Political correctness vs. Sexismus oder wann ist es ein Kompliment?

in #philosophy7 years ago

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Ich bin eine Frau. Wurde mir schon hinterher gepfiffen? Egal. Die Frage ist, was bedeutet es? Ein Kompliment für mein Aussehen? Oder wie interpretiere ich es? Als eine Objektivierung meines Körpers, der meine restliche Identität ausklammert? Und hier fängt der Spaß an, oder auch: hört er auf. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man selbst der Täter wird, wenn man jemand anders des Sexismus bezichtigt. „Du Spaßbremse!“, „Nimm doch nicht immer alles so ernst, war doch nur Spaß.“ Oder auch gerne „Du Emanze“. Und damit ist nicht eine Frau gemeint, die für ihre Gefühle und Rechte einsteht, sondern eine rechthaberische, nervige Spielverderberin. Und das nervt.


Definition Sexismus:

In der Psychologie: „Sexismus produziere die Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Rollen, wobei diese insbesondere Frauen in eine untergeordnete Position und in eine Stellung mit weniger Macht dränge als Männer.“
In der Soziologie: „Hier heißt es, Sexismus sei kulturell bedingt, institutionell verankert und individuell verinnerlicht. Es sei ein weitergetragenes Denken, Glauben, Meinen und ein Handeln als gesellschaftliche Praxis, welches Männer privilegiere und Frauen unterwerfe. Hierdurch werde das Tun von Frauen abgewertet und Frauen (und Männer) würden auf bestimmte Rollen festgeschrieben. (1)

Definition Political Correctness:

In der ursprünglichen Bedeutung bezeichnet der englische Begriff politically correct die Zustimmung zur Idee, dass Ausdrücke und Handlungen vermieden werden sollten, die Gruppen von Menschen kränken oder beleidigen können (etwa bezogen auf Geschlecht oder Race/ „Rasse“). (…) es [wurde] von der politischen Rechten bzw. Konservativen in den Vereinigten Staaten aufgegriffen, die die Verwendung und vermeintliche Dominanz einer „politisch korrekten“ Sprache als Zensur und Einschränkung der Redefreiheit auffassen wollten. (2)


Für mich ist political correctness der Versuch Frauen und andere diskriminierungs-gefährdete Gruppen eben nicht zu diskriminieren, sondern zu integrieren. Wenn immer nur von -ern, man und jemand gesprochen wird, kommen Frauen und andere nicht vor. Und Sprache ist der Ausdruck dessen was wir denken. Wenn wir den ganzen Tag nur von Ärzten hören, ist es kein Wunder, wenn wir überrascht sind, wenn die Chirurgin den Raum betritt. Bei dem Überangebot an Klatschblättern voll mit halb angezogenen Frauen und Modetipps, ist es kein Wunder, dass es immer noch eine Nachricht ist, was Angela Merkel gestern anhatte. Und es ist auch kein Wunder, dass Frauen immer noch das Gefühl haben, minderwertig zu sein, weil die Hälfte der Bevölkerung sich sicher ist, dass sie es ist. Nicht extra, sie haben es einfach so gelernt und sind sich dessen überhaupt nicht bewusst. Und damit sieht der Tag so aus: An der Bushaltestelle überlege ich, wie ich es endlich schaffe, die Bikinifigur auf dem Plakat zu haben und auf der Arbeit will ich meinen Chef beeindrucken, während ich mich gleichzeitig schlecht fühle, weil ich nicht genug Zeit für die Kinder habe und der Wäscheberg zuhause wartet. Und dann pfeift mir jemand hinterher oder gibt mir einen Klaps auf den Hintern. Schon schwierig, dass dann nicht positiv zu bewerten. Da findet mich jemand heiß, yeah!

