Buchvorstellung: „Die Schillergruft“ von Jürgen K. Hultenreich

in Deutsch Unplugged3 years ago

„Die Schillergruft“ von Jürgen K. Hultenreich


2001/ 2013, 256 Seiten in der 1. Auflage, 272 Seiten in der aktuellen Neu-Auflage. Preis: 19,80 €

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„...einer der bedeutendsten Romane über die DDR-Gesellschaft“, wird die Deutsche Schillerstiftung auf der Umschlag-Rückseite des Buches zitiert.

Ich habe keinen solchen Überblick über Romane, die mir erlaubt, dieses Urteil zu bekräftigen oder gar zu widerlegen, meine im folgenden geschilderten Eindrücke sind also mehr dem persönlichen Horizont geschuldet. Zu welchem eine persönliche Bekanntschaft mit dem Autor gehört, der über sein Erzähl-Talent hinaus sehr vielseitig kreativ ist. Das Zitat am Anfang soll allerdings darauf einstimmen, dass wir es hier mit einem anerkanntermaßen hochkarätigen Werk zu tun haben.

Als Jürgen mir beim Bier in seiner Stammkneipe den Titel nannte, dachte ich, es gehe um das Grab von Friedrich Schiller. Darum geht es aber nur in einem sehr übertragenen Sinn: Der Ich-Erzähler mit dem Namen Georg Hull überlebt vor allem mit Hilfe von Schiller-Zitaten in einer geschlossenen psychiatrischen „Gruft“. Dorthin war er verbracht worden, weil er sich in einem Gerichtsprozess ausschließlich mit Schiller-Zitaten verteidigt hatte. Zum Prozess gegen ihn war es gekommen, nachdem er geschnappt wurde bei dem Versuch, die DDR unerlaubt zu verlassen. Wir schreiben nämlich das Jahr 1966…

Das Buch „Die Schillergruft“ ist stark autobiographisch geprägt. Es ist aber ein packend geschriebener Roman und keine Autobiographie. Die wesentlichen Momente hat Jürgen K. Hultenreich alias Georg Hull tatsächlich so erlebt – und wie Jürgen mir versicherte, war er nicht nur als Schachspieler Stadtmeister von Erfurt, sondern konnte oder kann noch immer sämtliche Gedichte von Schiller auswendig. Aber keine Angst, es geht in seinem Buch nicht von einem Schiller-Gedicht zum nächsten, sondern von Person zu Person. In einfühlsam gezeichneten Beschreibungen, in pointierten Dialogen, in spannendem Verlauf.

Ich habe „Die Schillergruft“ sehr gerne gelesen, werde sie auch abermals lesen (und diesmal am Ende vielleicht keine Träne vergießen – das wollte ich auch beim ersten Lesen vermeiden, und als ich es voraus ahnte, ging ich für die Lektüre der letzten Seiten in ein öffentliches Lokal, um mich zu disziplinieren. Mit sehr mäßigem Erfolg, wie ich gestehe…) und kann sie euch wirklich nur empfehlen. Als Leserin und Leser muss man die DDR weder lieben noch hassen, frau/man braucht sich nur an die erzählerische Hand nehmen zu lassen, um dem Ich-Autor zu folgen durch eine Welt der Trickser und Schummler, der Rechtsbeuger und auch mörderischer Verbrecher. Es gibt keine schwarzgemalten Täter, alles ist in Farbe. Denn Jürgen ist auch „Tuschör“, wie er es nennt: er zeichnet in Tusche und stellt aus.

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siehe auch:
https://www.schillerstiftung.de/preistraeger/preistraeger-einzelansicht/juergen-k-hultenreich
https://www.edition-abfischer.de/buecher/buchprogramm/juergen-k-hultenreich-die-schillergruft-roman.html
http://www.literaturland-thueringen.de/artikel/juergen-k-hultenreich-die-schillergruft/
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_K._Hultenreich

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 3 years ago 

Scheint mir ein sehr interessanter Lesetipp zu sein, danke.
Gibt's beim Kauf des Buches auch ein Bier dazu?!

 3 years ago 

Klaro - in Jürgens Stammkneipe!

 3 years ago 

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