Adolf Hitler / Mein Kampf (Band 2, Kapitel 12.)steemCreated with Sketch.

in #deutsch6 years ago
  1. Kapitel
    Die Gewerkschaftsfrage
    Das schnelle Wachstum der Bewegung zwang uns, im Jahre 1922 zu einer Frage Stellung zu nehmen, die auch heute nicht restlos gelöst ist.
    Bei unseren Versuchen, diejenigen Methoden zu studie-ren, die am ehesten und leichtesten der Bewegung den Weg zum Herzen der breiten Masse bahnen konnten, stießen wir immer auf den Einwand, daß der Arbeiter uns nie voll-ständig gehören könne, solange seine Interessenvertretung auf rein beruflichem und wirtschaftlichem Gebiet in den Händen Andersgesinnter und deren politischen Organi-sationen ruhe.
    Dieser Einwand hatte natürlich viel für sich. Der Ar- beiter, der in einem Betrieb tätig war, konnte der all-gemeinen Überzeugung nach gar nicht existieren, wenn er nicht Mitglied einer Gewerkschaft wurde. Nicht nur, daß seine beruflichen Belange dadurch allein geschützt erschienen, war auch seine Stellung im Betriebe auf die Dauer lediglich als Gewerkschaftsangehöriger denkbar. Die Majorität der Arbeiter befand sich in gewerkschaftlichen Verbänden. Diese hatten im allgemeinen die Lohnkämpfe durchgefochten und die tariflichen Verträge abgeschlossen, die dem Arbeiter nun ein bestimmtes Einkommen sicherstellten. Ohne Zweifel kamen die Ergebnisse dieser Kämpfe allen Arbeitern des Betriebes zugute, und es mußten sich besonders für den an-ständigen Menschen Gewissenskonflikte ergeben, wenn er den von den Gewerkschaften erkämpften Lohn wohl ein-steckte, aber sich selbst vom Kampf ausschloß.
    Mit dem normalen bürgerlichen Unternehmer konnte man über diese Probleme schwer sprechen. Sie hatten weder
    Sind Gewerkschaften notwendig? 671
    Verständnis (oder wollten keines haben) für die materielle Seite der Frage noch für die moralische. Endlich sprechen ja ihre vermeintlichen eigenen wirtschaftlichen Interessen von vornherein gegen jede organisatorische Zusammenfas-sung der ihnen unterstellten Arbeitskräfte, so daß sich schon aus diesem Grunde bei den meisten ein unbefangenes Ur- teil schwer bilden kann. Es ist also hier, wie so oft, notwen-dig, daß man sich an die Außenstehenden wendet, die nicht der Versuchung unterliegen, vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen. Diese werden dann bei gutem Willen viel leichter Verständnis für eine Angelegenheit bekommen, die so oder so zu den wichtigsten unseres heutigen und künf-tigen Lebens gehört.
    Ich habe mich schon im ersten Band über Wesen und Zweck und über die Notwendigkeit von Gewerkschaften ge-äußert. Ich habe dort den Standpunkt eingenommen, daß, solange nicht entweder durch staatliche Maßnahmen (die jedoch meistens unfruchtbar sind) oder durch eine allgemeine neue Erziehung eine Änderung der Stellungnahme des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer eintritt, diesem gar nichts anderes übrigbleibt, als unter Berufung auf sein Recht als gleichwertiger Kontrahent im Wirtschaftsleben seine Inter-essen selbst zu wahren. Ich betonte weiter, daß eine solche Wahrnehmung durchaus im Sinne einer ganzen Volks-gemeinschaft läge, wenn durch sie soziale Ungerechtigkeiten, die in der Folge zu schweren Schädigungen des ganzen Ge-meinschaftswesens eines Volkes führen müssen, verhindert werden können. Ich erklärte weiterhin, daß die Notwen-digkeit so lange als gegeben erachtet werden muß, solange es unter den Unternehmern Menschen gibt, die von sich aus nicht nur kein Gefühl für soziale Pflichten, sondern nicht einmal für primitivste menschliche Rechte besitzen; und ich zog daraus den Schluß, daß, wenn eine solche Selbst-wehr einmal als notwendig angesehen wird, ihre Form sinngemäß nur in einer Zusammenfassung der Arbeit- nehmer auf gewerkschaftlicher Grundlage bestehen kann.
