Medien 030 - Zum ARD Framing Manual
19. Februar 2019
Das Framing-Manual, welches die ARD („Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland) [1] vor einiger Zeit in Auftrag gegeben und erhalten hat, hat seit der Bekanntwerdung seiner Existenz für einigen Wirbel gesorgt [2-9]. Eigentlich nur zur internen Verwendung bestimmt fand es dieser Tage über netzpolitik.org den Weg an die Öffentlichkeit [10].
Viele Worte will ich dazu nicht verlieren, in den acht verlinkten Artikeln ist schon einiges enthalten. Zum Ausdruck Framing [11], das soviel wie Einrahmung oder Rahmengebung bedeutet, sei gesagt, dass es im Medienbusiness eigentlich immer dazu kommt. Jedes Medium folgt weltanschaulichen Richtlinien, vielleicht eigenen, wahrscheinlicher aber solchen, die von aussen vorgegeben werden. Durch den Zeitmangel - Newssendungen im Fernsehen oder Radio sind meist sehr kompakt und konzentriert - kommt es unweigerlich zu Vereinfachungen, die nicht immer gleich sinnvoll sind und einen bei längerer Betrachtung in der Regel Muster erkennen lassen.
Darüber hinaus kann man Frames auch absichtlich generieren, aufbauen und gestalten. Das dürfte am besten dann gelingen, wenn man in einem bestimmten Bereich über eine Oligopol- oder Monopolstellung verfügt. Dann hat man die Gelegenheit, längere Zeit auf die Kunden einzuwirken und ihnen möglicherweise die Vorzüge des eigenen Frames angedeihen zu lassen.
Wenn sich der Kunde dieses Beeinflussungsversuchs völlig bewusst und gewahr ist, ist das kein Problem. Ein solcher Kunde ist aber sehr anspruchsvoll und wird sich bei vielen Versuchen ihn zu framen denken: "Netter Versuch!" Da ein erwachsener Mensch im Westen aber mit viel mehr Dingen zu tun hat, als er seine Expertengebiete nennt, sollte er stets davon ausgehen, sich stets in einigen Gebieten unter dem Einfluss konstruierter Frames zu befinden.
Das erwähnte Framing-Manual [10] stellt sogenannt moralisches Framing in den Mittelpunkt. Aus einer freiheitlich-marktwirschaftlichen Sicht ist das eher bemerkenswert. Aus dieser Sichtweise wurde immer wieder an die Adresse der öffentlich-rechtlichen Medien geäussert, dass diese sich über Gebühren eigentlich auf eine moralisch wenig gerechtfertigte Weise finanzieren. Wer im Manual liest, kann sehen, dass man sich einiges ausgedacht hat, um die Diskussionsebene von der Ebene der Gebühren und ihrer Rechtfertigung wegzubewegen.
Wer sich nur ganz kurz mit dem Framing-Manual [10] auseinandersetzen möchte, dem seien die Beispiele von Slogans zur Lektüre empfohlen [10 - Seiten 85-89]. Im Artikel, der bei der Bild erschienen ist [8], sind auch einige davon erwähnt. Am besten gefallen haben mir:
- Fernsehen ohne Profitzensur.
- Andere wollen Geldgewinne. Wir wollen Erkenntnisgewinn.
- Andere wollen Geldgewinne. Wir wollen Kulturgewinn.
- Gemeinsamer Rundfunk statt Informationsanarchie.
- Kein Demokratiekapitalismus. Kein Rundfunkkapitalismus. Kein Informationskapitalismus.
Das ist ein bisschen wenig Kapitalismus, wenn er aus Demokratie, Rundfunk und Information entfernt wird. Es ist sicherlich nicht zulässig, zu behaupten, dass stattdessen unbedingt und konsequent ein Demokratie-, Rundfunk- und Informationskommunismus propagiert wird. Vor allem wenn man sich vergegenwärtigt, dass Kommunismus in der Theorie eigentlich ein nicht-hierarchisches System sein sollte. In einem anderen Slogan wird der gemeinsame Rundfunk angefügt, der über einer Informationsanarchie stehen soll. Wie eine Informationshierarchie mit der egalitären Idee, die gemeinsam und der Nichtkapitalismus implizieren, gleichzeitig existieren soll, ist mir nicht ganz klar.
