Sunra's Freisprech Ecke: Wie Kryptos die Freiheit vernichten werden

„Freisprech“? Was ist denn das schon wieder?

So. Das hier ist Sunra’s Freisprech Ecke. Angelehnt an Orwells Neusprech, verwende ich das Wort Freisprech um meinen Gedanken unkontrollierten Freilauf zu gewähren. Also alles was mir während dem Zähneputzen, Brotschmieren oder blöd-vor-mich-hinstarren durch den Kopf geht wird hier ausformuliert. Wieso? Weil ich ein cooles Textverarbeitungsprogramm habe und Internetzugang. Auch ein bisschen weil ich gerne die Meinung anderer hören möchte und in Zeiten der inoffiziellen Meinungsunfreiheit Freisprech als Rebellion von unten einführe um bald die totale Weltrettung einzuläuten, die wir alle gemeinsam, als Steemianer, mit wehenden Fahnen und lauten Stimmen durch die Welt rufen, auf das viele andere mehr sich endlich ein Steemit-Account machen um den Goliath zu besiegen und ein neues Zeitalter des Friedens und inneren Glückes einzuläuten und glitzernde Einhörner endlich als eine Realität verstanden werden!

Andererseits bin ich derzeit Single und habe einfach viel Zeit.

[Foto Pexels.com]

Aber jetzt zum Thema der Überschrift:

Das erste Mal habe ich vor etwa neun Jahren von Bitcoins gehört. Ein Arbeitskollege führte aus wie wahrscheinlich es ist, daß digitale Währungen die Zukunft seien und man jetzt einsteigen sollte. Ich beschäftigte mich ein wenig damit, fand es aber zu kompliziert und arbeitete lieber an meinem nächsten Album. Es sollte der Durchbruch werden. Ich Arsch!!!

Kryptowährungen verschwanden aus meinem Blickfeld und andere Dinge nahmen die ganze Aufmerksamkeit ein. Miete zahlen, neuen Job finden, zum hundertsten Mal mit meiner Freundin zum verdammten IKEA fahren (Ja Männer, was man aus Liebe nicht alles tut), endlich die Steuererklärung machen, Hanteln kaufen um wieder ein wenig fitter zu werden, am übernächsten Album arbeiten, denn das ist bestimmt der Durchbruch … Ich wiederhole: Ich Arsch!!!

Letztes Jahr auf meiner Reise hörte ich von einem Kumpel, der innerhalb von drei Tagen 20,000$ mit Bitcoins verdiente. Da wurde ich hellhörig. Wie geht das? Das Internet befragend saß ich wieder vor dem Dilemma, das mein Gehirn einfach zu blöd ist um dieses ganze Kryptozeugs zu verstehen. Zum anderen war ich eh gerade wieder auf Abreise und auf dem Weg zu einem neuen Job auf der Insel Fehmarn. Irgendwie versandete das alles.

Ende des Jahres traf ich mich wieder mit Freunden in der Heimat und wir unterhielten uns über die ganze Bitcoin-Sache. Kurzerhand entschieden wir uns einzusteigen. Und zwar sofort! Gesagt-Getan: die Accounts wurden verifiziert, Google nahm end viel Werbegeld durch unsere Zeit und Recherchen ein und Ahnung hatten wir noch immer keine. Aber was soll’s; leg ma los!

Ich hatte bei meinen Recherchen eine Münze entdeckt die mir irgendwie sagte, sie würde durch die Decke gehen. Sie war bei 0,00000044 $. Da wollte ich mal einen Hunderter investieren. Ich zögerte aber. Was weiß ich wieso! Das war Anfang November. Mitte Dezember stieg der Kurs nun auf 0,00027 $. Das heißt ich hätte innerhalb von ein paar Wochen etliche 10,000 € machen können.

Ihr wißt was jetzt kommt … Ich #!§&$ !!!!!!!

Und jetzt bin ich auf Steemit. Ihr könnt ja meine Wallet einsehen …

Super. Lange Einleitung. Was hat das jetzt mit der Überschrift zu tun?!

OK. Was ich eigentlich sagen will ist, daß bei dem ganzen Hype um Kryptowährungen die gedankliche Verknüpfung mit der bargeldlosen Gesellschaft nicht aus meinem Kopf geht. Kryptos sollen dezentral sein und das Bankenwesen ein für allemal überflüssig machen. Mag in der Theorie ja möglich sein. Aber die Realität sieht da meist anders aus. Mir kommt es inzwischen so vor als hätte man diesen Hype erzeugt um einen Testlauf zu starten: Wie funktionieren digitale Währungen in der realen Welt, und wie kann man diese zum eigenen Vorteil manipulieren? Wenn eine bargeldlose Gesellschaft angestrebt wird und Fiat eh am Ende ist, welche neue Form ersetzt dann die alte?

