Politik 067 - Gedanken über die Verteidigung westlicher Länder - Beispiele Schweiz und Deutschland

in #deutsch6 years ago (edited)

17. April 2018

Grundsätzlich halte ich mich nicht für jemanden, der von Landesverteidigung, Militär, Sicherheitsstrategien und ähnlichem über eine grössere Ahnung verfügt. Ein paar Dinge wurde ich in meinem Leben aber gelehrt, die in der aktuellen Politik keinen Eingang zu finden scheinen. Dieses Thema ist eindeutig ein staatstragendes und kein libertäres, freiheitliches oder wirtschaftsorientiertes. Trotzdem wollte ich einmal ein Paar Gedanken dazu formulieren. Ich wurde wohl durch meine Beschäftigung mit Inhalten des amerikanischen Strategieexperten und Antikommunisten Jeffrey Nyquist inspiriert. Dass es nicht gerade als hip gilt, über Verteidigungsstrategien, Militär, Polizei und dergleichen zu schreiben und zu lesen, kann ich nachvollziehen.


Als Absolvent des Gymnasiums hatte ich 2004 ausgerechnet die Idee, die Abschlussarbeit im Fach Geschichte über die USA als Besatzungsmacht im Irak zu schreiben. Auf dieses nicht besonders geglückte Dokument bin ich heute definitiv nicht mehr stolz, aber darum soll es nicht gehen. Bereits während der Kriege im Irak (ab 2003) [1] und Afghanistan (ab 2001) [2] ist mir klar geworden, dass sich die westlichen Länder eigentlich nicht leisten können, ihre Soldaten zu verheizen. Erstens weil die Kosten und der Aufwand für die Ausbildung, bis ein Soldat im halbzivilen Umfeld kampffähig ist, sehr hoch sind. Dazu kann man sich im Einsatz kaum einen Fehltritt leisten. Wer sich einen solchen leistet, kann leicht erschossen oder übel verletzt werden oder überreagieren und sich damit zu Hause ins Gefängnis bringen, obwohl man eigentlich vor allem seine eigene Haut retten wollte.

Wenige Monate später, ab Sommer 2005 leistete ich in meinem Heimatland, der aussenpolitisch neutralen Schweiz, Wehrdienst bei der Infanterie [3], alles an einem Stück. In der Schweiz herrscht bis heute Wehrpflicht. Die Schweiz ist auch traditionell ein kämpferisches Volk. In der ersten Bundesverfassung von 1848 stand im Artikel 13 [4], dass die Bestandteile der Eidgenossenschaft - die Kantone - nicht mehr als 300 Mann stehende Truppen halten durften.

Art. 13. Der Bund ist nicht berechtigt, stehende Truppen zu halten. Ohne Bewilligung der Bundesbehörde darf kein Kanton oder in getheilten Kantonen kein Landestheil mehr als 300 Mann stehende Truppen halten, die Landjägerkorps nicht inbegriffen.

Da ich es nicht über den Soldatengrad hinaus brachte, Ambitionen verfolgte ich ohnehin keine, war diese Übung nach 300 Tagen im Dienst erledigte. Auf den ganz tiefen Ebenen der Hierarchie bekommt man natürlich nicht besonders viel mit von den grossen Strategien und dem Wissen, welches es für die erfolgreiche Bekämpfung von Gegnern verschiedenen Typs braucht. Ich komme deswegen auch nicht in Verdacht, hier geheimes Wissen auszuplaudern. Uns Soldaten wurde aber eindeutig gesagt, dass man eine wirklich kampffähige Einheit etwa nach der Grundausbildung plus einem Jahr Kampftraining erhält. Ein solches Training besteht selbstverständlich aus verschiedensten Kampfdrills, in denen alle möglichen Bewegungen geübt werden, bis sie in jeder Situation funktionieren, der Schleiferei der körperlichen Fitness, der Ausweitung der Toleranz gegenüber Schmerzen, das Aushalten von Entbehrungen wie viel zuwenig Schlaf, Unterversorgung mit Nahrung und mehr. Gemäss den Voraussetzungen, die gerade angesagt sind.

