Ein möglicher Anfang - das Buch, das noch geschrieben werden muß... / A possible beginning - the book that has yet to be written...

in Deutsch Unpluggedlast month

english below...

Liebe Alle!

- und damit meine ich die Menschen, die meine Beiträge lesen, sich darauf einlassen und mich eigentlich schon ganz gut kennen dadurch: ich habe immer 'mal ein paar Andeutungen gemacht über meinen familiären Hintergrund und die Art und Weise, in der ich aufgewachsen bin. Einige Steem-Freunde haben ganz explizit danach gefragt. Auch wenn diese mehrheitlich nicht in dieser deutschsprachigen Community aktiv sind, habe ich das sichere Gefühl, daß meine Geschichte genau hierher gehört (wenn überhaupt irgendwohin).

Was ich vorhabe, nenne ich 'mal Suche nach einem roten Faden. Daß meine Biografie ein Buch wert wäre, ist mir längst klar. An der Umsetzung hapert es bislang, aus verschiedenen Gründen. Aber ein Anfang ist gemacht. Den möchte ich Euch gerne vorlegen. Ich weiß, es gab schon Anläufe zu eigentlich spannenden Autobiografien in unserer Community, die als Mehrteiler nur auf mittelmäßiges Interesse stießen. Nun, damit könnte ich leben.

Der Steem hat mir schon einmal geholfen, eine Blockade zu überwinden, und vielleicht gelingt das wieder. Ich denke mir also: Versuch macht klug. Außerdem, um ganz ehrlich zu sein, ich würde gerne ganz ehrlich sein. Bis jetzt habe ich mich noch um einige Unangenehmheiten herumlaviert...

Sagt mir bitte rechtzeitig, wenn es doch nicht so passend erscheint in diesem Format! Ansonsten schmeiße ich nämlich einfach ein paar rohe Kapitel ins Rennen... Über den Aufbau und die Struktur des potentiellen Bestsellers bin ich mir noch nicht im Klaren; für den Moment beginne ich zu einem wichtigen Zeitpunkt in meinem Leben, der schon fast 30 Jahre zurück liegt, mir aber bis heute ins Gedächtnis gebrannt ist... Ich freue mich über Fragen, Kritik und sprachlich-literarische Anregungen

Scheideweg

Geschlafen habe ich die Nacht nicht. Versuchen wollte ich es durchaus. Redete mir ein, ich wäre nicht aufgeregt, nicht angespannt. War wohl Selbstbetrug… In zwei Stunden mache ich mich auf den Weg. Den Weg, der schwerer zu sein scheint als erwartet. Dabei war es so gut überlegt, bewußt abgewogen und entschieden – und nun stehe ich da! Meine „Stasi-Akte“ wartet auf mich, die Unterlagen, die von der Bundesbehörde für Stasiunterlagen, besser bekannt als Gauckbehörde, gelagert, gesichtet, archiviert und verwaltet werden. Zu meiner Person gespeicherte Informationen aus 24 Jahren DDR-Vergangenheit. Den Termin zur Einsichtnahme habe ich seit 14 Tagen. Diese haben sich daraufhin schon sehr seltsam angefühlt. Böse Zungen behaupten, ich war gereizter als sonst. Vermutlich haben sie recht… Überhaupt – Einsichtnahme. Genau das wird es; ich darf keine Akten mit nach Hause nehmen und in Ruhe studieren. Man bekommt einen kahlen Schreibtisch in einem noch kahleren Raum, vermutlich keinen Kaffee und dann eben „das Material“. Man liest so gründlich man eben möchte und vermag. Man kann Kopien anfertigen lassen; auf Anforderung und natürlich nicht in beliebigem Umfang. Ganz umsonst ist das dann auch nicht… Tick-tack, tick-tack… Ich werde unruhig. Meine Tochter konnte bei Freunden übernachten, weil ich eine ordentliche Strecke Fahrt vor mir habe und die Kindergartenroutine nicht gepaßt hätte heute. Interessiert übrigens keinen bei der Terminvergabe. Aber egal. Kaffee. Lieber noch einen und einen weiteren für unterwegs. Ich bin gut und gesund 30 geworden mit diesem einzigen Laster und ausgerechnet in dieser extremen Situation werde ich trotz erneuter Schwangerschaft nicht darauf verzichten, die duftende Wohltat zur mentalen Unterstützung zu gebrauchen…

