100 Tage - Veränderung. Ergebnisse aus Forschung der NASA, Geheimdienste und Co.
100 Day Challenge. Als ich diese hier durch User @spite77 entdeckte dachte ich: "eigentlich nicht schlecht, man kann sich immer etwas verbessern." Ich z.B., habe Titten bekommen :D. Das ist ausbau- oder abbaufähig. Letzteres kommt besser.
100 Tage sind für viele Veränderungen wenig und für ebenso viele viel. Bissel Körperfettanteil reduzieren ist machbar. Großartig Muskeln aufbauen...nein eher nicht aber dafür Haltung verbessern. Mir natürlich alles nicht experimentell genug...
Was passiert wenn du 6 Monate allein in einer dunklen Höhle lebst?
Wer ist man selbst? Wer bist du?
Die Frage nach DIR als Individuum und die Frage nach deinem Selbst sind zwei unterschiedliche Fragen (die sich sicher teilweise überschneiden)
Mann/Frau als Individuum ist eine Menge aus Glaubenssätzen, Verhaltensmustern, Routinen und spontanen Reaktionen, welche sich in der Bio-Substanz und im weiteren Verhalten manifestieren. Mann/Frau ist also größtenteils, ein auf Autopilot laufender Feedback-Loop.
Die Biologie kennt keinen eindeutigen Individuen-Begriff. Da wir modular aus Zellen bestehen und viele Lebewesen nach oben hin auch selbst nur Teil eines Größeren sind.
Frage: Sind die Bakterien um dich herum oder in deinem Darm eigentlich noch Du?
Creepy-Side-Fact: Forscher der Universität Colorado vermuten sogar, dass es ein "residentes Gehirn-Microbiom" gibt. ...ich wusste, dass ich "da oben" nicht allein bin :S, :D (Universität Colorado)
...sind Begriffe aus der Psychologie und beziehen sich auf die Persönlichkeit, das was dich als Person ausmacht. Jedoch sind weder Individuum noch dein ICH statisch. Sie weisen nur eine gewisse Resillienz auf. So sind viele Kumpels und Freunde immer noch "die alten"...andere aber eben nicht ;)
Wieso machst du das, was du so machst?
Wieso bohrt sich dein Arbeitskollege ständig in der Nase? Wieso greifst du bei Frust zu Schoko oder bei Stress zu Alk oder Zigaretten. Wieso kannst du dich Stunden von einem Youtube-Video zu einem anderen klicken. Wieso so viele Artikel über Erfolg lesen aber selber nicht anfangen? Wieso zuckst du zusammen wenn jemand ausholt?
Es gibt
Reflexbögen: diese sind einfache Verschaltungen über das Rückenmark, diese hast du einfach. So z.B. der Liedschluss oder das Auftauchen bei erhöhter CO2-Konzentration.
ankonditionierte Reflexe: die klassische Konditionierung. Wenn das Smartphone vibriert oder den Whats-App Sound macht, dann zieht jeder das Ding aus der Tasche...kann man wieder loswerden.
Eigenreflexe: Knie + Hammer...ihr wisst bescheid. Der Arzt feiert es, unlustig aber wird immer funktionieren.
Fremdreflexe: wenn das Auge Wind abbekommt dann schließt das Lied. Fremdreflexe kann man im Gegensatz zu Eigenreflexen habituieren. Denkt an Pornostars die sich den Würgreflex abtrainieren, das nennt man habituieren. Sind aber eigentlich ganz sinnvoll.
Aber das Rauchen bei Stress und die Schoko bei Frust, das sind doch keine Reflexe? Nein es sind instrumentelle Konditionierungen. Das Rauchen was zunächst nichts mit dem Stress zu tun hat, wird als Instrument zur Stressbewältigung genutzt.
( nach Pavlov 1927 )
doch das klärt noch nicht ganz wieso...
Das körpereigene Belohnungssystem
Es funktioniert recht billig, wenn du was machst was scheinbar von Vorteil ist, dann bekommst du Neurotransmitter zur Belohnung ausgeschüttet, dies spielt sich in bestimmten Belohnungszentren im Hirn ab.
Wie solch eine Reiz-Belohnungs-Wechselwirkung aussehen kann, betrachten wir an einem beliebten weißen Pulver...
>>Zucker<< wirkt über opioerge, dopaminerge und acetylcholinerge Systeme. Dopaminerge Projektionsbahnen ziehen vom ventral-tegmentalen Bereich (VTA) zum N. accumbens (unserem allgemeinen "Behlohnungszentrum"). Daneben ist noch der laterale Hypothalamus involviert, dieser ist das Haupt-Belohnungszentrum. Hier entsteht schließlich der Drang zu trinken, zu essen und sich zu bewegen...wäre doof, wenn da kein starker Anreiz bestünde.
ob Zucker selbst aufgrund seiner neurochemsichen Effekte, Grund für Fastfoodabhängigkeit ist, ist umstritten. Fakt ist, es wird belohnt und wir essen gerne Süßes, vornehmlich Zucker. Aber man erkennt, dass der Körper ein Belohnungs- und Anreizsystem nutzt ähnlich wie dem auf Steemit. Die Abhängigkeit ensteht durch Tolleranz. Die Rezeptordichte nimmt ab und man wird vom externen Reiz abhängig um die natürliche Transmitterkonzentration aufrecht zu erhalten.
