Zitate 061 - Kritik an der Führung innerhalb der CDU - ein Beispiel

in #deutsch7 years ago

27. Februar 2018

Am vergangenen Wochenende hielt die in Deutschland auf Bundesebene seit 2005 in leitender Funktion regierende Partei Christlich-Demokratische Union einen Parteitag ab [1]. Auf das Geschehen selbst möchte ich gar nicht eingehen, es war wohl ein ziemlich typischer Parteitag mit vorwiegend Lobhudelei für die Führung und wenig Selbstkritik von deren Seite [2]. Auch in den Medien war viel Lob zu hören und teilweise wurden auch Dinge geschrieben, wie dass Jens Spahn, der wohl nicht ohne Grund in Zukunft wohl dem Gesundheitsministerium vorstehen wird, der schärfste Kritiker der Bundeskanzlerin sei [3].

Deswegen möchte ich hier auf eine ziemlich harsch geäusserte Kritik vonseiten eines Delegierten eingehen, der aus dem Süddeutschen Bodnegg [4, 5] - zwischen Ravensburg und Wangen im Allgäu gelegen - stammt, nämlich Eugen Abler. Dieser ist ein älteres Mitglied der CDU, dazu ein Christ, ein Konservativer, der mit Kritik von dieser Seite nicht sparte in seiner knapp 9 Minuten dauernden Rede [6]. Diese möchte ich hier in voller Länge veröffentlichen.

Natürlich sind seine Positionen nicht gerade liberal, aber ich behaupte jetzt einmal, dass ich so etwas auch einmal teilen darf. Die Beachtung, die solche Inhalte im Normalfall finden, ist ohnehin sehr gering. Über einige der von Eugen Abler vorgebrachten Punkte ist man bei der CDU nämlich einfach hinweggegangen, ohne tiefgreifende Diskussion, obwohl diese einmal Aspekte waren, die als zentral galten. Nicht alle Kurswechsel und schwerwiegenden Entscheidungen kann man basisdemokratisch mit allen ausdiskutieren, wenn es Dinge betrifft, die bei vielen als nicht verhandelbar gelten, wird es aber schwierig, wenn nicht ausführlich und einleuchtend erklärt wird.

Dass die Positionen von Herrn Abler nur teilweise mit meinen übereinstimmen, sollte sich von selbst verstehen. Zum Thema Abtreibung empfehle ich jeweils ein Aussage des bekannten libertären Richters aus den USA, Andrew Napolitano, der dazu ein katholischer Traditionalist ist, der also nicht an die Unfehlbarkeit des Papstes glaubt [7].

Frau Präsidentin, Frau Bundeskanzlerin, meine sehr geehrten Damen und Herren

Sie sprachen vorhin vom Unbehagen der Bürger. Auch ich sehe einige Entwicklungen in unserer Partei und unserem Land mit Sorge. Die guten Wirtschaftsdaten sind das eine, die politische Gesamtsituation aber schliesslich das andere. Die ist alles andere als beruhigend. Fünf Monate nach der Wahl ist die Bildung einer Regierung immer noch ungewiss. Als Mann der Basis und Vorsitzender eines CDU-Gemeindeverbandes spüre ich darüber die Unzufriedenheit vieler Bürger in bisher mir nicht bekanntem Ausmass.

Wir haben am 24. September einen heftigen Denkzettel erhalten. Leider hat eine wirkliche Analyse bis heute nicht stattgefunden. In diesem Zusammenhang war Ihre Aussage, Frau Bundeskanzlerin - 'Ich wüsste nicht, was ich hätte anders machen sollen' - schwer nachvollziehbar. Ihr Modernisierungskurs hat nur kurzfristig eine Wirkung gezeigt. In einem langen Prozess haben Sie die CDU nach links geführt. Dabei ist natürlich rechts ein Vakuum entstanden und das füllt jetzt die AfD aus. Werte sind für uns oft nur noch zu Worthülsen geworden. Wir haben das C auf dem Altar des Zeitgeistes geopfert. Hier sind Themen wie die Gender Ideologie, die Ehe für alle, die Frühsexualisierung der Kinder, das Quotendenken zu nennen.

Die Konservativen, die Wertorientierten in der CDU haben ein anderes Verständnis von moderner Politik. Sie sehen sich als Erben der Vorfahren und gleichzeitig der Zukunft der Nachkommen verpflichtet. An bewährtem festhalten, aber den Fortschritt im Auge behalten (und unbewährtes wieder abschaffen? - Anm.). Es gibt also nichts moderneres, als eine wirklich konservative Politik.

