Warum es schade ist, wenn du nicht malst.

in #deutsch6 years ago (edited)

Relaxpainting

Ich kann nicht malen!

Höhlenzeichnungen sind die ersten Beweise dafür, dass es schon immer ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen war, sich bildhaft auszudrücken.

  • Die meisten Kinder malen gern – bis der erste Erwachsene sich einmischt. Vielleicht haben sie selbst so toll gemalt, dass man aufgibt. Oder ihre guten Rat- und Verbesserungsvorschläge haben den spielerischen Prozess der Entdeckerfreude im Keim erstickt.
  • Die meisten Erwachsenen bekommen schweißnasse Hände, wenn gemalt werden soll. "Ich kann nicht malen." heißt es dann. So oder ähnlich habe ich es immer wieder erlebt auf Elternabenden in "meinem" Kindergarten.

Schade – denn Malen ist eine wunderbare Möglichkeit, zu entspannen, die eigene Kreativität fließen zu lassen und sogar um Gefühle zu verarbeiten: An meiner persönlichen Pinnwand hing jahrelang das "Kunstwerk" eines Kindergartenkindes, das unheilbar an Leukämie erkrankt war. Wochenlang interessierte ihn nur der schwarze Wachsmalstift (vielleicht mal etwas Farbe drunter...) Eines Tages malte er eine Art Sonnenaufgang - noch heute steigen mir die Tränen hoch, wenn ich daran denke.

Wenn ich von "Malen" spreche, meine ich vor allem den Prozess. Einfach abtauchen in die Welt der Farben, ohne eine Erwartung - wahlweise auch mit Musik. Je nach Gefühlslage dann Entspannungsmusik oder Heavy Metal ;) Es geht hier nicht darum konkrete Bilder zu malen, die du in deiner Wohnung aufhängst.

Drachentanz

Ich kann nicht malen und tue es trotzdem!

Nachdem ich mich mit niemandem mehr vergleiche und keinerlei Erwartungen an das Ergebnis habe, male ich wieder für mein Leben gern. Meine Lösung: Ich male einfach abstrakt ;) Wie es so meine Art ist, male ich einfach drauflos. Es macht total viel Spaß und meinen Kopf frei. Einige Jahre habe ich intensiv gemalt und dies auch für meine Beratungspraxis genutzt. Wie immer: learning by doing, learning by playing and learning by listening (to myself).

In dieser Zeit habe ich über das Malen - das spielerische Experimentieren - viel über mich und auch über "das Leben" erfahren. In meiner AusstellungsVita (2009) schrieb ich:

Jeder Malprozess wirft mich auf mich selbst zurück. Unterschiedlichste Gefühle und ihre entsprechenden Reaktionsmuster darf ich wahrnehmen und ausleben, erkennen und verarbeiten. Diese Auseinandersetzung mit Farben und Materialien ist für mich ein Weg zu innerer Ausgeglichenheit und Selbsterkenntnis.
Beim Malen fühle ich mich lebendig, weil ich schöpferisch tätig sein kann, weil ich mich Herausforderungen stellen muss und weil ich eine Bandbreite von Gefühlen erlebe, die von Wohlbehagen über Ungeduld und Wut bis zu Trauer und Enttäuschung reicht.
Beim Malen erfahre ich viel darüber, wie ich mit mir und meinem Leben umgehe:

Wüstenstadt

  • Wo und wie setze ich Grenzen?
  • Was will ich ver-"tuschen“?
  • Wie integriere ich Dinge, die von außen kommen, die anders sind? (Collage)
  • Was kann ich gestalten und wo muss ich - Material bedingt - die Kontrolle abgeben?
  • Was passiert, wenn ich Dinge miteinander vermische? Was verschwindet dabei, was behält seinen Charakter?
  • Welche Stimmung herrscht vor und wie kann ich diese beeinflussen? (z.B. aufhellen)
  • Was macht mir überhaupt Spaß? Warum? Was heißt dies für meinen Alltag?
  • Was strengt mich an? Warum? Welche Lösungsmöglichkeiten sehe ich?
  • Wie gehe ich mit Zeiten des Wartens um? Wie entwickle ich Geduld?
  • Was passiert mit/in mir, wenn meine Vorstellungen oder "Erwartungen" sich nicht erfüllen lassen?
  • Welche Möglichkeiten habe ich, "etwas zu retten“? Wie finde ich Lösungen?
  • Wann ist etwas „fertig“? Muss alles perfekt sein?
  • Wie wecke ich meine kreativen Ideen? Wie kann ich abschalten?
  • Wie gehe ich mit mir und der Situation um, wenn etwas schwierig wird?
  • Was macht es mit mir, wenn andere Menschen mich beim Malen beobachten und eventuell auch meine Arbeit bewerten?
  • Welche Spuren möchte ich hinterlassen?
  • Wie gehe ich damit um, mich von einem Bild zu trennen?

 
Stier

Also los!

Vielleicht hast du jetzt Lust bekommen auf Experimente? Oder du wolltest sowieso schon immer mal "malen"? Fang einfach an ;) Zeichenblock (wäre mir zu klein, ich habe mit einer Papierrolle auf dem Küchentisch angefangen), Pinsel, Spachtel... (aus dem Baumarkt geht auch) Farben - ich habe mit großen Flaschen Fingerfarbe angefangen (spritzt so schön!) und nehme jetzt Acrylfarben (wenn die Farbe noch nicht getrocknet ist, gehen auch "aquarellige Wasserspiele") - deshalb ist auch eine Sprühflasche super, Schwamm und Lappen, Papierschnipsel, Sand, ... es wird sich entwickeln. Lass los und bleib dran! Dann wirst du nie wieder behaupten: "Ich kann nicht malen!"

Ich fordere dich jetzt nicht auf, in den Kommentaren deine Werke zu zeigen. Darfst du natürlich gern, aber - wie bereits erwähnt, ist der Prozess an sich das Interessante. - Der Augenblick zählt und nicht das Ergebnis. "Dabei sein ist alles!"

Es gibt ein kleines Video mit Bildern von mir Seelenlandschaften


Ähnliche Artikel über unkonventionelle Herangehensweisen von mir findest du hier:

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Das ist ein toller Artikel.
Ich war die letzten Tage nicht viel bei Steemit unterwegs und sehe deinen Artikel erst jetzt!
Ich kenne das Gefühl von malen und liebe es. Lasse es aber auch immer wieder sein.
Vor einem Jahr habe ich eine Kunsttherapie gemacht. Das hat mir total gut getan und es sind ein paar richtig tolle Bilder dabei rausgekommen. Einfach so. Ohne wollen. Das war ein schönes Gefühl!

Ich glaube ich folge dir noch gar nicht. Das werde ich jetzt aber gleich tun!
Ganz herzliche Grüße, Monja

Oh doch, ich folge dir. Sehe aber deine Artikel gar nicht in meinem Feed.
Hm. Oder ich habs übersehen.
Ich pass mal besser auf jetzt! 😃

Herzlichen Glückwunsch, dein Beitrag wurde von @ocd entdeckt und in unserer täglichen Zusammenstellung #135 vorgestellt!
Du kannst @ocd folgen – erfahre mehr über das Projekt und entdecke andere Juwele! Wir streben nach Transparenz.

Wenn du möchtest, dass deine Posts von @ocd resteemed werden, um eine größere Zielgruppe zu erreichen, verwende das Tag #ocd-resteem. Du kannst hier mehr darüber lesen.

@ocd hat jetzt auch eine Witness. Du kannst für @ocd-witness abstimmen mit entweder SteemConnect oder auch über Steemit Witnesses um damit andere unterbewertete Autoren zu unterstützen!