Also die Kontrolle von Außen ist das eine. Das andere ist; sind denn Menschen überhaupt in der Lage sich selbst zu organisieren um eine Gesellschaftsform zu ersinnen? Damit meine ich folgendes: Menschen sind Egoisten. Sobald die Nachteile zu groß werden, denkt jeder erst an sich selbst. Da „Nachteile“ ein dehnbarer Begriff ist kann das auch heißen; wie kriege ich das größte Stück vom Kuchen ab? Wir haben hier also eine Untugend, die noch nicht wegevolutioniert ist. Alleine hier auf Steemit können wir es doch schon sehen. Bots kaufen Trending-Spots durch Upvotes und Resteems. Große Summen werden generiert für Leute, die die Idee für ihren kurzfristigen Vorteil verzerren. Guter Content setzt sich mühsam, wenn überhaupt durch. Vollkommener Schwachsinn besiedelt die Trending Page. Gier siegt über Weitsicht. Oder sehe ich das zu kritisch? Meinungen unten bei den Kommentaren sind erwünscht.

Kontrolle

Eine bargeldlose Gesellschaft ist der feuchte Traum einer jeden Kontrollinstanz! Ich muß hier sicherlich nicht die grenzenlosen illegalen Befugnisse aufzählen, die Menschenleben erpressen, manipulieren oder zerstören können. Aber offensichtlich kann per Klick jede beliebige Handlung von der Ferne aus getätigt werden. In so einer Gesellschaft würde der investigative Journalist gar nicht mehr diffamiert werden müssen. Man schließt nur das Konto und konfisziert was drauf ist. Oder wer nicht gewillt ist für einen Hungerlohn zu arbeiten kriegt halt am Ende nichts. Und das sind nur die plumpsten Beispiele. Ich frage mich ob dann durch die Kontrolle in einer ganz neuen Dimension der Zwang zur Konformität nicht noch erheblich größer wird? Könnte dann nicht eine Spaltung der Gesellschaftsschichten eintreten, die in ihrer Rigorosität beispiellos ist?

Wer nicht mitspielt wird abgedrängt in die Öde um als Selbstversorger zu überleben. Eine romantische Vorstellung in einer Welt, wo das noch als Hip und Nachhaltig gilt. Wie ist es denn dann, wenn der Moloch endgültig die Zügel in der Hand hält? Wenn es ums blanke Überleben geht?

Verdammt. Ich muß ganz schnell mein überüberübernächstes Album fertigstellen bevor es zu spät ist.

Menschenfischer

Aber wie lockt man Heerscharen an Menschen in die Falle der digitalen Währung? Man macht sie schick. Zu einem Underdog. Gegen das Establishment Tool. Man gaukelt den Traum einer dezentralisierten Währung vor. Aber die ersten großen Investoren sind doch schon im Boot und entwickeln fleißig mit. Die Zukunft ist da und sie muß nur passend gestaltet werden. Und das wird nicht zum Wohle der Menschheit geschehen. KI im Verbund mit einer Währung, die in der gleichen Sprache verfasst ist stellen eine große potenzielle Gefahr für die Freiheit dar. Sind Kryptos immun dagegen? Ist die Blockchain wirklich unbesiegbar? Auch hier wären die Meinungen der informierteren unter euch sehr interessant. Ich bin kein Programmiere und es wäre toll, wenn die Spezialisten unter euch in menschlicher Sprache die Erläuterung verfassen könnten.

Egomanie

Im Kern liegt das Problem in der Egomanie. Diese negative Kraft wird sich auch in der Welt der Kryptowährungen ausleben. Wieder einmal wird es die paar „Idealisten“ geben contra den Heerscharen an „Realisten“. Die Gefahr aber, daß mit der digitalen Währung eine größere Abhängigkeit und Kontrolle durchgesetzt werden kann ist immanent.

Das soll keine Schwarzmalerei sein, sondern eine Evaluierung menschlicher Geschichte. Ohne Rosa.

Bin ich paranoid?

Tja. Weiß nicht. Aber ich höre mal auf die Wand anzustarren und arbeite an meinem überüberüberübernächsten Album weiter. Das wird dann erhältlich sein für Steem, SP, SBD oder Bitcoins. Bis dahin würde es mich wirklich brennend interessieren wie ihr denn die Zukunft der Kryptos, der Menschheit und des Sommerwetters in Süddeutschland seht. Gehen wir einer schweren Zukunft entgegen? Oder werden wir es schaffen eine gerechte Gesellschaft zu gestalten? Werden wir hier im Süden Deutschlands einen anständigen Sommer erleben, oder wird das mal wieder nichts. Und nur zur Aufklärung: drei Wochen 25° sind kein Sommer!

Und ernsthaft: wie schätzt ihr die Situation ein?