Wobei ich auch gesagt haben will, dass zum damaligen Zeitpunkt in der Schweiz mindestens in meinem Bereich keine klassischen Kriegsstrategien eingeübt wurden. Im Gegenteil wurden vor allem Einsätze im halbzivilen Umfeld geübt, wie sie sich auch in den meisten aktuell vorherrschenden Konflikten ereignen. Die Armee als Instrument der Verteidigung, welches im Wesentlichen mit der Polizei zusammenarbeitet, um Bedrohungen im destabilisierten, eigenen Territorium zu bekämpfen, um einen Zustand der halbwegs vorhandenen Normalität aufrecht erhalten zu können. Wenn man das in einem Land können will, braucht man in einem Ernstfall, der über Konflikte hinaus auch durch grössere Unfälle, Naturkatastrophen oder wirtschaftliche Zusammenbrüche ausgelöst werden kann, rasch verfügbar viele Leute, die das System erhalten können. Dazu entsprechende Infrastruktur. Die Schweizer Armee ist aktuell keine voll einsatzbereite Armee, mit einem jährlichen Budget von ca. CHF 5 Mia. liegt wohl auch nicht viel mehr drin.

Neben den Infanteristen gibt es in der Schweiz noch weitere Kampftruppen, die klassischen Grenadiere [5], die die Speerspitze bilden und die Panzergrenadiere. Für die erstere Funktion erfüllte ich die sportlichen Voraussetzungen ziemlich deutlich nicht. Die Dienstzeit erlebte ich teilweise schon als eine eher mühsame Zeit, allerdings hatte ich das Glück, bereits im Alter von 18 Jahren die Sache hinter mich bringen zu können. Im fortgeschritteneren Alter hätte ich wohl mehr Schwierigkeiten mit der einen oder anderen Anordnung gehabt. Trotzdem kann man den Stil der militärischen Führung und die Ausgestaltung der Hierarchien aus heutiger Sicht im Vergleich zu hoch kompetitiven kleinen Firmen als Anachronismus mit wenig Flexibiliät bezeichnen.


Über die letzten zwei bis drei Jahre erreichten mich auch viele Berichte zur deutschen Bundeswehr [6]. Oft wird über die mangelhafte Bereitschaft, den ungenügenden Ausrüstungsgrad, untaugliche Soldaten und eine zu wenig kompetente politische Führung gesprochen [7-9]. Gemäss meinem begrenzen Verständnis handelt es sich bei den Deutschen Streitkräften im Wesentlichen um eine Verteidigungsarmee innerhalbe des Militärbündnis NATO. Zu offensiven Aktionen fähige Armeen unterhalten in Mitteleuropa vor allem das Vereinigte Königreich und Frankreich.

Zuvor hörte ich einen Horrorbericht eines Forschungsleiters an der Uni, der in den 1970er Jahren Dienst leistete. Während seiner Dienstzeit kam ein Rekrut durch absolut verantwortungsloses Verhalten eines Unteroffiziers sogar ums Leben. Heute wird gerne gesagt, ganz aktuell von dem jüngsten Abgeordneten der AfD im Bundestag - Jan Nolte (geboren 1988) [10] - der Zustand der Bundeswehr sei vor allem deswegen schlecht geworden, weil die Leute verweichlicht seien [11]. Vor seinem Engagement im Bundesparlament war Nolte 9 Jahre lang Zeitsoldat.

Dazu kann ich sagen, dass man mit einer Strategie der Härte kaum erfolgreich sein dürfte. Aus eigener Erfahrung kenne ich es, dass ich eigentlich immer dann nichts tue, wenn ich zu etwas gedrängt werde oder gesagt wird, ich müsse dieses oder jenes unbedingt tun. Wenn gesagt wird, es sei doch interessant und nützlich, dieses und jenes zu tun und dass es sich auszahlt, ist die Situation schon eine ganz andere. Die Bundeswehr ist seit 2011 eine Armee mit ausgesetzter Wehrpflicht und ich gehe davon aus, dass es ihr eher Schwierigkeiten bereitet, genügend Nachwuchs zu finden. Für die Spezialkräfte dürfte die Situation eine andere sein, dort gehen in Regel Leute hin, die sich entsprechend vorgebildet haben und wissen, wohin sie wollen.

Ein Problem mit dem Nachwuchs bedeutet automatisch, dass eine Strategie der Härte kaum durchzuhalten ist. Viel eher braucht es Techniken, die Leute, die man bekommt, auf das entsprechende Niveau zu bringen. Mit Aussagen, die Leute seien einfach nicht hart und zäh genug, zeigt man bereits Resignation, was ebensowenig förderlich ist. Mir persönlich ist diese Art von Haltung verhasst, denn allzuoft ist man im Leben damit konfrontiert, aus dem, was gerade vorhanden ist, noch etwas Vernünftiges hinzubekommen. Ob einem die Situation, in der man sich befindet, gefällt oder nicht, ist völlig unerheblich. Im Gegenteil kostet jedes Lamento unmittelbar Energie, die eigentlich zur Lösung des Problems gebraucht würde.