Meine Erwartungshaltung ist ambivalent: entweder es gibt gar keine Akten über mich oder mehrere Regalmeter voll. Hätte ich eine Einladung bekommen, wenn es nichts zu sichten gäbe? Ich weiß es einfach nicht. Aus irgendeinem Grund habe ich versäumt zu fragen… Eigentlich könnte es mir egal sein: ich habe schon lange 14 Jahre mit meiner Familie und meiner Vergangenheit gebrochen. Mein Leben war seitdem ruhig und friedlich und weitgehend unbeschwert. Warum alte Wunden aufreißen? Die Antwort ist einfach: weil ich nicht anders kann. Für mein Abwenden von Verwandten und Umfeld hatte und habe ich gute Gründe. Erfahrungen und Erkenntnisse aus der letzten Zeit weisen jedoch darauf hin, daß es vielleicht noch viel mehr gibt, was mich von zu Hause forttrieb, weg aus dem Kreis meiner lieblosen Sippschaft. Das muß ich einfach genauer wissen. Mit Unklarheit bin ich noch nie gut über die Runden gekommen – ich hätte wirklich gerne schwarz auf weiß ein paar Wahrheiten. Nicht mehr lange, dann bin ich meinem Ziel etwas näher. Nur noch etwas mehr Geduld…

Das Telefon klingelt. Ein Freund fragt an, ob er mich vielleicht fahren soll. Das war nicht abgesprochen, darum bin ich zunächst überrascht und ablehnend. Mit sanftem Nachdruck macht er mir klar, daß Gesellschaft auf der Fahrt nicht das Schlechteste wäre, meine Konzentration sicher zu wünschen übrig läßt und im schlimmsten Fall ein Whiskey im Anschluß an die Lektüre quasi lebensrettend sein könnte. Derart vernünftigen Argumenten konnte ich mich unmöglich verschließen. Wir brachen letztendlich etwas vor der Zeit auf und waren recht guter Dinge, als wir in Berlin vor Ort ankamen und einen Treffpunkt im Cafè gegenüber vereinbarten. Für die nächsten Stunden war ich nun wirklich auf mich allein gestellt. Noch am Tor, beim Pförtner, war ich versucht, wieder umzudrehen. Ich muß das schließlich nicht tun. Niemand zwingt mich…


Vier Stunden später komme ich leichenblaß, verheult und aufgelöst durch die Pforte heraus.
Mein Freund wartet bereits und nimmt mich nur in den Arm. Oh nein, ich habe längst nicht alles gesehen, ich muß erneut herkommen. Und nun ist es ein Sog, dem ich mich nicht widersetzen kann. Oder besser ein Strudel – es geht zwangsläufig sehr weit abwärts in einer Spirale, bei der ich nicht sicher sein kann, ob sie mir einen Rückweg offen läßt… Meine Grundfesten, die ich ohnehin schon ziemlich beschissen fand, sind endgültig erschüttert.

Fortsetzung folgt

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Photo by Bernhard Kilian, alienated by me with little artifical help ;-))

english version:

Dear all!

- and by that I mean the people who read my posts, engage with them and actually already know me quite well through them: I have always made a few hints about my family background and the way I grew up. Some Steem friends have explicitly asked about this. Even though the majority of them are not active in this German-speaking Community, I have the certain feeling that my story belongs right here (if anywhere at all).

What I have in mind is what I call the search for a common thread. I have long realised that my biography would be worthy of a book. For various reasons, I've been struggling to realise it so far. But a tiny start has been made. I would like to present it to you. I know that there have already been attempts at actually exciting autobiographies in our Community, which only met with mediocre interest as multi-part stories. Well, I could live with that.

The Steem has already helped me to overcome a blockade once, and maybe I'll succeed again. So I think to myself: the proof of the pudding is in the eating. Besides, to be completely honest, I'd like to be completely honest. So far, I've still managed to get round a few unpleasantries…

So please let me know in good time if it doesn't seem so suitable in this format! Otherwise, I'll just throw a few raw chapters into the race... I'm not yet sure about the organisation and structure of the potential bestseller; for the moment I'm starting at an important time in my life, almost 30 years ago, but it's still etched in my memory... I look forward to questions, criticism and linguistic and literary suggestions.

