Über Wahrheit | On Truth
Neulich las ich mal wieder den Satz: "Es gibt keine absolute Wahrheit."
Absolut? Was heißt das? Losgelöst von allem?
Dann sage ich:
Es gibt keine absolute Liebe, es gibt keine absolute Hoffnung.
Gibt es deswegen keine Hoffnung, keine Liebe?
Jede Wahrheit, so wird dann weiter ausgeführt, sei abhängig von einem Standpunkt. Oder gar: es gebe überhaupt nur Standpunkte.
Ist Liebe abhängig vom Standpunkt?
Gibt es wirklich nichts, was absolut ist?
Wenn dem so wäre, dann enthielten die obigen Sätze einen Widerspruch in sich selbst. Denn sie behaupten sich ja mit universeller Geltung - ohne Eingrenzung auf ihren Standpunkt. Wenn "keine absolute Wahrheit" nur ein möglicher Standpunkt ist unter anderen möglichen Standpunkten - so what? Warum dann die dicke Formulierung, statt einfach zu sagen: "Mir hingegen scheint..."?
Wer so leichtzüngig über das Absolute, über Wahrheit und Standpunkte redet, hat die Sache mit dem Standpunkt nicht wirklich durchschaut, hat insbesondere nicht seinen eigenen Standpunkt reflektiert.
Es gibt (fast) nichts Absolutes. Wahrheit ist Aufgabe, kein Besitz (außer in der Mathematik, und selbst dort gibt es keine dauerhafte Sicherheit gegen Irrtümer). Was ist absolut? Was kann als Referenz für das Absolute gelten? Der sogenannte absolute Nullpunkt der Temperatur? Die nicht überbietbare Lichtgeschwindigkeit im Vakuum? Das kleinstmögliche Energie-Paket im Planckschen Wirkungsquantum? Die irrationale Zahl Pi als Verhältnis vom perfekten Kreis zu seinem Durchmesser?
In der Erkenntnistheorie und in der Wissenssoziologie, auch in der Wissenschaftstheorie wird zu Recht darauf hingewiesen, dass Erwerb von Wissen durch Interesse geleitet wird. Die psychologische Theorie der Kognitiven Dissonanz zeigt, wie wenig uns dabei dieses Interesse bewusst ist und wie stark wir abhängig sind von vorgefassten Meinungen. Das hat alles seine Richtigkeit. Und doch deutet es nur auf den Ausgangspunkt, auf die Notlage, nicht auf den Weg, nicht auf das Ziel. Die genannten Einsichten verführen allzu leicht dazu, die Erreichbarkeit von bestimmten Zielen zu leugnen und argumentativ lieber jenem Fuchs zu folgen, dem die zu hoch hängenden Trauben vorgeblich zu sauer sind. Ein Standpunkt! Aber ein guter?
Sind denn alle Standpunkte gleich viel wert? Einer so gut wie der andere? Ist zum Beispiel Menschenwürde einfach so ein "Ding" der neuzeitlich-westlich geprägten, sich für global-humanistisch haltenden Denke? Ein Standpunkt halt, vielleicht sogar ein guter, aber dem gegenüber stehen andere, darunter ebenso gute?
Bis vor ungefähr zehn Jahren sei die Philosophie von einer Ära der Postmoderne und Dekonstruktion geprägt gewesen, die dem Denken enge Grenzen setzte, sagt Žižek. Direkte Fragen nach so etwas wie „Wahrheit“ zu stellen, sei in dieser Zeit unmöglich gewesen: „Alles, was einem noch blieb, war, dass man fragte, innerhalb welchen Diskurses die Verwendung eines bestimmten Begriffs noch legitim sei.“
https://www.deutschlandfunkkultur.de/philosoph-slavoj-zizek-ueber-das-verfehlte-absolute.2162.de.html?dram:article_id=489155
"Es gibt keine absolute Wahrheit. Es gibt nur Standpunkte."
