Muskelspiele an der Supermarktkasse

in #deutsch6 years ago

Eine kurze Episode, die ganz genau so sich an der Kasse des Spar Supermarktes in Zagreb so abgespielt hat.


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Diese kleine Geschichte entstand nach diesem Post von @lulafleur. Ich hatte Lu damals die Antwort versprochen.

Hiermit wird das Versprechen eingelöst.


Die Weintrauben-Lese war vorüber, Helfer, Freunde und Bekannte wieder zurück im Alltagstrubel, während ich das verbliebene Leergut im Auto verstaute, um wieder einigermaßen freie Sicht auf Südtirol, also Ordnung in die Bude zu bekommen. Damit ich jedoch meiner Frau nicht zu sehr bei dem im Weg rumstehe, was sie Reinemachen nennt, unterbreitete ich ihr ganz uneigennützig den Vorschlag, das Auto samt Leergut nach Zagreb zu geleiten, um Leeres gegen Bares einzutauschen und noch die eine oder andere Kleinigkeit zu besorgen. Insbesondere Sachen wie Parmesan oder Avocados, da beides in unserer Nähe ganz schlecht gedeiht.

So schnell, wie ich die Genehmigung zur Exkursion in die Hauptstadt erteilt bekam, könnte der Unwissende den Rückschluss ziehen, meine geliebte Frau wäre froh gewesen, mich endlich aus den Füßen zu haben. Ich weiß es besser: Je schneller er verschwindet, desto schneller habe ich ihn auch wieder in meiner Nähe.

Nur als kleiner Tipp für den nächsten Einkauf, egal wo ihr wohnt oder was auf eurem Einkaufszettel steht. Ein kurzer Abstecher ins Arena Centar Zagreb lohnt sich allemal. 3 Stockwerke überdachte Parkfläche für nullkommanix. Kurz von Bremerhaven runterdüsen, den Cayenne in der Tiefgarage parken, 2 kg Tomaten bei Spar, Zahnpasta im dm-Markt und eine Feinripp-Unterhose bei H&M.
Wie zuhause? Mag sein, ab du parkst umsonst! Nutz die Möglichkeit und schau dir die Stadt an. Wenn du Glück hast, wirst du beim Schwarzfahren nicht erwischt. Nervenkitzel, Einkauf und umsonst geparkt. Den Tipp von @w74 würde ich mir an die Windschutzscheibe nageln. (Carglass kümmert sich anschließend um die Holzspähne.)


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Aber zurück in den betonierten Tempel der Glückseligkeit.

Einkaufswagen stehen selbstverständlich auf jedem Parkdeck für die Kunden bereit. Mir persönlich wäre es zwar lieber, man hätte von Seiten der Gewerbetreibenden nicht so sehr auf Kostenreduzierung geachtet und stattdessen kleine, handliche Sklaven auf dem freien Markt erstanden, die dir die quietschenden, unhandlichen Dinger immer vornweg schieben und auf Befehl dem Vordermann das Teil auch in die Achillesverse rammen.
Hier denke ich intensiv über eine Eingabe per Einschreiben mit Rückschein nach.

Da alternativlos, hievte ich das Leergut aus meinem T4 in den Karren, knallte die Klappe zu und steuerte schnurstracks dem gierigen Automaten für Leergut entgegen. Die Verabschiedung verlief ohne Tränen. Aber, quasi als Erinnerung an gemeinsam verbrachte Stunden, hinterließ mir die Leiterin der offiziellen Spar-Leeraufnahme einen kleinen Zettel mit den persönlichen Daten der Kästen und Flaschen, die nun außerhalb meines Sichtfeldes einer ungewissen Zukunft entgegen schlitterten.

10 Minuten später hatte ich 2 Kasten Sprudel großzügig in meinem rollenden Gitterwagen Asyl gewährt, ihnen eine ordentliche Portion Parmesan und ein paar Avocados gegen die Einsamkeit zu Seite gelegt und steuerte gut gelaunt auf eine der Schleusen zu, an deren Ende sich, wie zu erwarten, eine Kasse befindet.

Zuerst war Umräumen angesagt. Dazu stellte ich eine Flasche aus den beiden Kästen auf das Laufband. Es folgte der überschaubare Rest. Dabei bemerkte ich noch genügend Zeit zu haben, einen verwunderten Blick auf den Typ vor mir zu werfen, der stolz wie Oskar ein in Cellophan eingewickeltes Sandwich und einen Mars-Schokoriegel in sein Eigentum zu erwerben gedachte und diesem Vorhaben mit der Überreichung einer Kreditkarte auch erheblich näher kam.

Kaum hatte sich der stolze Plastik-Fresser verabschiedet, war ich an der Reihe. Im Gegensatz zu den wirklichen Einkauf-Profis, warf ich keinen Blick auf das Namensschild von Tante Weißkittel Spar, sondern räumte schon mal mein Kleingeld aus dem Portmonnaie. Eine ideale Gelegenheit wenigstens in der Region Gewicht abzubauen.