Wir (die CDU) verraten die Werte des C (des C, das für Christentum steht, Anm.), reden damit einer neuzeitlichen Dekadenz das Wort. Dafür tragen Sie, Frau Bundeskanzlerin, eine nicht unwesentliche Verantwortung. Die CDU hat mittlerweile das Profil eines abgefahrenen Reifens und ist beliebig geworden. Das C ist aber eine bleibende Verpflichtung zu den Grundwerten wie

  • Gerechtigkeit
  • Solidarität
  • Ehe und Familie
  • Schutz des Lebens
  • Bewahrung der Schöpfung
  • Gesunder Patriotismus

Zum Schrecken vieler wurde die AfD sozusagen über Nach zur drittstärksten Kraft im Bundestag und der Weg zu Platz zwei ist vielleicht nicht mehr weit. Eine Million Wähler haben uns den Rücken zugewandt. Diese Wähler gewinnen wir nur mit einer profilierteren Politik wieder zurück. Ist der Koalitionsvertrag dazu geeignet?

Bei diesen Gesprächen haben Sie sich, Frau Bundeskanzlerin, von der SPD offensichtlich erpressen lassen. Die SPD-Vertreter fordern sechs Ministerien und bekommen alle. Sie sagten bei einem der Parteitage: 'Zuerst kommt das Land, dann die Partei und erst dann die Person.' Für die SPD hat das offensichtlich nicht gegolten. Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben die SPD damit durchkommen lassen. Der Koalitionsvertrag spricht oft vom Wollen, bleibt aber häufig im Ungefähren. Die künftige Regierung scheint eine Ausgabenkoalition zu werden. Zukunftsweisende Projekte wie zum Beispiel eine grosse Steuerreform sind leider nicht enthalten.

Stichwort Zuwanderung. Frau Bundeskanzlerin, Sie sagten, Deutschland wird bleiben mit allem, was uns lieb und teuer ist. Das stimmt so nicht! Der Zuzug weiterer Asylbewerber und kulturfremder Wirtschaftsmigranten verändert unser Land! Da rund 80 % aller Neuankömmlinge dem Islam angehören, ergibt sich zusätzliches Konfliktpotential, wie auch die Kriminalitätsstatistiken klar belegen. Der Islam ist keine tolerante Religion. 100 Millionen Christen werden weltweit verfolgt, häufig von Muslimen. Wir Christen sind laut Koran die Ungläubigen, die man belügen, betrügen und sogar töten darf. Es ist naiv, zu glauben, dass sich die muslimischen Flüchtlinge in Deutschland anpassen werden. Es entsteht eine Parallelgesellschaft mit eigenem Rechtsverständnis. Ich sehe eine grosse Gefahr in der schleichenden Islamisierung unseres Landes.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an Paul Kirchhof (geboren 1943, deutscher Professor für Staatsrecht, Bundesverfassungsrichter) [8]. Der sagte: 'Der Staat hat die Pflicht, seine kulturelle Identität zu schützen.' Es gebe für ihn - Zitat: 'daher keinen Grund, aus Rücksicht auf den Islam oder andere Weltanschauungen die christliche Prägung Deutschlands zu verleugnen.' Ich fordere das Bekenntnis des Staates zum Kreuz.

Zu den 1.5 Millionen Migranten der Jahre 15 und 16 dürfen laut Koalitionsvertrag jährlich bis zu 220'000 Flüchtlinge in unser Land kommen. In bereits zehn Jahren sind das weitere 2 Millionen Menschen, die sich nur zu einem geringen Teil in unsere Gesellschaft integrieren und auf dem Arbeitsmarkt erscheinen wollen. Damit können wir unseren Fachkräftebedarf nicht decken. Was wir dringend brauchen, ist ein nationales Wohnungsbauprogramm, um den grossen Druck am Wohnungsmarkt zu entschärfen. Weil sonst die Mieten unbezahlbar werden. Und wir brauchen eine völlige Kehrtwende in der Zuwanderungspolitik. Sie soll die Einwanderung in unsere Sozialsysteme verhindern. Ausnahmen bleiben berechtigt Asylsuchende.

Die Ehe für alle ist gegen die Schöpfungsordnung Gottes (hat Gott eine staatliche Ehe verordnet? - Anm.). Diese nur auf den ersten Blick taktische Meisterleistung von Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, ist ein Verrat an den christlichen Grundwerten und damit eine äusserst bedenkliche Entwicklung. Diese Entscheidung hat wertorientierte Wähler - davon gibt es noch viele - tief erschüttert. Innerhalb weniger Tage wurde dieses Thema abgeräumt, als gäbe es nichts wichtigeres. Der Tag der Abstimmung war in der Tat ein schwarzer Freitag.