Als status quo / state of the art wäre das zutreffend in etwa folgender Formulierung: "Wir halten die letzte Wahrheit nicht in Händen, vielleicht finden wir keine letzte Wahrheit. Wir sind jetzt an dem und dem Erkenntnisstand.“
Soweit es (Natur-)Wissenschaft betrifft, ist das dann kein beliebiger oder kulturell oder sozio-ökonomisch bedingter Standpunkt, sondern der allgemein akzeptierte Forschungsstand; andernfalls ist er erst in der Diskussion, und aktuell gilt noch ein anderer Forschungsstand. Es mag Verbesserungen bis hin zu Paradigmen-Wechseln geben, welche frühere Forschungsstände korrigieren oder völlig aufheben (von Kepler zu Newton, von Newton zu Einstein – von Einstein zu …?), doch genau das unterscheidet ja diese Stände von gesellschaftlich bedingten Standpunkten: Sie stehen nicht gleichwertig nebeneinander.
Als Blick in die Zukunft, als Glaube an die Möglichkeit von Erkenntnis, als Hoffnung auf Zugewinn, aus Liebe zur Wahrheit ("Philosophie") muss es angelehnt an Karl Popper eher heißen: Es gibt keine Standpunkte, die es festzuhalten lohnt, es gibt nur die Wahrheit, die wir suchen. Jeder Standpunkt kann sich als falsch erweisen auf dem Weg zur Wahrheit.
Popper weist bei der Wahrheitssuche immer wieder darauf hin, dass wir Tatsachen und die Beschreibung von Tatsachen nicht in einen Topf werden dürfen. Tatsachen SIND die Wahrheit. Beschreibungen können sie verfehlen, und wir können uns irren in dem, was wir für Tatsachen halten. Dann ist eine als Tatsache vermutete Wahrheit eben anders. Aber das darf uns nicht gleichgültig (gleich gültig) werden, denn unser Scheitern mag einen Teil der gesuchten Wahrheit ans Licht gebracht haben. Besonders wichtig wird diese Einsicht für ethische Belange, für die Erkenntnis meines bisherigen Tuns und für die Frage: Was soll ich (von jetzt an) tun?
Intermezzo:
In der Ästhetik, in der Wahrnehmung von individuell erlebten Qualitäten, d.h. bei Fragen nach Schönheit, da gibt es in der Tat die gleichwertigen, gleichermaßen gültigen Standpunkte, die einander ähneln oder nicht ähneln oder einander sogar ausschließen. Hier kann eine Person ihren Standpunkt haben, diesen auch wechseln, ohne sich selbst zu widersprechen. Das wird gerne Geschmack genannt, ist aber mehr als dies. Es ist die Spiegelung unserer selbst im künstlerischen (als künstlerisch wahrgenommenen) Objekt. Wäre es nur vergänglicher Konsum, würde das ästhetische Erlebnis uns nicht so faszinieren und bisweilen geradezu überwältigen. Das ist dann in dem Augenblick „unsere eigene“ (als absolut empfundene) Wahrheit. Es fällt schwer, sie nicht teilen, mitteilen, erklären zu können, wenn andere das Erlebnis und dessen tiefe Wahrheit nicht mitbekommen. Es fällt schwer, etwas als langweilig, hässlich, abstoßend Empfundenes jemand anders als dessen Begegnung mit dem Schönen zugestehen zu müssen. Vielleicht gewöhne ich mir dabei dann ganz unbemerkt an, die Perspektive des Relativismus einzunehmen, um mir die Mühe zu ersparen, mich in das Gegenüber einzufühlen. Insofern behielte Schiller recht, der mit der ästhetischen Erziehung des Menschen dessen ethische Entwicklung befördern wollte: Wenn in der Nicht-Auseinandersetzung mit Schönheit etwas verloren gehen kann, dann gibt es in der kommunikativen Auseinandersetzung mit ihr möglicherweise etwas Wertvolles zu finden. „Über Geschmack lässt sich nicht streiten“ wäre vielleicht entlarvt als das Ei, aus welchem die Spinne „Es gibt keine absolute Wahrheit“ gekrochen kam, bevor sie ihre Fangnetze aufzuspannen begann.
