Was passiert in unserem FIAT-Geldsystem wenn die Zinsen steigen und die Börsen crashen ?

in #deutsch7 years ago

Hallo Steemit Community,

wir sehen ja seit einiger Zeit steigende Zinsen in den USA, aber auch die Rendite auf 10-jährige Bundesanleihen steigt stetig.
Die Rendite auf Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist momentan auf 0.731 % gestiegen.
Sie hat sich in den letzten 3 Monaten mehr als verdoppelt.

Die Rendite auf US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit nähert sich langsam aber stetig der 3 % Marke.

Historisch gesehen sind das immer noch lächerlich niedrige Renditen. Schließlich gab es vor ca. 10 Jahren noch 6% Zinsen auf Tagesgeld. Aber in dem schon seit Jahren extrem niedrigen Zinsumfeld sind das schon gewaltige Veränderungen.

Schauen wir uns dazu mal einen Chart des 30 year Treasury Bond Future an:

Noch im Juli 2016 war der Kurs des 30 year Treasury Bond Future bei 177 und 11/32 (bei den bond futures gibt es noch kein Dezimalsystem). Momentan ist der Kurs bei knapp 144. Er hat also über 33 Punkte verloren (steigen die Zinsen, fallen die Anleihenkurse und umgekehrt). Ein Punkt beim 30-jährigen Treasury Bond-Future entspricht $1,000. Hat man also im Juli 2016 einen Bond-Future gekauft und bis jetzt gehalten, hat man $33,000 verloren. Wenn man bedenkt, dass man, um einen Bond-Future zu halten nur $2,750 an margin requirement (Sicherheitsleistung) hinterlegen muss, ist das schon gewaltig.

Steigende Zinsen sind Gift für die Aktienmärkte.
Die Börsen lieben billiges Geld. Steigende Zinsen bedeuten aber weniger durch Kredit neu geschaffenes Geld, d.h. es kann weniger neu geschaffenes Geld in die Aktienmärkte fließen.
Steigende Zinsen haben in der Vergangenheit noch jedem Bullenmarkt das Genick gebrochen.
Einen Vorgeschmack auf das was den Aktienmärkten durch steigende Zinsen noch bevorsteht, hat man diese Woche sehen können.

Hier ein Chart des S&P 500 Future:


Jeder, der meine Artikelserie über Optionshandel verfolgt hat , die ich gestern begonnen habe, und jeder der schon mal Optionen gehandelt hat, sollte nun verstehen, warum Put-Optionen auf Aktienindizes teurer sind als Calls.
In den USA sagt man auch:
"Stocks take the escalator up, but the elevator down." oder auch: "Stocks only crash to the downside."
Es sieht stark danach aus, dass sich die Stimmung an den Börsen gedreht hat.
Aus "Buy the dip" ist "Sell the rip" geworden.
Jahrelang war es nun die beste Strategie, bei jedem kleinsten Rücksetzer long zu gehen. Momentan kann man jede Rally bedenkenlos shorten.


Aber was bedeutet diese neue Situation aus steigenden Zinsen und fallenden Aktienkursen nun für das Finanzsystem?
Nun, dazu habe ich auf pixabay.com ein schönes Bild gefunden:


Wir ich in meinem Artikel zu den Funktionsweisen und Problemen von FIAT-Geld bereits ausgeführt habe, entsteht FIAT-Geld als Schuld.
https://steemit.com/deutsch/@stehaller/funktionsweisen-und-probleme-von-fiat-geld

Solange die Wirtschaft wächst, die Zinsen niedrig sind (künstlich niedrig gehalten werden) und die Aktienkurse steigen, ist das kein großes Problem.
Wenn die Wirtschaft wächst, finden sich ständig neue Kreditnehmer (und die Banken sind gerne bereit, diese Kredite zu vergeben, weil das Risiko eines Kreditausfalls im Wirtschaftsaufschwung deutlich geringer ist), die das System am laufen halten. Durch die niedrigen Zinsen, muss auch nicht ständig so viel neues Geld erschaffen werden, um die Zinsen für die Geldhalter zu bezahlen und durch die ständig steigenden Aktienkurse, fließen die Sparguthaben in die Aktienmärkte und die Banken müssen keine Zinsen auf die Sparguthaben bezahlen.
Steigen nun die Zinsen und die Aktienmärkte fallen, fließt immer mehr Geld aus den Aktienmärkten ab und landet auf Sparkonten, auf die die Banken immer höhere Zinsen bezahlen müssen.
Gleichzeitig geht durch die steigenden Zinsen die Aufnahme von neuen Krediten zurück.
Das Geldsystem, sprich die Banken, stehen nun vor einem echten Problem.

