1000 Gesichter der Inspiration: #003 Wolfgang Ellmerer | Musiker, Produzent, kreatives Genie

in #musik6 years ago (edited)

Über die 1000 Gesichter der Inspiration

Inspiration hat viele Facetten und noch mehr Gesichter: Künstler, aber auch Lehrer, Trainer, Eltern, Großeltern, Freunde, Nachbarn, Freiwillige inspirieren uns im Alltag, unser Leben und unsere Handlungen zu überdenken und die großen und kleinen Dinge des Lebens anzupacken. Wir alle leben von Inspiration. Wir tragen sie in uns. In meiner Reihe „Die 1000 Gesichter der Inspiration“ möchte ich euch Menschen vorstellen, die mich inspirieren – in der Hoffnung, dass sie mit euch dasselbe tun. Viel Spaß beim Lesen und beim Sich-Inspirieren-Lassen!

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Wolfgang Ellmerer alias Adzix ist ein junger aufstrebender Künstler aus Tirol, von dem noch einiges zu hören sein wird. Bild: Wolfgang Ellmerer

Wolfgang Ellmerer, Tonkünstler

Atmosphärische Klänge, harter Metal, industrielle Musik - Wolfgang Ellmerer alias Adzix aus dem Tiroler Unterland ist ein Künstler, der sich nicht in nur eine Schublade pressen lässt. Wolfgang schreibt nicht nur seine Musik selbst - er produziert, singt, arrangiert, layoutet, macht das Artwork für seine Releases - und er macht vom Drehbuch über die Regie bis hin zur Produktion seiner Musikvideos alles selbst. Zudem macht er berührende Covers anderer Musiker. Mehr Self-Made-Man geht nicht. Echt nicht.

Steckbrief

Name: Wolfgang Ellmerer
Jahrgang: 1978
Beruf: Irgendwas mit Medien
Land: Österreich

Genug Selbstreflexion, um zu akzeptieren, dass man Projekte auch zu Ende bringen muss

Servus Wolfgang! Zuallererst einmal danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.
Ahoi Theo! Die Zeit nehme ich mir natürlich gern. Hab mich über die Anfrage sehr gefreut.

Was ich mich schon lange frage: Du machst Musikvideos, schreibst deine Musik selbst, nimmst sie auf, machst auch nebenbei geniale Covers anderer Künstler und machst auch noch das ganze Artwork – woher nimmst du die Ideen und das viele Know-How?
Ideen kommen auf so viele Arten, das hat manchmal auch was sehr Synästhetisches: Ich sehe eine Zeichnung, und die klingt für mich nach ein paar Akkorden, die ich dann auf der Gitarre oder am Klavier skizziere und am Computer ausarbeite. Oder neues Equipment; das bringt mir neue Ansätze.

Das Know-how entwickelt sich dann parallel dazu. Zum Teil hat das was mit meinem Verlangen zu tun, alles können zu wollen: dann setze ich mich mit einem Fachbuch, einer Anleitung oder irgendwelchen Tutorial Videos hin, und beginne zu lernen und auszuprobieren: wie schneidet man ein Video, wie produziert man ein Album, was ist eine Druckvorstufe… Ich kann nie genug davon bekommen, dazuzulernen. Schön, dass es so viele geniale Köpfe gibt, die ihr Wissen teilen.

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Das Multitalent bei der Arbeit: Wolfgang Ellmerer komponiert, (re-)mixt, produziert und macht auch sonst alles selbst. Bild: Wolfgang Ellmerer

Auf mich wirkt deine Musik von Adzix mal träumerisch-melancholisch, dann wieder industriell - aber trotzdem gleichzeitig sehr atmosphärisch. Als Sänger der Band Kammerflimmern hast du wiederum sehr Metal-lastige Musik gemacht, die viel frontaler daherkommt. Was davon spiegelt den echten Wolfgang Ellmerer wieder?
Alles natürlich! 😊

Die Band, inzwischen (leider) nicht mehr existent, war ein super Ventil für alles, was mir an brachialen Klängen Freude bereitet, die Energie und eine für mich sehr positive Aggression. Befreiend wohl. Adzix hingegen ist ein sehr breites Feld für alle möglichen Stilrichtungen. Ursprünglich war Industrial und Electro so der Startpunkt, inzwischen ist das doch sehr poppig gefärbt. Melancholisch-atmosphärisch blieb das Ganze (hoffentlich doch) immer.