The dividing line

I didn't sleep that night. I certainly wanted to try. Told myself I wasn't excited, not tense. I was probably deceiving myself... In two hours, I'll be on my way. The journey that seems to be harder than expected. It was so well thought out, deliberately weighed up and decided - and now I'm here! My "Stasi file" is waiting for me, the documents that are stored, viewed, archived and managed by the Federal Authority for Stasi Records, better known as the Gauck Authority. Information stored about me from 24 years of the GDR past. I have had an appointment to inspect this information for 14 days. This has already felt very strange. Malicious tongues claim that I was more irritable than usual. They're probably right... Anyway - inspection. That's exactly what it's going to be; I'm not allowed to take any files home and study them in peace. You get a bare desk in an even barer room, probably no coffee and then "the material". You read as thoroughly as you want and are able to. You can have copies made; on request and of course not to any extent. It's not completely free either... Tick-tock, tick-tock... I'm getting restless. My daughter was able to spend the night with friends because I have a long journey ahead of me and the nursery routine wouldn't have fitted in today. By the way, no one at the appointment centre is interested. But never mind. Coffee. I'd rather have another one and another one on the way. I turned 30 in good health with this single vice and in this extreme situation of all times, despite being pregnant again, I'm not going to give up the fragrant treat for mental support...

My expectations are ambivalent: either there are no files on me at all or several metres of shelves full. Would I have received an invitation if there was nothing to sift through? I simply don't know. For some reason, I neglected to ask... Actually, I couldn't care less: I broke with my family and my past 14 years ago. My life since then has been quiet and peaceful and largely carefree. Why open old wounds? The answer is simple: because I can't help it. I had and still have good reasons for turning my back on my relatives and environment. However, recent experiences and realisations indicate that there may be much more that drove me away from home, away from the circle of my unloving clan. I just need to know more about that. I've never got by well with ambiguity - I'd really like to have a few truths in black and white. Not much longer, then I'll be a little closer to my goal. Just a little more patience...

The phone rings. A friend is asking if he should perhaps give me a lift. It wasn't agreed, so I'm surprised and dismissive at first. With gentle insistence, he makes it clear to me that company on the journey wouldn't be the worst thing, that my concentration certainly leaves something to be desired and that, in the worst case, a whisky after reading could be a life-saver. I couldn't possibly refuse such reasonable arguments. We finally set off a little ahead of time and were in pretty good spirits when we arrived in Berlin and arranged to meet at the café opposite. For the next few hours, I was really on my own. Still at the gate, by the gatekeeper, I was tempted to turn back. After all, I don't have to do that. Nobody is forcing me...


Four hours later, I come out through the gate, pale, tearful and upset. My friend is already waiting and just gives me a hug. Oh no, I haven't seen everything, I have to come back again. And now it's a maelstrom that I can't resist. Or rather a whirlpool - it inevitably goes very far downwards in a spiral that I can't be sure will leave me a way back... My foundations, which I already thought were pretty shitty, are finally shaken.

To be continued

Sort:  

Your bio has definitely piqued my interest. When someone says that their life is worthy of a novel, it usually sounds so vague. Well, every life is worthy of a novel! But... the way you start... This beginning is so intriguing. I don't know what to expect at all. Is it crime, thriller, drama, mystery? In any case, extremely unusual and interesting. I hope I haven't missed many of your posts so far, in which you hint and explain all this, and know that you will have to keep writing until you unravel the mystery before us.

 last month 

Don't worry, so far there has been nothing concrete in this direction. Your categories somehow fit all of them. And then again, they don't. What's the saying? It's complicated ;-))

 last month 

Well, that's exactly what I like to read: personal experiences and personal feelings. I will definitely follow all your posts.

 last month 

hehe, was ich hier lese klingt irgendwie teilweise vertraut, und was deine Frage angeht, klar das passt hier hin, ich würde gerne mehr davon lesen ;)

 last month 

Oh. In Moeckis Tool kann ich sogar Deinen Kommentar lesen. Es ist wieder mal gaaaanz toll alles. Ich sehe zu, daß ich meine Courage zusammen halte, bis wieder alles funktioniert... (Dankeschön ;-))

I actually wanted to say that it must’ve been difficult walking away from your family but from the look of things it seems you had your peace your mind in their absence..

I know it might be hard for you going back to your past but I believe letting some steam off your chest, is the right thing to do and a step towards the right direction..

 last month 

I look at how it feels.

 last month 

Was für eine Frage, ob das hier her paßt. Diese Geschichte ist sehr spannend und hoffentlich tun sich nicht Abgründe auf von menschlichem Fehlverhalten, die dir mehr zu schaffen machen, als aufklärend und damit hilfreich zu sein. Die erste Akteneinsicht war ja schon aufregend, bedrückend. Du hast gut daran getan die Unterstützung des Freundes anzunehmen.

 last month 

Wenn Du nix über Abgründe lesen magst, ist es im Folgenden sicher keine gute Lektüre für Dich. Und ja, die machten und machen mir zu schaffen. Mal mehr, mal weniger. Jetzt und hier darüber zu schreiben, macht keinen Unterschied.

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