Eine freie Gesellschaft braucht ein Fundament. Teil 10

in #freie-gesellschaft5 years ago (edited)

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Heute starten wir mit Freiheit und Unfreiheit am Markt die in #freie-gesellschaft hinterlegt ist.

In den folgenden Beiträgen geht es um die erste der in Teil 8 von #freie-gesellschaft formulierten Fragen: Welches Fundament braucht eine dem Ich – in seiner Rolle als Freiheitsträger - angemessene Gesellschaftlichkeit? In Bezug auf das Thema „Freiheit und Unfreiheit am Markt“ verlangt die Frage eine Spezifizierung: Welches Fundament braucht eine dem Ich – in seiner Rolle als Freiheitsträger – angemessene Ökonomie? Das Verhältnis von freiheitsbegabtem Ich und Markt ist Thema der Ökonomie.

Bei meinen Bemühungen um die Aufhellung des Marktphänomens konnte ich nicht nur an die Vorarbeiten der Aufklärungsepoche anknüpfen, sondern vor allem auch an die Forschungsergebnisse der Österreichischen Schule der Ökonomie. Das gleiche Anliegen vor Augen wie die „Österreicher“ beschreite ich einen Weg, auf dem ich zwar das gemeinsame Ziel (freies gemeinsames Wirtschaften von Menschen) ansteuere, der aber streckenweise von dem Weg abweicht, den sie gegangen sind.

Ökonomie ist einer der Aktionsbereiche des Ich. Man kann sie in zweierlei Hinsicht thematisieren. Entweder man betrachtet sie unter makroökonomischem Aspekt. Dann stößt man auf das in der Einleitung in Teil 9 angesprochene Problem: „die“ Gesellschaft (oder „die“ Gemeinschaft) existiert nicht. Sie entzieht sich jeder Form von Erkenntnis. Nur die Gesellschaftlichkeit - als eine dem Beobachter zugängliche Eigenschaft von Individuen - lässt sich erfassen.

Damit sind wir bei der einzig zu rechtfertigenden Art, Ökonomie zu thematisieren: man betrachtet das Individuum hinsichtlich der Art und Weise, in der es mit anderen Individuen ökonomisch interagiert, sich mit ihnen vernetzt bzw. mit ihnen von vorneherein vernetzt ist. Das geschieht bei den sog. mikroökonomischen Fragestellungen. Hier kann man konkrete Gegebenheiten beobachten, also an real existierender Gegenständlichkeit forschen, an deren Eigenschaften und ihrem Bezug zu Anderem.

Es ist die Achillesferse ökonomischer Makrotheorie, dass sie, will sie wissenschaftlich lupenrein bleiben, sich auf Datenmengen beziehen muss, die nur bei Individuen, also im Mikrobereich, zu gewinnen sind. Diese Daten kann sie im Nachgang per Statistik aufarbeiten. Sofern sie also über die bei Individuen gewonnenen Daten hinaus erkenntnisrelevante Ergebnisse erzielen will, braucht sie die Mathematik.

In der vorliegenden Schrift liegt der Schwerpunkt auf der zweiten Betrachtungsweise. Ökonomische Theorie wird vom Ich, vom handelnden Individuum aus entwickelt. Das Ich ist in seinem Alltag in das real existierende Wirtschaftsleben eingebunden. Hier ist es Teil einer leistungsteiligen Tauschgesellschaft. Die leistungsteilige Tauschgesellschaft begründet den Markt (im Folgenden: weiter unten).
Der Tausch erfolgt sowohl zwischen Individuen, als auch zwischen Gruppen von Individuen, den sogenannten Tauschpartnern. Das sind die Tauschsubjekte, die mit den Tauschobjekten (Tauschgütern) handeln. Tauschsubjekte sind Tauschgutanbieter und zugleich Tauschgutabnehmer. Tauschgüter müssen marktgängig sein, d. h. sie müssen zum Bedarf der Güterabnehmer passen. Das verlangt den Marktteilnehmern in ihrer Rolle als Güteranbieter ein beträchtliches Adaptionsverhalten ab (dazu mehr in Teil 11).

Dennoch: sowohl bei der Güterauswahl als auch bei der Güterabgeltung bestimmt ein hohes Maß an Freiheit das Leben am Markt. Denn in seiner Rolle als Güterabnehmer ist der Tauschpartner „König-Kunde“. Diesen Status genießt er aber nur auf einem durch Wettbewerb bestimmten Markt. Nun gibt es Erscheinungen, die die Freiheit der Tauschgutabnehmer (der „Kunden-Könige“) gefährden. Die Gefahr besteht dann, wenn ein Tauschgutanbieter eine Monopostellung innehat (eventuell schon in Teil 11 oder spätesten in Teil 12 kommen wir näher darauf zu sprechen).