Mich haben in dieser Hinsicht die Aussagen von Mark Lauren (geboren) [12] beeindruckt, der hierzulande vor allem als Autor des viel beworbenen und verkauften Buches Fit ohne Geräte [13] bekannt sein dürfte. Lauren beschreibt in einem der einleitenden Kapitel in Kürze, wie rasch sich in den USA der Bedarf an Truppen nach dem nach den Anschlägen des 11. September 2001 [14] veränderte. Sehr mobile, spezialisierte Infanterietruppen wurden in viel höherem Masse nachgefragt als klassische Infanteristen, was eine Anpassung der Ausbildungen erforderlich machte. Zuvor hatte man mehr als genug Bewerber und siebte rigoros alle aus, die die Härtetests nicht bestanden, ob das an einem kleinen Problem, an einer lausigen Tagesform oder an einer echten Nichteignung lag, war einigermassen unerheblich. Man überliess die Vorbereitung den Kandidaten und urteilte sehr streng. Wenn man hingeht und den Bedarf massiv erhöht, verändern sich die Aufgaben an Ausbilder. Es geht nun darum, die Ressourcen zu schaffen, um mehr Menschen durch die Ausbildungen zu bekommen und gleichzeitig so wenig wie möglich Abstriche bei den Fähigkeiten und der Qualität der Absolventen machen zu müssen. Es geht also plötzlich viel mehr darum, auch nicht vollständig geeignete Kandidaten auf das verlangte Niveau zu bringen. Genau das erlebt man auch mit einer Armee mit ausgesetzter Wehrpflicht. Lauren schrieb, dass ihm mit den Anpassungen am Fitnesstraining für die grössere Zahl an Soldaten beeindruckende Resultate gelungen sind. Diese beinhalteten viel mehr gezieltes Kraft-Aufbautraining mit viel Training mit dem eigenen Körpergewicht, das ganze Programm aufgebaut als Kraft-Intervalltraining. Allerdings sagt ein leistungsfähiger Körper noch nicht viel über die Intelligenz im Einsatz, in Gefechtssituationen und hohem Stress aus, dafür war Mark Lauren aber auch nicht zuständig.


Allgemein, wenn es um Verteidigung und Strategie geht, schaue ich mich vorwiegend in den entsprechenden Ressourcen aus der Schweiz um, etwa in den Sicherheitspolitischen Berichten des Bundes [15]. Wenn es um Deutschland und Mitteleuropa geht, sehe ich sehr gerne die Sendungen von Alexander Benesch und lese dessen Texte. Natürlich hat seine Arbeit im Zuge der Zeit seine eigene Farbgebung bekommen, die mir aber gerade aus eine zivilen und bürgerlichen Sicht ziemlich sympathisch ist. Er hat vor kurzem auch ein Video zur Bundeswehr produziert [16].

Benesch erwähnt im Video, dass die Armee der DDR, die Nationale Volksarmee (NVA) [17] die Bundesrepublik Deutschland während des Kalten Krieges [18] locker innerhalb einer Woche hätte übernehmen und besetzen können. Eine Woche hätte die Bundeswehr für eine Mobilmachung mindestens gebraucht. Auch oder gerade aus einer freiheitlichen Sicht sollte man ein solch geringes Mass an eigener Verteidigungsfähigkeit schon hinterfragen. Auch als friedliebender Mensch will man sich wohl nicht gerne selbst aufgeben und sich unter die Fittiche anderer Mächte begeben. Wer souverän sein will, muss sich verteidigen können und in der Lage sein, darüber zu entscheiden, was man auf dem eigenen Territorium zulassen will und was nicht.