Zum Schluss:
„Der Wahrheitssucher ist in fast derselben Lage wie ein Segler, der (sagen wir) genau nach Süden will. Er muss seine Richtung dauernd korrigieren, und sie weicht fast immer vom Südpunkt ab. Aber der Südpunkt ist absolut – auch wenn der Kurs nur selten ganz richtig ist und oft genug um mehr als 30 Grad abweicht. Genauso geht es uns mit unserer Fehlerkorrektur in unserer Suche nach der Wahrheit.“
(Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. 2, S. 495)
The other day I read again the sentence: "There is no absolute truth."
Absolute? What does that mean? Detached from everything?
Then I say:
There is no absolute love, there is no absolute hope.
Does that mean there is no hope, no love?
Every truth, they go on to say, is dependent on a point of view. Or even: there are only points of view.
Is love dependent on a point of view?
Is there really nothing that is absolute?
If this were the case, then the above sentences would contain a contradiction in themselves. For they assert themselves with universal validity - without limitation to their point of view. If "no absolute truth" is only one possible standpoint among other possible standpoints - so what? Why then the thick formulation instead of simply saying: "It seems to me, however..."?
Those who talk so lightly about absolutes, about truth and standpoints, have not really seen through the point of view thing, in particular have not reflected on their own standpoint.
There is (almost) nothing absolute. Truth is a task, not a possession (except in mathematics, and even there there is no permanent security against error). What is absolute? What can be taken as a reference for the absolute? The so-called absolute zero point of temperature? The unsurpassable speed of light in a vacuum? The smallest possible energy package in Planck's quantum of action? The irrational number Pi as the ratio of the perfect circle to its diameter?
In epistemology and in the sociology of knowledge, even in the philosophy of science, it is rightly pointed out that the acquisition of knowledge is guided by interest. The psychological theory of cognitive dissonance shows how little we are aware of this interest and how strongly we are dependent on preconceived ideas. This is all true. And yet it only points to the starting point, to the predicament, not to the path, not to the goal. The above-mentioned insights all too easily tempt us to deny the attainability of certain goals and to prefer to follow the arguments of the fox for whom the grapes hanging too high are supposedly too sour. A point of view! But a good one?
Are all points of view worth the same? One as good as the other? Is human dignity, for example, simply a "thing" of modern Western thinking that considers itself global-humanist? One point of view, perhaps even a good one, but opposed by others, some of them just as good?
Until about ten years ago, philosophy was characterised by an era of postmodernism and deconstruction, which set narrow limits on thought, says Žižek. Asking direct questions about something like "truth" was impossible during that time, he says: "All that was left was to ask within what discourse the use of a particular term was still legitimate."
https://www.deutschlandfunkkultur.de/philosoph-slavoj-zizek-ueber-das-verfehlte-absolute.2162.de.html?dram:article_id=489155
"There is no absolute truth. There are only points of view."
As a status quo / state of the art, this would be accurate in something like the following formulation: "We do not hold the ultimate truth in our hands, perhaps we will not find an ultimate truth. We are now at such and such a state of knowledge."
As far as (natural) science is concerned, this is then not an arbitrary or culturally or socio-economically conditioned point of view, but the generally accepted state of research; otherwise it is only under discussion, and another state of research is currently valid. There may be improvements up to and including paradigm shifts that correct or completely abolish earlier states of research (from Kepler to Newton, from Newton to Einstein - from Einstein to ...?), but this is precisely what distinguishes these states from socially conditioned points of view: They do not stand next to each other as equals.
As a look into the future, as a belief in the possibility of knowledge, as a hope for gain, out of love for truth ("philosophy"), it must rather be said, based on Karl Popper: There are no points of view that are worth holding on to, there is only the truth that we seek. Every standpoint can prove to be wrong on the way to truth.
