Der Verkehr in Mecklenburg-Vorpommern hat es nicht leicht,

in #deutsch7 years ago (edited)

als Single oder sonstig Unbefriedigter muss man meist sehr weit fahren.
Obwohl, das ist nicht unbedingt ein Nachteil, denn so ist man wenigstes ab und an nüchtern und bekommt die Party mit. Wenn ich da an meine Zeit in Hamburg denke, diese peinliche Fragerei nach dem Vornamen am nächsten Morgen...

Und auch die Straßen selbst sind für den Ungeübten doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Hier sind viele Straßen abseits der für den Tourismus freigegebenen, welche man am gemähten Bankett und vorhandenen Leitplanken erkennt, nur drei Meter breit.
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Die werden auch nicht freigeschnitten, das erledigt der 40-Tonner, der Linienbus oder irgendeine Landmaschine zuverlässig nebenbei, wie man am Schnittgut auf der Straße sieht.
Die Straße hat also immer die nötige Durchfahrtshöhe und -breite und mehr ist ja auch unnötig.
Übrigens, das ist die einzige Straße, die zu meinem Dorf führt, @afrog.
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Hier hat der Linienbus eine etwas akkuratere Arbeit geleistet, sieht fast aus wie vom Gärtner gemacht.
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Nachts fährt es sich hier besonders spannend; bereits bei 100kmh gerät man hier leicht in einen Geschwindigkeitsrausch.
Aber auch tagsüber macht es Spaß. Man muss bei Gegenverkehr halt in die Eisen gehen und schauen, dass man eine der beiden Parkbuchten erwischt. Aber so kommt man sich auch näher.

Wem das noch nicht reicht, hier die Sparvariante ohne Parkbucht, dafür etwas unübersichtlicher und mit hohen Absätzen an den Fahrspuren. Diese Straße ist allerdings nur für 70 kmh gut.
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Besonders zu Regenzeiten, wenn die Flächen zwischen den Fahrspuren vom Wasser und den Reifen aufgespült sind, macht Fahren hier Spaß. Da kommt ein Fahrzeug entgegen, Aufprallgeschwindigkeit 100 - 140 kmh, beide müssen auf Null runterbremsen und dann ganz vorsichtig, um die Reifen nicht zu beschädigen, runter vom Beton, aneinander vorbei und wieder hoch auf den Beton. Das Ganze vielleicht 5 bis 10 Mal auf dieser 3 km langen Straße. Danach ist man auch früh um 5 wach.
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Aber wir haben auch eine schöne Straße, zwar auch nur 3 Meter breit, aber schön übersichtlich und mit Ausweichmöglichkeit auf der gesamten Länge.
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Übrigens, das sind nicht irgendwelche Feldwege, sondern alle und auch die einzigen Straßen, will man unser Dorf erreichen. Auch deshalb ist es hier so ruhig.

Warum eigentlich nur 3 Meter breite Straßen?

Ganz einfach, Straßen mit 3 Meter Breite werden als Wirtschaftweg / landwirtschaftlicher Nutzweg eingestuft und von der EU bezahlt (Agrarsubventionen). Eine Straße mit normaler Breite müsste die Gemeinde selbst zahlen.
Deshalb sieht man hier innerhalb der Dörfer eine ungewöhnliche Kombination, ein 3 Meter breite Straße und daneben ein 1, 5 Meter breiter Gehweg mit abgesenkter Bordsteinkante, der auch auf 40 Tonnen ausgelegt ist. Die EU zahlt dabei die Straße, die Gemeinde nur den Gehweg und hat trotzdem ein sanierte breite Straße. Bauernschläue.

Sort:  

Das war eine wunderbare Einführung in die verkehrstechnischen und sogar -politischen Verhältnisse deines Standortes, lieber @dirkzett. Es scheint dort recht abenteuerlich zu sein und dei Essay lädt förmlich dazu ein, diesen abgelegenen Ort sofort aufzusuchen. Man könnte sich als Fahrzeuglenker fortbilden, im enge Gassen nehmen und versuchen, während der Fahrt Blümchen zu pflücken. Verfügst du etwa auch über Gästezimmer oder gar Appartements? Hat es Seen und Sehenswürdigkeiten um dein Dorf herum? Mal abgesehen vom beruhigenden Anblick wiederkäuender Huftiere.

