Ägyptologe, würde mich gerade die frappierende Koinzidẹnz dieser Zahl elektrisieren. Es liegt auf der Hand, dass die unterschiedlichsten Wege zur Erkenntnis führen. Wissen kann nur unter dem jeweiligen, kulturellen Kontext akkumulieren. So auch in einer Gesellschaft, in deren Zentrum allmächtige Götter die Hauptrolle spielten. Ganz sicher verfügten die Priester damals über einen Wissensschatz, der tiefer ging, als es die streng determinierende Gegenwart überhaupt nur annähernd anzunehmen vermag. Die Methoden einer jeden Epoche sind, bei aller Gleichheit der naturwissenschaftlichen Grundbedingungen, völlig verschieden. So auch der Antrieb, überhaupt etwas wissen zu wollen. Anhand unserer zeitgenössischen Deutung von Artefakten kommen wir all den Mysterien nur schwerlich auf die Schliche, die unsere Vorfahren hinterlassen haben. Diese Zahl ist ja nicht etwa das einzige Rätsel, dass sie uns hinterlassen haben. Wir schauen heute durch mindestens zwei verzerrende Prismen auf die gleichen Tatsachen, wie die Menschen vor dreitausend Jahren. Das Prisma der vergangenen Kultur und das unser Gegenwart. Wie kann man sich unter solchen Bedingungen überhaupt der Wahrheit nähern? Der Anspruch ist verwegen.

Mittlerweile ist auch klar, dass man selbst unter „falschen“ Annahmen der Realität genau so nahe kommen kann, wie mit streng „wissenschaftlich“ determinierten. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang: Wir sind mit der Deutung unserer Welt zwar sehr weit gekommen, aber deuten sie stets aus extrem voreingenommener Perspektive. So sehr sich die Wissenschaft auch um Objektivität bemüht so klar ist auch, wie beschränkt unsere Methoden im Verhältnis zum tatsächlichen, multidimensionalen Setup sind.
Diese Zahl kann kein Zufall sein.

Wenn Realität unter jedem beliebigen, historischen Kontext zwar immer die gleichen Gesetzmäßigkeiten repräsentiert, aber diametral unterschiedliche Gestalt annimmt, lässt sich eine ausschließlich durch Relikte sprechende Vergangenheit nur schemenhaft erfassen.

Das ist ein ganz ganz wichtiger Aspekt, den du da ansprichst. Wir können tatsächlich nur ansatzweise erahnen, wie die Alten Ägypter ihre Realität wahrnahmen und das, was sie uns hinterließen - davon ist ja bislang nur ein Bruchteil ausgegraben, davon sollen 75% noch unterm Sand liegen. Und wer weiß, vielleicht finden wir irgendwann mal ein Objekt, das den Schlüssel liefert für die mystischen Fragen, auf die wir bislang noch keine befriedigende Antwort gefunden haben.

Viele Ägyptologen behaupten, die Ägypter hatten für alles, was in ihrer Wirklichkeit passierte eine mythologische bzw. religiöse Erklärung. Ich sage - es war keine Erklärung, sondern eine Analogie, eine Entsprechung. Und das ist ein wesentlicher Unterschied, wenn es darum geht, die historischen Quellen zu interpretieren. Wir interpretieren nämlich immer mit unserem modernen (teils sehr kopflastigen) Argumenten und nicht selten wird zb. der altägyptische Polytheismus (mit Ausnahme des kurzen Monotheismus-"Ausfluges" von Echnaton) als primitiv dargestellt.

Generell sollten wir aufhören, alte Dinge zu bewerten, denn wir tun das mit unseren subjektiven Augen und mit den beschränkten Informationen, die wir aus dem Objekt extrahieren. Vielleicht würden wir feststellen, dass es noch eine andere Perspektive gibt, aus der man die altägyptische Kultur betrachten kann. Das eröffnet auch die Möglichkeit, dass sie eben doch nicht so primitiv waren. Letztlich spricht allein schon das Fortbestehen dieser Kultur (mit Höhen und Tiefen) über mehrere Tausend Jahre dafür, dass nicht alles so neanderthalerhaft zuging.

