Ich vermisse es ins Mikrophon zu reden

Über 5 Jahre habe ich Youtube-Videos gemacht. Einige Stunden habe ich in das Streamen investiert, aber heute: Heute mache ich nichts mehr. Das Thema kommt allerdings immer wieder auf und ich merke eine Sache extrem: Ich vermisse es.

Meine Zeit auf Youtube war für mich einzigartig. Ich habe in einer Zeit gestartet, in der es vielleicht 30 aktive deutschsprachige Kanäle gab, die Call of Duty zockten und dazu ihre Meinung abgaben. Der größte war dabei CommanderKrieger mit kanpp 30k Abonnenten. Ich habe relativ wenig mit anderen Kommentatoren gemacht, dennoch baute sich eine eigene kleine Community auf, bei der man Leute unter jedem Video wieder sah und sich über jeden Like freute. Mich zurück zu erinnern, macht mich immer wieder melancholisch.

Ursprünglich hatte ich Youtube-Videos aus einer minimal anderen Intention heraus gemacht. Ich habe viele Spiele gespielt und auf der Playstation versucht Erfolge (sogenannte Trophäen) für die Spiele zu erreichen. Dazu gab es eine sehr geile Seite namens forum.trophies-ps3.de. Dort konnte man sich immer Tipps einholen und es gab auch Menschen, die Videos mit Tutorials dazu hochluden. Genau solche Tutorials wollte ich auch machen, ich wollte den Leuten auch helfen die Erfolge zu schaffen und meine angeeignete Erfahrung mit anderen zu teilen. Was tatsächlich dabei rauskam, waren gerademal zwei Videos mit Tipps zu Trophäen. Direkt nach dem ersten Tipp-Video meinte mein bester Freund "Hey, du musst du Videos auch kommentieren. Einfach etwas dazu erzählen, was du gerade machst." So setzte ich mich verwirrt und unwissend ans Mikro und hab zum zweiten Tippvideo erzählt, was da gerade passiert. Ich hakte bei meinem besten Freund nach und er meinte er kenne das von Leuten wie eben diesem CommanderKrieger. Und was der CK machte, das fand ich geil. So nahm ich meine Online-Runden von Call of Duty auf und fing an zu erzählen. Erzählen, was da gerade passiert. Es hat damals gereicht einfach wiederzugeben wie man gerade spielt und warum. Man hat die Leidenschaft des Games gemeinsam geteilt.

^{Quelle: forbes}

Eine erstaunlich lange Reise

Aus diesem ersten Video sind bis heute knapp 400 entstanden. Mindestens 300 davon habe ich nicht live kommentiert, sondern erst das Gameplay aufgenommen, mir dann ein Thema ausgedacht und über dieses Thema mit mehreren Anläufen geredet. Ich hatte Spaß daran einfach ins Mikro zu reden bis eine Version entstand, die man selbst auch feierte und hochladen konnte. Man muss dazu sagen, dass ich Schüler war und viel Zeit hatte. Soviel Zeit, dass in einigen Monaten jeden Tag ein Video entstehen konnte. So baute ich mir meine eigene kleine Followerschaft mit knapp 2000 Abonnenten und Videos mit bis zu 36.000 Klicks. Ich kann das mit den 36k Klicks selbst kaum glauben, aber ich hatte eine Hochzeit in der die Abonnenten enorm wuchsen und die Klicks wirklich liefen. Ich war enorm aktiv und super happy mit meiner Situation bezüglich Youtube

Es nahm ein Ende

Genau zu dieser Hochzeit fing dann aber mein Work&Travel in Australien an. Das Ergebnis: 4 Monate kein einziges Youtube-Video auf meinem Kanal. Ich konnte beobachten, wie die gesamte COD-Szene auf Youtube explodierte und wusste, ich hätte den COD-Hype mitnehmen können. Ich bin aber nicht traurig darüber, denn ich hatte eine wirklich schöne Zeit in Australien. Aber danach, war natürlich auch die Aktivität auf meinem Kanal gestorben. Die Views gingen zurück und die regelmäßigen Zuschauer gingen auch verloren. Dazu kam, dass ich natürlich viel weniger Zeit als während der Schule hatte, da dann auch die Arbeit und das Studium starteten. So verschleifte meine Aktivität auf Youtube immer mehr. Zwischendurch fand ich noch Gefallen daran Streams zu starten, da man das relativ gut anmachen konnte, während man eh zockt. Aber auch das musste ich beenden, da meine Frau geweckt wurde, wenn ich in die Nacht zocken wollte, da die Wohnung hellhörig war.

Doch mittlerweile: Ich rede mit Leuten immer wieder über das "Influencer-Leben", dass ich dabei mit Instagram nichts am Hut habe, aber meine Zeit auf Youtube vermisse. Dabei kommt mir immer wieder in den Kopf wie sehr ich sogar meine eigenen Videos mochte und mir auch selbst gerne zuhörte. Mit dazu sitzt den Twitch Hamburg Zweig jetzt genau neben meinem Büro und ich starre nur beim Geradeausgucken auf ein großes Twitch Logo. Ich werde wuasi jeden Tag an das Gaming-Leben im Internet erinnert. Ich vermisse die Zeit. Ich vermisse es ins Mikro zu reden. Ich vermisse Diskussionen über ein Spiel, dass man gemeinsam liebt und nicht fast alle haten. Wer weiß, ich kann mir gut vorstellen bald wieder anzufangen ...