Ein altes Lied

Ein letzter Blick auf die Uhr. Es war bald soweit. Er rutschte ein wenig auf die Seite und ein kleiner Brocken Erde fiel in seinen Kragen. Doch das war egal. Sein Bein war fast eingeschlafen, gar nicht gut.

Das Geräusch, als er seinen Stahlhelm aufsetzte, klang störend laut in der ungewohnten Stille. Seit Stunden war kein Schuss gefallen. Vögel gab es hier schon lange nicht mehr. Die Verwundeten des gestrigen Angriffs waren längst weggebracht – oder nicht mehr Verwundete.

Seit Monaten lagen sie sich hier gegenüber. Die Angriffe wechselten sich ab. Mal gewann die eine Seite ein paar hundert Meter, mal die andere.
Was beide Seiten bei jedem Angriff verloren, war ein Teil ihrer Zukunft. Hunderte Leben, sinnlos vergeudet.

Aus dem Unterstand war das Fiepen das Radios zu hören. Es fiepte immer grässlich, wenn es lauter gestellt wurde.

Das Lied erklang.

Das Lied war zu Ende.

Das war das Signal. Rings um ihn herum spannten sich die Soldaten an. Ein einzelner Signalpfiff und hunderte rannten los.

Wie viele würden wohl ankommen? Wie viele Lilli Marleens würden vergeblich warten?