Zum Stichwort Lebensschutz: Ich weiss, es mögen nur noch wenige hören, aber umso wichtiger ist es existentiell für unser Volk. Wir tun viel für Tiere, Klima und Umweltschutz. Es soll jetzt, laut Koalitionsvertrag, ein Aktionsprogramm Insektenschutz geben. Weder im Koalitionsvertrag, noch in Ihrer Rede, Frau Bundeskanzlerin, waren aber Aussagen zum Lebensschutz zu finden. Obwohl Sie vorhin sagten, dass das christliche Menschenbild (von dem auch CDU-Ministerpräsident Armin Laschet schon gesprochen hat [9], ein sehr flexibler Ausdruck - Anm.) Ausgangspunkt und Maßstab unseres Handelns sei. Es muss für eine Partei, die das C trägt, gelten, dass ein umfassender Lebensschutz von der Zeugung bis zum Lebensende unverhandelbar ist. Es ist eine erschütternde Tatsache, dass viele ungeborene Kinder - inklusive Dunkelziffer ist von 200'000 Tötungen pro Jahr im Mutterleib auszugehen - keine Chance zum Leben bekommen.

Wir verlieren das Unrechtsbewusstsein und vergessen, dass der Mensch nicht Herr über Leben und Tod ist. Dabei gilt: Jedes Kind ist ein Geschenk Gottes! Welche Gattung tötet ihren eigenen Nachwuchs? Wo bleibt da die viel propagierte Willkommenskultur? Wir sollten eine neue Debatte über die grösste Tragödie unserer Zeit führen.

Mein Schlussappell: Wir brauchen ein schärferes Profil und eine Rückbesinnung auf unsere christlichen Grundwerte. Zu denken geben könnten uns die Worte eines bekennenden Atheisten. Gregor Gysi sagte einmal [10]: 'Was ich am meisten fürchte, ist eine gottlose Gesellschaft.' Lassen wir uns nicht länger vom Flugsand des Zeitgeistes unsere Sicht vernebeln. Sondern orientieren wir uns an der Lebenswirklichkeit der Mehrheit unserer Bürger. An den Bürgern, die in grosser Zahl morgens aufstehen, Kinder versorgen, zur Arbeit fahren, für ihren Lebensunterhalt sorgen, Sinn finden, damit unsere Gesellschaft zusammenhalten und unseren Wohlstand sichern. Die CDU muss sich wieder um die Themen kümmern, die die Bürger bewegen und deren Ängste ernst nehmen. Das ist eine grosse Aufgabe, in der Tat. Frau Bundeskanzlerin, Sie werden daran gemessen, ob es Ihnen gelingt, den Niedergang unserer einst grossen Volkspartei zu stoppen und umzukehren.

Ich danke Ihnen.


[1] CDU-Parteitag - Fanal gegen die Alternativlosigkeit. Cicero.de, 26. Februar 2018, von Alexander Marguier https://www.cicero.de/innenpolitik/cdu-parteitag-angela-merkel-jens-spahn-annegret-kramp-karrenbauer
[2] Am CDU-Parteitag ist von Merkel keine Selbstkritik zu hören. NZZ.ch, 26. Februar 2018, von Jonas Herrmann https://www.nzz.ch/international/merkel-uebt-beim-cdu-parteitag-kritik-aber-keine-selbstkritik-ld.1360638
[3] Gesundheitsminister - Merkel holt schärfsten Kritiker an Bord. 20min.ch, 25. Februar 2018, (chk/sda) http://www.20min.ch/ausland/news/story/Merkel-holt-schaerfsten-Kritiker-an-Bord-31875470
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Bodnegg
[5] Eugen Abler - ein Original beim CDU-Parteitag. Schwäbische Zeitung, 26. Februar 2018, von Sabine Lennartz https://www.schwaebische.de/ueberregional/politik_artikel,-eugen-abler-ein-original-beim-cdu-parteitag-_arid,10826524.html
[6] Eugen Abler kritisiert Merkel: "Die CDU hat das Profil eines abgefahrenen Reifens". HSM2k2 YouTube Kanal, 26. Februar 2018
[7] Judge Napolitano: Why Taxation is Theft, Abortion is Murder, & Gov't is Dangerous. ReasonTV, 22. November 2011


