Erleuchtung für jedermann
Von Martin Greger
Viele Menschen halten Erleuchtung für etwas sehr Exklusives, einen erhabenen Zustand, der nur von Wenigen zu erlangen ist. Ich meine, dass sie irren. Zwei einfache Bilder mögen das demonstrieren:
Niemand würde nach Anbruch der Dunkelheit versäumen, ein Licht anzuschalten. Das menschliche Kollektiv erzeugt dafür Strom und stellt ein Leitungsnetz zur Verfügung. Der Einzelne besitzt eine Leuchte, Leuchtmittel, Kabel und Stecker.
Eine moderne digitale Spiegelreflexkamera tut etwas Unentbehrliches: Sie reinigt ihren Spiegel mit einer bestimmten Schallfrequenz vom Staub.
Erleuchtung benötigt diese simplen Prozesse. Wenn wir bis ins Innere erkannt haben, dass unser jetziges Bewusstsein „Dunkelheit“ ist, kann unser Herz zum Spiegel für erleuchtende Kräfte werden. Das geschieht, wenn wir uns täglich in das Göttliche in uns und um uns versenken (Tsung mi, dhikr, die Herz Sutra, das Herzensgebet ...). Unser Herz wird gereinigt und aus ihm steigt nach und nach ein ganz anderes, ein universelleres Bewusstsein auf. Es ist wie das Hellwerden eines Zimmers.
Erleuchtung ist keine Frage von Lehren, Dogmen oder Kasteiungen, sondern von innerlicher Liebe zum ewigen göttlichen Bewusstsein, dass sich aus der Tiefe erhebt. Wenn wir nicht mehr in der Dunkelheit herumtappen können und wollen, wird uns diese Liebe so selbstverständlich wie Essen und Trinken. Jedermann kann erleuchtet werden, wenn er die Liebe zum Geistkern in sich pflegt und den Spiegel täglich vom Staub der unreinen Gedanken und Gefühle befreit. Der Spiegel kann nicht durch formelle Handlungen gereinigt werden, sondern nur durch Liebe. Das Licht, das sich in uns entfaltet, will für andere leuchten, will anderen helfen. Das Kollektiv ist eine große Chance.
Wann beginnen die Menschen, ihre Bewusstseinsnacht im Kollektiv zu erleuchten?