    An dieser allgemeinen Auffassung hat sich bei mir auch im Jahre 1922 nichts geändert. Wohl aber mußte nun eine
    Sind Gewerkschaften notwendig? 672
    klare und bestimmte Formulierung für die Einstellung zu diesen Problemen gesucht werden. Es ging nicht an, sich weiterhin einfach mit Erkenntnissen zufrieden zu geben, sondern es war nötig, aus diesen praktischen Folgerungen zu ziehen.
    Es handelte sich um die Beantwortung folgender Fragen:
  2. Sind Gewerkschaften notwendig?
  3. Soll die NSDAP. selbst sich gewerk-schaftlich betätigen oder ihre Mitglieder in irgendeiner Form einer solchen Be-tätigung zuführen?
  4. Welcher Art muß eine nationalsozia-listische Gewerkschaft sein? Was sind un-sere Aufgaben und ihre Ziele?
  5. Wie kommen wir zu solchen Gewerk-schaften.
    Ich glaube, die erste Frage eigentlich zur Genüge be-antwortet zu haben. Wie die Dinge heute liegen, können meiner Überzeugung nach die Gewerkschaften gar nicht ent-behrt werden. Im Gegenteil, sie gehören zu den wichtigsten Einrichtungen des wirtschaftlichen Lebens der Nation. Ihre Bedeutung liegt aber nicht nur auf sozialpolitischem Gebiet, sondern noch viel mehr auf einem allgemeinen national-politischen. Denn ein Volk, dessen breite Masse durch eine richtige Gewerkschaftsbewegung die Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse, zugleich aber auch eine Erziehung er-hält, wird dadurch eine außerordentliche Stärkung seiner gesamten Widerstandskraft im Daseinskampf erlangen.
    Die Gewerkschaften sind vor allem notwendig als Bau-steine des künftigen Wirtschaftsparlaments beziehungs- weise der Ständekammern.
    Die zweite Frage ist ebenfalls noch leicht zu beant-worten. Wenn die Gewerkschaftsbewegung wichtig ist, dann ist es klar, daß der Nationalsozialismus nicht nur rein theoretisch, sondern auch praktisch zu ihr Stellung nehmen muß. Allerdings ist dann das Wie schon schwerer zu klären.
    Die nationalsozialistische Bewegung, die als Ziel ihres
    Nationalsozialistische Gewerkschaften? 673
    Wirkens den nationalsozialistischen völkischen Staat vor Augen hat, darf nicht im Zweifel darüber sein, daß alle künftigen Institutionen dieses Staates von einst aus der Bewegung selbst herauswachsen müssen. Es ist der größte Fehler, zu glauben, daß man plötzlich aus dem Nichts, nur im Besitze der Macht, eine bestimmte Reorganisation vor-nehmen kann, ohne schon vorher einen gewissen Grundstock an Menschen, die vor allem gesinnungsmäßig vorgebildet sind, zu besitzen. Auch hier gilt der Grundsatz, daß wichtiger als die äußere Form, die mechanisch sehr schnell zu schaffen ist, immer der Geist bleibt, der eine solche Form erfüllt. Befehlsmäßig kann man zum Beispiel sehr wohl das Füh-rerprinzip diktatorisch einem Staatsorganismus aufpfrop- fen. Lebendig wird dieses aber nur dann sein, wenn es in eigener Entwicklung aus kleinstem heraus sich selbst all-mählich gebildet hat und durch die dauernde Auswahl, die die harte Wirklichkeit des Lebens ununterbrochen vor-nimmt, im Laufe von vielen Jahren das für die Durchfüh-rung dieses Prinzips notwendige Führermaterial erhielt.
    Man darf sich also nicht vorstellen, plötzlich aus einer Aktentasche die Entwürfe zu einer neuen Staatsverfassung ans Tageslicht ziehen und diese nun durch einen Macht-spruch von oben „einführen“ zu können. Versuchen kann man so etwas, allein das Ergebnis wird sicher nicht lebens-fähig, meist schon ein totgeborenes Kind sein. Das erinnert mich ganz an die Entstehung der Weimarer Verfassung und an den Versuch, dem deutschen Volk mit einer neuen Ver-fassung auch eine neue Fahne zu spendieren, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem Erleben unseres Volkes im letzten halben Jahrhundert stand.
