Persönlichkeiten 007 - Jewgeni Michailowitsch Lifschitz, Physiker

in #deutsch7 years ago (edited)

03. Juli 2017

Nachdem ich vor einigen Tagen bereits den Physiker Leo Dawidowitsch Landau [1] vorgestellt habe, möchte ich einen weiteren bekannnten Physiker aus der Sowjetunion vorstellen: Jewgeni Michailowitsch Lifschitz [2], der im eben erwähnten Artikel mehrfach erwähnt wurde. Die beiden hatten einige Werke gemeinsam veröffentlicht. Das zehnbändige Lehrbuch der theoretischen Physik [3] ist in weiten Teilen aus der Kooperation dieser beiden Physiker entstanden, auch wenn zum Ende hin auch andere Autoren beteiligt waren und Landau nicht mehr dabei sein konnte. Das Werk wurde erst 1979 abgeschlossen, Landau war bereits 1962 schwer verunglückt und verstarb 1968. In diesem Artikel werde ich nicht weiter auf dieses Werk eingehen, da ich dies schon beim Artikel über Leo Landau getan habe.

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Jewgeni Lifshitz zusammen mit Leo Landau [4].

Kurze Biographie

Jewgeni Michailowitsch Lifschitz (Евгений Михайлович Лифшиц, 21. Februar 1915 bis 29. Oktober 1985). Lifschitz wurde als Sohn des im Russischen Reich sehr angesehenen Medizinprofessors Michail Iljitsch Lifschitz in der nordostukrainischen Stadt Charkow [5] geboren. Zwei Jahre später kam sein Bruder Ilja Michailowitsch Lifschitz (Илья́ Миха́йлович Ли́фшиц, 13. Januar 1917 bis 23. Oktober 1982) zur Welt, der ein ähnlich bekannter Physiker wurde [6], aber mehr im Bereich der Festkörper- und Polymerphysik tätig war. Die Familie Lifschitz ist soweit mir bekannt eine ursprünglich russisch-jüdische, es wird aber auch gesagt, dass sich der Name von der südpolnischen Stadt Głubczyce ableiten lässt [7]. Der Name taucht in verschiedenen Schreibweisen auf, weltweit. Mir begegnete er unter anderem auf meiner Reise nach Südafrika. Dort besichtigte ich mit der Gruppe, mit der ich unterwegs war, eine Straussenfarm, die seit mehr als einem Jahrhundert einer aus Litauen stammenden Familie Lifshitz gehört.

Jewgeni Lifschitz beendete die Schule, welche er nur während zweier Jahre besuchte und ansonsten Heimunterricht genoss, im Alter von 14 Jahren. 1929 begann er mit dem Studium. Zunächst an einer Chemieschule, dann an der Fakultät für Physik und Mechanik am Maschinenbauinstitut in Charkow. Nach seinem Diplom 1933 blieb er in Charkow und wurde Schüler von Professor Leo Landau, wo er 1934 promoviert wurde.

In der Folge zog er nach Sankt Petersburg und war an der dortigen Universität als Forschungsassistent tätig, wobei er zeitweilig auch in Moskau lehrte. In Sankt Petersburg wurde er 1939 habilitiert. Danach war er am Institut für Physikalische Probleme der Akademie der Wissenschaften in Moskau tätig. Er wurde vom Direktor des Instituts, Pjotr Kapitza [8] eingeladen, dort tätig zu werden, wiederum gemeinsam mit Leo Landau.

Die Zeit war eine sehr bewegte. Leo Landaus wurde 1938 durch den KGB verhaftet. Damals wurden auch naturwissenschaftliche Fakultäten von sogenannt unsowjetischem und aufrührerischem Gedankengut gesäubert. Währenddessen der Direktor Kapitza sich sehr für Landaus Freilassung einsetzte, zog Lifschitz es vor, für einige Zeit aus dem Sichtfeld zu verschwinden, er wollte seine bevorstehende Habilitation wohl auch nicht gefährden. Er reiste Mitte 1938 für etwa drei Monate auf die Halbinsel Krim, um danach etwa neun Monate in Charkow zu verbringen, wo er am Institut für Chemische Technologie lehrte.

Seit 1966 war er korrespondierendes Mitglied der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Dazu war er während drei Dekaden Herausgeber des russischen Journal für Experimentelle und Theoretische Physik (Журнал экспериментальной и теоретической физики, Journal experimentalnoi i teoretitscheskoi phiziki). Seine Lehrtätigkeit war nicht auf die Moskauer Akademie der Wissenschaften beschränkt. Lifschitz lehrte darüber hinaus auch an der Universität seiner Heimatstadt Charkow, am dortigen Institut für chemische Technologie und am Institut für Maschinenbau und Mechanik. In Moskau lehrte er auch an der Lomonossow-Universität und dem Moskauer Pädagogischen Institut.