Danke für die Blumen, lieber @afrog.
Abenteuerlich ist es hier eigentlich weniger, es sei denn, die Jungbullenherde macht einen Ausflug ohne Betreuer. Da können schon mal 40 Eintonner die Rosen im Vorgarten verkosten. Oder aber ein Treckerfahrer findet die Dorfstraße nicht und bügelt 30m Zaun in die Wiese, aber so etwas ist eigentlich selten.
Und nein, über Gästezimmer oder Ferienwohnung verfügen wir nicht, das wäre auch sehr beengt bei 300qm Wohnfläche , die wir zu zweit bewohnen. Mein Nachbar hat mal ein paar Jahre eine Ferienwohnung vermietet, aber ihm war es dann auch zu stressig, ständig neue Leute auf seinem Grundstück zu sehen und er hat daraus ein Billardzimmer gemacht. Aber es gibt hier doch einige Ferienwohnungen in den anderen Ortsteilen und Dörfern und im Hauptdorf vermietet der Dorfkrug (keine Ahnung, ob der wirklich so heißt) zwei Zimmer. Davon ab gibt es im 12km entfernten Schwerin genügend Übernachtungsmöglichkeiten, am 10km entfernten Schweriner See selbst auch und in Richtung der 27km entfernten Ostsee ebenfalls. Auch hat hier fast jedes Dorf seinen eigenen See und ich meine See, nicht großen Teich. Das ist zwar alles nicht fußläufig und als Radfahrer sollte man genügend Untersetzungen am Gefährt haben, aber man findet hier so alle 4 bis 5 Kilometer eine andere Badestelle, meist mit angeschlossener Ferienanlage, Hotel oder Campingplatz.
Wenn man hier urlauben möchte, abseits der Ostsee und handelsüblicher Sehenswürdigkeiten, dem kann ich zum Einen einen Bootsurlaub mit oder ohne Bootsschein empfehlen,oder, wer noch im Zelt schlafen mag, eine Wasserwanderung im Kajak . Beides habe ich ich in vergangenen Zeiten selbst jahrelang gemacht und es sind die Urlaube, an die ich mich noch am detailreichsten erinnern kann.
Oder eine Fahrradwanderung. Hier sollte man sich nicht von obigen Straßenbildern abschrecken lassen, Fahrradwege werden auch von der EU gefördert, es gibt sie fast bis in jedes kleine Dorf.

Sehenswürdigkeiten

Nun ja, jeder sieht etwas anders und würdigt das auch anders. Meiner Meinung nach ist die Gesamtkomposition Meckelnburg-Vorpommern sehens- und erlebenswert. Alles andere ist für mich eher Konsum.
Ich finde es sehenswert, wenn ich Kraniche am Straßenrand stehen sehe, wenn ich Rehen die Vorfahrt gewähren muss oder gerade zu dieser Jahreszeit den Blickkontakt mit jungen Füchsen übe.
Aber natürlich gibt es auch hier Kultur, alle diese Junkerhäuser aus dem 19.Jahrhundert, die sich alle Schloss nennen und auch in jedem dritten Dorf rumstehen, wenn sie nicht als Mauerziegelabbaustätte nach dem Krieg zweitverwertet wurden, müssen ja auch bespielt werden. (Mein Haus ist auch aus solchen Ziegeln und mit solchen Balken gebaut worden.)


Ich sammle bereits seit ein paar Wochen Ideen, meine Gegend vorzustellen, Meck-Pomm, wie ich es erlebe und mag. Aber gut Ding will Weile haben.