    Auch der nationalsozialistische Staat muß sich vor solchen Experimenten hüten. Er kann dereinst nur aus einer schon längst vorhandenen Organisation herauswachsen. Diese Organisation muß das nationalsozialistische Leben ur-sprünglich in sich besitzen, um endlich einen lebendigen nationalsozialistischen Staat zu schaffen.
    Wie schon betont, werden die Keimzellen zu den Wirt-schaftskammern in den verschiedenen Berufsvertretungen,
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    also vor allem in den Gewerkschaften, zu liegen haben. Sollen aber diese spätere Ständevertretung und das zentrale Wirt-schaftsparlament eine nationalsozialistische Institution dar-stellen, dann müssen auch diese wichtigen Keimzellen Trä-ger einer nationalsozialistischen Gesinnung und Auffassung sein. Die Institutionen der Bewegung sind in den Staat überzuführen, aber der Staat kann nicht plötzlich entspre-chende Einrichtungen aus dem Nichts hervorzaubern, wenn sie nicht vollkommen leblose Gebilde bleiben sollen.
    Schon aus diesem höchsten Gesichtspunkte heraus muß die nationalsozialistische Bewegung die Notwendigkeit eigener gewerkschaftlicher Betätigung anerkennen.
    Sie muß dies weiter noch deshalb, weil eine wirklich nationalsozialistische Erziehung sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer im Sinne eines beiderseitigen Ein-gliederns in den gemeinsamen Rahmen der Volksgemein-schaft nicht erfolgt durch theoretische Belehrungen, Aufrufe oder Ermahnungen, sondern durch den Kampf des täglichen Lebens. An ihm und durch ihn hat die Bewegung die ein-zelnen großen wirtschaftlichen Gruppen zu erziehen und sie in den großen Gesichtspunkten einander näherzubringen. Ohne eine solche Vorarbeit bleibt jede Hoffnung auf das Erstehen einer einstigen wahrhaften Volksgemeinschaft blanke Illusion. Nur das große weltanschauliche Ideal, das die Bewegung verficht, kann langsam jenen allge- meinen Stil bilden, der dann einst die neue Zeit als eine wirklich innerlich festfundierte erscheinen läßt und nicht als eine nur äußerlich gemachte.
    So muß sich die Bewegung nicht nur zu dem Gedanken der Gewerkschaft als solchem bejahend einstellen, sondern sie muß der Unsumme ihrer Mitglieder und Anhänger in der praktischen Betätigung die erforderliche Erziehung für den kommenden nationalsozialistischen Staat zuteil werden lassen.
    Die Beantwortung der dritten Frage ergibt sich aus dem Vorhergesagten.
    Die nationalsozialistische Gewerkschaft ist kein Organ des Klassenkampfes, son-
    Nationalsozialistische Gewerkschaften? 675
    dern ein Organ der Berufsvertretung. Der nationalsozialistische Staat kennt keine „Klassen“, sondern in politischer Hinsicht nur Bürger mit vollständig glei-chen Rechten und demgemäß auch glei-chen allgemeinen Pflichten und daneben Staatsangehörige, die in staatspoliti-scher Hinsicht aber vollständig rechtlos sind.
    Die Gewerkschaft im nationalsozialistischen Sinne hat nicht die Aufgabe, durch Zusammenfassung bestimmter Men-schen innerhalb eines Volkskörpers diese allmählich in eine Klasse umzuwandeln, um mit ihr dann den Kampf gegen andere, ähnlich organisierte Gebilde innerhalb der Volks-gemeinschaft aufzunehmen. Diese Aufgabe können wir der Gewerkschaft an sich überhaupt nicht zuschreiben, sondern sie wurde ihr erst verliehen in dem Augenblick, in dem sie zum Kampfinstrument des Marxismus wurde. Nicht die Gewerkschaft ist „klassenkämpferisch“, sondern der Marxismus hat aus ihr ein Instrument für seinen Klassenkampf ge-macht. Er schuf die wirtschaftliche Waffe, die der inter-nationale Weltjude anwendet zur Zertrümmerung der wirt-schaftlichen Basis der freien, unabhängigen Nationalstaa- ten, zur Vernichtung ihrer nationalen Industrie und ihres nationalen Handels und damit zur Versklavung freier Völ- ker im Dienste des überstaatlichen Weltfinanz-Judentums.
