Der Petro wird die erste staatliche Krypto-Währung – eine kritische Analyse

in #kryptowaehrung6 years ago

Venezuela gibt als erster Staat eine offizielle Krypto-Währung heraus. Staatliche Krypto-Währungen können in Zeiten hoher Volatilität ein wichtiger Schritt in Richtung Stabilität und Akzeptanz für Krypto-Wähurngen sein. Eine Analyse des offiziellen Whitepapers (http://www.elpetro.gob.ve/Whitepaper_Petro_en.pdf) gibt jedoch Anlass zur Sorge.

Die Idee hinter dem Petro

Auf den ersten Blick hat das Konzept einen gewissen Charme: „The PETRO (PTR) will be backed by the Bolivarian Republic of Venezuela and the wealth of its large crude oil reserves.“ (http://www.elpetro.gob.ve/index-en.html) Somit wäre der PTR eine klassische asset-backed Währung, analog zur früheren Gold-Deckungen staatlicher Währungen.

In dem Whitepaper wird zunächst die Vision der staatlichen Krypto-Währung skizziert:

  • PTR als unabhängige asset-backed Krypto-Währung
  • Die „Deckung“ des PTR soll durch die riesigen Öl-Vorkommen des Landes sichergestellt werden
  • Durch die Öl-Deckung wird die für Krypto-Währungen typische Volatilität reduziert
  • Venezuela sieht sich als Speerspitze für den Aufbau einer neuen unabhängigen, transparenten und fairen Digital-Ökonomie zum Wohle aufstrebender Staaten und deren Bürgern

Nach einer allgemeinen Abhandlung über die Vorteile der Blockchain und einer Token-Ökonomie, folgt eine nähere Beschreibung zur Funktion des PTR als Tauschmittel, digitale Plattform und Anlage-Instrument.

Der PTR-Token selbst verfügt über folgende Eigenschaften:

  • Initial werden 100'000'000 Token herausgegeben
  • Die Ausgabe weitere Tokens erfolgt nur mittels Voting der Tokenholder

Die Verteilung der PTR-Tokens:

  • PreSale: Ab 20. Februar 2018 werden 38'400'000 PTR im Rahmen eines PreSale verkauft. Der Preis wird sich am Öl-Kurs für ein Barrel venezuleanisches Öl orientieren (Ende Januar ca. 60 USD)
  • Initial Coin Offer (ICO): Ab 20.03. werden weitere 44'000'000 PTR verkauft
  • Die restlichen 17'600'000 PTR gehen an die staatliche Behörde „Superintendencia de Criptomonedas y Actividades Conexas Venezolana (SUPCACVEN)“

Während der gesamten Verkaufsphase wird es degressive Discounts für Früh-Investoren geben.

Die Verwendung der eingenommenen Mittel ist wie folgt vorgesehen:

15% Innovationsförderung (mit Bezug zu Blockchain)
15% Projekte zur Entwicklung des Ökosystems
15% Weiterentwicklung der „Petro“-Plattform
55% Eigenständiger Fonds

Das im Whitepaper mehrfach erwähnte Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Krypto-Währung ist die staatliche Akzeptanz und die Deckung durch Öl-Reserven. Diese wird gemäss Whitepaper wie folgt realisiert:

  • Der PTR wird als staatliches Zahlungsmittel für Steuern und Gebühren anerkannt
  • Venezuela garantiert den Umtausch des PTR in Bolívar zum jeweiligen Öl-Preis des Vortages abzüglich eines prozentualen „Abschlages“
  • Der Umtausch zwischen PTR und Bolívar erfolgt über staatlich autorisierte Händler

Kritikpunkte

Aus der Analyse des Whitepapers ergeben sich folgende Kritikpunkte:

