Im Schatten der WM 2018 : EU-Parlament Ausschuss votiert 15:10 für „Internet-Zensur“

in #politik6 years ago (edited)

Mit ihrer Reform des Urheberrechts gefährde die EU das freie Netz, sagt Europapolitikerin Julia Reda. Heute wird der Rechtsausschuss dem umstrittenen Artikel 13 wohl trotzdem zustimmen.


Heute stimmt der Rechtsausschuss des EU-Parlaments über eine Reform des europäischen Urheberrechts ab. Besonders umstritten ist Artikel 13: Er macht Online-Plattformen wie Youtube und Facebook direkt für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich. Bislang müssen sie erst dann reagieren, wenn sie der Rechteinhaber, etwa ein Künstler oder ein Musiklabel, darauf hinweist. Künftig sollen sie bereits im Moment des Uploads haften. Julia Reda, die für die Piratenpartei im Europaparlament sitzt, ist eine der schärfsten Kritikerinnen der geplanten Richtlinie.


70 digitale Pioniere, darunter Wikipedia-Gründer Jimmy Wales und Tim Berners-Lee, sehen das freie Netz in Gefahr. In einem offenen Brief warnen sie vor "automatisierter Überwachung und Kontrolle". Wovor haben sie Angst?


Julia Reda: Der Brief bezieht sich auf Artikel 13 der Urheberrechtsrichtlinie, über den der Rechtsausschuss des Europaparlaments heute abstimmt. Er beinhaltet, dass Plattformen unmittelbar haften, wenn Nutzer das Urheberrecht verletzen, und schreibt technische Maßnahmen vor, um die Verstöße zu verhindern. Die Anbieter müssen also Filter einbauen, um Inhalte zu überprüfen, bevor sie hochgeladen werden. Das schränkt die Meinungsfreiheit ein und spielt Plattformen wie Youtube und Facebook in die Hände, die ohnehin schon das Netz dominieren. Diese Upload-Filter wären regelrechte Zensurmaschinen.


Youtube durchsucht Inhalte bereits automatisch nach solchen Verstößen. Was ist an den Upload-Filtern neu?


Bislang geht es nur um kopierte Musikaufnahmen. Artikel 13 bezieht sich auf alle Urheberrechtsverletzungen. Die technischen Anforderungen sind ungleich höher. Noch gibt es keine Filter, die dazu in der Lage sind. Bereits die existierenden Filter wie Youtubes Content-ID machen regelmäßig Fehler, die dazu führen, dass legale Inhalte gelöscht werden.


Microsoft setzt ein Filtersystem namens PhotoDNA ein, um Darstellungen von Kindesmissbrauch zu erkennen. Das funktioniert, und niemand beschwert sich über Zensur. Wo liegt der Unterschied?


Aufnahmen von Kindesmissbrauch sind immer illegal, unabhängig vom Kontext. Beim Urheberrecht ist das grundlegend anders. Da gibt es Graubereiche und Ausnahmen wie das Zitatrecht oder die Parodiefreiheit. Auch deshalb wird Artikel 13 oft als "Angriff auf die Meme-Kultur" bezeichnet. Meme nehmen geschützte Inhalte als Grundlage, ändern sie aber ab oder stellen sie in einen anderen Kontext, sodass sie nicht mehr gegen das Urheberrecht verstoßen. Ein Filter würde das nicht erkennen und einfach alles blockieren.


Befürworter von Artikel 13 argumentieren, dass Urheber nur angemessen vergütet werden können, wenn illegale Kopien erkannt und sanktioniert werden. Was sagen Sie den Künstlern und Musikern, die von ihrer Arbeit leben wollen?


Mehrere Ausschüsse des Parlaments haben einen Alternativ-Vorschlag empfohlen. Plattformen, die von Nutzern hochgeladene Inhalte aufbereiten, um damit Geld zu verdienen, müssten dann für diese Inhalte Lizenzen abschließen. Dazu gehört zum Beispiel Youtube mit seinem Content-ID-System, das Musikaufnahmen erkennt. Das käme den Künstlern direkt zugute. Im Gegensatz zu Artikel 13 verbietet der Entwurf jegliche Vorab-Filterung, weil sie rechtswidrig ist. Das hat auch der EuGH zweimal entschieden. Die Richter bewerten die Praxis als unvereinbar mit dem Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit und sehen darin einen Eingriff in die Privatsphäre. Außerdem führen die Filter nicht automatisch zu einer fairen Bezahlung. Den Urhebern geht es ja nicht nur darum, dass Inhalte gelöscht werden, sondern dass sie eine Vergütung erhalten. Dafür gibt es mildere und effektivere Mittel.



