Die Hexen von Salem (1958) - Klassiker für nur sehr starke Nerven

in #deutsch6 years ago (edited)

Als Freund von Philosophie und Literatur interessierte mich dieser Spielfilm schon länger, da das Drehbuch aus den Federn von Jean-Paul Sartre und Arthur Miller stammt. 

Eine 16-Jährige Magd und John, der ärmste Bauer von Salem machen zu Anfang einen menschlichen Fehler, als Johns Frau gerade krank ist. John geht wohl fremd, wie es heißt. Die Gemeinde allerdings versucht auf kirchliche Weise darüber zu urteilen.

Es werden bald in eindrucksvollen Szenen Hexenrituale junger Mädchen im Dorf gezeigt, deutlich wird die ganz natürliche psychosomatische Wirkung gewisser Tänze für den Zuschauer dabei. Es entsteht oberflächlich betrachtet ein Spannungsverhältnis zwischen nächtlichen Heidenritualen und christlicher Kirche. Nach meinem Verständnis hatten Frauen von Salem nun einfach nachts versucht zu zaubern und sich zumindest gründlich abreagiert wie bei einer Party, was einem heute kaum noch schlecht erscheinen kann.

Erschwert wird der schwelende Konflikt, auch einer zwischen Frauen und Männern des Dorfes nun durch ein ewiges Herunterrasseln von Bibelzitaten und Dogmatik aller Bürger, mit dem krampfhaft versucht wird, irgendeine Art von Gerechtigkeit herzustellen.

Immer besser ausgebildete Theologen und schließlich auch besorgte Geschäftsleute mischen sich in einem mehrjährigen Prozess ein, der vor Fehlattributionen und zwanghaftem Blameshiftig kaum noch ein Ende zu nehmen scheint.

Akademikern und sonstigen Hobbylesern können liebevolle Anspielungen auf Nietzsche und Sokrates auffallen in einigen Schlüsselszenen, in denen sich Verurteilte äußern und auf die Philosophiegeschichte anspielen.

Zu Anfang wirkte die verabsolutierte Evolutionsbremsensituation in Salem auf mich äußerst bedrückend, doch ganz im Stil der besseren französchen Dichter und Denker fing ich irgendwann ganz allmählich an zu schmunzeln. Das jahrelange Hin und Her von Schuldzuweisungen nimmt immer groteskere Züge an, zum Beispiel als einstige Frömmler sich plötzlich munter selbst Hexer nennen und die Dramatik immer mehr deeskalieren. Auch etwaige Gegensätze von Wirtschaftsliberalität und Marxismus scheinen langsam absurd. Zwar wirkt die Inszenierung durchaus ernst, doch reflektierend erschließt sich der wunderschöne Humor, den ich von den Herren Miller und Sartre kenne und schätze.

Vielleicht auch da der Herr Sartre ein immer wieder unvorhersehbarer Erzgenremixer war, wird der Film durch seinen Schluss nun doch zur Tragödie. John und zwei alte Frauen werden gehängt. Johns Frau ist derweil gesund und schwanger.

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