Sind Bitcoin Überweisungen tatsächlich billiger?

in #deutsch5 years ago

Liebe Steemitgemeinde,
Liebe Freiheitsfreunde,
Liebe Freiheitsfeinde,
Liebe Bitcoinfreunde,
Liebe Fiatgeldgegner,

@eisenbart hat heute in seinem interessanten Artikel Wird Visa, Mastercard, PayPal von Kryptos verdrängt werden? Bitcoin-Daten sagen JA! dargelegt, dass Überweisungen in Bitcoin wesentlich günstiger sind als Zahlungen mittels Kreditkarte, Paypal, usw.

Aus meiner Sicht ist dies aber ein Trugschluss.
Diesen Trugschluss werde ich nachfolgend versuchen zu erklären.

Vorher möchte ich aber sagen, dass dies auf keinen Fall ein Angriff auf @eisenbart sein soll.
Ich schätze seine Artikel sehr, weil sie immer sehr gut recherchiert sind und weil er sich wirklich Gedanken macht, wie man das bestehende Geldsystem verbessern könnte.

Ich zitiere aus dem Artikel:

Wie dargestellt, sinkt ein Einkauf von 1.000 Dollar über Visa auf 944,20 Dollar, nachdem alles abgeschlossen und erledigt ist. Das Finanzdienstleistungsunternehmen berechnet 25,10 $ als Interbankengebühr, ein zwischengeschalteter Zahlungsabwickler, in diesem Fall PayPal, nimmt 29,30 $, und schließlich werden 1,40 $ als "Bewertungsgebühr" genommen. Und damit erhält der letzte Online-Händler nur 944,20 Dollar von der 1.000 Dollar Transaktion. Mit Mastercard ist es genauso (etwas schlechter).

Mit Kryptos hingegen werden die Gebühren auf breiter Front drastisch gesenkt. In einer $1.000 Bitcoin-Transaktion schätzte BlockData, dass der Händler am Ende der Gleichung $974,22 auf sein Bankkonto einzahlt, wenn die Transaktionsgebühren $5 betragen (das sind sie übrigens nicht) und Krypto-to-Fiat-Plattformen eine Gebühr von 1% erheben. Der Unterschied zwischen 944,20 $ und 974,22 $ erscheint nicht so auffällig, hätte aber einen großen Einfluss auf die Einzelhandelswirtschaft.


Diese Zahlen sprechen auf den ersten Blick klar für Bitcoinüberweisungen, aber eben nur auf den ersten Blick.

Das Problem der Volatilität

Als premium seller an den Optionsmärkten ist die Volatilität mein Freund.
Die erwartete Volatilität macht einen großen Teil der Optionspreise aus.
Ist die erwartete Volatilität hoch (die Angst oder die Gier), so sind die Optionen, die ich verkaufe teuer.
Die erwartete Volatilität ist in der Regel höher, als die tatsächlich realisierte Volatilität, d.h. die zugrundeliegenden Aktien, Rohstoffe oder Indizes bewegen sich nicht in so einer großen Bandbreite, wie es in den Optionspreisen ausgedrückt ist. Zusätzlich ist die erwartete Volatilität "mean reverting", d.h. nachdem sie hochgeschossen ist, kehrt sie nach einiger Zeit zu einem gewissen niedrigeren Mittelwert zurück.

Als Premium Seller verkauft man also die Optionen, wenn sie teuer sind und hofft, dass man sie nach einer gewissen Zeit billiger zurückkaufen kann.
Auch für Futures Trader und Aktien Trader ist die Volatilität gut. Ohne Bewegung im Markt kann man keine Gewinne machen.

Genau diese Volatilität wird aber für Unternehmen zum Problem, die darauf angewiesen sind gewisse Finanzinstrumente, Währungen oder Rohstoffe zu halten oder zu kaufen/verkaufen.

Eine Fluggesellschaft ist abhängig von den Preisen für Kerosin.
Ist das Flugbenzin billig, füllt man seine Lager auf.
Lagerhaltung ist aber mit Kosten verbunden.
Oft werden Flüge schon lange Zeit im Voraus verkauft.
Was ist aber, wenn die Kerosinpreise zu dem Zeitpunkt an dem der Flug tatsächlich durchgeführt wird viel höher sind, als zu dem Zeitpunkt an dem der Flug verkauft wurde?

Auch Banken haben dieses Problem. Sie verleihen meist Geld sehr langfristig, oft zu einem festen Zinssatz. Gleichzeitig zahlen sie aber auf Kundeneinlagen Zinsen, die nicht fest gebunden sind und schnell steigen können. Ein weiteres Problem ist, dass diese Kundeneinlagen oft ohne Vorwarnung abgerufen werden können.

Auch ein Händler, der weltweit in verschiedenen Währungsräumen operiert steht vor diesem Problem.
Die Währungsschwankungen waren mit ein Grund für die Forderungen nach einer einheitlichen Währung in der EU.

