Das große Gaggern (Teil 1)

in #deutsch6 years ago

Heute plaudere ich mal wieder aus dem Nähkästchen.

Es geht zurück in die Zeit, als wir noch voll damit beschäftigt waren, uns in dem “neuen” Leben weit ab der Großstadt zurechtzufinden. Unbedingt dazu gehörte auch da der Blick in fremde Gärten und Besuche bei den Nachbarn, um herauszufinden, was es zu entdecken gibt und sich vielleicht lohnt ins eigene Programm aufzunehmen, in dem vorrangig die große Planlosigkeit regierte.

Absolut nicht ungewöhnlich in unserer Lebensplanung, da ja langfristige Vorbereitungen nur was für langweilige Spießer ist. Aber zumindest wussten wir, was es nicht sein sollte: Kühe und Schweine! Immerhin. Diese einsame Entscheidung wurde übrigens von der Frau getroffen, die immer weiß, was gut für mich ist. Die von ihr einstimmig getroffene Maßnahmen dabei auch nur ungerne im Nachhinein noch durchdiskutiert. Die plausible Erklärung gegen Kuh und Sau:
“Du trinkst keine Milch und ich esse kein Fleisch.”
Damit war die Sache vom Tisch. Aber einer Sau trauere ich heute noch nach.

Ganz anders sieht es aber bei den Tieren aus, die weder grunzen noch muhen aber dafür ab 5:00 Uhr am Morgen mit ihrem Gegaggere nicht nur Gott und die Welt, sondern auch mich wahnsinnig machen.
“Au ja, Wolfram, ein paar Hühner könnten wir doch halten. Dann hätten wir immer unsere eigenen Eier.”
“Die habe ich auch ohne Hühner.”
“Depp, komm wir holen uns Hühner.”
Das ist die Art und Weise, wie bei uns weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Dieser “Käse” war damit für meinen Hasenpfeffer gegessen.
Das Nächste, mit dem ich konfrontiert wurde, war eine detaillierte Zeichnung des Konstrukts, das später einmal Furore als Hühnerstall machen sollte. Dazu gesellte sich die entscheidende Frage:
“Wo bekommen wir überhaupt Hühner her?”
“Wenn dir die, die beim Metzger angeboten werden, zu ruhig sind, würde ich es mal auf der Hühnerfarm versuchen.”
“Die will ich nicht, die sind schon unter ganz schlechten Bedingungen geboren.”
“Hühner werden nicht geboren. Wenn die Gesetze der Natur sich nicht geändert haben, dann schlüpfen die noch immer.”
“Egal, ich will unsere eigenen Hühner!”
“Legst du die Eier oder engagierst du dir eine Leihmutter?”

Keine zwei Stunden später stand die Planerin unserer gemeinsamen Zukunft, grinsend wie ein Honigkuchenpferd, auf unserer Terrasse. Rechts unterm Arm einen Inkubator und in der linken Hand ein Paket mit Eiern (aus dem Bestand der Nachbarin).
“Wegen mir kann es losgehen!”
Soweit ich mich erinnere, suchte ich Zuflucht in der Sprachlosigkeit und beließ es dabei recht blöd aus der Wäsche schauen. Übrigens eine Fähigkeit, die ich im Laufe meiner Ehe fast bis zur Perfektion ausgearbeitet habe. (Das sei nur am Rande erwähnt.)

Jeder darf sich nun die Frage stellen, wo die künstliche Henne letztendlich ihren Platz fand? Genau! - Nämlich in unserem Wohnzimmer. Die Begründung: “Damit ich sie immer im Auge habe.”
Habt ihr gewusst, dass man mit Eiern auch reden sollte? Oder Eier im Inkubator keine laute Musik mögen? Und kein dummes Geschwätz! Vor allem nicht die Sorte Geschwätz, die meinen Mund verlässt. Ich bin jedenfalls informiert. Und wenn ich was weiß, gebe ich mein Wissen auch gerne an euch weiter.

Nach einer Woche bemerkte ich, dass von den ursprünglich 10 Eiern nur noch 7 die Wärmebehandlung genießen durfte. Die fehlenden 3 bestanden, wie ich erfahren durfte, nicht den Durchleuchtungstest. Ich hatte zwar keine Ahnung, was es mit dem Test auf sich hat, wollte jedoch auch nicht nachfragen, da ich damit nur erneut meine Ignoranz und Unkenntnis unter Beweis gestellt hätte. Am Großen Buch der Hühner, das mir ganz diskret auf meinen Schreibtisch gelegt wurde, konnten nämlich noch immer nicht meine Fingerabdrücke nachgewiesen werden.