Plötzlich hatte Tante Weißkittel Spar das Gefühl, mit mir eine Unterhaltung führen zu müssen. Einziges auf der Agenda stehendes Thema: Hier fehlen noch 2 Kasten Sprudel und 2 Kasten Bier.

Ich behielt meinen Geldbeutel weiter in Riechnähe (typisch für Brillenträger) und nahm mir die Zeit der Dame ganz gelassen meine Meinung darzulegen, weshalb sie mir nicht vorzuschreiben habe, was in meinem Haushalt in welcher Menge vorrätig sein müsste.

Tante Weißkittel Spar schien da grundsätzlich anderer Meinung und artikulierte dies auch noch so laut, dass ich dachte, an der Kasse für Schwerhörige gelandet zu sein. Meine Laune verschlechterte sich langsam aber stetig.


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Ein flüchtiger Blick in den Verkaufsraum verriet mir, dass sich bereits ein kleiner Stau gebildet hatte. Eben genau diese lästigen Schlangen, die ich stets unbedingt umgehen möchte, aber grundsätzlich in der lande, in der der Blödmann steht, der sein Gemüse nicht abgewogen hat, eine Kreditkarte partout nicht mit der Kasse kommunizieren möchte oder die Oma im letzten Moment feststellt, doch nach dem falschen Toilettenpapier gegriffen zu haben. Jetzt amüsierte es mich. Denn ich bestimmte das Tempo des weiteren Verlaufs.

Da auch mein zweiter Versuch scheiterte, die Dame von meinem Standpunkt zu überzeugen, gab ich ganz weltmännisch den Aufklärer und sprach zum murrende Volk im Wartemodus. "Orientieren Sie sich bitte um, oder verzichten Sie ganz auf einen Einkauf bei Spar. Denn diese Kasse bis auf Weiters besetzt."

Kein Applaus, keine Freudenschreie - aber viel Rückwärts-Verkehr.

Jetzt kapierte auch Tante Weißkittel Spar, dass ihr einstudiertes Kunden-Alphabet an mir ohne chemische Rückstände abperlt. Was folgte war der sehr nervöse Griff zum Telefon.

Es dauerte keine 2 Minuten und Oberchef Spar gesellte sich zu uns. Kein Händeschütteln, keine freundliche Begrüßung des sichtlich genervten Kunden, sondern lediglich eine Flüsterrunde mit Tante Weißkittel Spar. Wahrscheinlich hatte man sich für die Mittagspause zwischen den Kartons verabredet. Hätte ich an seiner Stelle nicht getan, da mir ja genügend Zeit zur Verfügung stand, die Kassen-Tante nach Attributen abzuscannen, die ein solches Techtelmechtel hätten rechtfertigen können. Aber wer weiß, was weiße Kittel alles verbergen können?!

Nachdem auch in dieser Angelegenheit die letzten Hindernissen aus dem Weg geräumt schienen, rückte auch der Kunde wieder in den Blickpunkt des Geschehens. Oberchef Spar versuchte sich mit einem gequälten Lächeln, bewegte sich jedoch keinen Millimeter, weder im Kopf noch mit den Füßen. Und trotzdem stand er plötzlich mit beiden Beinen im Fettnapf. Denn ihm kam folgendes über die Lippen: “Wenn Sie bei uns 4 Kasten Sprudel und 2 Kasten Bier als Leergut abgeben, müssen Sie auch die gleiche Menge wieder bei uns kaufen.”

Damit nicht nur die Füße das Fettbad genießen durften, drehte ich den Hahn bis zum Anschlag auf. Irgendwie hatte ich das Gefühl, Oberkante Unterlippe könne der paarungswillige “Spar-er” gut vertragen.

Ich legte mein Smartphone auf das arbeitslose Laufband und aktivierte die Aufnahmefunktion. Meine Augen hafteten wie Sekundenkleber auf seiner Knollennase. Höchste Zeit für eine Frage:

“Wie Sie sehen, halte ich es für angebracht unseren weiteren Wortwechsel aufzuzeichnen. Wenn es Ihnen jedoch angenehmer scheint, dass ich meine Anwältin direkt in unsere kleine Diskussionsrunde mit einbeziehe, soll mir dies auch recht sein.” Kaum gesagt, näherte sich meine Hand dem Smartphone. Doch bevor ich die Aufnahmetaste überhaupt deaktivieren konnte, klappte die graue Klappe über der Kasse auf.

Knollennase war nicht mehr ansprechbar. Höchstwahrscheinlich höchste Zeit für sein Blutdrucksenker. Tante-Weißkittel-Spar saß vor ihrer Premiere als Pressesprecherin für das Unternehmen: “Heute machen wir mal eine Ausnahme.”


