Mehrheitsmeinung

in #mehrheit7 years ago

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Der Computer-Wissenschaftler Jaron Lanier schreibt über die digitale Kultur:

"Das Problem besteht in der Art wie man dazu gekommen ist, Wikipedia zu betrachten und zu benutzen; wie es so schnell zu solcher Wichtigkeit angehoben worden ist.
Und dies ist ein Teil eines größeren Musters nach dem Ruf eines neuen Online-Kollektivismus, der nichts anders ist als die Wiederbelebung der Idee, dass das Kollektiv weise sei (Schwarmintelligenz), dass es wünschenswert sei, Einfluss (in einem Flaschenhals konzentriert) zu haben, um das Kollektiv mit einem Kanal der größten Wahrheit und Stärke zu versorgen. "

Dieser Kritik stimme ich vollständig zu. Doch was dann folgt, ist eine fehlerhafte Analyse mit der Behauptung, dass dies in einer repräsentativen Demokratie verhindert werden kann, die Extremismus bekämpft.

Das Problem ist vielmehr, dass die Kontrolle des Kollektivs nicht inhaltlich prüfen kann, was ihr vorgelegt wird. Dafür fehlen ihr alle objektiven Maßstäbe und selbstverständlich das Personal. Da die einfachen Mitglieder dies wissen oder ahnen, diskriminieren sie sich gegenseitig, eingangs nur unterschwellig, aber später mit den schärfsten Mitteln, um unerbittlich ihre Positionen durchzusetzen. Der Kontrolle bleibt überhaupt nichts anders übrig, als sich der Mehrheit zu beugen und dies wird am Ende ihre ultima ratio sein. Im Streitfall (also wenn man sich nicht gleich beugt), wird immer die Mehrheit entscheiden und dies wird das höchste Prinzip dieser Gruppe sein. Man wird es nicht zugeben oder offen formulieren, aber die Mehrheit entscheidet auch, wenn sie dumm wie Brot und frech wie Schifferscheiße ist; es gibt keine Abhilfe, keine Rettung.

Wir glauben immer, es gäbe noch objektive Instanzen, die uns vor dem Schlimmsten bewahren, aber diese existieren nicht, weil sie die notwendige Moral für Gerechtigkeit schon an der Garderobe abgelegt haben. Was eine Demokratie erträglich macht, sind nicht ihre Instanzen, sondern dass man einen wichtigen Teil seiner Werte und Ansichten mit einer Mehrheit teilen kann. Dies ist nichts, was eine Demokratie auszeichnet, es wird ihr aber von ihren Anhängern als Verdienst zugerechnet und als historischer Glücksfall gefeiert. Und da die Mehrheit dies so sehen will, wird dadurch auch die "Wahrheit" öffentlich bestimmt.


Original-Zitat:

The problem is in the way the Wikipedia has come to be regarded and used; how it's been elevated to such importance so quickly. And that is part of the larger pattern of the appeal of a new online collectivism that is nothing less than a resurgence of the idea that the collective is all-wise, that it is desirable to have influence concentrated in a bottleneck that can channel the collective with the most verity and force. This is different from representative democracy, or meritocracy. This idea has had dreadful consequences when thrust upon us from the extreme Right or the extreme Left in various historical periods. The fact that it's now being re-introduced today by prominent technologists and futurists, people who in many cases I know and like, doesn't make it any less dangerous.[155]

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Sehr gut zusammengefasst. Das entspricht auch meinen Beobachtungen. Schon die Denker der Antike haben vor einer Massendemokratie gewarnt. Wenn man unter "Instanzen" die sogenannte Entscheider "Obrigkeiten" meint, stimmt es durchaus, dass es diese nicht mehr gibt. Wenn man diese mit belegbaren Fakten konfrontiert, die Ihnen selbst schaden würden, wird nicht etwa versucht diese Fakten zu widerlegen, es werden die Fakten einfach ignoriert als hätte man sie nie ausgesprochen. Man schiebt die Verantwortung auf die nächste Instanz oder eine andere. Wohl wissend, dass auch diese keine Widerlegung anstreben werden, denn wer sägt sich schon selbst seinen Stuhl ab auf dem er sitzt. Seit Jahren konfrontiere ich die öffentliche Hand (das Kollektiv) mit Fakten und deren Realitäten, wie auch deren Folgen. Es gibt nicht eine einzige Instanz, die sich dieser angenommen hätte. Das bedeutet, Aufrichtigkeit, Moral, Ethos, Gerechtigkeit, selbst positivistisches Recht, wie auch Naturrecht, Konfliktvermeidung gibt es nicht mehr. Das Kollektiv und seine Anhänger, wie auch seine Wähler sind zu einer verantwortungslosen Räuberbande verkommen.

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