Insgesamt brauche ich das auch, mich selbst nicht musikalisch festlegen zu müssen. Heute könnte ich wahnsinnig Lust darauf haben, an einem düsteren, harten EBM Track zu werkeln, nächste Woche darf es dann Klavier mit Streichern und verhalltem Gesang sein.

Was sind eigentlich deine frühesten Erinnerungen an die Musik und ans Musikmachen?
Meine frühesten Erinnerung an Musik ist, im Hausgang vor der Küche zu sitzen, im Sommer, mit einem kleinen Radio, und bei schönen Songs die Aufnahmetaste des Kassetten-Decks zu drücken. Oder bei meinem Nachbarn, der ein paar Jahre älter war, die ersten Metal Platten zu hören, die die 80er so zu bieten hatten.

Musik zu machen ging bei mir erst später los, als Teenager. Davor habe ich mich geweigert, ein Instrument zu lernen. Sturer Bub. Dann ging’s mit Gitarre los, Schlagzeug kam danach, Bass - alles was in Proberäumen so rumlag.

Welche Musik hat dich bislang auf deinem Lebensweg geprägt?
Das schwierigste an der Frage wird, mich (relativ) kurz zu fassen!

Es gibt so viel großartige Musik, die ich als total prägend empfinde.
Velvet Acid Christ – Church of Acid
Ein Klassiker, den ich immer erwähnen muss. Das Album hat mir gezeigt, wie detailliert und abgefahren elektronische Musik sein kann.
Angelo Badalamenti – Twin Peaks Soundtrack
Gänsehaut pur, ein sensationeller Score, hat mein Empfinden für schwere Melancholie in der Musik tief geprägt.
Flying Lotus – Cosmogramma
So eine Fusion aus Jazz, Samples, Elektronik und live gespielten Instrumenten habe ich (bis auf Squarepusher vielleicht) von noch niemandem gehört. Ein akustischer Trip.
Christa Lee -Welcome to the Fantasy Zone
Eine Musikerin, die Songs und Sounds aus der Videospiel-Geschichte von Sega nimmt, und in eigene Kompositionen verwandelt, die mich auf eine sensationell einzigartige Weise in angenehme Melancholie versetzen. Die Musik von damals hat mich beeinflusst, und ihr Umgang damit ist außergewöhnlich kreativ.

Aktuell besonders grandios finde ich zum Beispiel:
Fazerdaze – Morningside
The Low Anthem – The Salt Doll Went to Measure the Depth of the Sea
Son Lux – Brighter Wounds


Wishes - ein Beach House Cover von Wolfgang.

Was war die erste CD / Platte / Kassette, die du dir selbst gekauft hast? Hörst du sie immer noch gerne?
Hm, ich weiß nicht, ob ich das ehrlich beantworten kann, weil ich’s einfach nicht mehr genau weiß. Eine meiner allerersten Platten war auf jeden Fall „Nach uns die Sintflut“, das 1988 Live Album von Die Ärzte. Und genau die habe ich tatsächlich heuer nach vielen, vielen Jahren mal wieder aufgelegt.

War für dich immer klar, dass du etwas Kreatives machen musst?
Nein, eigentlich gar nicht. Weil ich sehr lange nicht in mein Können vertraut habe. Aber irgendwann hat sich einfach gezeigt, dass es keine Alternative gibt. Egal ob es dafür dann ein Publikum gibt oder auch nicht, ich muss diese Ideen in ein Medium transportieren und rausbringen, sonst platze ich. 😉

Ich erlebe dich als wahnsinnig kreativen Menschen, der ständig neue Ideen hat. Das Produkt ist dabei immer perfekt. Siehst du dich selbst als Perfektionisten?
Autsch. Die Frage verursacht leichtes Unwohlsein. Erstens: das Produkt ist natürlich nie perfekt. Früher habe ich mich NUR auf die Imperfektionen gestürzt und mich selbst dafür dauernd kritisiert. Inzwischen kann ich das lockerer sehen, und finde dann das eine oder andere von mir auch richtig gut.

Zweitens: ja. Totaler Perfektionist. Aber ein Perfektionist mit genug Selbstreflexion, um zu akzeptieren, dass man Projekte auch zu Ende bringen muss. Sonst würde ich heute noch an den Songs der Skyscraperdreams EP rumschrauben.
Ich finde es wirklich gut und wichtig, einen hohen Qualitätsanspruch an sich selbst zu haben. Weil das von Liebe und Hingabe zeugt. Aber, wie gesagt: auch kleine Imperfektionen gehören dazu, ebenso wie eine Deadline.