Der 21. Tag!

So eine Aufregung hatte ich bei meinem Hasenpfeffer nicht einmal erlebt, als ich ihr einen goldenen Ring in Aussicht stellte. Der Tag der Entscheidung stellte alles davor Gewesene in den Schatten. Ich wartete lediglich noch auf die Aufforderung, doch endlich den grünen Kittel und einen Mundschutz überzuziehen. Mein Versuch, mich einfach still und leise aus dem Staub zu machen (Mann muss schließlich nicht überall die Nase dabei haben), scheiterte bereits im Ansatz.
“Du bleibst hier! Es kann ja schließlich sein, dass ich Hilfe brauche.”
“Wieso du, hast du mir die letzten 9 Monate was verschwiegen?”
Da ich auf die Bemerkung keine Antwort erhielt, war mir klar, dass ich nur als Staffage gebucht war.

Aber, oh Wunder, oh Wunder, im Brutkasten tat sich was. Ich weiß nicht mehr genau wann (dafür müsste ich die Hebamme fragen), doch plötzlich schaffte ein kleiner Schnabel sich durch die Schale zu picken. Kurze Zeit später krabbelte ein kleines, weißes Knäuel über den Schaumstoffbelag des Brutkastens. Eine halbe Stunde später wackelten bereits 3 Flattermänner zwischen den restlichen Eiern umher. Ich wunderte mich nur, dass man keine Nabelschnur durchtrennen und das junge Pack nicht abschrubben musste. Behielt jedoch meine Verwunderung, aus bekannten Gründen, für mich. Die Hebamme hätte mir sowieso kein Gehör geschenkt, da sie voll mit einem Ei beschäftigt war, in dem sich zwar was tat, aber die Schale nicht gebrochen wurde. Langsam machte sich im Kreißsaal Panik breit.

“Wolfram, was soll ich machen?”
“Wie beim Frühstücksei - einfach ein wenig oben drauf klopfen.”
“Jetzt habe ich wohl den Richtigen gefragt. Idiot.”
Das mit dem Idiot kam etwas mit Verspätung - kam aber noch!
“Dann hol dir eine Nadel und und mach ein kleines Loch.”
“Ja klar, und ganz nebenbei steche ich dem armen Ding in den Kopf. Sei jetzt einfach nur ruhig.”
Während ich in dem letzten Satz noch nach Ansätzen einer angedachten Logik suchte, schien im Inkubator der Eisprung doch noch zu funktionieren. Ein winzig kleines Löchlein war zu erkennen. Und doch entschied sich die Hebamme zum Kaiserschnitt. Mit etwas, was für mich aussah wie eine Nähnadel, wurde die Schale ganz vorsichtig geknackt. Von dem Moment an dauerte es vielleicht noch zehn Sekunden und das Problemkind (wahrscheinlich Steißlage, so meine angedachte Vermutung) stand da, schüttelte sich kurz und zeigte sein braunes Gefieder. 3 weiße und 1 braunes Exemplar. Das war die Ausbeute. Und dabei blieb es auch.

Teil 2 folgt in Kürze

Sort:  

Na hoffentlich wird das braune Küken nicht wie ein schwarzes Schaf behandelt - bei der Farbgebung kann es sich in deiner Gegenwart seines Gefieders ja nicht unbedingt sicher sein...
Bin sehr gespannt auf die Umsetzung des zweiten Teils!
LG aus Brandenburg,
Chriddi

Hallo Christiane,
deine Sorgen so viel kann ich bereits verraten, sind unberechtigt. Der kleine Struwwel wird sich prächtig entwickeln und im 2. Teil eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
LG (Wenn schon Brandenburg, dann unbedingt bei @leroy.linientreu klingeln.)
Wolfram

Hätte ich besseren Empfang, hätte ich Leroys Spontanietät bestimmt mal ausprobiert. Aber ich kriege hier so gut wie keine Daten verschickt. Liegt übrigens nicht allein an Brandenburg, das häufige schlechte Netz ist seit dem Erreichen von D wieder auffällig, in allen anderen südlichen EU-Ländern war „LTE“ Standard. Das wieder ist doch ein schöner Aufhänger für @peppermint24 - er ist nicht allein ;-)

Mal sehen, vielleicht meldet er sich ja noch?
Was das Netz betrifft, sind alle Diskussionen überflüssig.