Tausend Dank lieber @theaustrianguy für diese wunderschöne Mitteilung und für diese grandiose Möglichkeit zum "Wertschätzung-Zeigen" bzw. wohl eher "Wertschätzung-gezeigt-bekommen"! Ich freue mich seeeeehr darüber. Nach drei Wochen steemit - und dann mit meinen Themen... Und das ist es gerade, was ich hier so schätze. Diese Vielfalt, die da sein darf. Virtuell UND lebendig!

Ich bin heute morgen nach dem Lesen "deines" Glückwunsch-Beitrages erst einmal durch die Wohnung gehüpft - ich konnte nicht still sitzen ;) Schönes Wochenende!

Krass finde ich wie sehr man das verlernt. Ich hab früher (als Kind und Jugendlicher) viel gemalt und gezeichnet. In der Schule später Comics, hab mal eine Zeit lang bei einem bekannten meiner Eltern, der richtig, echter Maler war eine Art Unterricht genommen...

Und jetzt? habe ich seit 20 Jahren nicht mehr groß gezeichnet, ab und zu ein paar Kritzeleien auf Notizpapier... aber sonst nichts. Ich wollte das mal wieder etwas aufleben lassen mit meinem iPad und dem Apple Pencil... aber - nun ja, gekommen ist es dazu nicht.

Vielleicht sollte ich auch erstmal was abstraktes machen 😂 Aber Dein Beitrag schreit ja förmlich nach einer Art Challenge 😉 Mach was draus 😉

Danke dir - es freut mich sehr, wenn jemand sich persönlich angesprochen fühlt und sich eigene Gedanken macht! Mach einfach - warum nicht abstrakt, wobei das klingt vielleicht auch schon wieder so "eng". Mal einfach wie und wonach dir ist - haha mal einfach, wie dir der Schnabel (die Hand) gewachsen ist ;)

Aber Dein Beitrag schreit ja förmlich nach einer Art Challenge 😉 Mach was draus 😉

Das mit der Challenge habe ich noch nicht wirklich verstanden... ein Wettbewerb? Mit Gewinnen und Gewinnern? Da wäre ja wieder eine Bewertung drin und die will ich ja nicht mehr. Bewertung ist grundsätzlich fragwürdig und bei kreativen "Dingen" eigentlich unmöglich. Gern rufe ich etwas ins Leben, das andere aniniert, einfach anzufangen. Vor Ort habe ich das ja bereits eine Zeit lang gemacht ;) aber im Internet? Ohne Interaktion? ...

Danke dir für diese Anregung, vielleicht beschreibst du mir noch mal deinen Impuls? Was spukt dir im Kopf herum? Vielleicht tun wir uns zusammen? Keine Ahnung.... Ich bin offen für (fast) alles und werde mal mit mir brainstormen ;) Ich freue mich, wenn du mir ein Gespür dafür vermitteln kannst, wie hier auf steemit eine challenge aussieht... Schönes Wochenende! (Und danke für die votes)

Es muss ja nicht immer mit gewinnen sein... vielleicht sowas ähnliches wie meine #fotolern Idee... schau ob Du vielleicht interessierte unter einen Tag versammeln kannst und inspirier dazu was zu malen und die Kunstwerke zu veröffentlichen. Oder die Entstehung dazu, vielleicht kannst du auch noch tiefgreifendere tips geben, das man sich gemeinsam entwickelt.

Gibt ja im Prinzip viele Beispiele wie sowas aussehen kann hier: #zwanzigfakten - könnte dann ganz ungezwungen aussehen, jeder malt einfach irgendwas, oder #neulingschallenge - man gibt etwas vor - oder #wochenthema - man betreibt es mal eine Woche mit einem Thema... schau dir mal die Tags von den Challenger an und guck ob Du dir ein cooler Tag mit Malerei einfällt, dann ein bisschen ausarbeiten und los gehts 😉