Wir leben heute in einer Staatsgesellschaft. Die Staatsgesellschaft ist - wie jede andere halbwegs entwickelte Gesellschaft der Vergangenheit - eine leistungsteilige Tauschgesellschaft. In ihr tritt nicht nur der Bürger, sondern auch der Staat - in seiner Rolle als leistender Betrieb - als Tauschpartner auf. Er bringt Güter in die Gesellschaft ein: die sogenannten „öffentlichen Güter“. Und er verlangt dafür Rückvergütungen, die sogenannten „öffentlichen Abgaben“ (dazu in späteren Beiträgen mehr).

Betrachten wir Leistungsteilung und Tausch

Ökonomie ist nach einem der Hauptvertreter der Österreichischen Schule nicht auf das wirtschaftliche Handeln im engeren Sinne beschränkt. Sie ist Wissenschaft von der menschlichen Praxis, sofern diese auf Ziele ausgerichtet ist. Eine solche Praxis heißt seit Ludwig von Mises (Nachdruck 1980) Praxeologie. Hans -Hermann Hoppe (2004) definiert ökonomisches Handeln als „das bewusste Anstreben von wertvollen Zielen mit knappen Mitteln.“

Praxeologie meint also nicht Handeln an sich, sondern zielbezogenes Handeln. Das hat die Ökonomie mit der Technik gemein. Was die Ökonomie von der Technik unterscheidet, ist die Allokation (s. u.). Die Allokation bewirkt die optimale Verteilung von Ressourcen angesichts unterschiedlicher Ziele. Den Techniker hingegen interessiert nur der Weg hin zum vorgegebenen Ziel, die Machbarkeit.

Beim ökonomischen Handeln kommen Güter ins Spiel „Güter sind die tauglichen Befriedigungsmittel für menschliche Bedürfnisse… Also nicht jedes Ding ist an sich schon ein Gut, sondern [es ist dies] erst im Dienstleistungsverhältnis zum Menschen“ (Eugen von Böhm-Bawerk, Nachdruck 1998). Güter können selbstgeschaffene oder fremdgeschaffene Güter sein.

Die Ökonomie hat alle diejenigen Handlungen zum Gegenstand, die die Menschen mit den Mitteln zum Leben versorgen. Solche Handlungen sind das individuelle Herstellen und Bereitstellen von Gütern. Zum ökonomischen Handeln gehört auch (und vor allem) der interindividuelle Gütertausch. Beim Tausch gelangen die Güter aus dem Bereich der Güterhortung in den Bereich der Güterbewegung. Der Ort der Güterbewegung ist der Markt. Dort wandern die Güter von einem Tauschpartner zum anderen, nicht immer körperlich.

Der Güternutzen ist größer, wenn die Menschen nicht jedes der für ihre Existenz notwendigen Gut selbst herstellen, sondern sich bei ihrer Güterschöpfung spezialisieren und die so entstehenden Güter mit anderen Güterschöpfern tauschen. Die Menschen leben schon seit geraumer Zeit nicht nur von der individuellen Güterherstellung, sondern vor allem vom Gütertausch. Durch das Tauschen wird das individuelle Herstellen von Gütern gesellschaftsrelevant.

Der Begriff des wirtschaftlichen Gutes umfasst alles, was nur irgendwie in den Tausch gelangen kann. Ein wichtiger Unterschied der Güter innerhalb der Freien Gesellschaft im Vergleich zu vielen heutigen Gesellschaften ist zu beachten: In der Freien Gesellschaft gibt es die Trennung von „privaten“ und „öffentlichen“ Gütern nicht. Hier sind alle Güter privater Natur, auch die sogenannten „öffentlichen“. Das hat beträchtliche Auswirkungen auf die Organisation der Gesellschaft (aber da kommen wir noch genauer drauf zu sprechen).

Das in einer entwickelten Gesellschaft existierende Ich ist auf fremdgeschaffene Güter angewiesen, sofern es sein Leben optimal entfalten will. Es erlangt diese Güter entweder als Geschenk (aufgrund einer Eltern-Kind-Beziehung, einer Freundschaft oder einer Erbschaft), durch ein Privileg, durch Erpressung und Raub (also im Zuge eines Zwangsakts) oder durch Gütertausch.

