Reise-Blog #13: Geistig anregende Wanderung im Valle de la Muerta

Die Berge im Landesinneren sind einfach zu schön, um ohne Gipfeltour dran vorbei zu fahren. Montesa muss wohl noch etwas warten. Wir versuchen erst von der Meerseite nah an den Berg zu kommen. Das funktioniert nicht so gut. Überall sind Mandarinenplantagen und Wanderwege sehen wir auch keine. Also fahren wir auf die andere Seite. Dort finden wir einen super Parkplatz.

Wandern können wir heute aber noch nicht. Unsere Türschlosser spinnen schon seit ein paar Tagen und die Fahrertür kann nun gar nicht mehr abgeschlossen werden. Echt nervig. Also widmen wir uns den Schlössern. Constantin kümmert sich um die Schiebetür und ich mich um die Fahrertür. Zum Schloss ausbauen müssen wir nur ein paar Schrauben lösen und den Mechanismus zwischen Außenblech und Verkleidung rausfuddeln. Das dauert zwar etwas, aber ist nicht wirklich schwer. Wir sind beide sehr fasziniert von den ganzen Schiebern und Federn. Nach ein paar Minuten und etwas rum probieren wissen wir, wie der Mechanismus funktioniert und was das Problem ist. In so Situationen merke ich immer, dass das Mechanik-Studium doch das Richtige für mich war ;) Die Reparatur erfolgt nicht so professionell, aber wir haben ja nicht viel dabei und müssen improvisieren. Das eine Schloss wird mit Drachenschnur gefixt und bei dem anderen klemmen wir eine Rolle Klopapier hinter einen Schieber, bei dem die Feder kaputt ist. Der Schieber geht also nicht mehr von alleine zurück, dafür ist jetzt die Rolle Klopapier da. Wir sind sehr zufrieden mit unserer Arbeit und hoffen, dass das ganze eine Zeit lang hält. Und wenn nicht wissen wir jetzt zumindest, wo das Problem liegt und können uns bessere Lösungen überlegen. Abends suchen wir uns noch eine Wanderung für den nächsten Tag raus und schlafen zufrieden und voller Vorfreude ein.

Den nächsten Tag beginnen wir entspannt mit Kaffee und Tee und beobachten, wie die Sonne langsam hinter den Bergen zum Vorschein kommt und den Tau vom Gras vertreibt. Wir können schon mal einen Blick auf das heutige Wanderziel werfen. Bis wir morgens so weit sind dauert irgendwie immer etwas. Erst gegen Mittag laufen wir dann los.

Der erste Teil des Weges führt uns auf einem schmalen Pfad durchs Dickicht. Immer mal wieder lugt links von uns die massive Felswand durch die Palmenblätter. Der Weg ist so schmal und verwinkelt, dass der Vordermann schon nach 5 Schritten nicht mehr zu sehen ist.

Der Hintermann versucht trozdem mit dem Vorderen Schritt zu halten, denn kaum losgelaufen entwickelt sich eine rege Diskussion über unserer beiden Motivationsmotive zur Lösungsfindung von Problemen.
Basis dafür ist ein Beispiel vom Vortag. Wir hatten uns gewundert, warum bei unserem Lastenausgang des Solarladereglers so ein hoher Strom fließt, obwohl wir nur Handy und Camera angeschlossen hatten.
Nach kurzer Überprüfung stellt sich heraus, dass ein USB Kabel scheinbar einen Wackler o.Ä. hatte.
Wir haben also angefangen alle möglichen Kombinationen aus Stecker und verschiedenen Kabeln durch zu probieren. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Stecker auf meiner Seite vom Bett in Kombination mit 2 USB Kabeln das Problem verursacht.
Für Tete war damit die Sache geklärt, die beiden Kabel werden einfach auf meiner Seite nicht mehr benutzt und gut.
Mit der Lösung kann ich mich zwar anfreunden, aber Ruhe lässt mir das trozdem nicht.
Warum nur funktionieren die beiden Kabel bei Tetes Steckdose einwandfrei??
Ich probiere also noch eine gute halbe Stunde weiter herum, muss aber schlussendlich aufgeben. Tete hat währenddessen einen Post verfasst, gespühlt, gekocht, Bilder sortiert und den Bus aufgeräumt. ;)


"Wodurch sind diese unterschiedlichen Verhaltensweisen motiviert?" fragen wir uns also, während wir uns durch das Dickicht schlängeln. Nach einer angeregten Unterhaltung kommen wir zu dem Schluss, dass Tetes Herangehensweise sehr lösungsorientiert ist. Ich hingegen bin von der Neugier getrieben herauszufinden was da genau vor geht, auch wenn ich von Elektrik doch nur eine rudimentäre Ahnung habe. Außerdem will ich mir wohl einfach nicht eingestehen, dass ich so ein vermeintlich "einfaches" Zusammenspiel aus Kabeln und Steckern nicht verstehe...