Kommen wir nun zu den Bitcoins
Niemand wird bestreiten, dass die Volatilität bei Bitcoins extrem hoch ist.
Dies zeigt sich alleine schon im Margin Requirement, welches für einen Bitcoin Futureskontrakt (/BTC) verlangt wird.
Ein /BTC umfasst fünf Bitcoin, also ein notional value von etwa $26,600.
Die Sicherheitsleistung, die man hinterlegen muss, wenn man einen BTC Future kaufen oder shorten will ist, wie man unten sehen kann, fast $10,000.
Screen Shot 2019-04-19 at 4.16.04 PM.png
Bildquelle.

Im Vergleich dazu ist die Sicherheitsleistung für einen Eurocurrency Futureskontrakt (/6E), der $125,000 notional value umfasst, nur $2,300, wie man unten sehen kann.

Screen Shot 2019-04-19 at 4.22.51 PM.png
Bildquelle

Währungen schwanken also weitaus weniger als Bitcoin.

Hedging

Weil die Preisschwankungen nun mal so sind wie sie sind, müssen viele Unternehmen Hedging betreiben.
Dazu wenden sie sich an die Futures Märkte.
Ist das Flugbenzin wegen des niedrigen Ölpreises gerade recht günstig und die Lager sind schon voll, dann kauft man Öl-Futures (Kerosinfutures gibt es an der CME nicht) oder Heating Oil Futures (ist ja eh fast das gleiche).

Sind die Zinsen gerade recht günstig und eine Bank weiß, dass sie in 3 Monaten einen Kredit braucht, shortet man die entsprechende Menge an Eurodollarfutureskontrakten und sichert sich somit den günstigen Zins für die Zukunft.

Ein Bauer kann mittels der Futuresmärkte, wenn die Maispreise gerade besonders hoch sind, seine Ernte schon verkaufen, noch bevor er gesät hat, usw.

Natürlich ist das ganze mit Kosten verbunden. Man muss eine Sicherheitsleistung hinterlegen (entfallene Zinsen), außerdem braucht man das Wissen und die Zeit.
Ein großer Teil der Landwirtschaftsausbildung in den USA beschäftigt sich mit Futureshandel.

Ein Einzelhändler im Euroraum betreibt in der Regel kein Hedging.
Er bezahlt seine Rechnungen und Löhne in Euro und wird von seinen Kunden in Euro bezahlt.

Würde er nun Zahlungen in BTC annehmen, hätte er ein großes Risiko.
Da er seine Löhne und Rechnungen weiterhin in Euro bezahlen muss, müsste er entweder mit dem Risiko leben oder eben auf den Terminmarkt zurückgreifen, um sein Risiko zu hedgen.
Er müsste also immer für 5 BTC einen Bitcoinfutureskontrakt shorten (verkaufen) und dafür knapp $10,000 hinterlegen.

Auch für Banken, die BTC Überweisungen durchführen/annehmen entstünde dieses Problem.
Sie müssten ihr Risiko immer sofort an den Terminmärkten hedgen.

Mir ist klar, dass bei dem Beispiel aus dem Artikel von @eisenbart die Bitcoins immer wieder sofort verkauft werden, also USD auf dem Konto des Einzelhändlers landen, aber dann hat das Risiko eben ein anderer. Sei es eine Clearingstelle, eine Bank oder wer auch immer.
Und ein Risiko muss immer gehedged werden.
Diejenigen, die Bitcoin seit ein paar Jahren halten, können sich ja den Wert ihres Portfolios anschauen und mit dem Wert Ende 2017 vergleichen.
Die von mir angesprochenen Kosten haben die Bitcoinhalter getragen.

Wie funktionieren Banküberweisungen

Haben beide Parteien, also der Zahler und der Empfänger ihr Konto bei der gleichen Bank, ändert sich für die Bank nichts und es entsteht auch kein Risiko. Das Geld wird nur innerhalb der Bank umgebucht.

Haben Zahler und Empfänger ihr Konto bei unterschiedlichen Banken, aber innerhalb Deutschlands, dann gibt in der Regel die Empfängerbank der Ausführenden Bank einen Kredit (Interbankenmarkt) oder man überträgt Zentralbankgeld (Zentralbankkonto der ausführenden Bank => Zentralbankkonto der Empfängerbank).
Für diesen Kredit müssen natürlich Zinsen gezahlt werden (Kosten).
In der Regel wird Zentralbankgeld nur verwendet, wenn sich der Empfänger das Geld in bar auszahlen lässt. Schließlich greift man ungern seine Zentralbankreserven an.

Innerhalb des Euroraumes läuft das Ganze genauso, man kann aber auch auf das TARGET2 System zurückgreifen. Hier wird immer Zentralbankgeld übertragen.

Vor der Eurokrise wurde das TARGET 2 System kaum genutzt, weil es günstiger/einfacher war die Geschäfte über den Geldmarkt abzuwickeln.
Da sich die Banken innerhalb der EU seit der Eurokrise nicht mehr so sehr trauen, wurde das TARGET 2 System immer wichtiger.
Aus meiner Sicht keine gute Entwicklung, aber dies ist eine andere Geschichte.

Wenn nun alle nur noch Bitcoin benutzen?