Vielen Dank Dirk. Die Vorstellung von Mc Pomm hast du mit diesem Reply doch beinahe erschöpfend erledigt. Wenn ich das mit dem Baumaterial deines Hauses richtig verstehe, ist die Bezeichnung Landjunker für dich nicht ganz abwegig.

Naja, zum Landjunker fehlt mir zum Einen das Land und zum Anderen die landlosen Tagelöhner, die darauf für mich arbeiten.... und ich wohne auch nicht in den selben Mauern.
Aber sonst....

Herzlichen Dank an @dirkzett und @blocktrades für ihre tolle Voting–Überraschung. Als der Reward eben eingegangen ist, habe ich zunächst gedacht, dass mein nächster Artikel doch erst in fünf Stunden abgeschlossen sein wird. Dann musste ich schauen, wo der Reward her gekommen ist und ich habe Eure nette Hinterlassenschaft entdeckt. Das ist großzügig und ich bin gerührt.


Aber wenigstens gibt es Internet.

Internet gibt es überall, dank Satelliten

Klasse Post @dirkzett. Herrliches Grün - sooo entspannend, einfach nur toll. 👍

Vielen Dank :)

Warum bist du da hingezogen? Doomsday Ängste?

Nein, aus Angst zieht man irgendwo weg, nicht irgendwo hin.
Wir, meine Frau und ich, fanden einfach in Hamburg, wo wir damals lebten, keine vernünftige Wohnung in der gewünschten Gegend, auch waren wir langsam zu alt, um ständig in Kneipen rumzuhängen. Dazu kam die Gentrifizierung des Viertels in Hamburg und der Punkt, dass meine Frau eh in Mecklenburg arbeitete.
So haben wir uns statt einer miefigen Altbauwohnung im Schanzenviertel zuerst ein Häuschen an der Ostsee gemietet. Allerdings gab es da nur Idylle außerhalb der Saison, innerhalb fuhren an jedem sonnigen Tag 1500-2000 Autos auf dem Weg zum Strand vorm Haus vorbei und wir zogen ins ruhigere Hinterland, Blick auf die Lübecker Bucht hin oder her.

Das könnte auch gut bei uns in Brandenburg sein, vielen Dank für den Beitrag!

ich weiß, ich bin in Brandenburgs Süden aufgewachsen, aber in Meck-Pomm ist alles noch ein wenig kleiner, die Dörfer, die Straßen, die Bevölkerungsdichte...... und nicht so sandig.

oh, wo denn? :)

kleines Dorf in der Nähe von Ortrand, Lauchhammer, Elsterwerda, wenn Dir das was sagt.

Cooler und wie immer witzig gemachter Beitrag!
Mit solchen Straßen bleibt es auch immer schön ruhig. Wahrscheinlich hast Du recht, dass diese Straßen dazu beitragen, dass weniger Verkehr ist. Früher gab es doch mal den Spruch: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.

Ach naja, daran glaube ich nicht. Es wohnen schlicht zu wenig Leute auf dem Land, so dass sich selbst Gewerbeansiedlungen nur in den Städten lohnt. Und wo kein Gewerbe, da sind auch keine Straßen nötig.
Und Danke für Dein Kompliment!

upvotet
ja echt traurig wie manche Straßen gebaut sind. Und selbst nach vielen Unfällen kommt man nicht auf die Idee etwas zu ändern. Dann heißt es wieder zu viele Kosten usw. Das ist doch traurig !!!

Erstaunlicherweise gibt es hier auf diesen Straßen fast keine Unfälle, bis auf die Fälle, wo jemand zuviel getrunken hat. Muss wohl ein psychologisches Ding sein.

Danke, dass du die Details über deinen Platz geteilt hast. Ich würde gerne meine Zeit in solchen Orten verbringen und die Natur tief beobachten.

Natur ist überall um uns und auf den zweiten Blick meist bewundernswert, egal wo man ist.

Ja!! Du hast recht.Ich bin ein Fotograf. Kamera ist mein Begleiter und die Natur ist meine Liebe ..

These photos are very awesome to view! I like the scenery of the road!

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