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RE: Der nächste Selbstmord des Finanzsystems

in #deutsch7 years ago (edited)

Danke für den Artikel!

Ich versuche mich jeweils in vermeintlich einfachen Überlegungen zu üben, die dann mit den eben nicht so freien Märkten und dem Regulierungsversagen zu tun haben, nicht mit einem angeblichen Versagen des Marktes. Mein Denkstil liegt irgendwo zwischen Naturwissenschafter, Ingenieur und Handwerker, ich weiss ganz genau, dass ich fundamental anders denke als etwa Juristen, womöglich auch als Ökonomen.

Zu den Negativ- oder Niedrigstzinsen kann man etwa sagen, warum sind die so gering, wenn die gleichzeitig Verschuldung auf Rekordhöhe ist? Eine hohe Verschuldung hat ein hohes Zahlungsausfallsrisiko zur Folge. Ein Marktzins läge so garantiert nicht bei Null.

Oder allgemein bei der Zentralisierung von Notenbanken im Euroraum. Wenn ich zentralisiere kann ich auf eine Art effizienter werden, wenn weniger Menschen oder Gremien entscheiden. Das ist aber trügerisch, denn die Auswirkungen der einzelnen Entscheidung sind grösser und die Wahrscheinlichkeit, dass die zentralisierte Instanz eine Fehlentscheidung trifft, muss deswegen nicht kleiner werden. Sie ist sicher höher als die Wahrscheinlichkeit, dass viele kleinere Instanzen gleichzeitig falsch entscheiden.

Somit muss es zu einer Risikoakkumulation kommen, welcher Rechnung zu tragen ist. Das hast du ja auch geschrieben. Redundante Systeme, die etwa Ingenieure unbedingt in Produktionsanlagen einbauen müssen und auch sehr gut können, gibt es nicht. Warum eigentlich? Fazit: Völlig untauglich, leider, für ein eigentlich unverzichtbares System.

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Danke für deinen technischen Blick auf die Sache! Was wäre ein Beispiel für redundante Systeme in einer Produktionsanlage? Ich kenne mich im Maschinenbau leider überhaupt nicht aus. Aber es gibt doch soetwas wie Sollbruchstellen, also die Stellen die bei Versagen absichtlich kaputt gehen, um eine größere Zerstörung zu vermeiden. Ich bin mir sicher, solche "Sollbruchstellen" muss es auch im System der Hochfinanz geben...

Beim Punkt Zentralisierung gebe ich dir auch Recht. Eine weitergehende Zentralisierung im Euroraum steht offenbar bereits in Planung, da Merkel auch angekündigt hat, man werde, sobald wie möglich ein EU-Finanzministerium mit Finanzminister einrichten. Wie du gesagt hast, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler passieren höher bei einer Behörde, als bei mehreren Kleinen. Ich denke aber auch, dass das ganze System nach dessen Regeln jede Behörde arbeiten würde irgendwo fehlerhaft ist, aber die Wissenschaft oder die menschliche Fähigkeit ohne Gier sondern mit Verstand zu arbeiten, nicht so weit sind. Zur Zeit wird die Blockchain ja fast sektenartig bejubelt, und viele denken, dass sie die Lösung aller Probleme ist. Doch sehe ich auch, dass in jedem System die menschliche Gier zu großen Problemen führen kann.

Es kommt darauf an, was man gerade braucht. Grundsätzlich muss man in einer automatisierten Produktion die Elektronik mehrfach absichern, bei der Produktion muss man dann sehen, was man braucht. Da die Anlage wohl nicht dezentral über die ganze Erde verteilt ist, kann man den Prozess oft herunterfahren und in einen gefahrlosen Zustand bringen. Man kann aber auch bei Fehlern weiter produzieren wollen und dann wird man wohl Abschnitte mehrfach aufbauen müssen, um sie im Fehlerfall nutzen zu können. So muss das Finanzsystem wohl auch abgesichert werden, da es kaum abgestellt werden kann, auch wenn viele Dienstleister versagen. Das muss dem System eigentlich völlig egal sein.

Bei Wikipedia [1] ist es einigermassen übersichtlich aber vereinfacht dargestellt. Drei Redundanzsysteme werden dort kurz erklärt. Nur der letzte, der Fall eines Fail Operational Systems taugt auch für das Finanzsystem. Fail Save und Fail Passive taugen dafür nicht. Ich bin auch kein Anlagenbauer, aber musste mal einiges über chemische Anlagen lernen und fand es krass, wie gross und komplex einige Anlagen sind, die für die grosstechnische Produktion aufgebaut wurden. Aber sie stehe an einem Ort und sind nicht völlig dezentral.

Fail operational ist ein fehlertolerantes System, das auch bei Fehlern noch läuft und deswegen aus mindestens 3 Teilsystemen bestehen muss. Diagnose und Fehlerunterdrückung sind vorhanden und erlauben den weiteren Betrieb. Nebenbei sollte bei Fehlern aber trotzdem alles fehlerhafte ausgeräumt und instand gestellt werden.

Das wurde aber auch bei störungsfreiem Betrieb seit der letzten Finanzkrise nicht unbedingt getan.


https://de.wikipedia.org/wiki/Redundanz_Technik

Interessant! Mal schauen, wie sich das Finanz- und Bankensystem in Zukunft weiterentwickelt...

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