Hast du manchmal das Gefühl, dass deine Kreativität aufgebraucht ist? Wie gehst du mit solchen Momenten um?
Ja, solche Gefühle der kreativen Erschöpfung holen mich immer wieder mal ein. Das ist so eine Melange aus Befürchtungen, mir könne nie mehr etwas einfallen, das zumindest für mich selbst neu ist, oder dass meine Ideen beliebig und austauschbar sein könnten.

Damit gehe ich dann auf ganz unterschiedliche Arten um: manchmal brauche ich einfach eine Pause, eine Auszeit. Den selbst auferlegten Druck rausnehmen und abwarten, was von selbst kommt. Oder ich gebe mir selbst kleine Aufgaben. Dann setze ich mir ein Zeitlimit von zwei Stunden, suche einen alten Jazz Song raus und sample etwas davon, spiel damit rum, bastle einen Beat, aber das Limit wird eingehalten. Das Resultat ist dann einfach was es ist, landet im Archiv. Aber ich nehme mir vielleicht im Kopf so einen Samen fürs nächste Projekt mit…

Ab und an kommt dann auch eine neue Platte ins Haus, die mir kreativen Ansporn gibt. Da kann ich dann schamlos gute Ideen klauen - ähm, ich meine nach neuer Inspiration lauschen. Hilft auch.


Musik von seiner EP Skyscraperdreams

2017 ist deine EP Skyscraperdreams herausgekommen. Was ist für 2018 geplant? Geistert da schon etwas in deinem Kopf herum?
Die EP war, nach einer längeren Pause, ein wichtiger Schritt, wieder Musik zu machen und auch zu veröffentlichen. Das hat ja auch zu den ersten Konzerten geführt, die ich solo bestritten habe. Seltsames Gefühl, wenn da keine Band mehr um einen rumsteht… gleichzeitig natürlich auch ein extremer Kick.

Fix geplant sind zwei EPs, die hoffentlich noch im Frühjahr das digitale Licht der Welt erblicken: zum einen was Neues von Adzix, zum anderen ein zweites Projekt unter anderem Namen. Das wird deutschsprachig, so viel kann man schon verraten. Mehr will ich vorerst noch gar nicht sagen, du weißt ja wie das mit den ungelegten Eiern ist… und ich weiß leider selber zu gut, wie langsam ich mit meinen Veröffentlichungen bin.

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Pause von der Arbeit im eigenen Studio. Bild: Wolfgang Ellmerer

Die Führung im Kampf mit sich selbst übernommen

Bitte vervollständige diese sieben Sätze spontan.

  1. Musik bedeutet für mich… Leben. Freude. Energie. Teilen.
  2. Meine Musik ist… Ein sehnsüchtiger Mikrokosmos voller Details
  3. Könnte ich von vorne anfangen wäre ich… Mehr verreist.
  4. Liebe ist… Ich kann nur Mappe lieben (das macht nur für mich Sinn 😊)
  5. Meine größte Challenge bisher war… Ein Kampf mit mir selbst, in dem ich endlich die Führung übernehmen konnte.
  6. Ich liebe was ich tue, weil… Es mich selbst zufrieden und ausgeglichen macht.
  7. Meine goldene Regel ist… Behandle andere so, wie du behandelt werden willst.

Ich danke dir für das Interview!

Wer mehr von Wolfgang hören will, findet ihn auf Soundcloud, Bandcamp, YouTube und natürlich Facebook.

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Tolles Interview. Ich kann ihn bisher nicht. Jetzt sehe ich mir seine Werke mal an

Danke sehr! Reinhören lohnt sich definitiv.

Ach Mist 😅 jetzt hab ich meine gesamte Konzentration für den englischen Beitrag kanalisiert 🤭 Gefallen hat dieser mir aber auch sehr gut 👍🏽 LG

Danke schön! Das freut mich sehr :-)

Also das erste Video beginnt bereits mit Zigarettenwerbung. Das finde ich sehr schwach und ich sehe mir so was gar nicht fertig an.

Das steht ja jedem frei. Werbung sehe ich jedenfalls keine. Und die Musik ist, wie ich finde, fantastisch.

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