Geschichten einer Ehe“ sollten geboten werden, aber was das Musikerpaar
Geschichten einer Ehe“ sollten geboten werden, aber was das Musikerpaar Tanja Raith und Andreas Blaimer bei den Eichstätter Kabaretttagen auf der Gutmann-Bühne bot, waren eher „Szenen vor der Ehe“: Denn sie lieferten auf höchst unterhaltsame Weise musikalische Anekdoten aus den frühen 1990er Jahren, in denen beide sich in Regensburg kennenlernten.
Und man konnte erkennen – es war Ablehnung auf den ersten Blick, jedenfalls von Seiten der jungen Abiturientin Tanja aus dem Bayerischen Wald, die dem studierten Mathematiker und Physiker Andi, der in einem Musikalienladen direkt gegenüber dem Schloss der Fürstin Gloria arbeitete, mächtig imponierte. Lange Zeit schmachtete er vergeblich, da mochte der Blaimer sie noch so innig anbalzen („Trau di her“, heißt ein erstes Lied), die Beziehung blieb lange auf die musikalische Ebene beschränkt, als der Gitarrist, der in der Regensburger Band der „Hoo Do U Lovers“ spielte, mit der jungen Sängerin, die im Café Ambrosius jobbte, gemeinsam zu proben hatte. Immerhin kann Tanja sich dann doch so weit für den leidenden Musiker erwärmen, dass sie ihn mit einer befreundeten Tänzerin verkuppeln will – die den Blaimer tatsächlich zu sich nach Hause lädt, um dort etwas zu reparieren, und ihn dort im Negligé empfängt. Dumm nur, dass der Blaimer seinen Kumpel Fritz mitgebracht hatte.
Man weiß nicht, was man glauben darf von den Anekdoten dieses „autobiografischen Liederabends“ über das Anbandeln von Andi mit Tanja. Aber man darf hemmungslos begeistert sein von der Musikalität des Duos, von der umwerfenden Stimmgewalt der Sängerin, die ebenso gefühlvoll-sanft wie energisch eruptiv daherkommen kann, ein Vulkan, der Vokale spuckt.
Dabei wechseln beeindruckend mühelos Tonlagen und Genres, Chansons zählen ebenso zum Repertoire wie zünftige Jodler, auch rockig kann es werden. Auf Augenhöhe begegnet ihr der virtuos aufspielende Gitarrist, der durchaus nicht nur als Begleiter gefühlvoll und melodisch die Saiten schlägt, sondern auch mit französelnd selbstironischem Sprechgesang (in der Anti-Hommage „Frauen“) wie mit der Mundtrompete mitwirkt und als Erzähler fungiert. Dieser steuert Metaphorik bei: „Der Beziehungsblumenstock ist ein zartes Pflänzchen, das gepflegt werden muss…“ Dass er einmal vergisst, eine Saite umzustimmen und das Duo ein Lied abbrechen muss, steigert eher noch die Unterhaltsamkeit des für das rund 50-köpfige Publikum höchst vergnüglichen Abends.
Das Programm enthält mit Liedern wie „Frei“, „Warmer Regen“ und „Du wunderbare Söh“ (womit man in der Oberpfalz die „Seele“ meint) herrliche musikalische Perlen, in deren Mundart man sich schnell einhört, um mitzuerleben, wie der „Stoderer“ Andi und das „Landei“ Tanja, bei der man vielleicht eher vom „Waldpilz“ sprechen sollte, wenn’s schon metaphorisch sein soll, zueinander finden („So vui scheena waar´s zu zwaat“). Auch der Andi konnte sich schließlich bald in das „Dou-Wou-Bou-Idiom“ der aus Roding nach Regensburg gekommenen jungen Sängerin einhören und schließlich das „knallrote Bonbon einwickeln“, als Konkurrenz durch zwei andere Musiker drohte.
Aus dem zuvor „misanthropen eingebildeten Einzelgänger“ war ein zärtlicher Liebhaber geworden. Nun, nach 25 Jahren Ehe, strahlen beide Harmonie pur aus – schon durch das großgeblümte Outfit, in dem beide auf der Bühne stehen. Dazu passt dann das umwerfende Lied „Zu zwaat samma a Weltmacht, gegen uns kommt kaana oo…!“ – Eigentlich kann man nur auf eine Fortsetzung dieses Programms hoffen, in dem es dann um den weiteren Verlauf dieser Musiker-Ehe gehen sollte. Das ein solches in der Mache ist, deutet Andreas Blaimer an.