Für seine Tätigkeit erhielt Jewgeni Lifschitz einige Preise. 1954 den Staatspreis, 1958 den Lomonossow-Preis, 1962 mit Landau den Lenin-Preis für den Kurs in Theoretischer Physik, 1974 erhielt er den Landau-Preis. International gewürdigt wurde er erst spät in seinem Leben, 1983 mit der Ernennung zum Fellow of the Royal Society of London und 1985 einer Ehrendoktorwürde der Universität Budapest.

Lifschitz' intellektuelles Talent war ausserordentlich gross. Unter anderem war er der zweite von 43, denen es gelang, Leo Landaus Kurs und Prüfung Theoretisches Minimum zu bestehen. Ich habe diese Prüfung nie gesehen und weiss nicht wie viele sich daran versucht haben. Nur eines dürfte klar sein, an einer halbwegs anspruchsvollen Prüfung in Physik würde ich kläglichst scheitern und dieses Schicksal mit der überwiegenden Mehrheit aller Menschen teilen.

Über das Privatleben von Jewgeni Lifschitz konnte ich nur wenig finden. Ausser, dass er mit Elena Konstantinovna Beresowskaya verheiratet war, mit der er einen Sohn hatte, den 1946 geborenen Michail. Über diese Beziehung hinaus führte er eine weitere mit Zinaida Ivanovna Gorobetc, die er 1948 kennenlernte. Sein Gesundheitszustand begann sich nach dem Tod seines jüngeren Bruders Ilya im Jahre 1982 massiv zu verschlechtern. Bis zu seinem Tod 1985 litt er an Herzproblemen.

Jewgeni Lifschitz' politische Einstellung wird in den biographischen Texten [2, 4], die ich gefunden habe, nicht umfangreich beschrieben. Aber es wird gesagt, dass er im Gegensatz zu Leo Landau nur sehr wenig mit kommunistischem Gedankengut anfangen konnte. Den Direktor des Physikalischen Instituts der Akademie der Wissenschaften in Moskau, Pjotr Kapitza, bewunderte er sehr für dessen Engagement für aus politischen Gründen inhaftierte Wissenschafter. Unter anderem bewahrte er Kopien von dessen mutigen Briefen an die Verwaltung auf.

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Porträt von Jewgeni Lifschitz [4].

Bahnbrechende Ergebnisse in der Forschertätigkeit

Den wohl grössten Beitrag leistete Jewgeni Lifschitz in der Quantenelektrodynamik, wo er die Casimir-Kraft [9] erstmals berechnete und vorhersagte, dass diese Kraft nicht nur anziehend, sondern auch abstossend zu wirken vermag. Aus diesem Wissen konnte man auch das Verhalten von bald zu schmelzen beginnenden kristallinen Stoffen näher beschreiben. Bevor die Oberfläche nämlich flüssig (engl. Premelting [10]) zu werden beginnt, bilden sich quasiflüssige Filme, deren Dicke temperaturabhängig ist. Mithilfe von Lifschitz' Erkenntnissen lassen sich derartige Phänomene auch elektrodynamisch charakterisieren.

Dazu wurde er wegen seiner Arbeit zur Belinski-Chalatnikow-Lifschitz(BKL)-Singularität bekannt. Dies gehört in den Bereich der allgemeinen Relativitätstheorie und scheint ein bis heute nicht gelöstes Problem darzustellen.


[1] Persönlichkeiten 006 - Leo Dawidowitsch Landau, Physiker. @saamychristen, 15. Juni 2017 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/persoenlichkeiten-005-leo-dawidowitsch-landau-physiker
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Jewgeni_Michailowitsch_Lifschitz
https://en.wikipedia.org/wiki/Evgeny_Lifshitz
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Course_of_Theoretical_Physics
[4] http://www-groups.dcs.st-and.ac.uk/history/Biographies/Lifshitz.html
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Charkow
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Ilja_Michailowitsch_Lifschitz
https://en.wikipedia.org/wiki/Ilya_Lifshitz
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/G%C5%82ubczyce
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Pjotr_Leonidowitsch_Kapiza
https://en.wikipedia.org/wiki/Pyotr_Kapitsa
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Casimir-Effekt
[10] https://en.wikipedia.org/wiki/Premelting


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i dont speak deutch which is a great language unfortunately but im sure that evgueni lifshitz is onee of the greatest physicians of all times!

Thanks for your comment and welcome to steemit!
I predominanty publish in German, first because it is my mother tongue and it is easier to write rapidly, second because it is a very rich and complex language and third because I feel as a member of the German community here on steemit.
Yes, Evgeny Lifshitz was one of the greatest physicists of all time. I read some parts of the Couse of Theoretical Physics and was deeply impressed by the asthetics in the writing and presentation of the content. But, asthetic presentation means high complexity.

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