4. Regeln und Hindernisse in der Kommunikation, an der Oberfläche und in den weiten Tiefen

in #deutsch8 years ago (edited)

Auch in der Kommunikation gibt es Konventionen, also Regeln, nach denen die Kommunikation abläuft. In sehr frühen Zeiten bildeten sich die ersten Konventionen heraus, die inzwischen teilweise genetisch verankert sind. Wenn wir heute die Zähne zeigen, entspricht dies meist nicht einer Drohgebärde sondern einer eher freundlichen Haltung, die durch Lächeln oder Lachen ausgedrückt wird.
Auch die Interpretation der Gestik und Körperhaltung hat sich früh entwickelt, Drohgebärden oder die zum Schlag erhobene Hand können auch Diejenigen einschüchtern, die bisher noch nie bedroht oder geschlagen wurden.
Eine weitere Konvention betrifft die Stimme, Brüllen wird als bedrohlich empfunden, sanfte Sprache beruhigt.
Diese sehr basalen Formen der Kommunikation hatten Hunderttausende von Jahren Zeit, sich zu entwickeln. Die Interpretation dieser Körpersprache fällt uns Menschen leicht, selbst Babys können dies.
Noch tiefer verankert ist die Kommunikation über Duftstoffe, sie ist so alt, dass sie überhaupt nicht mehr bewusst abläuft oder wahrgenommen werden kann.

Die Sprache als neueste Kommunikationsform ist nicht in dieser Form normiert sondern muss erlernt werden.

Jeder Mensch weiß, wie viele Gedanken sich andauernd im eigenen Kopf bewegen, mal zielgerichtet, mal wild vagabundierend, kreisend. Wenn wir sprechen, entstehen viele Gedanken in uns, auch Bilder, Filme laufen ab, wir erinnern uns auf einmal an Gerüche und Geräusche, springen gedanklich von einem Punkt zum nächsten. Trotzdem herrscht nicht unbedingt Chaos in unserem Kopf (nun ja, jedenfalls meistens nicht) und wir sind in der Lage, mehr oder weniger sinnvolle Sätze hervor zu bringen.
Vergleicht man nun einmal den Informationsgehalt der Gedanken in unserem Kopf mit dem Informationsgehalt der gesprochenen Worte, so wird klar, dass letztere nur einen sehr dünnen Auszug dessen repräsentieren, was wir eigentlich sagen wollten.

Auf die Frage „Na, wie hast du geschlafen?“ kann die Antwort „Nicht so gut, mir ist vieles durch den Kopf gegangen, ich hatte Bauchschmerz und Albträume“ nur sehr begrenzt das widerspiegeln, was in der letzten Nacht wohl gedanklich bei dem Antwortenden los war.
Allerdings ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Fragende wissend nickt, weil er sich vorstellen kann (!), was der Antwortende meint, hat er so etwas doch auch schon öfters erlebt.

Mit solchen Mechanismen der Reduktion ist es möglich, relativ komplexe Inhalte zu vermitteln, allerdings müssen hierfür bei beiden Kommunikationspartnern gleiche wenn nicht identische Punkte oder Erlebnisse in der jewiligen individuellen Landkarte vorhanden sein, auf die sich beide beziehen können.

Unsere Sprache lebt davon, dass wir alle meinen, solche Bezugspunkte, auf die wir uns in Gesprächen beziehen können, zu besitzen. Dem ist auch weitestgehend so, allerdings ist es völlig unklar, ob diese Bezugspunkte auch einen vergleichbaren Inhalt haben.
Wenn jemand sagt „Gestern Abend war ich lecker italienisch essen“, kann dies beim Gegenüber ein wissendes und zustimmendes Lächeln und Nicken hervorrufen. Wenn nun der erstere damit meint, ein geschmortes Kaninchen gegessen zu haben, der andere jedoch überzeugter Veganer und Tierfreund ist, kann man wohl davon ausgehen, das die beiden nicht wirklich Dasselbe meinten. Der eigentliche Inhalt der Kommunikation wurde also in keiner weise so verstanden, wie er gemeint war.
Im Kopf des Lecker-Essers kam die Erinnerung an das wohlschmeckende Mal hoch, dazu das Ambiente, eine eventuelle Begleitung, die Zeit vor und nach dem Essen. Das führte zum Bedürfnis, dieses mitzuteilen und zur Aussprache des Satzes, der ja nun nicht wirklich viel an substantieller Information enthielt. Die wissende Mimik des Adressaten sorgte dann dafür, das der Sprecher meinte, seine Kommunikation seit erfolgreich verlaufen. Ein Irrtum.