Andererseits wird das Alte Ägypten oft auch sehr überhöht dargestellt. Gerade die Wissenslücken, die viele meiner Kollegen mit Theorien füllen wollen, die fernab jeder Evidenz liegen, führen dazu, dass Spekulationen entstehen. Und auch wenn ich es ungern sage, aber die esoterischen Erklärungsmodelle versuchen auf dieselbe Weise die Lücke zu schließen, nur mit dem Unterschied, dass man sich dort häufig mit oberflächlich sichtbaren "Zufällen" oder Überschneidungen zufrieden gibt und teils absurde Theorien aufstellt, die oft an keiner einzigen Stelle mit Beweisen unterlegt sind. Ich plädiere immer dafür, sich strikt an dem zu orientieren, was tatsächlich verfügbar ist an materiellen Quellen. Im Ergebnis kann das auch dazu führen, dass man zuzugeben muss, dass man bestimmte Dinge einfach nicht weiß. Soviel Mumm muss man dann auch besitzen. Das gilt für Ägyptologen genauso wie für Ägypten-Forscher ohne akademischen Hintergrund. Nur dann kann man sich "der Wahrheit nähern", wie du so schön schreibst.

Und so ist war es auch für mich als Ägyptologin eine harte Erfahrung zu erkennen, dass ich "die Wahrheit" niemals herausfinden werde, es sei denn, es werden einmal Zeitreisen möglich. Denn so lange wir die Alten Ägypter nicht mehr fragen können, müssen wir ihre Hinterlassenschaften fragen - und die sind manchmal ziemlich redefaul. ;)

Mittlerweile ist auch klar, dass man selbst unter „falschen“ Annahmen der Realität genau so nahe kommen kann, wie mit streng „wissenschaftlich“ determinierten.

Da stimme ich dir zu. Die Esoterik im allgemeinen ist für mich persönlich ein sehr wichtiger Faktor bei der "Annäherung an die Wahrheit". Denn rein begrifflich bedeutet sie nichts anderes als das Gegenteil von Exoterik (Wissenschaft), bei der entweder von innen heraus (eso) oder von außen nach innen (exo) geschaut wird.

Diese Zahl kann kein Zufall sein.

Diese "innere" Wahrnehmung, dass das kein Zufall sein kann, ist immer der erste Schritt. Irgendwas "knirscht" da im Äther der unendlichen Möglichkeiten. Ein rein kopflastiger Menschen würde jetzt argumentieren: nunja, das sind 6 Ziffern, die übereinstimmen. Das passiert auch regelmässig beim Lottospielen. Wenn da nicht ab und zu mal die Tippzahlen mit den Zahlen der Lottofee übereinstimmen würden, gäbs keine Lottospiele mehr.

Ein rein emotionaler Mensch würde sagen: ganz klar - die wussten davon und haben die Pyramiden an der Lichtgeschwindigkeit ausgerichtet und vermutlich war die Pyramide doch eine Startrampe für interdimensionale Reisen.

Ich versuche mich immer irgendwo dazwischen zu positionieren: es gibt keine Zufälle. "Zufälle" sind immer Ereignisse die im Raum-Zeit-Kontinuum zusammenprallen. Nur, genau da liegt der Hase im Pfeffer. Dieser Zufall mit den übereinstimmenden Zahlen passt zeitlich nicht zusammen (Mess- und Koordinatensystem aus dem 18. Jh. - Pyramiden aus der Antike). Was nu? A glitch in the matrix?

Es bleibt spannend. ;)

Herzlichen Dank, dass du meinen Kommentar so reich behandelst, @laylahsophia. Ich bin sicher, dass künftige Ausgrabungen zum Verstehen führen werden. Es war eine großartige Leistung die Schrift der Hochkultur zu entziffern. All das Finden, Messen, Taxieren und Einordnen ist ungeheuer wichtig und ich freue mich sehr, dass dafür Mittel zur Verfügung stehen. Die Archive dieser Kultur können nicht alle in Alexandria verbrannt sein. Wenn sie so schlau waren wie es den Anschein hat, haben sie irgendwo das Backup liegen. Ihr habt es nur noch nicht gefunden.

Dieser Zufall mit den übereinstimmenden Zahlen passt zeitlich nicht zusammen (Mess- und Koordinatensystem aus dem 18. Jh. - Pyramiden aus der Antike).