    Die nationalsozialistische Gewerkschaft hat demgegenüber durch die organisato-rische Zusammenfassung bestimmter Grup-pen von Teilnehmern am nationalen Wirtschaftsprozeß die Sicherheit der na-tionalen Wirtschaft selbst zu erhöhen und deren Kraft zu stärken durch korri-gierende Beseitigung all jener Miß-stände, die in ihren letzten Folgeerschei-nungen auf den nationalen Volkskörper destruktiv einwirken, die lebendige Kraft
    Erkenntnisse nat.-soz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer 676
    der Volksgemeinschaft, damit aber auch die des Staates schädigen und nicht zuletzt der Wirtschaft selbst zum Unheil und Ver-derben geraten.
    Für die nationalsozialistische Gewerkschaft ist damit der Streik nicht ein Mittel der Zertrümmerung und Erschütte-rung der nationalen Produktion, sondern zu ihrer Steige- rung und Flüssigmachung durch die Bekämpfung all jener Mißstände, die infolge ihres unsozialen Charakters die Lei-stungsfähigkeit der Wirtschaft und damit die Existenz der Gesamtheit behindern. Denn die Leistungsfähigkeit des ein-zelnen steht stets in ursächlichem Zusammenhange mit der allgemeinen rechtlichen und sozialen Stellung, die er im Wirtschaftsprozeß einnimmt und der nur daraus allein resultierenden Erkenntnis über die Notwendigkeit des Ge-deihens dieses Prozesses zu seinem eigenen Vorteil.
    Der nationalsozialistische Arbeitneh-mer muß wissen, daß die Blüte der natio-nalen Wirtschaft sein eigenes materielles Glück bedeutet.
    Der nationalsozialistische Arbeitgeber muß wissen, daß das Glück und die Zu-friedenheit seiner Arbeitnehmer die Vor-aussetzung für die Existenz und Ent-wicklung seiner eigenen wirtschaftlichen Größe ist. Nationalsozialistische Arbeitnehmer und
    nationalsozialistische Arbeitgeber sind beide Beauftragte und Sachwalter der gesamten Volksgemeinschaft. Das hohe Maß persönlicher Freiheit, das ihnen in ihrem Wirken dabei zugebilligt wird, ist durch die Tatsache zu erklären, daß er-fahrungsgemäß die Leistungsfähigkeit des einzelnen durch weitgehende Freiheitsgewährung mehr gesteigert wird als durch Zwang von oben, und es weiter geeignet ist zu ver-hindern, daß der natürliche Ausleseprozeß, der den Tüch-tigsten, Fähigsten und Fleißigsten befördern soll, etwa unterbunden wird.
    Ständekammern und Wirtschaftsparlament 677
    Für die nationalsozialistische Gewerkschaft ist deshalb der Streik ein Mittel, das nur so lange angewendet werden darf und wohl auch muß, als nicht ein nationalsozialistischer völkischer Staat besteht. Dieser freilich soll an Stelle des Massenkampfes der beiden großen Gruppen – Arbeitgeber- und Arbeitnehmertum – (der in seinen Folgen als Pro-duktionsverminderung stets die Volksgemeinschaft insge-samt schädigt!) die Rechtssorge und den Rechtsschutz aller übernehmen. Den Wirtschaftskammern selbst wird die Verpflichtung zur Inbetriebhaltung der nationalen Wirtschaft und zur Beseitigung von den diese schädigenden Mängeln und Fehlern obliegen. Was heute durch die Kämpfe von Millionen ausgefochten wird, muß dereinst in Ständekammern und im zentralen Wirt-schaftsparlament seine Erledigung finden. Damit toben nicht mehr Unternehmertum und Arbeiter im Lohn- und Tarifkampf gegeneinander, die wirtschaftliche Existenz beider schädigend, sondern lösen diese Probleme gemein-sam an höherer Stelle, der über allem stets das Wohl der Volksgesamtheit und des Staates in leuchtenden Lettern vorschweben muß.
    Auch hier hat, wie durchweg, der eherne Grundsatz zu gelten, daß erst das Vaterland und dann die Partei kommt.