Popper repeatedly points out in the search for truth that we must not lump facts and the description of facts together. Facts ARE the truth. Descriptions can miss it, and we can be wrong in what we take to be facts. Then a truth assumed to be a fact is different. But we must not become indifferent to this (equally valid), for our failure may have brought to light a part of the truth we seek. This insight becomes especially important for ethical concerns, for the realisation of my previous actions and for the question: what should I do (from now on)?
Intermezzo:
In aesthetics, in the perception of individually experienced qualities, i.e. in questions about beauty, there are indeed the equally valid viewpoints that are similar or dissimilar or even mutually exclusive. Here, a person can have his or her point of view, also change it, without contradicting himself or herself. This is often called taste, but it is more than that. It is the reflection of ourselves in the artistic (perceived as artistic) object. If it were only ephemeral consumption, the aesthetic experience would not fascinate us so much and sometimes even overwhelm us. This is then "our own" (perceived as absolute) truth at that moment. It is difficult not to be able to share it, to communicate it, to explain it, if others do not get the experience and its deep truth. It is difficult to admit that something perceived as boring, ugly, repulsive is someone else's encounter with beauty. Perhaps I then quite unnoticedly get into the habit of adopting the perspective of relativism in order to save myself the trouble of empathising with the other person. In this respect, Schiller would be right, who wanted to promote the ethical development of human beings through aesthetic education: If something can be lost in the non-confrontation with beauty, then there is possibly something valuable to be found in the communicative confrontation with it. "There is no arguing about taste" would perhaps be exposed as the egg from which the spider "There is no absolute truth" crawled before it began to spread its webs.
To conclude:
"The seeker of truth is in almost the same position as a sailor who (say) wants to go straight south. He must constantly correct his direction, and it almost always deviates from the south point. But the south point is absolute - even if the course is rarely quite right and often enough deviates by more than 30 degrees. It is the same with our error correction in our search for truth."
(Karl Popper, The Open Society and its Enemies, vol. 2, p. 495 -- re-translated from German edition)
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Als mein Sohn seine Facharbeit in Philosophie angefangen hat und mir seine Beweggründe mitteilte, hatte ich mich gefragt, was Philosophie mit Logik zu tun hat. Dein Beitrag zeigt einmal mehr, dass Prämisse und Konklusion auch in diesem Bereich ihr zuhause haben.
Ich bin ja (auch) Informatiker und muss gestehen, das ich Philosophie und Logik bisher überhaupt nicht in Verbindung gebracht habe... obwohl ich vor Jahren mal "Sophies Welt" gelesen hatte.
Ich tue mich angesichts des wissenschaftlichen Fortschritts immer sehr schwer damit, wenn jemand behauptet, er habe die absolute Wahrheit oder Erkenntnis gefunden/ erfahren. Ich bin da eher vorsichtig, denn niemand kann von sich behaupten, er habe über Alles Kenntnis. Außerdem kann keiner mit Gewissheit sagen, welche künftigen Erkenntnisse den aktuellen Stand widerlegen oder bestätigen oder auch nur geringfügig verändern werden. Beispiele gab es in der Vergangenheit ja genug.
Dein Schachspiel mit drei Beteiligten ist ja interessant. Schach mit drei Spielern habe ich noch nie gesehen. Warst du einer der Beteiligten? Warum konnte denn rot in Zug 13 den König auf i12 setzen, wenn er vom schwarzen Turm auf i8 bedroht wird? (wenn ich das Brett richtig verstehe)
Das wollte ich am Rande mit verdeutlicht haben, aber mit dem Haupt-Augenmerk darauf, dass der Umkehr-Schluss - "es gibt keine absolute Wahrheit" - nicht gelten kann.
Schach zu dritt können wir gerne mal spielen, das ist ein echtes Vergnügen, erfordert am Anfang aber ein bisschen Umgedenke.
Der rote Zug 13 erfolgte ja VOR dem schwarzen Zug 13, als das Feld i12 noch friedlich aussah.