Ich denke nicht, dass der chronologische Aspekt bei der Betrachtung des Phänomens eine so interessante Rolle spielt. Die Lichtgeschwindigigkeit zu kennen ist eine Errungenschaft der newtonschen Physik. Es hat davor offenbar andere Methoden gegeben, auf die Zahl zu kommen. Eine Methode, die geografische Koordinaten hervor brachte. Sicher hatten die Ägypter eine ganz andere Fragestellung an die Natur als wir, Sie interessierte nicht die Geschwindigkeit des Lichtes, sondern die Ausrichtung ihrer Startrampe in die Ewigkeit. Wie kommt man auf sowas und wie sind sie an die Zahl gekommen? Es handelt sich dabei ganz sicher um ein System. Eines, das wir nicht mehr kennen.

Das ist ein sehr inspirierender Artikel und deine weiterführenden Kommentare sind genau so solide. Tolle Sache, die Ägyptologie.

Ein rein kopflastiger Menschen würde jetzt argumentieren: nunja, das sind 6 Ziffern, die übereinstimmen. Das passiert auch regelmässig beim Lottospielen.

In Wahrheit sind es aber nicht 6, sonder 9 Ziffern!
Soll das immer noch Zufall sein?

Und habt ihr schon mal daran gedacht?:
Auch wenn die Ägypter ein anderes Messystem hatten und damit auf andere Zahlen gekommen wären, so wären vielleicht deren beide Zahlen auch gleich.

Auch das Alter der Sphinx muss wohl noch einmal überdacht werden. Seht dazu zum Beispiel folgenden Artikel:

http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.com/2008/12/geheimnis-sphinx-lwenkopf-und-sehr-viel.html

Ein eindeutig identifizierbarer Punkt im Koordinatensystem besteht immer aus zwei Daten - nämlich Länge UND Breite. Gibst du im GPS nur 29.9792458 ein, lässt den Längengrad einfach weg, landest du irgendwo in Algerien. Also, was machst du mit dem Längengrad? Hat der auch eine Bedeutung? Müsste er ja theoretisch dann auch haben.
Dein eigener Googlemaps Link verweist übrigens auf 29.9792357,31.

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Danke dir - super schöner Artikel. Sehr interessant und gut zu lesen! Ich bin gespannt auf die weiteren posts.

Gern geschehen. Bald kommt mehr! ;)

danke für den interessanten Artikel. Vielleicht hilft das dabei, meine Frau als Ägypten-Fan für Steemit zu begeistern ;-)

Immer gerne. Würde mich freuen, deine Frau hier auf steemit zu sehen. Schöne Grüße an sie! ;)

Danke und Grüße zurück 😊

Sehr cooler Übersichtspost!

Und, wie konnten die Ägypter nun die Pyramiden planen? ;-)

Ganz genau wissen wir es noch nicht. Es existieren keine Aufzeichnungen über den konkreten Bau der Pyramiden. Wir wissen aber, dass das Versuch- und Irrtum Prinzip auch bei den Pyramiden zur Anwendung kam. ;) Das heisst, es gibt eine Reihe von Pyramiden, die erstmal einstürzen mussten, bevor die Ägypter etwas über Statik und Steigungswinkel lernten.

Die Knickpyramide in Dahshur, einpaar Kilometer von Kairo entfernt, ist so ein Beispiel. Da hat man erst angefangen die Pyramide mit einer zu steilen Steigung zu bauen und hatte in der Mitte gemerkt, das Ding funktioniert so nicht. Entstanden ist dabei das:

dahshur.jpg
Bildrechte: eigenes Foto, 2016

Das ist die berühmte Knickpyramide. Die kennen die wenigsten. Den meisten Leuten sind nur die "perfekten" Pyramiden in Giza bekannt und die sind, wenn man genau hinschaut, auch nicht soooo perfekt. ;) Wenn man mal in Kairo direkt an den Monumenten war und sich das angeschaut hat, relativiert sich vieles.

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Uh, das finde ich toll! 😄

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Wenn Gott gewollt hätte, daß Menschen nackt herumlaufen würden, so
hätte er es eingerichtet, daß sie so geboren werden.
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