    Die Aufgabe der nationalsozialistischen Gewerkschaft ist die Erziehung und Vorbereitung zu diesem Ziele selbst, das dann heißt: Gemeinsame Arbeit aller an der Erhaltung und Sicherung unseres Vol-kes und seines Staates, entsprechend der dem einzelnen angeborenen und durch die Volksgemeinschaft zur Ausbildung ge-brachten Fähigkeiten und Kräfte.
    Die vierte Frage: Wie kommen wir zu solchen Ge-werkschaften? schien seinerzeit am weitaus schwersten zu beantworten.
    Es ist im allgemeinen leichter, eine Gründung in einem Neuland vorzunehmen als auf altem Gebiet, das bereits eine ähnliche Gründung besitzt. In einem Ort, in dem noch kein Geschäft einer bestimmten Art am Platze ist, kann
    Keine doppelten Gewerkschaften 678
    man leicht ein solches errichten. Schwerer ist es, wenn sich schon ein ähnliches Unternehmen vorfindet, und am schwer-sten, wenn dabei Bedingungen gegeben sind, unter denen nur eines allein zu gedeihen vermag. Denn hier stehen die Gründer vor der Aufgabe, nicht nur ihr eigenes neues Ge-schäft einzuführen, sondern sie müssen, um bestehen zu können, das bisher am Orte befindliche vernichten.
    Eine nationalsozialistische Gewerkschaft neben anderen Gewerkschaften ist sinnlos. Denn auch sie muß sich durchdrungen fühlen von ihrer welt-anschaulichen Aufgabe und der aus dieser geborenen Ver-pflichtung zur Unduldsamkeit gegen andere ähnliche oder gar feindliche Gebilde und zur Betonung der ausschließ-lichen Notwendigkeit des eigenen Ich. Es gibt auch hier kein Sich-Verständigen und keinen Kompromiß mit ver-wandten Bestrebungen, sondern nur die Aufrechterhaltung des absoluten alleinigen Rechtes.
    Es gab nun zwei Wege, zu einer solchen Entwicklung zu kommen:
  6. Man konnte eine eigene Gewerkschaft gründen und dann allmählich den Kampf gegen die internationalen marxistischen Gewerkschaften aufnehmen, oder man konnte
  7. in die marxistischen Gewerkschaften eindringen und diese selbst mit dem neuen Geiste zu erfüllen trachten, beziehungsweise zu Instrumenten der neuen Gedankenwelt umformen.
    Gegen den ersten Weg sprachen folgende Bedenken: Un-sere finanziellen Schwierigkeiten waren zu jener Zeit immer noch sehr erheblich, die Mittel, die uns zur Verfügung standen, ganz unbedeutend. Die allmählich immer mehr um sich greifende Inflation erschwerte die Lage noch dadurch, daß in diesen Jahren von einem greifbaren materiellen Nutzen der Gewerkschaft für das Mitglied kaum hätte ge-sprochen werden können. Der einzelne Arbeiter hatte, von solchem Gesichtspunkt aus betrachtet, damals gar keinen Grund, in die Gewerkschaft einzubezahlen. Selbst die schon bestehenden marxistischen waren fast am Zusammenbruch,
    Gewerkschaft und Führerfrage 679
    bis ihnen durch die geniale Ruhraktion des Herrn Cuno die Millionen plötzlich in den Schoß fielen. Dieser soge-nannte „nationale“ Reichskanzler darf als der Retter der marxistischen Gewerkschaften bezeichnet werden.
    Mit solchen finanziellen Möglichkeiten durften wir da-mals nicht rechnen; und es konnte niemanden verlocken, in eine neue Gewerkschaft einzutreten, die ihm infolge ihrer finanziellen Ohnmacht nicht das geringste zu bieten ver-mocht hätte. Andererseits muß ich mich unbedingt dagegen wehren, in einer solchen neuen Organisation nur ein Druck-pöstchen für mehr oder minder große Geister zu schaffen.
    Überhaupt spielte die Personenfrage mit die allergrößte Rolle. Ich hatte damals nicht einen einzigen Kopf, dem ich die Lösung dieser gewaltigen Aufgabe zugetraut hätte. Wer in jener Zeit die marxistischen Ge-werkschaften wirklich zertrümmert hätte, um an Stelle dieser Institution des ver-nichtenden Klassenkampfes der national-sozialistischen Gewerkschaftsidee zum Siege zu verhelfen, der gehörte mit zu den ganz großen Männern unseres Volkes, und seine Büste hätte dereinst in der Walhalla zu Regensburg der Nachwelt gewidmet wer-den müssen.