Das erste Nadelöhr einer verbalen Kommunikation besteht also darin, die zu übermittelnden Informationen in Sprache zu verpacken, Unnötiges weg zu lassen und sich auf die in anderen Menschen (hoffentlich) vorhandenen gleichartigen Bezugspunkte zu verlassen.

Um diese beiden in einem Menschen miteinander in Verbindung stehenden Einheiten – die sich im Gehirn abspielenden rasch wechselnden Gedankeninhalte und mit diesen verbundene Erinnerungen , Assoziationen und Emotionen einerseits und die daraus kondensierte und gesprochene Konversation andererseits - klar zu trennen, haben sich die Begriffe Tiefenstruktur für die Gesamtheit der geistigen Innenwelt und Oberflächenstruktur für die daraus entstandenen verbale Kommunikation etabliert.
Die Oberflächenstruktur bezieht sich also auf die Tiefenstruktur und ist der Gegenstand der eigentlichen Kommunikation.

Das gesprochene Wort findet, nachdem es über Tonschwingungen transportiert wurde, Eingang in das Gehör des Empfangenden. So sollte es jedenfalls sein. Möglicherweise ist ja der Sprechende heiser und der Empfangende schwerhörig, dann wird es schwierig. Gehen wir einfach davon aus, dass die Übermittlung klappt.
Die gesprochenen Worte werden also gehört, das heisst, dass sie mit dem Gehörsinn wahrgenommen werden. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass sie auch verstanden werden.

Genau so funktionieren auch die anderen Kanäle der Kommunikation, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.
Kommunikation findet also über Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen statt. Mehr Sinne stehen uns nach derzeitigem Stand der Erkenntnis leider nicht zur Verfügung.

Wie funktionieren eigentlich unsere Sinne?
Wir alle wissen, dass wir, sofern wir uns auf einen Sinn besonders konzentrieren, auf einmal die auf diesem Sinneskanal erhaltenen Eindrücke erheblich besser wahrnehmen können. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in unserer „normalen“ Wahrnehmung sehr vieles unterdrückt, sozusagen herausgefiltert wird. Das macht unser Gehirn laufend, wenn es das nicht täte, würden wir wohl wahnsinnig werden.

Es gibt Erkrankungen, bei denen diese neurologischen Filter nicht funktionieren, als Beispiel seien hier die Hyperosmie oder das Schmerzsyndrom genannt. Die Hyperosmie ist eine Erkrankung, bei deren Vorliegen der Mensch einfach zu viel riecht, sie kommt vorübergehend auch bei Schwangerschaften vor. Eine sehr unangenehme Sache, man möchte eigentlich nicht alles so stark riechen. Das Schmerzsyndrom beruht darauf, dass Schmerzsignale, die permanent produziert und auch dauernd herausgefiltert werden, eben nicht mehr gefiltert werden,sondern ungebremst ins Hirn strömen und dort eben einen dauerhaften Schmerz auslösen.

Diese Filter stellen eine Hürde für alle Signale dar, die wir eigentlich wahrnehmen könnten. Vieles davon dringt jedoch nicht in unsere Wahrnehmung vor sondern wird einfach getilgt. Wir nehmen diese Signale nicht mehr wahr, vielleicht auch, weil wir daran gewöhnt sind wie an den Straßenlärm vor der Wohnung oder den Zug, der alle 10 Minuten vorbei fährt, die viertelstündlich schlagenden Kirchenglocken usw.

Diese sogenannte Tilgung passiert auch mit Worten. Manches wird eben einfach ausgeblendet. Die Gründe hierfür sind vielfältig…

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Danke fuer deinen #deutsch (en) post.

Aber gerne doch - so ist mir der Schnabel gewachsen. ;) Sind noch ein paar mehr vorhanden zum gleichen Thema.

Sieht aus wäre der wal auch bei dir vorbeigekommen; )

Klär mich doch mal bitte auf - wer oder was ist der Wal? :D

Okay ein wal ist im steemit slang jemand mit viel steem power. Wenn der dir ein upvote verpasst regnet es geld. Und du wirst nach oben geschubst in den trends. :)

I see! Danke für die Aufklärung!

Kein Problem danke für den post!

Was ich nun noch nicht verstehe, ist die Tatsache, dass sich die angezeigten Beträge ganz langsam aber sicher wieder reduzieren. Gibt es hierfür auch eine Erklärung?

Ich glaube das ist die anpassung an den aktuellen kurs. Da bin ich mir aber nicht ganz sicher

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