Freunde sind nicht immer zur Hand. Elternschaft verliert sich eines Tages. Erpressung und Raub schaffen böses Blut. Der Mensch wird in den meisten Fällen seine Bedürfnisse nur befriedigen können, wenn er innerhalb der Gesellschaft, die seit undenklichen Zeiten Leistungsgesellschaft ist, für ein beanspruchtes Fremdgut ein Eigengut, als Gegenleistung zur Verfügung stellt.

Ich verwende das Wort „Leistungsgesellschaft“ zur Beschreibung eines wertneutralen Sachverhalts. Leistungsgesellschaft meint nicht jenen Alptraum eines durch hektische Umtriebigkeit gekennzeichneten Tollhauses, in dem jeder ungebührlich „gestresst“ wird. Leistungsgesellschaft meint auch keinen „Ort für grobe Menschen und unedle Motive“ (Norbert Walter, 1995). Ich meine damit eine Gesellschaft, in der die Güterverteilung nur aufgrund freier Leistungsvereinbarungen und ohne Einmischung sonstiger Verteilungskriterien erfolgt (z. B. Sonderrechten, Gebotszwängen, willkürliche Umverteilungen usw.).

Die Leistungsgesellschaft in ihrer angeblichen Härte ist die natürlichste und ehrlichste Form der Vergesellschaftung von Menschen. Sie ist die einzige Form des zwischenmenschlichen Verkehrs, die privilegienfrei ist und somit wirklich die „Prinzipien der Natur“ internalisiert. Andererseits kann es keine privilegienfreie Gesellschaft geben, die nicht Leistungsgesellschaft ist.
Da eine echte Leistungsgesellschaft den Ausschluss jeglichen Sonderrechts fordert, darf sie - mit Ausnahme vielleicht der Freundschaft - als die moralisch erfreulichste unter allen Gesellschaftsformen gelten. Außerdem: die Leistungsgesellschaft ist jene Gesellschaft, „die dem arbeitenden Menschen die besten Entfaltungsmöglichkeiten bietet“ (Hans Sennholz, 1995). Aufgrund ihrer Privilegienfreiheit ist sie eine Gesellschaft, die keinem, der „von unten“ kommt, Entwicklungschancen verbaut. Sie ist die Idealgesellschaft für Aufsteiger.

Die Leistungsgesellschaft ist nicht nur auf pures Leisten (Hervorbringen von Gütern) ausgerichtet. Sie ist Leistungs-Gegenleistungs-Gesellschaft. Sie ist „auf Arbeitsteilung und Austausch gegründet“ (Wilhelm Röpke, Nachdruck 1958). Leistung und Gegenleistung treffen sich im Tausch. Individuelles Leisten und interindividueller Tausch konstituieren die leistungsteilige Tauschgesellschaft.

Der Gütertausch ist allgegenwärtig. Selbst schon die bloße Bewerbung um einen Arbeitsplatz zielt auf ein Tauschgeschäft: Arbeitsleistung gegen Lohn. Ebenso zielt die Anrufung eines Gerichts auf ein Tauschgeschäft: Rechtstitel gegen Gebühr und Honorar, oder die Zuhilfenahme einer Bildungsinstitution: Persönlichkeitsbildung gegen Gehalt. Beim Tausch bildet das Ich den wichtigsten Teil seiner Beziehung zum Du aus. Der Gütertausch macht den wesentlichen Teil des Umgangs der Menschen miteinander aus, insbesondere auch des Umgangs im engsten Lebenskreis. Der Impuls zum Tausch ist die Zentripetalkraft, die die ansonsten zentrifugalen Kräfte menschlicher Gesellschaftlichkeit bündelt und zusammenhält.

Das Tauschen ist jener Vorgang, bei dem wir meistens miteinander zu tun haben. Viele machen sich nicht klar, dass sie auch im Privaten in ein eng geknüpftes Netz von (expliziten und impliziten) Tauschbeziehungen verwoben sind. Freundschaften, in denen das reine Verschenken von Gütern gepflegt wird, also das Erbringen einer Leistung ohne Gegenleistung, sind eher selten anzutreffen.

Als leistungsteilige Tauschgesellschaft ist die Gesellschaft „ein Gebilde von höchster und subtilster Differenziertheit bei grundsätzlicher Anarchie.“ Dieses Gebilde „ist anarchisch, aber nicht chaotisch.“ Denn es bestehen darin Ordnungen, und zwar solche, die sich „spontan bilden“ (Wilhelm Röpke, 1958; s. auch Friedrich August von Hayek, 1980) Diese Ordnungen sind zwar Ergebnis menschlichen Handelns, sind aber als solche von niemandem geplant. Sie sind nicht Ausfluss bewusster Intention. Die Ordnungen bilden sich im Zuge der Vermeidung des Kampfes hinsichtlich der Güterknappheit. Die Güterknappheit bringt Eigentum hervor (darüber müssen wir auch noch genauer sprechen) und das statuarische Recht (wie das zu verstehen ist, da kommen wir noch ganz genau drauf).