Aber ich will das nicht. Ich will nicht, dass ich anhand meines Körpers bewertet werde oder mich selber bewerte. Ich will nicht, dass ich aufgrund meines Geschlechts einen Job bekomme. Ich will nicht mehr für emotional und sensibel gehalten werden, weil ich Ungerechtigkeiten anklage. Ich will nicht mehr.

Ich will ernstgenommen werden. Nur das, genauso ernstgenommen werden wie ein weißer, heterosexueller, westlicher Mann. Denn machen wir uns nichts vor: Ich klage auf hohem Niveau. Trotzdem

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(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Sexismus
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Korrektheit

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Zum weiterlesen: http://alltagssexismus.de/

Die seite wird gerade nicht mehr aktuell fortgeführt, aber die Beispiele sind immer noch aktuell.

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See the full rankings and details in The Daily Tribune: Jul 04 - Part II. You can also read about some of our methodology, data analysis and technical details in our initial post.

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Kannst Du das irgendwie belegen?

"Und es ist auch kein Wunder, dass Frauen immer noch das Gefühl haben, minderwertig zu sein, weil die Hälfte der Bevölkerung sich sicher ist, dass sie es ist."

Ist jetzt echt nicht polemisch gemeint, aber hast Du schon mal daran gedacht, dass Du vielleicht Minderwertigkeitskomplexe hast und nicht die anderen daran schuld sind? Auf die Gefahr hin, dass das sexistisch klingt, aber ich käme auch nicht auf die Idee, dass die Frauen/die Gesellschaft dran schuld sind, dass mein Waschbärbauch nicht mit dem Typen von der Davidoff Werbung mithalten kann.
Ich kann keinerlei Benachteiligung von Frauen in D erkennen, im Gegenteil. Frauen werden viel rücksichtsvoller behandelt (auch von mir), ihre Probleme werden (manchmal zu) ernst genommen und sie können machen was sie wollen oder bin ich echt blind für die Diskriminierung? Jedenfalls halte ich es für geradezu paranoid davon auszugehen, dass die Hälfte der Bevölkerung Frauen "minderwertig" findet.
Political Correctness ist bestenfalls gut gemeint, hat sich aber leider zu einem ideologischen Herrschaftsinstrument entwickelt, falls es je einmal anders angedacht war.

Prof. Jordan Peterson - Political Correctness Lecture

Endlich hat jemand auf meine provokante These reagiert! Ich dachte schon, es stimmt! ;) Tatsächlich wollte ich damit die Leute mal hinterm Ofen hervorlocken. Wobei ich nicht damit gerechnet hatte, dass dann jemand einen Minderwertigkeitskomplex bei mir vermutet.

Ich freue mich für Dich, dass Du dich nicht mit dem Davidhoff-Mann vergleichst, vielen jungen Männern geht es da aber inzwischen genauso wie vielen Frauen, dass sie sich gezwungen fühlen diese Standards auf sich selber anzuwenden, die einfach utopisch sind.

Und wie ich oben geschrieben habe, ich will nicht rücksichtsvoller als das männliche Geschlecht behandelt werden, sondern genauso, als ob es diesen Unterschied überhaupt nicht gäbe. Und es gibt diesen Unterschied in der Behandlung immer noch, das hast du mir mit deinem Kommentar bestätigt.

Was die "political correctness" angeht. Für mich ist das kein "ideologisches Herrschaftsintrument", sondern der Versuch die Änderungen in der Gesellschaft auch in der Sprache auszudrücken. Vor 150 Jahren gab es weder Ärztin noch Ingeneurin. Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt, aber die Sprache, die wir benutzen ist ein Ausdruck unserer Realität und in der fühle ich mich immer noch unterrepräsentiert, besonders wenn in der Mehrzahl Gruppen angesprochen werden und es für mich klingt, als ob es nur Männer wären. Ich werde nie nachvollziehen können, wie es für Dich ist "gezwungen" zu werden diese in diesem Falle gender-korrekte Sprache zu benutzen. Ich habe es niemals als Zwang empfungen, sondern als eine Form von Respekt.

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