Ein bizarres Weihnachtsgedicht aus dem Jahr 1946

Glei nachn Kriag, im 46er Jahr,
hats nix zum Essen gebn,
und des is wahr!
Da war des scho allerhand,
wennst mit an Bauern warst verwandt.
Net zum verachten war do ah,
a Onkel aus Amerika!

Am heiligen Abend, i schrei "Hurra",
a Packerl aus Amerika!
Von unsera liabn Tante Rosn,
gfüllt mit wunderschene Dosn.
I reiß glei auf und reck mein Hals,
oben drauf san pfeigrod 3 Pfund Schmalz.
A Kilo Bohnenkaffee und nu a große Dosn mit Kakau.
Und nebn drau, a guate Seel,
a Büchsn mit Olivenöl,
a große Dosn Reis, zwoa Kilo Mehl,
wia Schnee, so weiß!

Und olles schrieb die Tante Rosn
höchst eigenhändig auf die Dosn.
Bloß von da Weißblechdosn untn,
da war des Zetterl dran verschwundn.
was kann in dera Dosn sei?
I habs probiert - a paarmoi glei.
Es war net sauer und net siaß,
gschmeckt hods wia eingschlafene Fiaß.
So hama mia uns die Köpf zerbrocha,
was kenn ma aus dem Pulver kocha?

D´Mutter moant, des kunnt a Schmankerl sei,
mia kocha draus an guatn Brei!
So haut sie glei mit Muich und Ei,
des Pulver in de Pfanna nei.
An guatn Rat gibt ihr no d´Oma,
tua nei a Prisn Zimtaroma,
rührs zam no mit an Löffe Schmalz,
und tua dazua a Prisn Salz.
Und mit dem Eibrenn und an Zwiebl,
hats wiakli gschmeckt - war gar ned übel!

Jo liabe Leitl, scho drei Tag drauf,
klärt mit am Briaf sich alles auf.
Und schuid dran, is a schwacher Trost,
warn de von der schlamperten Post.

Denn Tante Rosn, die hat gschriebn:
"I schick a Packerl euch nach drübn
mit lauta schene guate Sachen,
und hoff, dass de a Freud euch machen.
Nur, was ihr leida nu ned wisst´s,
da Onkel Schorsch vor kurzem gstorben is.
I will sein letzten Wunsch euch künden,
dahoam wü er sei Ruhastatt finden.
Und so sei es, wie es sei,
setzt´zn halt in aller Stille bei.
Sei Aschn is in da Weißblechdosn -
in stiller Trauer eure Tante Rosn.

Und so ham ma mia - des wer ma nie vergessn,
an Weihnocht 46´ unsan Onkel Schorsch aufgfressn.