    Ich habe aber keinen Schädel gekannt, der auf ein solches Postament gepaßt hätte.
    Es ist ganz falsch, sich in dieser Ansicht durch die Tatsache beirren zu lassen, daß die internationalen Gewerkschaften selbst ja auch nur über lauter Durchschnittsköpfe verfügen. Dies besagt in Wirklichkeit gar nichts; denn als jene einst gegründet worden war, gab es sonst nichts. Heute muß die nationalsozialistische Bewegung gegen eine längst be-stehende gigantische und bis ins kleinste ausgebaute Riesenorganisation ankämpfen. Der Eroberer muß aber stets genialer sein als der Verteidiger, will er diesen be-zwingen. Die marxistische Gewerkschaftsburg kann heute wohl von gewöhnlichen Bonzen verwaltet werden, gestürmt wird sie aber nur von der wilden Energie und genialen
    Erst Weltanschauungskampf 680
    Fähigkeit eines überragenden Großen auf der anderen Seite. Wenn sich ein solcher nicht findet, ist es zwecklos, mit dem Schicksal zu hadern, und noch viel unsinniger, mit unzulänglichem Ersatz die Sache zwingen zu wollen.
    Hier gilt es, die Erkenntnis zu verwerten, daß es im Leben manches Mal besser ist, eine Sache zunächst liegen zu lassen, als sie mangels geeigneter Kräfte nur halb oder schlecht zu beginnen.
    Eine andere Erwägung, die man ja nicht als demago- gisch bezeichnen sollte, kam noch hinzu. Ich hatte damals und besitze auch heute noch die unverrückbare Überzeugung, daß es gefährlich ist, einen großen politisch-weltanschau-lichen Kampf zu frühzeitig mit wirtschaftlichen Dingen zu verknüpfen. Besonders bei unserem deutschen Volk gilt dies. Denn hier wird in einem solchen Falle das wirtschaftliche Ringen sofort die Energie vom politischen Kampf abziehen. Sowie die Leute erst die Überzeugung gewonnen haben, daß sie durch Sparsamkeit auch zu einem Häuschen gelan-gen könnten, werden sie sich bloß dieser Aufgabe widmen und keine Zeit mehr erübrigen zum politischen Kampf gegen diejenigen, die ihnen so oder so eines Tages die er-sparten Groschen wieder abzunehmen gedenken. Statt im politischen Kampf zu ringen für die gewonnene Einsicht und Überzeugung, gehen sie dann nur mehr in ihren „Sied-lungs“-Gedanken auf und sitzen am Ende meistens zwischen allen Stühlen.
    Die nationalsozialistische Bewegung steht heute am Be-ginn ihres Ringens. Zum großen Teil muß sie erst ihr welt-anschauliches Bild formen und vollenden. Sie hat mit allen Fasern ihrer Energie für die Durchsetzung ihrer großen Ideale zu streiten, und ein Erfolg ist nur denkbar, wenn die gesamte Kraft restlos in den Dienst dieses Kampfes tritt.
    Wie sehr aber die Beschäftigung mit nur wirtschaftlichen Problemen die aktive Kampfkraft lähmen kann, sehen wir gerade heute in einem klassischen Beispiel vor uns:
    Die Revolution des November 1918 wurde nicht von Gewerkschaften gemacht, sondern setzte sich gegen diese durch. Und das deutsche
    Erst Weltanschauungskampf 681
    Bürgertum führt um die deutsche Zukunft keinen politischen Kampf, weil es diese Zukunft in der aufbauenden Arbeit der Wirtschaft genügend gesichert vermeint.