Schauen wir uns mal die Bilanz des Banksystems in einem FIAT-Geldsystem an:

Entscheiden sich die Menschen zum horten von Geld, anstatt es in den Aktienmärkten zu investieren, wächst die rechte Seite der Bankbilanz. Von den Geldvermögen, die auf den Konten lagern, geht ein enormer Druck aus. Wächst die rechte Seite der Bankbilanz, müssen gleichzeitig auch die Schulden wachsen. Steigen zusätzlich die Zinsen, müssen die Schulden noch mehr wachsen, da ja auch die Zinsen für die Geldvermögen irgendwo herkommen müssen. Für jeden einzelnen Euro, der auf einem Bankkonto liegt, muss es irgendwo im System jemanden geben, der einen Euro Schulden hat und für jeden Euro der an Zinsen gezahlt wird, muss sich irgendwo im System jemand diesen Euro als Kredit aufnehmen.

So funktioniert nun mal das FIAT-Geldsystem.

Die Banken werden, jetzt also gezwungen nach neuen Schuldnern zu suchen, damit sie die steigenden Zinsen für die Geldvermögen bezahlen können. Da aber in der Regel steigenden Zinsen und fallenden Aktienmärkten auch immer eine Rezession folgt, wird das zunehmen schwieriger. Finden sich keine neuen Schuldner, kommt es zu Bankenpleiten und im schlimmsten Fall zum Platzen des Finanzsystems.


Dies ist der Grund, warum die Zentralbanken in jeder Wirtschaftskrise und bei jedem Börsencrash die Druckerpresse angeworfen haben, um die Zinsen zu drücken und warum die Staaten immer mit gigantischen, schuldenfinazierten Konjunkturprogrammen reagiert haben. Wenn die Privatpersonen und Unternehmen als Schuldner ausfallen, muss jemand anderes einspringen, um das Finanzsystem am laufen zu halten.
Dies ist das perverse am FIAT-Geldsystem.
Der Hauptgrund für die Finanzkrise 2008, waren nicht US-Banken, die leichtfertig Kredite an Immobilienkäufer, mit schlechter Bonität vergeben haben.
Der Grundstein für diese Finanzkrise wurde unter Bill Clinton gelegt.
Durch die gute Wirtschaftsentwicklung in den neunziger Jahren und durch die sinkenden Militärausgaben nach dem Ende des Kalten Krieges, hat es die US-Regierung geschafft, Haushaltsüberschüsse zu erzeugen.
Was also jeder vernünftige Mensch als gute Entwicklung begrüßen würde, wird im FIAT-Geldsystem zum echten Problem.
Da die US-Regierung als Schuldner ausgefallen ist, mussten die Banken neue Schuldner suchen. Anfangs war das noch kein Problem, als aber die Dot-Com-Blase geplatzt ist und die Zinsen im Jahr 2000 auch relativ hoch waren, waren die Banken gezwungen jedem einen Hauskredit anzudrehen, auch wenn er sich eigentlich keinen Hauskredit leisten konnte, um das System am laufen zu halten.
Nun der Rest ist Geschichte....


Dieses mal wird es noch viel schlimmer werden. Die Staaten sind viel höher verschuldet als 2008. Die südlichen Länder in der Eurozone sind praktisch pleite. Die meisten Zentralbanken (EZB, BOJ) befinden sich noch immer im Krisenmodus, haben also ihr Pulver bereits verschossen.
Welche Möglichkeiten bleiben also unseren großartigen Politikern und Zentralbänkern?


1. Man lässt den Crash zu:
Dies würde bedeuten, dass es viele Unternehmens- und Bankenpleiten gibt. Staaten werden pleite gehen, Geldvermögen werden vernichtet werden und die Arbeitslosigkeit wird stark ansteigen. Ohne Einmischung des Staates, wird es eine schwere ,aber kurze Krise geben, aber die Weltwirtschaft wird gestärkt aus der Krise herauskommen.
Die ganzen Fehlinvestitionen der letzen Jahrzehnte würden sich in Luft auflösen und es würden nur die wirklich guten Unternehmen überleben. Sozusagen ein kalter Entzug. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist gleich Null.


2. Die Zentralbanken werfen wieder (oder noch mehr) die Druckerpresse an und die Staaten starten die nächste Runde von kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen:
Man versucht also den Heroinsüchtigen mit noch mehr Heroin von seiner Sucht zu kurieren.
Dieses Szenario ist sehr wahrscheinlich, wird aber wohl dieses Mal nichts mehr nutzen und das Finanzsystem löst sich in einer gigantischen Inflationsblase und darauf folgender Deflation und wirtschaftlicher Depression in Luft auf.