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Sort:  

Wie bitte - die wollen, dass du soviel kaufst, wie du Leergut abgibst?
Da würden aber deutsche Rentner, die sich ihre karge Abfindung für 45+ Jahre Gebuckel mit Pfandflaschen sammeln aufbessern, ziemlich in die Röhre schauen.

Spar?! Das ist doch eine ursprünglich deutsche Kette, oder?

Gleich nen Mail hin feuern. Nicht zum Schmidtchen - gleich zum Schmidt!
Das hab ich gelernt. Mit Angestellten, Abteilungsleitern oder Amtsvorstehern diskutiere ich gar nicht mehr. Zumal, wenn man weiß, dass die Großkonzerne ganz bitter böse solche eingehenden Beschwerden an die zuständige Stelle "weiter delegieren".

Nach einer solchen Aktion wird es dann schon fast peinlich, wenn sie dir noch vor dem Laden den roten Teppich ausrollen. Hauptsache kein Anpfiff mehr von ganz oben kassieren.

Aber zumindest vor Ort den ranghöchsten Klappstuhl antraben lassen ist auch ne gute Waffe :)

Go ahead!
EDIT: Danke für die Animation

Selbstverständlich sind wir bei Spar-International . Die haben sogar im letzten Jahr noch Billa (Rewe) übernommen und entwickeln sich hier zum absoluten Platzhirsch.
Der nächste dieser Art hängt in meiner Telefonleitung und nennt sich Deutsche Telekom. Meine Erfahrung mit den Drecksäcken endete nicht mit der Androhung meine Anwältin hinzuzuziehen. Die hatte anschließend mehr als 1 Jahr Arbeit.
Die Masche ganz einfach:
Sie haben die Rechnung nicht bezahlt.
Habe ich sehr wohl.
Machen Sie sich das Leben doch nicht selbst schwer und bezahlen Sie die Rechnung.
Wenn ich ne Macke hätte, würde ich Ihnen den Gefallen tun.
Nach zwei Monaten die Nachricht eines Inkassobüros (Sitz in D und CRO) - Inhalt = Scheiße
Doch jetzt folgen tägliche Anrufe, die sich von freundlich bis bissig steigern.
Meine Antwort: Leckt mich!
Ich bin mir sicher, dass die Bande in mehr als 50% mit dieser Masche Erfolg hat.
Bis nachher auf dem königlichen Schlachtfeld
Wolfram

Tja - wa soll man sagen. Die Masche ziehen ALLE globalen Großunternehmen durch, genau wie die Banken. Die scheissen sich was auf Gesetze, weil sie wissen, gerade in D gibt es keine Sammelklagen. Also was willst du machen?

Da geht es dann um Beträge im Einzelnen, die jeder Richter als Streitwert ablehnt, bzw keine Rechtschutz abdeckt - oder nur mit Selbstbeteiligung von 300 Tacken oder sowas, je nach Vertrag. Also was tust du nun als Dumm-Pöbel? Jahrelang einen Anwalt auf eigene Kappe finanzieren, wegen 50 Euro? Weil wie du beschrieben hast. Die ziehen den Mist mit völligem Blödsinn einfach in die Länge und beschäftigen dich (deinen Anwalt) bis du verhungert bist. Jeder Brief den dein Anwalt beantwortet kostet wieder Moneten.

Für jeden Einzelkunden völlig sinnlos, weil nervig, unrentable und sinnfrei. Für die Gegenseite als Unternehmen super, wenn man das bei 50.000 Kunden durchzieht. Da lohnen sich auch die hauseigenen Anwälte. In solchen Firmen sind doch die Rechtsabteilungen mittlerweile größer, wie der Kundensupport oder die Qualitätssicherung.

Mit "Fight for your rights" ist da nicht mehr viel zu holen auf dem Gesetzesweg. Geht scheinbar wirklich nur noch auf dem "Schlachtfeld". Aber dann bist du NAZI, verrückter Reichsbürger, bekloppter Verschwörungstheoretiker oder alternativ Terrorist :D

Mit dieser Masche beschäftigt die Telekom eine ganze Horde junger Studienabgänger. Ich habe es auch nur durchgezogen, weil die Anwältin nicht nur sehr gut, sondern auch quasi meine Nachbarin ist. Ich kümmere mich um ihre Bude und sie turnt bei Gericht rum. Außerdem bin ich ein verfluchter Dickkopf. Wenn mir jemand mit dummem Gesabbel 3 Monate die Tage versaut, der darf sich nicht wundern, wenn ich zubeiße.

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Ein wunderbar absurdes Erlebnis. Danke fürs Teilen.

Ist das vielleicht eine Masche von Spar, das Pfandsammelbusiness systematisch zu unterdrücken?

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