Jepp, die Räbin hat mich schon erleuchtet. :-)
Also demnächst bei GreenChess?
...oder meintest du... bezüglich meiner Argumentationshimmelsrichtung?
... eher die Stellung auf dem Brett :-))
Ja, das Schach würde mich schon reizen, aber ich fürchte, ich bin etwas eingerostet. In meinen vier Wänden war schon länger niemand so richtig zu begeistern. Die Jugend macht ja lieber coolere Sachen ;-)
Hi moecki, ja, wir waren total verblüfft, als wir das erste Mal über Dreierschach gestolpert sind. Und schnell begeistert. Mir persönlich fiel es zunächst unglaublich schwer, die doppelte Bedrohung zu erkennen, was durch die nicht gerade Linienführung noch erschwert wurde. Und Deine Frage läßt sich auch durch die Dreierkonstellation erklären: Den letzten Zug von Weiß siehst Du noch markiert, davor hat Schwarz rochiert und damit Schach an Rot geboten. Die Züge sind in der Leiste rechts auch nachzulesen - es wird gegen den Uhrzeigersinn gespielt.
Ah, jetzt ist klar, Rot hat vor der Rochade von Schwarz den König gesetzt. Mir war die Bedeutung der Zugbeschreibung "0-0-0" nicht klar.
Faszinierend!
0-0-0 ist die große Rochade, 0-0 entsprechend die kleine.
Wenn Du Bock hast: wir spielen auf greenchess.net...
Das ist ja verrückt. So viele verschiedene Schach-Arten...
Bei Gelegenheit muss ich mir das mal näher anschauen.
... aber wir schweifen vom eigentlichen Thema ab. :-)
Abschweifen ist (k)eine Kunst!
Lev Tolstoj, "Krieg und Frieden", Band 3
Dazu natürlich zwei Fragen:
Welcher Figur legt der Meister das in den Mund?
Denken wir wirklich, es sei seine persönliche Meinung?
Es wird keiner Figur in den Mund gelegt, das wäre uninteressant. Der Erzähler selbst kommentiert das, und es besteht kein Zweifel daran, dass bei dem Roman der Erzähler auch der Autor ist und nicht eine dritte Figur.
Dann "verrate" mir doch bitte mal die genauere Stelle für den Kontext.
Bis dahin bleiben Pauschal-Urteile ("die Deutschen") und unterschwellige Unterstellungen ("widerlicheres Selbstvertrauen", was Selbstvertrauen diskreditiert, statt offen von Überheblichkeit zu reden) ebenso wenig unwidersprochen wie der von dir anscheinend unterstellte Schluss des Autors von falscher Bescheidwisserei auf die Nicht-Existenz von Wahrheit. (Oder habe ich das falsch verstanden?)
Im übrigen gehe ich gerne mit, wenn Tolstoj Hegel und Marx kritisieren will, von mir aus vernichtend. Aber gegen Hertz, Helmholtz, Planck und Co ("Wissenschaft") kann er unmöglich im Ernst anstinken wollen, zumal die nicht allein (als "Deutsche") da standen.
Wobei mir abschließend einfällt, dass das jetzt vielleicht wieder von dir als intellektuelles Gelaber wahrgenommen wird? Fragezeichen!
Moin, sorry - habe ich eben erst gesehen. Deine letzte Frage kann ich zweifelsfrei mit JA beantworten. Er sieht das so und fertig; ich übrigens auch. Kann man sich natürlich stundenlang drüber streiten, wie über fast alles.
Verstehe!
Darf ich das Argument auch benutzen? Oder hast du da eine Art Copyright drauf?
Es würde mir so viel erleichtern - einfach "intellektuelles Gelaber" trauf geklept, und feddich.
Ich habe mir kurz überlegt, ob ich darauf antworten soll, weil ich merke, dass Du zwar nicht doof, aber beleidigt bist, was ich zwar in Kauf genommen, aber nicht beabsichtigt habe.
