The world in 2030 #2 - Germany | 2030 in Deutschland

in Deutsch Unplugged3 years ago (edited)

English below

2030 in Deutschland

Das Pulvermaar und das Dauner Maar, beides Seen in Vulkantrichtern, werden 2030 schon deutlich erwärmtes Wasser beinhalten, so dass gestützt von den Strahlungsmessungen im Gebiet ein baldiger Ausbruch mehrerer der Vulkane erwartet wird, und die Planungen für eine vollständige Evakuierung der Eifel (1) werden voll im Gange sein. Leider ist gleichzeitig die deutsche Nordseeküste in Gefahr durch den gestiegenen Meeresspiegel, und besonders in Hamburg (2) hat man keine Zeit, Richtung Eifel zu schauen. Die Elbe staut sich immer höher zurück in ihrem Mündungstrichter, der Hamburger Hafen und die Hamburger Speicherstadt müssen geschützt werden durch aufwändige Schleusensysteme. Die gerade erst „Teenager“ gewordene Elb-Philharmonie, die ähnlich der Oper von Sydney ein Wahrzeichen weltweiter Bekanntheit geworden ist, sieht komisch aus mit ihrem Wall aus orangen Sandsäcken. Spötter nennen ihn „das Elfenröckchen“.

Dagegen hat Berlin (3) abermals andere Probleme: die drastisch gesunkenen Niederschlagsmengen im Frühjahr, die seit mehr als zehn Jahren nie wieder die Stärke früherer Jahre erreichten, führen zu einer Trinkwasserverknappung für rund 4 Millionen Menschen. Industriezweige mit hohem Wasserbedarf müssen ausgelagert werden, aber kein größeres Unternehmen will den Anfang wagen. Durch die im noch trockeneren Raum um die Stadt Cottbus (4) entstandene Notlage wird dort so viel Wasser aus der Spree entnommen, dass der Spremberger Stausee (5) kaum noch Wasser hält und die Spree in Berlin nur noch wie ein Bächlein aussieht und aus ihrem zu groß gewordenen Flussbett heraus stinkt.

Innerstädtische Kanäle mussten geschlossen werden. Ehemals begehrte Wohnlagen mit Spreeblick oder am Urbanhafen des Landwehrkanals werden zur Qual werden für alle, die sich keine hermetisch vollständig geschlossene Klimatisierung ihrer Wohnung leisten können. Dabei ist nicht die Klima-Anlage selbst das Problem, sondern deren Betrieb: die Energiepreise werden infolge der anhaltenden diplomatischen Zwiste zwischen EU und Russischer Föderation und der kriegerischen Auseinandersetzungen der USA-geführten NATO mit Russland auf das Zehnfache des Preises von 2020 gestiegen sein – trotz des bescheidenen Ausbaus von Photovoltaik und innerstädtischen Windkraftanlagen. Vor allem Letzterer wird nur sehr zögerlich voran gebracht. Veraltete Baugenehmigungsverfahren stehen überall im Weg.

In Thüringen (6) sorgen vermehrter Schneefall im Winter 29/30 für eine anschließende Flutwelle im Frühjahr 2030; betroffen sind vor allem Landschaften an der Saale (7). Das Wasser kann leider nicht für Trinkwasser nutzbar gemacht werden, da die Düngemittel der landwirtschaftlich genutzten und jetzt überschwemmten Flächen viel zu viel giftige Einträge hinterlassen. Da die Saale ein Nebenfluss der Elbe ist, steigt damit der Wasserdruck auf Hamburg.

In der Oberrheinischen Tiefebene (8) werden die Ausbau-Arbeiten für Rückhaltebecken und kontrollierte Überflutungsgebiete eingestellt. Es gilt die Prognose, dass mit Hochwasser des Rheins für lange Zeit nicht zu rechnen sei, da die Alpen-Gletscher kaum noch Wasser abgeben und der Bodensee als natürliches Rückhaltebecken ausreicht, seitdem sein Wasserspiegel um rund zwölf Zentimeter gesunken ist. Die am Rhein gelegenen Städte Mainz (9), Koblenz (10) und Köln (11) sowie der Staat der Niederlande (12) protestieren heftig dagegen und versuchen, sich mit Deichanlagen zu wappnen, wollen dafür aber finanzielle Unterstützung von der Bundesrepublik Deutschland, zumal die Niederlande noch viel mehr als die deutsche Nordseeküste mit dem gestiegenen Meeresspiegel zu kämpfen haben.