3.Krieg:
Sollte Szenario 2 nicht die gewünschten Erfolge bringen, könnten die Staaten versuchen durch einen Krieg die nötigen Schulden zu erzeugen und wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen, die nötig werden, um das Finanzsystem zu retten, zu rechtfertigen. Also Lohn- und Preiskontrollen, Kapitalverkehrskontrollen, Arbeitszwang, etc.
Kriege eignen sich leider auch besonders gut, um das Heer von arbeitslosen jungen Männern, die für die Regierungen zur echten Gefahr werden können (Stichwort Revolution) zu reduzieren. Wer an der Front stirbt, kann zu Hause keine Revolution anzetteln.
Dies wäre ein furchtbares Szenario. Ich mag es mir gar nicht vorstellen, nur leider hat die Geschichte schon so oft gezeigt, das Politiker auch vor diesem Szenario nicht zurückschrecken.

Ob und wann die oben beschriebenen Szenarien eintreten, kann ich leider nicht sagen. Ich hatte schon 2008/09 gedacht, dass man die Situation nicht mehr in den Griff bekommt. Ich bin mir aber absolut sicher,dass ich mit meinen fast 39 Jahren, das Ende unseres Finanzsystems noch erleben werde.

Ich hoffe, ich habe Euch mit dem letzten Teil meines Artikels nicht das Wochenende versaut.
Ich freue mich über upvotes und eine rege Diskussion.
Das nächste mal schreibe ich wieder über Optionshandel.
Falls einige Probleme mit meinem englischen Artikel über Optionshandel hatten, bitte in der Kommentarspalte Bescheid geben. Ich kann ihn auch gerne noch mal auf deutsch schreiben.

Schönes Wochenende,

Stephan Haller

Sort:  

Ich hoffe nur, dass FIAT irgendwann scheitert und die Währungen wieder Edelmetall basiert werden. Dieser Wahnsinn muss aufhören. Europa wird erst wie der Phönix aus der Asche steigen, wenn der Euro fällt.

Ja, aber vorher kommt noch ein sehr tiefer Fall.

Leider wahr. Das digitale Mittelalter? ;)

upvote + re-steem mal wieder, danke für den post!

ich schliesse mich @balte an, sehr guter rundumschlag. Leider trendet auf steemit kaum politisches.

Danke! Auf balte ist halt immer Verlass.

Ich bin mir aber absolut sicher, dass ich [...] das Ende unseres Finanzsystems noch erleben werde.

ich mir auch. starker post, lieber Stephan. besten dank. lg

Vielen Dank!

Ja, so läuft das. Die westliche Welt, errichtet auf Lügen und Betrug.

naja, das gilt wohl nicht nur für die westliche welt... der zenit ist eben überschritten. so oder so ähnlich muss es sich im alten rom abgespielt haben, als das imperium zerfiel. unsere eltern hatten noch zum ziel, das es uns besser geht. aber nun dreht sich das. uns wird es schlechter gehen und wir können froh sein über das, was unsere eltern uns hinterlassen.

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So doch, Wochenende ist versaut. Ich hasse es das sie den Euro permanent entwerten, aber ich finde, wer eine gemeinsame Währung hat und wirtschaftlich zusammenhält, treibt keinen Krieg. Was mit dem Geld passiert ist mir egal. Dann bin ich halt pleite und fange wieder von vorne an, aber der nächste Krieg soll nicht kommen. Oder frühestens in 10.000 Jahren gegen die Bugs von Alpha Centauri.
P.S. Was mit dem Geld passiert ist mir nicht egal. Aber auf keinen Fall möchte ich oder meine Nachfahren noch einmal einen Krieg.

für mich sind auch die massen an Migranten ein "Wut-Puffer" für Politiker, damit die heimische Bevölkerug erstmal auf die los geht, als in die Vororte zu gehen und Politikerhäuser zu plündern.

zum letzten Punkt. Ja, man kann Krieg nicht ausschließen. Krieg ist einfach zu praktisch, als dass man nicht davon Gebrauch machen könnte. 1. Das inzwischen billionenschwere Kriegsspielzeug kommt zur Anwendung 2. man kann vorsorgen und mehrere feindliche Parteien im Krieg unterstützen, die nach dem Krieg schon wieder neue Schulden haben dadurch 3. Nichts schöner als die "Wirtschaftswunder" nach dem Krieg 4. Man kann neue Gesetze durchdrücken, weil das Volk fromm und widerstandslos ist 5. noch billigere Arbeitskräfte für den Wiederaufbau (Patriotismus kann man einfach gut vermarkten) 6. Ein Schuldiger auf den man mit dem Finger zeigen kann.

Leider verstehen und interessieren sich die meisten Menschen zu wenig dafür...

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