Vom Aufbau eines Reservistenbestands, der lediglich mit Wochenendkursen ausgebildet wird, wie aktuell in Deutschland begonnen, sollte man sich mit ziemlicher Sicherheit kein grösseres Wunder an neuer Verteidigungsfähigkeit erhoffen [19]. Die Kurzausbildung umfasst lediglich 178 Stunden. Meine Dienstdauer von 300 Tagen bestand aus etwa 150 Tagen Ausbildung, wobei man nicht selten mehr als 12 Stunden auf den Beinen war.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Irakkrieg
https://en.wikipedia.org/wiki/Iraq_War
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_Afghanistan_seit_2001
https://en.wikipedia.org/wiki/War_in_Afghanistan_2001-present
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_Armee
[4] Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 12. September 1848. geändert durch Revision vom 22. Februar 1866 http://www.verfassungen.de/ch/verf48-i.htm
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Grenadier
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeswehr
[7] Bundeswehr - Das Schweigen der Männer. Junge Freiheit, 08. Juni 2017, von Felix Krautkrämer https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/das-schweigen-der-maenner/
[8] "Zerstörer Ursula" - Was bleibt von der Bundeswehr nach Ursula von der Leyen? Tichy's Einblick, 04. Juli 2017, von Roland Tichy https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/was-bleibt-von-der-bundeswehr-nach-ursula-von-der-leyen/
[9] Meinung - Bundeswehr Von der Leyen hat ihr Ziel verfehlt. Welt.de, 20. Juni 2017, von Jacques Schuster https://www.welt.de/debatte/kommentare/article165591179/Von-der-Leyen-hat-ihr-Ziel-verfehlt.html
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Nolte
[11] Wehrpflicht - AfD beklagt „Verweichlichung“ von Bundeswehrsoldaten. Junge Freiheit, 17. April 2018 https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/afd-beklagt-verweichlichung-von-bundeswehrsoldaten/
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Lauren
[13] Fit ohne Geräte: Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht – Neuausgabe: Der Weltbestseller komplett überarbeitet und in Farbe. Mark Lauren, riva Verlag, 2017 https://www.amazon.de/dp/3742304119/ref=cm_sw_r_tw_dp_U_x_taH1AbJ1066RZ
[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Terroranschläge_am_11_September_2001
https://en.wikipedia.org/wiki/September_11_attacks
[15] SIPOL B 2016: Die Sicherheitspolitik der Schweiz Bericht des Bundesrates. Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, 2016. https://www.vbs.admin.ch/de/themen/sicherheitspolitik/sicherheitspolitische-berichte/sicherheitspolitischer-bericht-2016.detail.document.html/vbs-internet/de/documents/sicherheitspolitik/sipolb2016/SIPOL-B-2016-de.pdf.html
[16] Die Bundeswehr ist Skull & Bones, Deutschland ist unverteidigt. Alexander Benesch YouTube Kanal, 27. Februar 2018
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Volksarmee
https://en.wikipedia.org/wiki/National_People%27s_Army
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Kalter_Krieg
https://en.wikipedia.org/wiki/Cold_war
[19] Bundeswehr sucht Reservisten Wochenendkrieger im Schnellkurs. Tagesschau.de, 12. April 2018, von Christian Thiels https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-reservisten-schnellkurs-101.html


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Hab 18 Monate bei den Panzergrenadieren gedient und dann noch ca. 160 Wehrübungstage in der Alarmreserve bei den Gebirgsjägern.

Dazu kann ich sagen, dass man mit einer Strategie der Härte kaum erfolgreich sein dürfte.

Hier kann ich Dir nicht zustimmen. Es geht nur über die Härte.
Schweiß spart Blut, hat man bei uns immer gesagt.
Je mehr Druck und Stress in der Ausbildung erzeugt wird, desto einfacher verkraftet man den Einsatz.

Man muss sich nur die lächerlichen sportlichen Einstellungstests bei der Bundeswehr heute anschauen, um zu sehen wie schlecht es um diese Armee steht. Auch wurden die erforderlichen Leistungsmarschanforderungen bei den aktiven Soldaten drastisch reduziert (von 30 km auf 12 km bei Männern, nur 9 km bei Frauen), weil es sonst keiner mehr schafft. Besser wäre es den ganzen Laden zuzusperren. Macht nach dem Ende des kalten Krieges eh keinen großen Sinn mehr. Lieber sollte man die Antiterroreinheiten bei der Polizei und Bundesgrenzschutz ausbauen, aber wahrscheinlich gibt es dafür auch nicht genug geeignete Bewerber.

Allerdings sagt ein leistungsfähiger Körper noch nicht viel über die Intelligenz im Einsatz, in Gefechtssituationen und hohem Stress aus, dafür war Mark Lauren aber auch nicht zuständig.

Intelligenz ist bei den Mannschaftdienstgraden der Amis auch nicht erwünscht. Unvorstellbar, was ich bei meinem Truppenaustausch in USA da alles erlebt habe.
Ein Freund von mir, Amerikaner der 25 Jahre als Kampfpilot bei den Marines gedient hat, hat mir mal gesagt, was MARINE wirklich bedeutet:
Muscles Are Required Intelligence Not Essential.
Das trifft es ganz gut....

