Persönlichkeiten 004 - Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch
10. Juni 2017
Der in diesem Jahr verstorbene Mathematiker Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch (Игорь Ростиславович Шафаревич, 03. Juni 1923 - 19. Februar 2017) [1] ist nicht nur als Wissenschafter bekannt geworden. In Schytomyr [2], in der Zentralukraine geboren, wurde sein Talent für die Mathematik in seiner Jugend erkannt. Bereits 1946, im Alter von 23 Jahren, wurde er promoviert und auch in die Akademie der Wissenschaften der UdSSR wurde er ausgesprochen früh aufgenommen, mit 34 Jahren. 1960, im Alter von 37 Jahren, übernahm er als Professor die Leitung des Steklow-Instituts für Mathematik in Moskau [3].
Ein undatiertes Bild von Igor R. Schafarewitsch [5].
In seinem Fachbereich war er vor allem in der Zahlentheorie, Algebra und algebraischen Geometrie forschend tätig und ihm und den ihm anvertrauten Wissenschaftern gelangen einige wichtige Erkenntnisse. Über diese Themen und über Mathematik allgemein schrieb er auch einige Bücher, die auch auf englisch erschienen sind. Allerdings kam ich im Zuge meiner Ausbildung nur in einem Fall mit einem seiner Bücher in Kontakt, seinem neuesten. Linear Algebra and Geometry behandelt Dinge, die ich im Chemiestudium lernen musste. Alles andere ging weit darüber hinaus und ist wohl auch intellektuell etwas zu hoch für mich, respektive liegt ausserhalb meines Interessengebietes.
Nun habe ich im ersten Satz geschrieben, dass Igor R. Schafarewitsch nicht nur als Wissenschafter bekannt wurde. Politisch positionierte er sich nämlich nicht auf einer Linie mit der sowjetischen Führung und bekundete ziemlich offen seine Nähe zu Dissidenten. Einer seiner Freunde organisierte 1965 eine Protestbewegung und wure bald verhaftet, es war der Mathematiker und Dichter Alexander Jessenin-Wolpin [6]. Auch mit weiteren Dissidenten wie dem Physiker Andrei Sacharow [7] war Schafarewitsch bekannt. Sacharow wurde vom deutschen Libertären Oliver Janich als Vater der Ideologie des anthropogenen Klimawandels ausgemacht und als Scheindissident bezeichnet wurde [8]. Dies aufgrund der Tatsache, dass Sacharow in der geschlossenen Industriestadt Gorki (Nischni Nowgorod) unter Hausarrest gestellt wurde, währenddessen seine Ehefrau im Westen herumreisen durfte.
Schafarewitsch kannte auch den bekanntesten Dissidenten in der Sowjetunion, Alexander Solschenizyn [8]. Dieser gründete 1970 ein Komitee für Menschenrechte, welchem Schafarewitsch auch beitrat. 1975 wurde er wegen seiner regimekritischen Tätikgeiten von der Moskauer Universität entlassen.
Kurz darauf publizierte Schafarewitsch ein politisch-historisches Buch, welches noch 1975 in Frankreich erstmals erschien. Bei der englischsprachigen Wikipedia [1] ist im Jahr 1975 eine Publikation namens "Socialism in Our Past and Future" erwähnt. Ob das die Übersetzung des Originaltitels ist, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Eine englische Übersetzung erschien erst 1980 unter dem Titel The Socialist Phenomenon [9]. In diesem Buch zeigt Schafarewitsch sozialistische Phänomene in der ganzen Weltgeschichte und liefert seine Analyse dazu, die nicht besonders positiv ausfällt. Im Gegenteil sieht er den Sozialismus als einen Ausdruck einer Selbstvernichtungstendenz (Todestrieb) in der Geschichte. Sein Buch ist im letzten Jahr auf deutsch wieder erschienen, unter dem Titel "Der Todestrieb in der Geschichte: Erscheinungsformen des Sozialismus" [10]. Ganz aktuell hat der bekannte deutsche Youtuber Horst Lüning (Unterblog) eine Buchrezension in Videoform veröffentlicht:
Nach diesem Werk veröffentlichte Schafarewitsch noch weitere Bücher, unter anderem Russophobia, welches durchaus antijüdische Ressentiments bediente und gerade im Westen nicht gerade auf Gegenliebe stiess. Ich habe dieses nicht gelesen und verfüge deswegen auch nicht über ein eigenes Bild davon. Bei Wikipedia steht nur, dass er umfangreich Quellen angegeben hatte und den Vorwurf des Antisemitismus zurückwies. Schafarewitsch war darüber hinaus auch politisch aktiv, in radikal-oppositionellen Bewegungen, blieb aber weitgehend erfolglos.
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Igor_Shafarevich
https://de.wikipedia.org/wiki/Igor_Rostislawowitsch_Schafarewitsch
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schytomyr
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Steklow-Institut_f%C3%BCr_Mathematik
[4] Diese Bilddatei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Deutschland“ lizenziert und darf weiterverbreitet werden. Sie ist undatiert und wurde unter dem deutschen Link unter [1] gefunden. Als Urheber wird Konrad Jacobs, Erlangen genannt.
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Jessenin-Wolpin
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Andrei_Sacharow
[7] Kapitalismus-Komplott - Die Geheimen Zirkel Der Macht & Ihre Methoden. Oliver Janich, Finanzbuchverlag, 2010
Die vereinigten Staaten von Europa. Oliver Janich, Finanzbuchverlag, 2014
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Issajewitsch_Solschenizyn
[9] The Socialist Phenomenon. Igor R. Shafarevich, 1975
https://archive.org/details/SocialistPhenomenon
Als .docx und .pdf von mir arrangiert, sicher nicht perfekt, aber schöner.
docx: https://yadi.sk/d/2BxsfMwR3Jz8dF
pdf: https://yadi.sk/i/lT42v4h93Jz8da
[10] Der Todestrieb in der Geschichte: Erscheinungsformen des Sozialismus. Igor R. Schafarewitsch, deutsche Version 2016, Lichtschlag Edition Klassik https://www.amazon.de/dp/3939562637/ref=cm_sw_r_cp_dp_T2_.--ozbR6VZ4GX
[11] Buchbesprechung: Igor R. Schafarewitsch, Der Todestrieb des Sozialismus. Horst Lüning, 09. Juni 2017
Wieder eine spannende Persönlichkeit, die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte -danke dafür
Danke für den Kommentar!
Es dürfte eine gute Entscheidung sein, nicht die bekanntesten Persönlichkeiten, aber doch einigermassen wichtige und einflussreiche zu nehmen. Mal sehen wie es weitergeht, das war ja erst der vierte Teil.
Ich bleibe weiterhin sehr gespannt!