3. Wer bin ich und wer bist du?

Wie gesagt, jeder lebt in seiner eigenen Welt. Es gibt Menschen, die meinen, etwas anderes gäbe es überhaupt nicht, Alles was wir wahrnehmen und für real halten, existiere nur in uns.
Die Frage nach der Realität und der Wahrnehmung derselben durch menschliche Individuen wird seit sehr langer Zeit immer wieder gestellt und verschieden beantwortet.
Sicher ist nur Eines: Jeder von uns hat seine eigene Realität und in jeder dieser Realitäten kommen auch andere Menschen vor, mit denen wir – mehr oder weniger – kommunizieren.

Wir werden uns zur Erklärung der Zusammenhänge also mit Modellen begnügen müssen, die nicht den Anspruch erheben, Wahrheiten zu sein, sondern lediglich dazu dienen, Zusammenhänge zu erklären.

Sehen wir die Realität im Allgemeinen einmal als die örtliche Umgebung unseres Standortes an und stellen uns vor, dass wir unsere Umgebung von oben betrachten, vielleicht von einem Turm oder einem Flugzeug aus. Wir sehen, wie die Landschaft geformt ist, wir erkennen sie wieder weil wir schon länger dort beheimatet sind, wir kennen uns aus. Einiges wird uns aufgrund der erhöhten Perspektive anders vorkommen als wir es im täglichen Leben erfahren, aber wir wissen, dies ist die Landschaft, in der wir leben.
Diese Landschaft, unsere Umgebung, bilden wir auch in unserem Gehirn ab. Wir wissen, wie wir zu unserer Arbeitsstelle kommen, wo wir einkaufen, wo unsere Bekannten wohnen, wo tägliche Staus lauern und wie wir sie umfahren könnten. Wir kennen Schleichwege, besondere Plätze, besondere Orte. Wir haben eine eigene Karte von unserer Umgebung im Kopf, sie enthält zwar nicht alles, was in der Realität existiert, jedoch das, was für uns wichtig ist.
Für uns entspricht diese eigene Karte der Realität, weil das, was wir darauf gespeichert haben, durch unsere Erfahrungen dort hin gekommen ist.

Die Abbildung unserer Umgebung ist jedoch nicht die Realität! Sie enthält lediglich Teile der Umgebung und ist auch noch in großen Teile ungenau, auf das Wesentliche reduziert.

Die innere Karte ist also nicht die Umgebung sondern bildet lediglich einen subjektiv wahrgenommenen Teil von ihr ab

Der Linguist Alfred Korzybski prägte in den 30-er Jahren des 19. Jahrhunderts den Satz „„Die Landkarte ist nicht die Landschaft, aber wenn die Landkarte der Struktur der Landschaft ähnlich ist, ist sie brauchbar“

Die gleiche Beziehung zwischen der realen Umgebung und der Karte dieser Umgebung in unserem Gehirn besteht generell zwischen der Realität und der jeweiligen individuellen internen Abbildung. Auch hier ist die Abbildung, also die Repräsentation der Realität in unserer inneren Welt, subjektiv, gefärbt, reduziert, verzerrt oder sonstwie verändert abgespeichert.

Die Landkarte (also unsere innere Abbildung) ist nicht die Landschaft (also die Realität), aber brauchbar. Nun ja, etwas Anderes haben wir nicht, es gibt niemanden, der uns verlässlich sagen kann, wie die Realität wirklich ist. Wenn sich jemand dazu berufen fühlte, würde er doch nur seine Landkarte von sich geben.

Da also jeder Mensch sein eigenes Bild der Welt in sich trägt und dies als die eigene Realität ansieht, kann man sich nur freuen, dass unser Zusammenleben (bis auf einige Ausnahmen) eigentlich recht gut funktioniert. Dies liegt an einige Konventionen, die unsere Gesellschaft getroffen hat. Jede Gemeinschaft muss sich Regeln geben, in denen einige Dinge mehr oder weniger festgeschrieben sind. Zwischen unterschiedlichen Gesellschaften kann es durchaus gewisse Verständnisprobleme bezüglich mancher Verhaltensweisen geben.
Bei den Kuru war es früher üblich, die Gehirne Verstorbener zu essen, um deren Wissen in sich aufzunehmen. Im Mittelalter glaubte man hierzulande flächendeckend an die Existenz von Hexen und verbrannte sie. Beides gehört der Vergangenheit an. Konventionen ändern sich im Laufe der Entwicklung einer Gesellschaft, jedoch nur langsam.
Diese Beispiele sollen lediglich zeigen, dass die innere Welt von anderen Menschen einen völlig anderen Inhalt haben kann. Politische Überzeugungen, für die teilweise Kriege geführt werden, sind ebenfalls ein gutes Beispiel für völlig andere Abbildungen der Realität.