Danke für den Kommentar, der auch mit eigenen Erfahrungen gespickt ist.

Bezüglich der Härte kann ich sagen, dass man bei uns nicht zur Infanterie kam, wenn man physisch gar nichts hinkriegte. In den ersten etwa 12 Wochen wurden wir schon geschliffen, das ist auch nötig, um das Leistungslevel zu erreichen. Aber es war auf einem für einen Abiturienten machbaren Niveau.

Wie man die Vorbereitung für echte Einsätze durchführt, kann ich nicht sagen. Ich war nur in Hilfspolizeieinsätzen in der Schweiz unterwegs, das ist bei uns erlaubt und wurde öfter durchgeführt. Wie es sich in Kriegsgebieten anfühlt und wie man dort am besten zurechtkommt, kann ich nicht sagen, ich habe weder Erfahrung darin, noch Wissen. Da wird die Kompetenz in der Bundeswehr höher sein als in der Schweizer Armee.

Märsche gab es bei uns auch, ich habe sie gemocht, wenn ich mich recht erinnere, haben wir 3 x 25 km und 1 x 50 km gemacht. Den letzteren gab es bei hübschem Schneefall und mit mindestens 2'000 m Höhendifferenz. Was der Ausdruck Leistungsmarsch genau bedeutet, weiss ich jetzt nicht, aber die Reduktion scheint mir doch etwas gross.

Für Umbauten im Sinne der modernen Gegebenheiten werden wohl auch nicht die nötigen Mittel genehmigt. Ob man Spezialkräfte beim Militär ausbaut oder beim Bundesgrenzschutz kommt wohl nicht allzusehr darauf an, es liegt beides beim Bund.

Dass MARINE ein hübsches Acronym ist, wusste ich bislang auch noch nicht, der ist gut. Ich habe während meiner Dienstzeit bei einer Bahnfahrt einen Marine im Urlaub gesprochen. Mindestens hat er sich bei mir so vorgestellt, einige Bilder gezeigt und hat auch von Einsätzen in Südamerika erzählt. Ein Schwarzer und Unteroffizier, der eigentlich ziemlich auf Zack war, aber vielleicht war er auch eine Ausnahme...

Ja die Unteroffiziere und Offiziere sind auch auf Zack, aber bei den Mannschaften ist das gar nicht erwünscht. Die sollen nicht nachdenken, sondern nur gehorchen. Wenn man nachdenkt, wird man wohl auch nicht aus einem Landungsboot auf einen Strand zustürmen, direkt ins feindliche MG-Feuer.
Mein Eindruck aus den gemeinsamen Gefechtsübungen mit den Amis war, dass die viel rücksichtsloser mit ihren Soldaten umgehen. Während bei uns versucht wurde möglichst wenig Verluste zu haben, ging es bei denen immer mit dem Kopf durch die Wand, egal wie viele dabei draufgehen.

Ich habe gerade das Reservistenmagazin Loyal vor mir liegen. Da geht es in einem Artikel um die Einsatzfähigkeit der deutschen Panzer, Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe:

  • Schützenpanzer 56% einsatzbereit
  • Transportflugzeug A400, 20% einsatzbereit
  • Eurofighter, 30% einsatzbereit
  • Hubschrauber NH90, 22% einsatzbereit
  • Fregatten, 38% einsatzbereit

da hat sich seit meiner Zeit (mein Wehrdienst begann 1999) echt nichts verbessert.
Bei uns waren auch immer nur 30-50% der Panzer einsatzbereit. Der Rest wurde als Ersatzteillager verwendet.
Ich bin sowieso gegen jede Art von Auslandseinsätzen, aber ich finde es echt verantwortungslos unsere Soldaten mit völlig untauglichem oder nicht einsatzbereiten Material in die Einsätze zu schicken. Wir haben ja nicht mal Rettungshubschrauber...

Zu der MARINE Geschichte noch mal. Als mein Freund an der Uni war (mit eher schlechtem Abitur) und keine Lust mehr auf das Studium hatte, waren Rekrutierungsoffiziere am Campus. Die von der Luftwaffe haben ihn wegen seines schlechten Abiturs gleich weitergeschickt. Als der Offizier der Marines gehört hat, dass er gerne Pilot werden würde, hat er ihn erst mal Klimmzüge machen lassen. Als er genug geschafft hat, hat er gesagt:"Alles klar, du kannst bei uns Pilot werden." Als er noch mal nachgefragt hatte, ob das mit seinen schlechten Noten geht, hat ihm der Offizier gesagt, was das Acronym MARINE wirklich bedeutet. Und dann ist er F18 Pilot geworden. Wobei da natürlich während der Ausbildung schon noch ausgesiebt wurde.