    Wir sollten aus solchen Erfahrungen lernen; denn auch bei uns würde es nicht anders gehen. Je mehr wir die ge-samte Kraft unserer Bewegung zum politischen Kampf zu-sammenballen, um so eher werden wir auf Erfolg auf der ganzen Linie rechnen dürfen; je mehr wir uns aber vor-zeitig mit Gewerkschafts-, Siedelungs- und ähnlichen Pro-blemen belasten, um so geringer wird der Nutzen für unsere Sache, als Ganzes genommen, sein. Denn so wichtig diese Belange sein mögen, ihre Erfüllung wird doch nur dann in großem Umfange eintreten, wenn wir bereits in der Lage sind, die öffentliche Macht in den Dienst dieser Ge-danken zu stellen. Bis dahin würden diese Probleme die Bewegung um so mehr lähmen, je früher sie sich damit be-schäftigen und je stärker dadurch ihr weltanschau-licher Wille beeinträchtigt würde. Es könnte dann leicht dahin kommen, daß gewerkschaft-liche Momente die politische Bewegung lenkten, statt daß die Weltanschauung die Gewerkschaft in ihre Bahnen zwingt.
    Wirklicher Nutzen für die Bewegung so-wohl als für unser Volk überhaupt kann aber aus einer nationalsozialistischen Ge-werkschaftsbewegung nur dann erwachsen, wenn diese weltanschaulich schon so stark von unseren nationalsozialistischen Ideen erfüllt ist, daß sie nicht mehr Gefahr läuft, in marxistische Spuren zu geraten. Denn eine nationalsozialistische Gewerkschaft, die ihre Mission nur in der Konkurrenz zu der marxistischen sieht, wäre schlimmer als keine. Sie hat ihren Kampf der marxistischen Ge-werkschaft nicht nur als Organisation, sondern vor allem als Idee anzusagen. Sie muß in ihr die Verkünderin des Klassenkampfes und Klassengedankens treffen und soll
    Besser keine Gründung als Fehlgründung 682
    an Stelle dessen zur Wahrerin der beruflichen Interessen deutscher Bürger werden.
    Alle diese Gesichtspunkte sprachen damals und sprechen auch heute noch gegen die Gründung eigener Gewerk-schaften, es wäre denn, daß plötzlich ein Kopf erschiene, der vom Schicksal ersichtlich zur Lösung gerade dieser Frage berufen ist.
    Es gab also nur zwei andere Möglichkeiten: entweder den eigenen Parteigenossen zu empfehlen, aus den Gewerk-schaften herauszugehen oder in den bisherigen zu bleiben, um dort möglichst destruktiv zu wirken.
    Ich habe im allgemeinen diesen letzteren Weg empfohlen.
    Besonders im Jahre 1922/23 konnte man dies ohne wei-teres tun: denn der finanzielle Nutzen, den während der Inflationszeit die Gewerkschaft von den infolge der Jugend unserer Bewegung doch noch nicht sehr zahlreichen Mit-gliedern aus ihren Reihen einstrich, war gleich Null. Der Schaden für sie aber war ein sehr großer, denn die natio-nalsozialistischen Anhänger waren ihre schärfsten Kritiker und dadurch ihre inneren Zersetzer.
    Ganz abgelehnt habe ich damals alle Experimente, die schon von vornherein den Mißerfolg in sich trugen. Ich hätte es als ein Verbrechen angesehen, einem Arbeiter von seinem kärglichen Verdienst soundso viel abzunehmen für eine Institution, von deren Nutzen für ihre Mitglieder ich nicht die innere Überzeugung besaß.
    Wenn eine neue politische Partei eines Tages wieder ver-schwindet, so ist dies kaum jemals ein Schaden, sondern fast immer ein Nutzen, und es hat niemand irgendein Recht, darüber zu jammern; denn was der einzelne einer politi-schen Bewegung gibt, gibt er à fonds perdu. Wer aber in eine Gewerkschaft einbezahlt, hat ein Recht auf Erfüllung der ihm zugesicherten Gegenleistungen. Wird diesem nicht Rechnung getragen, dann sind die Macher einer solchen Ge-werkschaft Betrüger, zumindest aber leichtfertige Men-schen, die zur Verantwortung gezogen werden müssen.
    Nach dieser Anschauung wurde im Jahre 1922 denn auch von uns gehandelt. Andere verstanden es scheinbar besser
    Besser keine Gründung als Fehlgründung 683
    und gründeten Gewerkschaften. Sie warfen uns den Man- gel einer solchen als das sichtbarste Zeichen unserer fehler-haften und beschränkten Einsicht vor. Allein es dauerte nicht lange, bis diese Gründungen selbst wieder verschwan-den, so daß das Schlußergebnis dasselbe wie bei uns war. Nur mit dem einen Unterschied, daß wir weder uns selbst noch andere betrogen hatten.

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