PTR ist keine asset-backed Währung

Die Idee einer asset-backed Krypto-Währung ist nicht neu und insbesondere als staatlich garantierte Währung durchaus interessant. Der PTR ist jedoch in keiner Weise durch die Öl-Reserven gedeckt. Stattdessen gibt der Staat Venezuela lediglich ein Zahlungsversprechen ab, den PTR zu jeder Zeit gegen einen Abschlag zum aktuellen Öl-Preis in Bolívar zu tauschen. Dieses Versprechen ist wie bei allen Zahlungsversprechen von der Kreditwürdigkeit des Garantiegebers abhängig. Bei einer Staatspleite Venezuelas wird dieses Versprechen obsolet. Die Kreditwürdigkeit Venezuelas gilt als schlecht (http://www.zeit.de/news/2017-11/04/venezuela-standard-and-poors-stuft-venezuelas-kreditwuerdigkeit-weiter-herab-04081203)

Selbst wenn ein Investor jederzeit seine PTR in Bolívar tauschen kann, muss noch erwähnt werden, dass es auf Grund starker Reglementierung des Handels für Bolívares schwierig wird, das Geld in USD, EUR oder andere Währungen zu tauschen.

Abschlag zum Öl-Preis

Im Whitepaper ist beim Tausch von PTR in Bolívar von einem „Abschlag“ die Rede. Wie hoch der Abschlag ist und wer diesen festlegt bleibt offen. Die Rede ist von mindestens 10%. Mit diesem Parameter kann Venezuela den Tausch in Bolívar nach Belieben unattraktiv gestalten.

Voting-System

An mehreren Stellen ist von einem Voting-System für die Eigentümer von PTR die Rede. Diese Demokratisierung für Anteilseigner gilt als eine Errungenschaft künftiger Krypto-Währung. Hierdurch wird die Verantwortung für die „Geld-Politik“ und das Ökosystem in die Hände der User gelegt.

Das Whitepaper bleibt weitgehend unklar darüber, wie das Voting-System funktionieren soll. Zwei Zitate machen aber klar, dass nur über Vorschläge abgestimmt werden darf die von der staatlichen Behörde SUPCACVEN eingebracht werden:

  • „This feature will be initially disabled and can only be activated on the initiative of the Superintendency of Currency of Venezuela with the approval oft he holders of Petro“
  • „...which will be proposed through SUPCACVEN and selected by Petro holders by voting through the blockchains“

Diese Praxis dürfte dazu führen, dass nur Vorschläge eingereicht werden, die der venezuelischen Regierung genehm sind.

Mittelverwendung

55% der eingenommenen Mittel fliessen in einen eigenständigen Fonds. Zu diesem Fonds werden keinerlei weitere Angaben gemacht. Je nach Erfolg des ICO dürfte es sich dabei immerhin um mehr als 2.5 Milliarden USD handeln, die weitgehend intransparent verwendet werden und mit ziemlicher Sicherheit nicht dem Auf- und Ausbau eine PTR-Ökosystems dienen werden.

Fazit

Das Versprechen einer „unabhängigen“ und durch „Öl-Reserven“ gedeckten Krypto-Währung wird nicht gehalten. Ebenso wird ein Grossteil der eingenommenen Mittel nicht für den Aufbau des Öksystems verwendet, sondern fliesst in intransparente Kanäle. Zudem ist nicht zu erkennen, wie die stark gebeutelte Bevölkerung Venezuelas von diesem Unterfangen profitieren soll. Für Investoren ist des Weiteren fraglich, was die Staatsgarantie wirklich Wert ist.

Staatliche Krypto-Währungen haben enormes Potenizial. Dieses Projekt verschenkt jedoch die Chance einer staatlichen Krypto-Währung und droht den Ruf für staatliche Krypto-Währungen nachhaltig zu schädigen.

Ich persönlich erachte es als die moralische und ökonomische Pflicht aller Krypto-Anleger, dieses Projekt – genauso wie alle anderen unseriösen ICOs - scheitern zu lassen. Durch verantwortungsvolle Investitionen werden unseriöse Nachahmer abgeschreckt und der Boden für eine nachhaltige Token-Ökonomie bereitet.

Hinweis: Dieser Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Meinung des Autors wieder.

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