(Schulte et al. 2015, Westwater et al. 2016, Ferreras et al. 2018)
Doch es ist genau nicht diese Abhängigkeit allein. Es ist das instrumentalisieren des Verhaltens bei einem auslösenden Reiz. Bei Stress --> rauchen. Die belohnende Natur des Stoffes an sich ist natürlich begünstigend. Darum reicht der zweiwöchige Entzug oft allein nicht aus. Ein Ereignis, eine Trennung, eine Kündigung und man kauft sich wieder Kippen.
Wie lange es braucht bis eine gute Gewohnheit sitzt
Man hört immer wieder "21 Tage braucht man um eine alte Gewohnheit zu ändern oder sich eine neue anzugwöhnen". Diese Zahl stammt aus einer Schrift des plastischen Chirurgen Maxwell Maltz aus den 1950ern. Hierbei ging es jedoch lediglich um Patienten die sich an Veränderungen nach einem Eingriff gewöhnten. Verhaltenscoaches haben dies zu Marketing-Zwecken generalisiert.
Eine neuere, zutreffendere Studie von Lally et al. kommt auf einen Mittelwert von 66 Tagen. Die 96 Probanden brauchten zwischen 18 und 254 Tagen um Stabilität in den neuen Verhaltensmustern zu zeigen. (Lally et al. 2009)
Was passiert wenn man die komplette Black-Box resettet?
Verhaltensbiologen nennen all die Vorgänge, die zu unserem Verhalten führen -Black-Box-.
Stell es dir vor: wie würde es dir gehen, wenn du >>morgen um 10:00<< nicht mehr an dein Smartphone, Laptop/PC gehst und auf keine Socialmedia Seite mehr, keine Kommentare unter irgendwelchen Artikeln und Videos postest? Wenn du nur noch Wasser als einzige Flüssigkeit trinkst, keinen Kaffee, keine Softdrinks. Wenn du komplett auf Zucker (Sacharose und Glucose ) verzichtest? Wenn du keine Nachrichten konsumierst, nicht auf Coinmarketcap schaust, wie die Kurse stehen? Dich nicht mit Musik oder Games berieselst, keine medialen Inhalte konsumierst?
Die Blackbox bekommt Reize von außen (aber nicht auch Gedanken können hier Reize sein) und Produziert einen Output. Was aber wenn wir jetzt einfach mal maximal die Schotten dicht machen? Ich tippe auf ein Delirium.
"Zum Glück" gibt es unethische Experimente :)
Der Abstieg in die Unterwelt
Die Doppeldeutigkeit dieser Überschrifft wird jetzt hoffentlich deutlich.
1972, Texas: Michel Siffre stieg nun ab in die Höhle. Er war an etliche Messinstrumente angeschlossen. Unter anderem ein Thermometer im Hintern, Elektroden am Kopf. Ein Kabel verband im mit der Oberfläche. Ab und zu wenn überirdisch Blitze einschlugen, gab es einen schmerzhaften Schlag (die 70er halt tzzz...). Er hatte dort unten keine Time-Clues also keine hinweise auf die Uhrzeit und auch nicht viel Licht. Sein 24h Rythmus wechselte auf einen 48h Rhythmus, Gedächtnislücken, er bekam mittelschwere Depressionen man konnte ihn an Tag 77 aber beruhigen, das alles gut sei und kein Grund zum Abbruch bestünde. Als man Siffre wieder ans Tageslicht holte, normalisierten sich viele Zustände, die Sicht blieb eingeschränkt. Selbst berichtete er von Psychischen Wunden, und ließ sich darauf sogar scheiden. (Siffre 2008)
[Siffre kommt aus dem Loch...Wissenschaftler :D]
Doch auch schon die Jahre zuvor gab es Forschung im Bereich der sogenannten Sensorischen Deprivation. Insbesondere das Militär und CIA war an dem Themenfeld interessiert da durchdrang, dass dies eine sowjetische Foltermethode sei.
Eine der ersten und meist zitierten Studien ist die Studie von Bexton, Heron, und Scott 1954. Freiwillige ließen sich für 2-3 Tage isolieren. Es winkte beim Durchhalten fettes Geld. Ein paar Tage klingt nicht viel oder? Der Punkt war, man minimierte jeden sensorischen Input auf ein Minimum. Fast ähnlich einem Koma.
Jeder der Freiwilligen bekam eine Zelle die Schalldicht war. Dicke Handschuhe an und eine Brille welche zwar etwas Licht durchließ aber nichts erkennen lässt. Das Resultat war eine hohe drop-out Rate und Halluzinationen, Selbstgespräche und Phasen der Gedankenleere.