Kopf durch die Wand klingt sehr erfolgsversprechend, es durfte immerhin ein sehr aggressives Vorgehen sein. Bei uns wurde teilweise erzählt, dass die Amis unheimlich gerne rumballern und dass es ihnen egal sei, wenn sie für einen Gegner 1 Mio. Schuss raushauen. Ob das irgendwo im Bereich der Wahrheit liegt oder nur phantasiert wurde, weiss ich nicht.

Dass man beim Militär nie eine wirklich hohe Einsatzbereitschaft des Materials haben kann, ist eigentlich schon vom System her klar, da die Beschaffungsprojekte auf reiner Kommando-/Verwaltungs-Basis funktionieren. Da ist kein wirtschaftliches Modell dahinter, also funktioniert es in etwa so gut wie Sozialismus, dort wird ja auch nichts unterhalten, sondern hingestellt und ewige Haltbarkeit verlangt...

Immerhin sind bei der Bundeswehr eine Mehrheit der Schützendosen einsatzbereit. Dann müssen nicht alles Infanteristen zu Fuss gehen. Dass die A400 nur zu 20 % einsatzbereit sind, finde ich ganz übel, die sind doch keine 5 Jahre im Dienst. Für den Hubschrauber gilt das gleiche, der ist auch noch nicht alt.

Bei uns wurde teilweise erzählt, dass die Amis unheimlich gerne rumballern und dass es ihnen egal sei, wenn sie für einen Gegner 1 Mio. Schuss raushauen. Ob das irgendwo im Bereich der Wahrheit liegt oder nur phantasiert wurde, weiss ich nicht.

Genau so ist es. Ich hab in meiner ganzen Bundeswehrzeit insgesamt nicht so viel Munition verballert wie in den 3 Wochen Truppenaustausch in USA.

Der A400 und der NH90 waren eigentlich von Anfang an nie wirklich einsatzbereit.

Eine alte Weisheit sagt: Auch wenn man sich nur verteidigen will, muss man das Kriegshandwerk gelernt haben. Das gilt übrigens in allen Bereichen des Lebens. Man kann ja gegen Krieg sein, aber es ist völlig naiv zu denken das man diesem nur „wegdemonstrieren" muss und alles ist gut. Mein Trainer in meiner Jugendzeit sagte einmal: Eine gute Verteidigung funktioniert nur, wenn man die Technik des Angriffes kennt. Mein Trainer war übrigens 74 Jahre alt, aber in der Verteidigung top fit.

Danke für den Kommentar!

Ich habe nichts hinzuzufügen. Ausser vielleicht, dass mir auch schon aufgefallen ist, dass einige der Leute, die sehr entschieden und öffentlich gegen militärische eingestellt sind, da und dort Guerillakonflikte inmitten von zivilem Umfeld gutheissen.

natürlich gibt es Friedensaktivisten, die es mit ihren Aussagen nicht so genau nehmen. Es hängt halt immer noch in den Köpfen, dass es sowas wie einen gerechten Krieg geben würde. Oft ist es so, dass der Verteidiger seine Verteidigung nicht nur beim Maß der Verteidigung belässt, sondern in die Emotion der Vergeltung verfällt. Guerillakonflikte sind hierfür prädestiniert. Es fehlt fast immer ein besonnener und vernunftbegabter Mediator. Es fehlt das Gleichgewicht. Dann kommt noch das einzelne Individuum ins Spiel, das manchmal auch etwas zickig ist und einen Mediator, wenn überhaupt vorhanden, ablehnt, weil er Befürchtungen hat, dass er zu parteiisch sein könnte. Es ist daher, wie ich schon sagte, naiv zu glauben, dass man das Kriegshandwerk nicht erlernen muss und man Kriege überwinden könne. Es ist der schlimmste Irrglauben mit den verheerendsten Folgen. Das einzige was Kriege im Zaum halten kann ist der freie Markt und der freie Handel. Auch dieser kann Kriege nicht verhindern, aber er ist in der Lage den Kollateralschaden so gering wie möglich zu halten. Bastiat sagte schon, „entweder werden die Güter die Grenzen passieren, oder Soldaten.“

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