[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Kirchhof
[9] Wohin steuert die CDU? - Gibt die CDU die Mitte auf? Tichy's Einblick, 21. Februar 2018, von Klaus-Rüdiger Mai https://www.tichyseinblick.de/meinungen/gibt-die-cdu-die-mitte-auf/
[10] Angesichts von Neoliberalismus und Rechtsruck - Gregor Gysi fürchtet eine "gottlose Gesellschaft". Humanistischer Pressedienst hpd.de, 01. Februar 2017, von Thomas Hummitzsch https://hpd.de/artikel/gregor-gysi-fuerchtet-gottlose-gesellschaft-14043
Gregor Gysi im Interview „Der DDR ist die Entkirchlichung wirklich gelungen“. Kölner Stadtanzeiger, ksta.de, 22. Mai 2017, von Markus Decker https://www.ksta.de/politik/gregor-gysi-im-interview--der-ddr-ist-die-entkirchlichung-wirklich-gelungen--26948368?


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Großartige Rede.
Wäre er bei der AfD gewesen, hätten ihn die Medien als Nazi beschimpft.

Danke für den Kommentar!

Das mag sein, dass ihn diese Beschimpfung ereilt hätte. Würde man sie Herrn Abler entgegenhalten, würde er wohl ziemlich ungehalten reagieren, wie ich meine zu Recht.

Ich kenne ein paar ältere Menschen aus dem süddeutschen Raum, die ziemlich konservativ denken und kaum einer Sache mehr abgeschwört haben, wie dem Nationalsozialismus. Nicht selten gingen gerade sie schwer geschädigt aus dieser Zeit hervor, sie verloren Verwandte und Freunde in der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und des Dritten Reiches, viele verloren auch ihre Heimat.

Ja, es ist schlimm, dass die AfD, die im Prinzip die gleichen Ansichten vertritt, wie die CDU/CSU vor Merkel, als Nazis beschimpft werden. Das Wort Nazis wird heute leider inflationär verwendet. Jedes noch lebende Opfer der Nazidiktatur muss sich doch verarscht vorkommen, wenn Leute wie z.B. Donald Trump als Hitler bezeichnet werden.

Na gut, ich bin schon nicht ganz unglücklich, wenn bei der AfD diejenigen kritisiert werden, die sozial-national denken und im grossen Staat überhaupt kein Problem sehen, solange sie einflussreich sind.

Das ist aus meiner Sicht keine halbwegs aufgeklärte Weltanschauung, sondern eine unreife, die in der Hoffnung verharrt, dass einem schlussendlich andere die eigenen Probleme lösen werden.

Auch beim Thema Rente, Vorsorgen usw. wird es in Zukunft nicht einfacher werden. Es gibt auch viele, die glauben, sie könnten riesige Ansprüche stellen, weil sie ja lange gearbeitet haben. Aber wenn man wie in der Schweiz 10 % des echten Bruttogehalts (inklusive Arbeitgeberanteil) über das ganze Arbeitsleben z.B. 40 Jahre in die Rentenkasse einbezahlt, hat man ohne Zinsen gerechnet Anspruch auf 10 % des durchschnittlichen Gehalts, d. h. 4 Jahre lang einen vollen Durchschnittslohn. Bei einem Rentnerdasein von im Schnitt 12-15 Jahren kann das niemals aufgehen. Für mich ist deshalb klar, dass es staatliche Programme geben soll, aber es klar ist, dass damit nur das nötigste gedeckt ist. Es kann nur über mehr Eigenverantwortung und damit über weniger Steuern und Abgaben funktionieren.

Grundsätzlich bin ich ja gegen alle Parteien.
Die AfD hat ein paar gute Leute, wie z.B. Peter Boehringer.
Die deutschnationalen Deppen sollten sie am besten rausschmeißen.
Aber mich regt auf, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
Ich wäre ganz froh, wenn wir wenigstens Volksentscheide hätten, wie ihr in CH.

Tolle Rede, Respekt vor diesem Abgeordneten mit Rückgrat. Traurig, dass er in dieser Partei offenbar in der Minderheit ist.
Die AfD würde ihn sicher gerne aufnehmen, wäre nicht der erste.

Danke für den Kommentar!

Und eine Korrektur. Eugen Abler ist nicht Abgeordneter, sondern war als Delegierter auf dem Parteitag. Natürlich ist die AfD wohl schon dankbar für ehemalige CDU-Mitglieder, die dort ausgetreten sind. Ich gehe nicht davon aus, dass Abler diesen Schritt tun wird und andererseits halte ich es für ganz gut, dass innerhalb der CDU solche Aussagen noch getätigt werden.

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