"Entfremdung vom Lebenstraum" (original story - part 2)

in #story7 years ago (edited)

Sie wollte in ihr Selbst einkehren, auf der Suche nach dem, wonach alle Menschen in allen Zeiten gesucht haben. Sie dachte nach und verschiedene Worte für das Gesuche kamen ihr in den Sinn: Gott, das Absolute, die Natur der Dinge. Worte, die nicht ihre eigenen waren, Worte die sie erlernt hatte, wie alle Worte in allen Sprachen, die sie kannte. Sie wollte in Kontakt mit dem treten, was vor den Worten gewesen war, vor der Sprache. Sie wollte keine vorgefertigte Antwort auf die Frage nach Gott. Wollte nicht, dass die Bedeutung des Allbedeutenden in einem Wort fassbar war. Was sie suchte betraf nicht die Eigenschaften Gottes, die man mit einem Wort bezeichnen und damit entstellen konnte. Sie war auf der Suche nach ihrer persönlichen Beziehung zu dem Unbekannten. Sie wollte ihr Selbst wandeln und sich dazu zu befähigen mit dem göttlichen Wesen im Einklang zu leben. Ein Wesen, das sie nur vermuten konnte, an das sie aber unbedingt glauben musste, um in dieser Welt weiterleben zu können. Wenn auch auf Abstand, durch eine Fensterscheibe getrennt. Ihre Gedanken hatten sich verknotet. Sie beschloss einen Spaziergang zu machen, um dem Geplapper in ihrem Kopf Einhalt zu gebieten.
Sie machte sich auf den Weg durch die Straßen ihrer Stadt. Nicht in Wirklichkeit, das Haus hatte sie seit Jahren nicht verlassen, sie stellte sich lediglich vor durch die altbekannten Gassen zu schlendern. Dass die Stadt ihr Bild inzwischen sicherlich verändert hatte, dass Geschäfte geschlossen hatten und Neue an ihre Stelle getreten waren, machte für sie keinen Unterschied und sie empfand kein Verlangen sich auf den neusten Stand der Dinge zu bringen. Es war doch ganz gleichgültig, wer wo was verkaufte. So schlenderte sie also los in ihre Stadt, beziehungsweise in ihrer Wohnung auf und ab. Ihre Fantasie erlaubte es ihr natürlich auch die Uhrzeit ihrer Fantasiereise zu bestimmen. Sie wählte die Stunde des Tages, die insbesondere in ihrer Stadt, aber auch an vielen anderen Orten, die bedrückendste Zeit des Tages war: die morgendliche Rushhour. War dies ein Anflug spontanen Masochismus?
Sie verließ das Haus und lies die Tür scheppernd ins Schloss fallen. Die Gesichter, die auf der Straße nicht sie anblickten, sondern in ein fernes Nichts oder auf den Boden starrten waren von einer ungesunden gelbgrauen Farbe. Alle auf dem Weg zur Arbeit, alle gierig nach dem nächsten Schuss Kaffee. Ein Dönerverkäufer befestigte bereits einen gewaltigen Drehspieß, auf dem irgendwelche Tierüberreste wahllos zusammengepantscht aufgeschichtet und schlussendlich in mehrere Lagen Klarsichtfolie gehüllt worden waren, im Ofen. Ein Bäcker der bereits vor einigen Stunden aufgestanden war stand vor seinem Geschäft und sprühte mit einer kleinen Sprühdose eine Flüssigkeit in die Luft, die den starken beinahe übelkeitserregenden Geruch nach buttrigen Croissants hatte und bei den vorbeigehenden Passanten das Gefühl der Unterzuckerung auslöste. Schon fuhr eine Polizeiwanne mit trödelnden Sirenen vorbei und bremste unweit von ihr mit quietschenden Reifen. Zwei Bullen sprangen aus dem Gefährt heraus und ergriffen einen jungen Mann mit dunkler Hautfarbe unwirsch an beiden Armen. Eine Durchsuchung ergab, dass er nichts bei sich führte was diese Maßnahme begründet hätte. Einer der Staatsdiener gab ihm dennoch einen leichten Schlag auf den Arm, offenbar enttäuscht, dass er keinen Anlass hatte richtig loszuknüppeln.
Ein Mann im Anzug eilte an der Szene vorbei, sprach hektisch in sein Telefon und schlug seine Aktentasche achtlos in die Luft. Wer hinter ihm ging und nicht Acht gab, den traf das gute Stück in den Bauch. Tatsächlich traf er auch ein Kind mit rotem Basecap im Gesicht. Die Mütze flog durch die Luft, der Junge quengelte, der Mann sah sich nicht um. Nach wenigen Sekunden hörte der Junge mit seinem Geplärr auf. Es hatte ja gar keinen Sinn. Keiner da, der ihn bemitleiden würde, oder ihn überhaupt zur Kenntnis nahm. Er war auf dem Schulweg zusammen mit den anderen Gleichaltrigen, auch wenn er sich als einziger von der Gruppe abgesondert bewegte. Die Anderen gingen brav nebeneinander in Zweierreihen auf die U-bahn zu. Aber sie hielten sich nicht, wie es zu ihrer Schulzeit üblich gewesen war, an den Händen. Nein, zwischen den Fingern hielten beinahe alle ein Smartphone, auf dem sie gelangweilt rumdrückten. Diejenigen, die kein Handy bei sich trugen, imitierten den leblosen Ausdruck der Erwachsenen, den Blick in die hoffnungslose Leere, bereits vollkommen. Es war gruselig. Sie erinnerte sich, dass es früher einmal anders gewesen war, die Menschen hatten Persönlichkeit und Charakter besessen. Heute waren sie bessere Informationsspeicher. Wandelnde Festplatten für den Müll, den die Medien ihnen in die Hirne tackerten. Sie beschloss aus ihrer Traumreise zurückzukehren. Sie verabscheute die Gesellschaft ihrer Zeit abgrundtief. Das war ja der Grund warum sie die Menschen lediglich durch die Fensterscheibe beobachtete.

Den ersten Teil der Geschichte findet ihr hier :-) Das Foto von mir wurde gemacht von Rob Chamber und von mir bearbeitet.

Viel Licht und Liebe <3

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Resteemed :-)

Your story is true at in this part:

"It was creepy. She remembered that it had once been different, people had personality and character. Today they were better information storage. Moving hard disks for the garbage that the media stuck in their brains. She decided to return from her dream journey."

google translated for me. THANK YOU,

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I do not know if it is true or not. It is just one view at the world this charakter developed. I am curious how her view will develop within the story :) Thank you for your interest and your support :) I follow you back :)

A very good post @yoganarchista
Please follow me
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Is it kind of short story? I just translate it using google translate. It is a little messy reading using google translate...he..he..! Anyway nice story! :)

die Geschichte wirk sehr düster, fast hoffnungslos
mal sehen wie es weiter geht.....

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