Kurz und bündig - das liebe Netzproblem :/
Aber schön, dass das ein weiterer Grund ist die Bananenrepublik nicht mehr als festen Wohnsitz in Betracht zu ziehen. Die Großstadtzeit ist durch und in Brandenburg auf Wellensuche zu gehen - naja - das kann ich auch hier bei besserem Wetter :D

@chriddi kurvt scheinbar nur auf Strassen rum, die zu den 1% gehören, die KEIN vernünftiges Netz haben. Laut Ministerium ist doch D-Land zu 99% mit Breitband ausgestattet :D :D :D

Zumindest hast du in ein paar Monaten frische Eier aus eigener Produktion - ob mit oder ohne WLAN :)

Jepp, nur auf solchen Straßen. Sehr angenehm war die Autobahn Nürnberg-Berlin, da hat mein Handy so gut wie nie gemuckt. Hat doch auch etwas Entspannendes. Richtig gut war dann Meck-Pomm. Und der nächste, der sagt: "Ja mei, wenn du telefonieren willst, musst du halt auf 'nen Berg steigen", kriegt eine rein ;-)

Nicht nur Eier - auch jede Menge Jääps und Trallala

Danke, dass du dir die Zeit genommen hast ...

Ich musste echt schmunzeln beim Lesen. Aber ist doch schon was Tolles, wenn die kleinen Flauschis schlüpfen und man ihnen beim wachsen quasi zuschauen kann, oder? :)

Warte erst mal den 2. Teil ab. Das Chaos wird seinen Lauf nehmen.

Köstlich :-)

Hoffentlich meinst du damit nicht unsere Hühner!!!!!

Ha ha ha. Neeeeee. Oh je, so war es nicht gemeint :-)

Eine wunderbare Morgen Lektüre, bei der unvermittelt Bilder der eigenen Vergangenheit vorm inneren Auge zu tanzen begannen und sich ein eindringliches Krähen in die sensiblen Gehörgänge schlich. 🐓

Das ist unsre Welt, da kennen wir uns aus!
Oder kennen zumindest jemanden, der sich auskennt.

Ein herrlicher Beitrag. Ich musste so lachen. Danke dafür!

Moin mein Plan für nächstes Jahr!

  • 2 blauleger
    *2 grünleger
  • 2 rotleger
    Hühner zu Kaufen. Machen wir dann Eier Vergleich.. bzw. Wer die grö... äh schöneren Eier hat?
    Grüsse

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Darauf darf und kann ich im Augenblick nicht antworten, denn damit würde ich bereits Interna aus dem 2. Teil verraten.
Aber in der nächsten Woche geht es ans Eingemachte - versprochen!

Ich bin mal gespannt!

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Leg dir schon mal ein Taschentuch bereit!
Für welche Art von Tränen, das lasse ich mal offen.

Ich Weine nicht mehr. Aber ich werd gerne neidisch... zeige ich aber nicht!

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jaja so eine Frau nenn auch ich mein eigen!!???!!! Bei mir gesellt sich neben Ausdrücken wie Idiot und anderem spanischen Slang für mir Unverständliches noch das latino Gemüt dazu und das ist doch öfters mal (sagen wir gelinde gesagt) etwas aufbrausend.
Aber wir lieben sie ja so fest in guten wie in schlechten Zeiten, hehe!

Aber wir lieben sie ja so fest in guten wie in schlechten Zeiten

Haben wir eine andere Wahl?

ich als hühnermama,halte nichts von kunstbrut--wenn es aber so sein muss--ok....ihr seid jedoch nun mama und papa,denn die kleinen brauchen eine bezugsperson--ersatzmama--viel spaß wünsche ich euch bei dem aufwachsen der kleinen,dabei zu sein....und denkt daran: sie lernen alles von der mutter......

lg feuerelfe

Na, dann sei mal gespannt auf Teil 2.

Hallo ich bin Mikrobi,

dein Beitrag hat mir sehr gut gefallen und du bekommst von mir Upvote.
Ich bin ein Testbot, wenn ich alles richtig gemacht habe, findest du deinen Beitrag in meinem Report wieder.

LG

Mikrobi

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