Es geht bei solchen Fragen nicht um Argumente, sondern um Erkenntnisschritte oder Teilerkenntnisse auf dem Web zur Selbsterkenntnis. Was ja eine Art Antwort auf Deine Fragestellung ist, die offenbar gar keine war. Das hat mit Rechthaben oder akademischen Streitereien nichts zu tun.
Was Deine Antwort unten auf das Buch Tolstojs angeht, so steht es natürlich jedem und immer frei, zu lesen, was er möchte. Meine persönliche Erfahrung in dem Bereich wie auch in vielen anderen ist, dass es nicht nur in der sog. Wissenschaft, sondern auch in Fragen der Erkenntnis bzw. des Versuchs einer Annährung an sie, ein Fortkommen nur geben kann, wenn man sich mit Denkanstößen, Sichtweisen und Erfahrungen konfrontiert, die dem eigenen Denksystem zuwiderlaufen. Es sei denn, man hat diese schon als falsch erkannt für sich. Was, wenn man das Buch und den Autor insgesamt offenbar gar nicht kennt, schwer möglich ist. In diesem Fall ist auch ein gegenseitiges Befruchten sinnlos.
Was nicht heißen soll, dass jeder, der sich mit Tolstoj oder Krieg und Frieden konkret auseinandersetzt, zu denselben Ansichten, Erkenntnissen oder Herangehensweisen kommen muss wie der Autor, geschweige denn sie als nützlich auf dem Wege der Erkenntnis anerkennt.
Dennoch ist Deine Antwort darauf insofern nachvollziehbar und auch richtig, da es bei solchen Dingen - anders als bei rein akademischen Fragestellungen - natürlich darauf ankommt, sich zum richtigen Zeitpunkt in der persönlichen Entwicklung auf ganz andere Erkenntnis- oder Denkschulen einzulassen, als man sie als valide anerzogen bekommen hat.
Da geht es mir wie Dir und allen anderen auch. An mir ist früher fast alles abgeprallt, und ich war damals vermutlich wesentlich agiler im Kopf als ich es heute bin. (Was nicht heißt: Leroy alt und weise, Du nicht so alt und nicht weise. Es ist ein Hinweis auf meine eigene Fehlleistungen, die sich nach wie vor auf allen Gebieten fortsetzen).
Da mag ich drüber nachdenken.
Könnte bisschen dauern...
(In der linken Hand spiele ich mit dem fertigen Etikett. Habe mir zwei Dutzend auf Vorrat ausgedruckt. Hihi.)
Projekt Gutenberg sei Dank, habe ich es gefunden.
https://www.projekt-gutenberg.org/tolstoi/kriegfri/chap140.html
Ich behaupte mal folgendes:
Dies hier ist der entscheidende Satz.
Die folgenden Klischees gehören alle zu diesem Andree. Der Erzähler und Autor gibt sich wieder zu erkennen im folgenden Absatz, in welchem psychologisch recht präzise die Unwissenschaftlichkeit eines sich für wissenschaftlich haltenden Individuums bestimmt wird, nämlich als Empirie-Resistenz eines selbstverliebten Theoretikers.
Solche allgemeine Erwägungen, die über mehrere Seiten gehen, sind kaum als innerer Monolog einer literarischen Figur zu verstehen, sondern dem Autor zuzuschreiben. Im Gesamtkontext der Figur Bolkonskij ohnehin. Es besteht Grund zur Annahme, dass Nikolenka, der Sohn Bolkonskijs, Tolstojs Alter Ego ist. Die Familie "W"olkonskij ist die Familie seiner Mutter, der das Gut Jasnaja Poljana gehörte, auf dem Tolstoj aufgewachsen, gelebt und beerdigt ist; der alte Fürst Bolkonskij ist klar als Tolstojs Opa zu erkennen.
Gut.
Wieder einen Schinken weniger, den ich zu lesen brauche.
(...eigentlich reichte mir schon die "Kreutzer-Sonate"...)