Die Stadt München (13) erlebt eine neue Blüte. Ich bleibe trotzdem in Berlin (3). Von hier aus zetert der Bundeskanzler gegen Paris und Brüssel. Denn Frankreich und die EU stehen dem Ausbau der Bundeswehr, der deutschen Armee, mit über 100 Milliarden Euro skeptisch gegenüber, seitdem gleichzeitig die deutsche Rüstungsindustrie ihre Produktion verdoppelt hat. „Wohin treibt die Bundesrepublik?“, fragen Le Monde, Le Figaro, The Times und Der Freitag in ihren digitalen Ausgaben. Gedruckte Zeitungen gibt es nicht mehr – wegen Wasserknappheit.

In Berlin steht der öffentliche Nahverkehr kurz vor dem Kollaps, denn eine Initiative des Berliner Senats hat dazu geführt, dass die Benutzung für alle kostenlos ist. S-Bahn, U-Bahn, Trambahn und Busse können ihre Taktfrequenzen nicht weiter erhöhen, und zumal die Letzteren haben schwer zu kämpfen mit den durch Fahrradfahrer meist blockierten Busspuren im Straßennetz. Der Ausbau des innerstädtischen Fahrradnetzes ist aber seit zehn Jahren nicht recht von der Stelle gekommen, das Verbot von Dieselfahrzeugen in der ganzen Stadt sowie von Benzinern in der Innenstadt, wo man nur noch Elektro-Fahrzeuge sehen will, und die Geschwindigkeitsbeschränkung auf generelle 30 km/h zwingen folglich sehr viele Verkehrsteilnehmer, den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen.

In den Fahrzeugen des ÖPNV gilt ganzjährig Maskenpflicht. Nicht alle Fahrgäste sehen das ein. Eine Kontrolle durch Sicherheitsleute findet nicht statt, sondern die Fahrgäste diffamieren einander gegenseitig. Lautstarke Beschuldigungen, Beschimpfungen und Beleidigungen sind an der Tagesordnung: „Freiheits-Nazi“ oder „Aluhut-Queerie“, „Maskenterrorist“ oder „Gesundheitsfascho“, „Reptilfrizze“ oder „Virusfetischist“ sind dabei noch die harmlosesten Ausdrücke, und oft genug ist gar nicht erkennbar, welche Seite der beiden Lager – pro oder contra Maskenpflicht – eigentlich damit gemeint ist.

Die Luft in den Fahrzeugen ist zum Schneiden dick und stickig, nicht nur wegen der Überfüllung und der auch im übertragenen Sinn aufgeheizten Atmosphäre, sondern ganz physisch infolge der Wasserrationierung, die das Duschen und das Waschen von Wäsche öfter als einmal pro Woche unmöglich macht. Parfüms werden nachgefragt wie zuvor nur an französischen Höfen im Barockzeitalter, dementsprechend sind sie teuer, riechen aber billig, und wer sich effektiv Platz verschaffen will im Gedränge, greift auch gern auf reichlichen Konsum von Knoblauch zurück. Wer es sich zeitlich und gesundheitlich leisten kann, geht zu Fuß; die Elektro-Roller auf den Gehwegen mindern aber die Freude daran erheblich. Zudem stinkt es aus der Kanalisation, seitdem nicht mehr genügend Abwasser produziert wird, um das System ausreichend zu spülen. Dagegen schützt leider auch keine Maske.

Das Strandbad Wannsee musste geschlossen werden. Zwar enthält der Wannsee durch die Havel, auch ohne die bisherige Wassermenge aus seinem Nebenfluss Spree, noch genügend Wasser, jedoch ließ es sich einfach nicht unterbinden, dass viele der Gäste im ständig überfüllten Bad sich mit Shampoo und Duschgel einen Ersatz für die häusliche Reinigung suchten. Die Fische trieben schon nach wenigen Wochen bäuchlings nach oben. Die Strände an Wannsee und Havel werden rund um die Uhr bewacht. Der Spiegel des Müggelsees ist übrigens um einen Meter gesunken, entsprechend hat sich an den Ufern überall Schilf ausgebreitet, an dem man sich empfindlich die Haut verletzen kann; hier scheint eine Bewachung des Ufers nicht mehr nötig.

Infolge der mangelhaften Energieversorgung und der astronomisch hohen Energiepreise hat sich der Berliner Flugverkehr auf etwa 30 Prozent gegenüber 2010 zurück entwickelt. Innerdeutsche Flüge werden überhaupt keine mehr angeboten, Langstreckenflüge auch nur noch wenige. Wer nach Ostasien fliegen will, muss in Istanbul oder in Kabul umsteigen. Flüge nach Nordamerika werden überwiegend vom niederländischen Flughafen Schiphol abgewickelt, oder man steigt um in London. Von Flügen nach Brasilien oder Argentinien wird abgeraten.