Sofern die Tauschvorgänge im Laufe der Zeit immer unabhängiger werden vom Sitz der Tauschpartner („Globalisierung“), bewirken sie eine fortschreitend optimale „Ressourcenallokation“, d. h. die bestmögliche Verteilung, Verwendung und Kombination aller verfügbaren Güter in der Gesellschaft. Die Allokation stellt eine Rangfolge innerhalb der Güterverwendung her, sofern Verwendungsalternativen (d. h. letztlich Zielalternativen) bestehen. In dieser Rangfolge haben Güter eine hohe oder niedrige Präferenz. (Ob dies eine reine Zeitpräferenz ist oder eher eine Zeit-Raum-Präferenz, wäre zu diskutieren.)

Jedes Tauschgut muss bei der Übergabe einerseits herausgegeben, andererseits angenommen werden. Beim Tausch finden eine doppelte Übergabe und eine doppelte Annahme von Gütern statt, was eine doppelte Übereinstimmung voraussetzt. Der Tausch ist ein Akt mit zwei gegenläufigen Gütertransfers. Man spricht deshalb auch von „Bilateralität“ des Tausches.

Die Bilateralität des Tausches ermöglicht, dass bei den gegenläufigen Transfers Symmetrie vorwaltet, im Unterschied zum Schenken, wo diese Symmetrie fehlt. Beim freigiebigen Schenken entfällt auch das Vorteilsstreben. Im Tausch dagegen erstreben beide Tauschpartner, jeder aus seiner Sicht, ihren Vorteil. So geschieht jeder Tausch letztlich um des eigenen Vorteils willen.

Damit es überhaupt zum Tausch kommt, muss jeder Tauschpartner subjektiv zu der Überzeugung gelangen, dass das, was er durch den Tausch erhält, mehr wert ist als das, was er gibt. Das zu Gewinnende muss einen größeren Nutzen aufweisen als das Herzugebende, zumindest sollte der Grenznutzen nicht unterschritten sein.

Setzt sich eine Gesellschaft die Wohlfahrt des Einzelnen zum Ziel, will sie die individuelle Lebensentfaltung aller ihrer Mitglieder fördern, dann muss sie sich dem ökonomischen Prinzip der Nutzenmaximierung unterwerfen. „Die Grundregel, die das gesamte wirtschaftliche Thun der Menschen beherrscht, soll sein: der größtmögliche Nutzen für das persönliche Leben mit den möglichst geringen Opfern anzustreben“ (Eugen von Böhm-Bawerk, Nachdruck 1998; Orthographie nach B.-B.).

Beim Tauschen opfert jeder Tauschpartner ein ihm gehörendes, eventuell auch für ihn nutzbares Gut oder einen Teil davon. Bei aller Begehrlichkeit für den Besitz des Gutes eines Anderen, erst diese Opferbereitschaft ermöglicht den Tausch. Mein Tauschpartner signalisiert mir klar und deutlich: „Ich will dir nichts schenken. Wenn du dieses mein Gut haben willst, dann kostet das etwas.“ Und ich - als sein Gegenüber - habe keine Schwierigkeit damit. Ich bin bereit, Güter von mir zum Erwerb von dessen Gütern herzugeben, mit anderen Worten: einen Preis dafür zu zahlen.

Jeder Tauschpartner muss sein herzugebendes Gut als Zahlungsmittel für ein begehrtes anderes Gut einsetzen wollen. Damit ist klar: nicht nur Geld, sondern jedes in den Tausch gelangende Gut ist ein Zahlungsmittel. Als Zahlungsmittel hat es jedoch nicht mehr nur den Charakter eines Gutes, sondern zugleich auch den Charakter einer Schuld. Jede Zahlung ist sowohl die Übertragung eines Gutes als auch der Ausgleich einer Schuld (wer meinen Blog verfolgt, dem sind diese Einsichten schon öfters begegnet). Inwiefern?