Plattformen wie Youtube und Facebook verdienen Milliarden mit nutzergenerierten Inhalten. Jetzt sollen diese Konzerne Maßnahmen entwickeln, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Könnte das nicht dazu führen, dass kleinere Anbieter bessere Chancen haben, um mit den Marktführern zu konkurrieren?


Das Gegenteil wäre der Fall. Man schafft qua Gesetz einen Markt für Upload-Filter. Google hat nach eigenen Angaben für Youtubes Content-ID 60 Millionen Dollar investiert, und da geht es nur um die Erkennung von Musik. Kleinere Plattformen können die Filter unmöglich selbst entwickeln. Sie müssten sie also einkaufen. Davon profitieren die großen Tech-Unternehmen, weil nur sie in der Lage sind, die Filter-Software anzubieten.


Der aktuelle Kompromissvorschlag nimmt bestimmte Plattformen wie Wikipedia aus und fordert "angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen". Das klingt nicht nach Total-Zensur. Warum reicht Ihnen das nicht?


Das Problem ist, dass kein Beispiel genannt wird, wie eine angemessene Maßnahme aussehen könnte. Die Anforderung bleibt ja trotzdem bestehen: Urheberrechtlich geschützte Inhalte dürfen nicht hochgeladen werden. Da bleiben nur die Upload-Filter. Axel Voss, der die Verhandlungen im Rechtsausschuss leitet, konnte auch auf Nachfrage nicht erklären, was die Plattformen denn sonst tun sollen. Sie müssen filtern. Außerdem haben die Plattformen keine besonderen Anreize, milde Maßnahmen zu ergreifen. Wenn sie wissen, dass sie der Filter vor Strafen schützt, dann werden sie ihn natürlich einsetzen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich Google und Facebook in Unkosten stürzen und Gerichtsprozesse riskieren, um die Grundrechte der Nutzer zu schützen. Das ist Aufgabe des "Staates". (Bemerkung : Es sind nur Firmen-Staaten !)


Trotz dieser Gegenargumente sieht es aktuell so aus, als würde der Rechtsausschuss den Artikel 13 absegnen. Wie erklären Sie sich die Zustimmung?


Der Dachverband der Verwertungsgesellschaften fliegt regelmäßig bekannte Künstlerinnen und Künstler nach Brüssel und Straßburg ein. Dort erzählen sie Parlamentariern, dass sie ohne Artikel 13 in den Ruin getrieben würden. Besonders häufig treten Plácido Domingo und Jean-Michel Jarre auf. Mit ihrer Berühmtheit haben sie guten Zugang zu den Abgeordneten und sind entsprechend erfolgreich. Emotional verfangen ihre Argumente: Natürlich will man den Urhebern helfen. So wird die Abstimmung auf eine Frage reduziert: Wer dafür ist, will Urheber vor Google und Facebook schützen. Wer dagegen ist, unterstützt die Milliardenkonzerne. Zusätzlich macht die französische Regierung im EU-Rat Druck, weil in Frankreich große Unterhaltungskonzerne sitzen, die viel politischen Einfluss haben.


Diese Strategie scheint aufzugehen. Es werden wohl mindestens 13 der 25 Abgeordneten mit Ja stimmen: Konservative, Liberale und die extremen Rechten vom Front National. Sind Upload-Filter damit beschlossene Sache?


Noch nicht. Wenn der Rechtsausschuss zustimmt, können wir noch eine Abstimmung im Plenum beantragen, an der alle Abgeordneten beteiligt sind. Das wäre voraussichtlich Anfang Juli. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament sind noch völlig unklar.


Quelle


EU-Rechtsausschuss stimmt für Internet-Zensur-Maschine


Das Ergebnis: Mit 15 gegen 10 Stimmen hat der EU-Rechtsausschuss für die Einrichtung der Upload-Filter und damit für eine knallharte und umfassende „Internet-Zensur“ gestimmt. Der Vorschlag stammt vom CDU-Abgeordneten Axel Voss. Damit soll eigentlich „nur“ verhindert werden, dass Dritte urheberrechtlich geschützte Inhalte auf Twitter, Instagram, Facebook und Youtube hochladen können. Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, würde Journalisten, Komiker, Satiriker, Kritiker, Künstler etc größtenteils einschränken, weil sie Texte, Fotos und Videos nur noch sehr beschränkt und erschwert kommentieren und kritisch begleiten könnten.

Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten (vor allem Youtube, Instagram etc) müssen dann „angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen“ ergreifen um das Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte zu verhindern. Damit werden automatische Filter übervorsichtig extrem viele Texte, Fotos und Videos erst gar nicht online gehen lassen. Auch über das sogenannte „Leistungsschutzrecht“ wurde heute im EU-Rechtsausschuss abgestimmt. Das Votum fiel hier mit 13 zu 13 unentschieden aus. Kurz gesagt sollen Verlage (Initiator Axel Springer) die volle Kontrolle über ihre Inhalte bekommen. Wenn Google beispielsweise als Suchergebnis einen ersten Schnipsel des Artikels der BILD anzeigt, dürfte der Verlag dafür Google eine Rechnung stellen. Offiziell heißt es dazu, dass die „digitale Nutzung von Pressepublikationen durch Informationsdienste“ zustimmungspflichtig wird.


Noch ist es nicht zu spät


Aber diese Abstimmung im EU-Rechtsausschuss ist noch nicht das Ende. Der Ausschuss gibt mit seinem Votum eine Empfehlung für das gesamte EU-Parlament. Wahrscheinlich folgen die Abgeordneten in ein paar Wochen in ihrer Abstimmung der 15:10-Empfehlung für den Upload-Filter. Aber in Stein gemeißelt ist das noch nicht. Die Internet-Community sowie sonstige Zivilgesellschaft hat also noch ein klein wenig Zeit mächtig auf die einzelnen Abgeordneten einzuwirken. Vielen dürfte wohl gar nicht bewusst sein, welche weitreichenden Auswirkungen (eine Art von Internet-Zensur) dieses Gesetz nämlich mit sich bringen würde. Das hochangesehene Portal netzpolitik.org schreibt dazu aktuell (auszugsweise) im Wortlaut:

Die Vorschläge von Voss haben weitreichende Folgen. Künftig muss nach dem Gesetzesentwurf jeder Upload auf Internet-Plattformen wie Youtube gefiltert werden, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Die Entscheidung darüber treffen bei den großen Plattformen in den meisten Fällen automatisierte Systeme. Diese werden bereits bisher für drastische Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht. Gegner sprechen darum von „Zensurmaschinen“.

Upload-Filter bedeuten das Ende für viele Formen des Ausdrucks im Internet. Als prominentes Opfer würden künftig wohl etwa Millionen von Memes aus dem Internet gefiltert werden, auch wenn sie als wichtiger Bestandteil der Netzkultur gelten. In ihrer bekanntesten Form handelt es sich bei Memes um Sprüche auf Bildern, die sich über soziale Netzwerke viral verbreiten. Da die Bilder jedoch oft urheberrechtlich geschütztem Material entnommen sind, warnt eine Kampagne nun davor, dass die Urheberrechtsreform ein Stück Netzkultur vernichten könnte. Denn während Memes in den USA durch die Fair-Use-Doktrin von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, fehlt in der Europäischen Union leider immer noch ein vergleichbares Recht auf Remix.


Die Folgen des Artikel 13, von PietSmietTV gut erklärt :

Das Zensurgesetz kommt


Kommentar :


Was anfänglich als Urheber Schutz gedacht war, verkommt nun zum Werkzeug zur Internet-Zensur. Verfasst von einer EU, die ausschliesslich den Interessen von Konzernen folgt, die dieses Werkzeug mit aller Wahrscheinlichkeit für Ihre Interessen missbrauchen wird !

Warum noch länger an den Symptomen des Systems schrauben ?

Es ist Zeit, das sich die europäischen Völker mit Hilfe des Völkerrechts (einer Verfassunggebenden Versammlung) sich eine Verfassung geben, die Ihren Interessen folgt und nicht die von Konzernen und Banken ...

Das für alle Zeiten die "Firmenstaaten" aufgelöst werden und souveräne Staaten im Sinne des Völkerrechts aufgerichtet werden, zu einem Projekt für Frieden und Freiheit.

https://www.verfassunggebende-versammlung.com/

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Nicht lustig die ganze Sache.. Upvote haste trotzdem ;)

Danke ... Deine Photos gefallen mir :)

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