Zwischendrin driften wir auch etwas ab und unterhalten uns darüber, wie faszinierend es doch ist, dass sich Dinge, von denen man überzeugt ist sie niemals lernen zu können, am Ende gar nicht mehr so schwer erscheinen wenn man sie einmal ausprobiert. Mit jedem praktischen Schritt den man tut, kann man die Sache ein Stück weit besser begreifen und somit einen weiteren besseren Schritt tun.
Ich finde diesen Effekt inzwischen so häufig auf unserer Reise und freue mich jedes mal wieder darüber.
Beim Jonglieren, wenn ein neuer Trick zum ersten Mal klappt, beim Schloss ausbauen und untersuchen, beim Fotografieren, Boardfahren, Bouldern und Klettern. Man muss einfach die Scheu verlieren und es probieren!

Sehr unerwartet kommen wir dann auf einen kleinen Kamm und die Palmen lichten sich. Wir sind zwar noch nicht ganz oben, haben aber jetzt schon eine atemberaubende Sicht auf die umliegenden Berge. Links ragt wieder die Felswand zwischen den Sträuchern heraus und rechts sehen wir grün bewachsene Hänge und weitere Berge im Hintergrund.

Wieder mal können wir uns von dem Anblick kaum losreißen, aber ein bisschen Weg haben wir noch vor uns. Erst geht es etwas bergab und wir laufen wieder zwischen mannshohen Palmen und Sträuchern hindurch. Immer wieder sehe ich Sträucher mit roten Früchten dran. Die sehen super lecker und sehr essbar aus. Aber ich bin vorsichtig, noch ein Magenverstimmung brauche ich nicht. Obwohl ich große Lust habe die Beeren zu essen halte ich mich zurück. Lieber erst mal googeln ;)

In der letzten Kurve vor dem Gipfel geht es nocheinmal etwas nach unten durch ein Tal in dem ich abrubt stoppe und Tete auffordere genau zu lauschen. Man hört Unmengen von kleinen Vögeln, die sich scheinbar alle in einem Baum ca. 10m entfernt von uns aufhalten. Da es sonst absolut Still ist, wirkt das Gezwitscher noch wesentlich intensiver und ich möchte eine kleine Pause einlegen um diese wunderbar friedliche Atmosphäre zu genießen. Wir setzten uns also mitten auf den schmalen Pfad, lauschen und lassen unsere Blicke verträumt durchs Tal schweifen.
Nach einer Weile können wir uns dann doch wieder aufraffen weiter zu gehen, der Gipfel wartet schließlich noch auf uns und der Weg ist nun wirklich nicht mehr weit.

Auf dem Gipfel angekommen ist die Sicht einfach wunderbar. Wir genießen die Sonne und können ein weiteres Gipfelkreuz auf einem Berg nebenan sehen. Dieser Gipfel soll aber morgen unser Ziel sein. Eine direkte Verbindung scheint es nicht zu geben und im Tal ist schon wieder Schatten, sodass wir uns auf den Rückweg machen.

Im Wald am Fuße des Berges stoßen wir noch auf eine alte Burgruine, welche im 7. Jh. gebaut wurde und laufen durch dichte Palmen und Farne zurück zum Auto.

Wir sind immer noch total fasziniert von der Wanderung, kochen noch was leckeres und machen uns einen gemütlichen Abend. Ich google noch, was das für ein Strauch mit den roten Beeren ist und finde heraus, dass es sich tatsächlich um eine essbare Frucht handelt. Der Baum wird als Arbutus unedo oder auch westlicher Erdbeerbaum bezeichnet. Wunderbar, morgen werde ich diese Beeren also mal probieren.

GPX-Datei und weitere Infos zur Wanderung über GPSies