Die südamerikanischen Waldbrände laden Teile ihres Rußes über der Antarktis ab. Dort bewirken sie nicht nur Schneeschmelze, sondern eine Vergiftung der Nahrungskette, die die Pinguine bereits auf die Hälfte der Population dezimiert hat. Viele deutsche Zoologische Gärten beteiligen sich am Artenschutzprogramm, darunter auch die beiden Berliner Zoos. Am Nordpol hingegen nimmt die Eisfläche wieder ein wenig zu. Das wird zurückgeführt auf das beginnende Strahlungsminimum der Sonne. Dennoch scheint ein Abriss des Golfstroms kurz bevor zu stehen. Die Auswirkungen auf das Klima in Deutschland und Europa wären unabsehbar.

Deutschland2.jpg

Bei der obigen Karte handelt es sich um ein urheberrechtlich geschützes Werk, welches von SIMPLYMAPS unter der Lizenz CC BY-SA zur Verfügung gestellt wird. Die nummerierten Marker stammen von ty-ty.

The above map is a copyrighted work, which is made available by SIMPLYMAPS under the licence CC BY-SA. The numbered markers are by ty-ty.

2030 in Germany

The Pulvermaar and the Dauner Maar, both lakes in volcanic funnels, will already contain significantly warmed water by 2030, so based on radiation measurements in the area, several of the volcanoes are expected to erupt soon, and planning for a complete evacuation of the Eifel area (1) will be in full swing. Unfortunately, at the same time, the German North Sea coast is in danger from rising sea levels, and especially in Hamburg (2) there is no time to look in the direction of the Eifel. The river Elbe is backing up ever higher in its estuary, the port of Hamburg and the Hamburg Speicherstadt (storage city area) must be protected by elaborate lock systems. The building of the Elbe Philharmonic Hall, which has just become a "teenager" and, like the Sydney Opera House, has become a landmark of worldwide renown, looks funny with its rampart of orange sandbags. Mockers call it "the little elf skirt".

Berlin (3), on the other hand, has other problems: the drastic drop in spring rainfall, which has not reached the intensity of earlier years for more than ten years, is leading to a shortage of drinking water for about 4 million people. Industries with high water demand have to be outsourced, but no major company wants to start its migration. The emergency situation that has arisen in the even drier area around the city of Cottbus (4) means that so much water is being taken from the river Spree there that the Spremberg reservoir (5) can hardly hold any water and the river Spree in Berlin only looks like a brook and stinks out of its riverbed, which has become too big.

Inner-city canals have had to be closed. Formerly sought-after residential locations with a view of the river Spree or on the urban harbour of the Landwehr canal will become a torment for all those who cannot afford a hermetically sealed air-conditioning system for their flat. It is not the air-conditioning system itself that is the problem, but its operation: energy prices will have risen to ten times the price of 2020 as a result of the ongoing diplomatic spat between the EU and the Russian Federation and the warlike confrontations of the US-led NATO with Russia - despite the modest expansion of photovoltaics and inner-city wind power plants. The latter in particular is being advanced only very hesitantly. Outdated building permit procedures stand in the way everywhere.

In Thuringia (6), increased snowfall in the winter of 29/30 will cause a subsequent flood in the spring of 2030; landscapes along the river Saale (7) are particularly affected. Unfortunately, the water cannot be made usable for drinking water, as the fertilisers from the agriculturally used and now flooded areas leave behind far too much toxic input. Since the river Saale is a tributary of the river Elbe, this increases the water pressure on Hamburg.

In the Upper Rhine Plain (8), expansion work for retention basins and controlled flood plains will be stopped. The forecast is that flooding of the river Rhine is not to be expected for a long time, as the Alpine glaciers hardly release any water and Lake Constance is sufficient as a natural retention basin since its water level has dropped by about twelve centimetres. The cities of Mainz (9), Koblenz (10) and Cologne (11) on the river Rhine as well as the state of the Netherlands (12) are protesting vehemently against this and are trying to arm themselves with dykes, but want financial support from the Federal Republic of Germany for this, especially since the Netherlands is struggling with the rising sea level much more than the German North Sea coast.

The city of Munich (13) is experiencing a new flowering. Nevertheless, I remain in Berlin (3). From here, the German Chancellor clamours against Paris and Brussels. For France and the EU are sceptical about the expansion of the Bundeswehr, the German army, with over 100 billion euros, since at the same time the German arms industry has doubled its production. "Where is the Federal Republic drifting?" ask Le Monde, Le Figaro, The Times and Der Freitag in their digital editions. Printed newspapers no longer exist - because of water shortages.