Danke dir, das ist sehr hilfreich. Ich bin ja durchaus kreativ und mit Einfällen gesegnet, aber wenn ich noch nicht so das Gespür für den Ozean habe, in dem ich schwimme, dann bin ich froh, wenn ich einem "Fisch" (haha) begegne, der schon länger als 3 Wochen hier rumschwimmt. Und der dann auch noch "redet" mit mir ;) Ich denke, da kann was wachsen. Schau'n wir mal... Danke dir :-) Wie mache ich einen Smiley?

https://steemit.com/emojis/@blueorgy/steemit-emojis-master-list oder wenn Du mit iOS / mac OS unterwegs bist kannst Du Dir einfach die Emoji Tastatur einblenden und darüber auswählen. Ob es sowas bei Android oder Windows gibt weiß ich leider nicht.

Und bezüglich Challenges - einfach Probieren, und schauen was funktioniert. Ich weiß auch nicht wie viele hier wirklich malen und bereit sind Ihre Kritzeleien öffentlich zu machen, aber versuch macht klug 😉

Danke dir und schönes Wochenende! 😁 Juhu es geht!!!!!

Also Dose in die Hand und raus auf die Strasse? Aber bitte nicht an meinem Auto :)

Haha, aber mal im Ernst. Für mich drücken diese Sprayer genau das aus. Sie zeigen, dass sie sich ausdrücken wollen, Spuren hinterlassen, gesehen werden, ... Im Übrigen finde ich viele Graffitis wesentlich ansehnlicher als die rostigen Güterwaggons oder marode Häuserwände. Wie wäre es mit Parks für Sprayer? Öffentliche Leerflächen (Häuser, Bürogebäude...)

Wir haben mit unserem Kindergarten mal bei so einer Aktion mitgemacht. Die Stadt hat Sprayer beauftragt und man konnte sich melden - es ging um solche Stromkästen und wir hatten solch ein graues Ding an der Straße. Danach sah es super schön und kindgerecht aus!!!.

Hey, ehrlich gesagt hab ich das früher mal reichlich gemacht ;) Ohne Vorübung. etwas Entwicklung zum Mitansehen(Müssen) war zu beobachten...Letztes Jahr hab ich für einen Sprayer noch mal bei Kamera und Video "geholfen". Der macht das sozusagen immer noch aber eher auf seinem YouTube-Kanal. Einen Kindergartenauftrag hatte der auch mit lustige Comic- Bienen usw. gemalt. Ist da auch irgendwo ;) Meine Tochter malt auch ganz toll und bekommt in der Kita immer mal so Bewertungen dafür bzw. steht auf den Bilder ab und zu etwas von den Erziehern.

Quasi alle Kinder malen gerne. Bis sie anfangen, die Ergebnisse mit der Realität, mit Fotos oder den Werken anderer zu vergleichen, und das ist ein absoluter Fehler. Besonders der Anspruch von "Realismus" kann die Motivation komplett killen. Leider kommen die wenigsten bis zu der Erfahrung, dass es bei der Kunst nicht nur um das Darstellen geht, das Ziel keine Fotografie sein soll...

Ein sehr schöner Artikel, ich hoffe du schaffst es den ein oder anderen davon zu überzeugen, einfach mal wieder einen Stift/Pinsel/Spachtel/Finger zur Hand zu nehmen ;)

Liebe Grüße,
Gabs

Danke dir für deinen Kommentar. Schön, dass du weißt, was ich meine.

ich hoffe du schaffst es den ein oder anderen davon zu überzeugen, einfach mal wieder einen Stift/Pinsel/Spachtel/Finger zur Hand zu nehmen ;)

Ja, das hoffe ich auch. Es gibt so Vieles, was auf der Strecke bleibt beim Erwachsenwerden, wenn man sich begrenzt aus Angst, Fehler zu machen oder nicht gleich ein annehmbares Ergebnis zu erzielen. Da kann unsere Welt wieder mehr Leichtigkeit gebrauchen. Schön, dass es Menschen wie dich gibt. (Ich habe deine "Fakten" gelesen und einige Gemeinsamkeiten gefunden.) LG kadna

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