Irgendwann schoben Aktivisten einen Riegel vor diese Art von Experimente, sie dienten ja doch nur dem Militär und CIA.
Aber ratet mal, wer anno 2002 die sensorische Deprivation wieder herauskramte?
Fazit...
Zunächst: Nieder mit den Menschenschändern. Sie haben die Evidenz nicht verstanden, man manipuliert ein Individuum nicht in dem man es zerstört. Mir ging es um etwas anderes, ganz einfach...>>da geht was<<. Fakt ist: unser System belohnt Stillstand. Starke Veränderungen, erfordern jedoch starke Maßnahmen. Wie genau diese aussehen werden wird mir sicher noch die moderne Verhaltensforschung verraten. Wenn nicht, such ich wieder in der Oldschool-Abteilung. Als Wissenschaftler im Dienste ihrer Forschung anstelle von Tieren, noch selbst in ihre Experimente einstiegen.
Berridge et al. (2015): Pleasure Systems in the Brain https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4425246/
Gilbert et al. (2012): A Symbiotic View of Life: We Have Never Been Individuals. Quarterly Review of Biology 87 (4): 325-341. doi:10.1086/668166
Pepper & Herron (2008): Does Biology Need an Organism Concept? Biological Reviews 83: 621–627. doi:10.1111/j.1469-185X.2008.00057.x
Schulte et al. (2015): Which Foods May Be Addictive? The Roles of Processing, Fat Content, and Glycemic Load https://doi.org/10.1371/journal.pone.0117959
Westwater et al. (2016): Sugar addiction: the state of the science https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5174153/
Ferreras et al. (2018): Lateral hypothalamic GLP-1 receptors are critical for the control of food reinforcement, ingestive behavior and body weight https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5984105/
Stanford SEP https://plato.stanford.edu/entries/biology-individual/#ProBioInd
Lally et al. (2009): How are habits formed: Modelling habit formation in the real world* https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ejsp.674
Bilder:
Guantanamo: Von Shane T. McCoy, U.S. Navy - (copied from 
so that the image can be used on Wikinews.), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=774059
Abbildung-Belohnungszentren:
By NIH - 
, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37682508
Bild 1,2,3,5,6 - Pixabay Gemeinfrei CC0
Sehr guter und interessanter Artikel! Gerade dein Beispiel mit dem Zucker fand ich sehr interessant. Diese Abhängigkeit und "desensibilisierung" sind ja auch Auslöser für die "Nofap Bewegung" :D
Danke für deine Erwähnung und für den guten Artikel. Deswegen ist die #100DayChallenge auch 100 (einhundert) Tage lang, das was ich erreichen soll auch zur Gewohnheit werden. Natürlich braucht man auch danach noch Motivation und Durchhaltewillen wenn man nicht wieder abstinken will.
Richtig guter Artikel.
Dass Siffre von psychischen Wunden spricht, ist ziemlich einleuchtend. Wenn man erstmal von all dem Lärm und Ablenkungen der heutigen Welt abgeschnitten ist, dann bleibt nur noch die Konfrontation mit dem Selbst. Jenachdem ob unsere Abgeschiedenheit dann emotional selbst gewählt ist oder gezwungen ist, nehmen wir das dann am Ende eher als befreiend oder als beengend war. Siffre scheint eher letzteres widerfahren zu sein, denn auch wenn er zum Zwecke des Experiments selbst gewählt hat, war er sich gleichzeitig über die emotionalen Folgen unbewusst. Deshalb betone ich auch immer, dass es absolut gar keinen Sinn macht, seine Komfortzone zu verlassen, wenn nicht wirklich die innere Motivation dazu besteht. Solange man die Komfortzone verlässt weil andere es einem empfehlen oder uns davon zu überzeugen versuchen, ist der Lerneffekt nicht wirklich da. Umgekehrt sage ich damit, dass man nur dann seine Komfortzone verlassen sollte wenn man es wirklich selbst will, egal was andere davon halten.
Das mit dem Black Box resetting kenne ich nur zu gut. Aber bei mir war das eher ein normales Bedürfnis und weniger experimentiell. Ich war nie wirklich auf facebook, lediglich Dezember letzen Jahres um meine Website zu promoten, was auch ziemlich gut lief, aber im Februar wurde mein Account gelöscht und alles war aufeinmal weg. Aber irgendwie war mir das total egal und hab dann eben Steemit gefunden.
Genauso benutze ich mein Handy praktisch nie, und wenn ich das Haus verlasse, dann ohne irgendein technischen Zusatz. Genauso trinke ich fast nur Wasser. Aber wie gesagt: nicht weil ich mich igendwie dazu zwinge, sondern es ist einfach mein natürlicher Bedarf. Wenn ich dann mal ein bisschen abweiche davon, dann geht das auch in Ordnung.
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