Auch hier würden Risiken (Kosten) auftreten, die es zu hedgen gilt.
Bitcoin schwankt ja nicht nur stark, wenn man seinen Wert in Euro oder USD ausdrückt, sondern auch im Vergleich zu anderen Waren/Rohstoffen.
Die stark schwankende Kaufkraft von Bitcoin müsste also auch gehedged werden.
Was natürlich auch wieder Kosten verursacht.

Abschließend ist zu sagen, dass die Rechnung, die im Artikel von @eisenbart gemacht wurde, keine ehrliche ist, weil sie eben die Hedgingkosten vernachlässigt.

Schöne Ostern,
Stephan Haller

Sort:  

Hey @stehaller, sehr schön heraus gearbeitet. Ich sehe mich ein bisschen wie den von Dir angesprochenen Bauern auf dem Lande. Ich akzeptiere verschiedene Kryptos für meine Leistungen. Aufgrund der Größe (oder besser: Kleine) meines Geschäfts bin ich gezwungen, sehr schnell in FIAT zu tauschen, da ich meine Mitarbeiter, meine Miete und alles drum herum natürlich in FIAT bezahle. Vielen Dank fürs Herausarbeiten und erst mal frohe Ostern.

Posted using Partiko iOS

Um es kurz zu machen: Nur Idealisten nehmen BTC entgegen, ohne diese umgehend in FIAT zu setteln. Deswegen gibt es ja diese umständlichen Zahlungsdienstleister, die ihre Dienste natürlich nicht nach dem Mutter-Theresa-Prinzip kostenlos zur Verfügung stellen.

Und deswegen sieht man immer wieder die verzweifelten Versuche, einen Stabecoin zu etablieren, was aber nach allen Gesetzen der Logik nicht dauerhaft und 100% sicher funktionieren kann. Ein mir bekanntes Projekt hierzu von @chris4210 ist auch auf Steemit und publiziert unter @payger.

Weil BTC letztlich digitales Gold ist, scheidet er als Alltagszahlungsmittel offensichtlich aus.

Wenn ich etwas mit BTC kaufe, dann irgendwann einmal eine Immobilie oder eine große Menge Edelmetall.

Alles andere ist Spielerei.

Wird das Lightning Network ein Gamechanger sein? Ich hege leichte Zweifel. Trotzdem hat es einen Wert, indem es die Skalierbarkeit enorm verbessern wird.

Genau meine Meinung...
Schöne Feiertage...

Vielen Dank für deinen tollen Artikel. .... Ich sehe allerdings nicht, dass das hedging ein Thema in diesem Artikel gewesen wäre, weil dort auf einen onlinehändler abgestellt worden ist. Und der Preisvergleich aus Sicht des Online-Händlers ist eindeutig. Das irgendwer ein Risiko trägt, der Bitcoins hält im Netzwerk, steht außer Frage und das hast du auch richtig herausgearbeitet und wer auf Nummer sicher gehen will muss hedging betreiben auch keine Frage. Zudem ist noch anzumerken dass Bitcoin, und alle anderen Kryptowährungen natürlich auch, noch eine viel zu geringe Kapitalisierung aufweisen und deshalb großen Schwankungen unterliegen. Sollte diese Kapitalisierung sich einmal in extreme Höhen katapultieren wie z.b. sagen wir verhundertfachen von heute aus gesehen, werden diese Schwankungen auch immer weiter abnehmen und auch die Marginkosten werden entsprechend zurückgehen. Und bevor nicht diese Hürde überwunden wird, werden Kryptos auch kein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel sein. Es wird also noch dauern, aber die Kosten für den einzelnen Händler sind heute schon vergleichbar. Ob dann ein anderer Bitcoin Halter noch Risiko tragen muss oder nicht, steht auf einem anderen Blatt, den der Händler wandelt Bitcoin meistens gleich in Fiat Währung im (hast du ja auch geschrieben).

Posted using Partiko Android

Und der Preisvergleich aus Sicht des Online-Händlers ist eindeutig.

Man darf aber auch nicht die verdeckten Kosten vergessen, die man praktisch nicht hedgen kann.
Der Käufer einer Ware kann nicht sofort kaufen, sondern muss erst sein Geld in Bitcoin tauschen (Gebühren, Zeit, Slippage wegen bid/ask Spread), dann bezahlt er. Was ist wenn sich während dieser Zeit der Kurs schon wieder bewegt hat und er nicht genügend Bitcoin getauscht hat?
Beim Onlinehändler fällt dann der gleiche Vorgang (Kosten) wieder an.

Die Hoffnung, dass sich Bitcoin noch irgendwann durchsetzen, kann man glaube ich begraben.
Dass Bitcoin nicht dem Wesen des Geldes entspricht, habe ich ja schon oft genug ausgeführt.
Bleibt also noch das Spekulationsobjekt.
Bis heute ist das Handelsvolumen bei den Futures praktisch nicht existent.
Es gibt bis heute keine Optionen, obwohl es die Futures schon fast zwei Jahre gibt.

Entweder eine Sache setzt sich von Anfang an durch oder sie dümpelt ewig vor sie hin.

Wünsche auch dir schöne Feiertage.

Posted using Partiko Android

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