Mit der Verwandlung meines persönlichen Gutes oder eines Teiles davon in ein Tauschobjekt, und somit auch in ein Zahlungsmittel, geht zugleich eine zumeist unbeachtete Verwandlung an diesem Gut einher. Es passiert mit ihm folgendes: Mein Tauschpartner und ich sehen in meinem zum Tausch angebotenen Gut nicht mehr nur ein Gut, das im Wege des Tausches übertragen werden soll, sondern zugleich auch eine Schuld, die wegen der Abgeltung des Gutes meines Tauschpartners an mich entsteht. Mein Gut ist meinem Tauschpartner für den Erwerb von dessen Gut geschuldet. Mein zum Tauschangebot mutiertes Gut ist also nicht nur Gut, sondern Gut und Schuld zugleich. Alle Güter sind, sobald sie aus dem Bereich der Güterhortung in den Bereich der Güterbewegung, also in den Tausch gelangen, nicht nur Gut , sondern auch Schuld.

Mit der Entscheidung, eines meiner Güter zum Tauschobjekt, d. h. zum Zahlungsmittel zu machen, verliert das Gut gewissermaßen seine Un-Schuld. Das gleiche passiert mit dem Gut meines Tauschpartners. Als reines Gut wechselt ein Ding seinen Besitzer nur, wenn es verschenkt wird. Dieser Sachverhalt wurde bislang von vielen Ökonomikern nicht registriert – mit den entsprechenden Folgen für die Ausgestaltung ihrer Theorien. Den Kaufleuten „an der Front“ hingegen ist er stets präsent. In ihrer doppelten Buchführung dokumentieren sie jeden getauschten Güterwert sowohl als Gut als auch als Schuld.

Zum Zahlungsmittel wird ein Gut immer dann, wenn man es als Tauschobjekt verwendet und ihm damit gewissermaßen seine Un-Schuld raubt. Ist dies nicht der Fall, kann man in jedem (zumindest haltbarem) Gut – als einem schuldfreien Gut - ein Wertaufbewah-rungsmittel sehen.

An dieser Stelle wird sichtbar:

  1. Nicht nur Geld hat die Funktion, Zahlungsmittel bzw. Wertaufbewahrungsmittel zu sein. Jedes Gut kann diese Aufgaben übernehmen. Die Geschehnisse der Vergangenheit lehren, dass z. B. Immobilien und bestimmte Industrieaktien oder Metalle, oder gar Genussmittel, z. B. Zigaretten oder Spirituosen, oft bessere Wertaufbewahrungsmittel und sogar auch bessere Zahlungsmittel waren als das gewöhnliche Geld.

  2. Ob ein Gut als Zahlungsmittel oder als Wertaufbewahrungsmittel fungiert, entscheidet sich daran, ob es seine Un-Schuld noch hat oder nicht, ob es noch reines Gut ist oder nicht.

Die Aktionsstätte des Tausches nennt man Markt. Der Markt ist der wichtigste Ort des öffentlichen zwischenmenschlichen Verkehrs. Die Gütertauschprozesse des Marktes machen einen wesentlichen Teil des Umgangs der Menschen miteinander aus. Der Markt ist aber kein Ort im räumlichen Sinne. Ludwig von Mises (Nachdruck 2008) betont: der Markt ist ein „Prozess“. Er ist nichts anderes als der Inbegriff aller Tauschhandlungen, „ein riesiges Netzwerk von freiwilligen und mit gegenseitiger Zustimmung verbundenen Tauschvorgängen zwischen…Personen“ (Hans-Hermann Hoppe, 2012).

Auf dem Markt verlassen die Güter den Bereich der Güterhortung und treten in den Bereich der Güterbewegung ein, die nicht immer eine physische ist (in späteren Teilen dieser Serie #freie-gesellschaft wird das noch deutlicher).

„Der Markt ist ein gewaltiges Entdeckungsverfahren, das traditionelles und individuelles Wissen für alle nutzbar macht“ (Gerhard Papke, 1995; Friedrich August von Hayek; 1981). Er trägt der unleugbaren Tatsache Rechnung, dass jede menschliche Phantasie begrenzt ist. Am Markt kann jeder von der Phantasie und den Eingebungen der anderen profitieren (Friedrich August von Hayek, 1991).

Auf dem Markt tritt das Ich aus seinem engsten Familien- und Sippenkreis heraus und nimmt mannigfache Beziehungen zum fremden Du auf. Hier bildet sich jenseits der Grenzen des Wir im engsten Familien- und Bekanntenkreis ein öffentliches Wir. Die Intersubjektivität eines engen Lebenskreises wird aufgebrochen zugunsten einer im Prinzip globalen Intersubjektivität.

So, genug für heute, wir lesen uns bei Teil 11 der Serie #freie-gesellschaft wieder.

Bis dahin
Euer Zeitgedanken

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