In Berlin, public transport is on the verge of collapse, because an initiative of the Berlin Senate has resulted in free use for all. S-Bahn (metro), U-Bahn (tube), tram and buses cannot increase their frequency any further, and the latter in particular have a hard time with bus lanes in the road network that are usually blocked by cyclists. The expansion of the inner-city bicycle network, however, has not really got off the ground for ten years, the ban on diesel vehicles in the whole city as well as petrol cars in the city centre, where only electric vehicles are to be seen, and the speed limit to a general 30 km/h consequently force very many road users to use public transport.

Masks are compulsory in public transport vehicles all year round. Not all passengers accept this. There is no control by security guards, but passengers defame each other. Loud accusations, insults and insults are the order of the day: "Freedom Nazi" or "Alu Hat Queerie", "mask terrorist" or "health fascist", "reptile frizze" or "virus fetishist" are still the most harmless expressions, and often enough it is not even recognisable which side of the two camps - pro or contra compulsory masks - is actually meant.

The air in the vehicles is thick and stuffy, not only because of the overcrowding and the figuratively heated atmosphere, but also physically as a result of the water rationing, which makes showering and washing clothes more than once a week impossible. Perfumes are in demand as before only at French courts in the baroque age, accordingly they are expensive but smell cheap, and those who want to effectively make room for themselves in crowds also like to resort to copious consumption of garlic. Those who can afford it in terms of time and health walk by foot; however, the electric scooters on the pavements considerably reduce the pleasure of doing so. In addition, it stinks from the sewage system since not enough sewage is produced to flush the system sufficiently. Unfortunately, no mask can protect against this.

The Wannsee lido had to be closed. Although lake Wannsee still contains enough water from the river Havel, even without the previous amount of water from its tributary the river Spree, it was simply impossible to stop many of the guests in the constantly overcrowded bath from using shampoo and shower gel as a substitute for domestic cleansing. The fish floated up on their bellies after only a few weeks. The beaches at lake Wannsee and river Havel are guarded around the clock. Incidentally, the level of the lake Müggelsee has dropped by a metre, and accordingly reeds have spread everywhere on the shores, on which one can severely injure one's skin; here, guarding the shore no longer seems necessary.

As a result of the inadequate energy supply and astronomically high energy prices, Berlin's air traffic has declined to about 30 per cent compared to 2010. Domestic flights are no longer offered at all, long-haul flights are also few and far between. Anyone wanting to fly to East Asia has to change planes in Istanbul or Kabul. Flights to North America are mainly handled from Schiphol Airport in the Netherlands, or you change planes in London. Flights to Brazil or Argentina are not recommended.

The South American forest fires dump parts of their soot over Antarctica. There, they cause not only melting snow, but a poisoning of the food chain that has already decimated the penguins to half their population. Many German zoological gardens participate in the species conservation programme, including the two Berlin zoos. At the North Pole, on the other hand, the ice surface is increasing again a little. This is attributed to the beginning of solar radiation minimum. Nevertheless, a break-up of the Gulf Stream seems imminent. The effects on the climate in Germany and Europe would be incalculable.

Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

Sort:  
 3 years ago 

Für mich persönlich ein sehr starker Wettbewerbsbeitrag, und dass, obwohl ich derart dystopische Texte nicht besonders mag.

 3 years ago 

Für mich persönlich ein sehr starker Wettbewerbsbeitrag

Vielen Dank!

obwohl ich derart dystopische Texte nicht besonders mag

Ich "eigentlich" auch nicht...

 3 years ago 

Uiuiui, da liest sich aber so Einiges bös realistisch.
Da will ich doch mal hoffen, dass sich die Erde für der "Umsetzung" deiner Prognosen auf alle Fälle weit, weit mehr als acht Jahre Zeit lässt!
Nun, spannend wird's garantiert - ich bin dann mal sehr offen für positive Überraschungen... :-))

 3 years ago 

positive Überraschungen

Wann aber werden wir wissen, ob die Überraschung positiv ist? Gleich beim Eintreten? 10 Wochen später? Oder erst 10 Jahre später?

 3 years ago 

Das ist doch nicht wichtig. Der eine früher, der andere später - Dauerpessimisten vermutlich nie... ;-)

Thank for your entry in the World in 2030 contest.

A rather bleak and dry future ahead...

Coin Marketplace

STEEM 0.29
TRX 0.24
JST 0.041
BTC 92480.14
ETH 3219.50
USDT 1.00
SBD 7.88