Der antitotalitäre Konsens ist aufgekündigt

in #deutsch5 years ago

https://younggerman.com/2019/02/13/der-antitotalitaere-konsens-ist-aufgekuendigt/



 In der Bundesrepublik Deutschland, Produkt einer Geburt unter widrigen  Umständen, herrschte bis zum Ende des Kalten Krieges eigentlich ein  antitotalitärer Konsens. Alle großen Volksparteien, die Medien und die  breite Öffentlichkeit waren der Ansicht, dass es an den rechten und  linken Rändern, die an ihren äußersten Enden die Grenzen zwischen links  und rechts verschwinden lassen, nichts zu holen gibt. Sowohl der rechte  Totalitarismus in seinen vergangenen Ausprägungen als auch der linke  Totalitarismus in seiner real existierenden Form des Kommunismus, der  die halbe Welt beherrschte, waren Tabus. Nur im Spannungsfeld zu den  sozialistischen und wahlweise nationalsozialistischen Terrorregimen,  etablierte sich im globalen Westen ein demokratischer Liberalismus,  dessen innerer Konsens die Ablehnung des Totalitären war. Es war fast  undenkbar sich 1987 innerhalb des Staatsapparates zum Kommunismus zu  bekennen oder dem Faschismus zu lobhudeln. Mit dem Aufkommen der Grünen  im Parlamentarismus brach dieser Konsens langsam weg, ehe er mit dem  Fall des Eisernen Vorhangs und den Folgejahren bis in die 2000er  endgültig verschwand. 


 Ohne externe Bedrohung eines real existierenden Kommunismus, der die  Linken an ihre verbrecherischen Brüder im Geiste erinnerte, gab es auf  der linken Seite der politischen Ideologie im Westen kein Halten mehr.  Wo die 68er und Folgegenerationen bereits offen kommunistische Agitation  verbreiteten, bündelten sich nun eine globalistische Linke des Westens  mit den Überresten der totalitären, marxistischen Diktaturen des Ostens.  Die «Täter sind unter uns»  von Hubertus Knabe ist nur eines der zeitgenössischen Werke, das sich  mit dem Überleben der alten SED-Täter und ihrem Verschmelzen mit der  politischen Linken der BRD befasst. Martin Draht und Hannah Arendt  gehören vielleicht zu den wichtigsten Köpfen, wenn es um das Verständnis  des Totalitarismus geht. Während man den Faschismus und den  Nationalsozialismus weiterhin in guter Erinnerung behielt, scheint der  kommunistische Terror trotz seiner unglaublichen Brutalität und  Unmenschlichkeit langsam an dunklen Zauber zu verlieren. 


 Früher gab es drei wichtige Parteien in der Bundesrepublik: SPD, CDU und  FDP, die sich alle darüber einig waren, dass den Versuchungen des  rechten oder linken Totalitarismus nicht nachgegeben werden dürfe.  Angesichts der Entwicklungen in unserer heutigen Zeit, wo Straßenterror  gegen Dissidenten rechts der Mitte zur Normalität gehört sowie  Internetzensur und Jobverlust bei Meinungsäußerungen en vogue sind, muss  man von der heimlichen Aufkündigung des antitotalitären Konsens reden.  Paradox ist, dass die politische Linke, solange sie in der Opposition  war, immer die strukturelle Gewalt, die systemische Konformität der  alten Bundesrepublik kritisiert hat. Heute steht sie selbst an der  Spitze des Staates und prägt die politische Kultur und den  Diskussionskonsens maßgeblich mit. Sie übt selbst die strukturelle  Gewalt von oben aus, die sie damals kritisiert hat. 


 In Berlin veranstaltet die Linkspartei im Abgeordnetenhaus Gedenkfeiern  für die KPD, jubelt den alten Kommunisten zu und Studenten tragen offen  Hemden mit dem Konterfei von Lenin und sogar Stalin in der Universitäten  der Stadt. Es gibt im linken Lager, anders als bei den rechten  Demokraten, keinerlei Berührungsängste  mit offen verfassungsfeindlichen und totalitären Radikalen wie  Extremisten, die nichts lieber hätten, als dieses Land in eine blutige  Wüste zu verwandeln, über dem die roten Fahnen einer neuen, aber doch  allzu bekannten Ordnung wehen. Politische Gewalt, sogar Morde,  werden in Zukunft zur neuen Normalität gehören. Zunächst wahrscheinlich  erst von Links gegen Rechts, ehe die Eskalationsspirale ihre eigene  Dynamik entfaltet. Die fehlende Distanz der politischen Linken zur  Organisationen wie dem Schwarzen Block oder der Antifa ist kein  Geheimnis und wird zusammen mit dem Bedeutungsverlust der alten SPD eine  Radikalisierung der politischen Mitte, oder was sich für die Mitte  hält, in Gang setzen. 


 Bild: Bundesarchiv, Bild 183-18684-0002 / Höhne, Erich; Pohl, Erich / CC-BY-SA 3.0 

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Siehe aktueller Artikel von @sven.liebich

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