Wahrscheinlich wird man verschiedene Frames aufbauen und sich erhoffen, dass schlussendlich für (fast) jeden etwas dabei sein wird.
Wer mehr über die Autorin des Manuals - Dr. Elisabeth Wehling [12] - erfahren möchte, dem sei ein Vortrag aus dem Jahr 2017 empfohlen [13]:
Gerne verweise ich auch auf @fabio's Beitrag zum Thema, der ziemlich gleichzeitig [14] veröffentlicht hat.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/ARD
https://en.wikipedia.org/wiki/ARD_broadcaster
[2] Wofür braucht die ARD denn ein “Framing Manual”? Generalsekretärin Susanne Pfab über den viel diskutierten Sprach-Leitfaden. Meedia, 13. Februar 2019, von Stefan Winterbauer https://meedia.de/2019/02/12/wofuer-braucht-die-ard-denn-ein-framing-manual-generalsekretaerin-susanne-pfab-ueber-den-viel-diskutierten-sprach-leitfaden/
[3] Neues deutsches Sendungsbewusstsein: Die ARD will mit Moral das Publikum einseifen. NZZ, 13. Februar 2019, von Claudia Schwartz https://www.nzz.ch/feuilleton/framing-bei-der-ard-neues-deutsches-sendungsbewusstsein-ld.1459569
[4] ARD-Strategiepapier - ARD: Manipulieren und Moralisieren mit Gebühren. Tichys Einblick, 12. Februar 2019, von Christopher Walter https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/ard-manipulieren-und-moralisieren-mit-gebuehren/
[5] Angst vor dem Gebührenzahler - Der New Speak der ARD – wie wir manipuliert werden sollen. Tichys Einblick, 15. Februar 2019, von Roland Tichy https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/der-new-speak-der-ard-wie-wir-manipuliert-werden-sollen/
[6] Aufstand der ARD-Anständigen? - ARD für „gelenkte Demokratie“? Tichys Einblick, 16. Februar 2019, von Roland Tichy https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/ard-fuer-gelenkte-demokratie/
[7] Untrennbare Entitäten - ARD: Läuft das Gehirnwäscheprogramm schon? Tichys Einblick, 17. Februar 2019, von Roland Tichy https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/ard-laeuft-das-gehirnwaescheprogramm-schon/
[8] Geheimpapier - So will die ARD uns umerziehen. Bild, 18. Februar 2019,
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/geheimpapier-aufgetaucht-so-will-die-ard-uns-umerziehen-60219088.bild.html
[9] Öffentlichkeit - Wir veröffentlichen das Framing-Gutachten der ARD. Netzpolitik, 17. Februar 2019, von Markus Beckedahl und Leonhard Dobusch https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-framing-gutachten-der-ard/
[10] Framing-Manual - Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD. Berkeley International Framing Institute, Dr. Elisabeth Wehling. PDF-Datei: https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/02/framing_gutachten_ard.pdf
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Framing_Kommunikationswissenschaft
https://en.wikipedia.org/wiki/Framing_social_sciences
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_Wehling
[13] re:publica 2017 – Elisabeth Wehling: Die Macht der Sprachbilder – Politisches Framing. re:publica YouTube Kanal, 11. Mai 2017
[14] Die ARD - Frames und Pfründe. @fabio, 19. Februar 2019 https://steemit.com/deutsch/@fabio/die-ard-frames-und-pfruende
Bisherige Posts in der Rubrik «Medien».
Übersicht über alle Rubriken.
"Gemeinsamer Rundfunk statt Informationsanarchie."
"Öffentliche ARD Foren statt Steemit".
Danke für den Kommentar!
Das einzige, was an einem "öffentlichen ARD Forum" wirklich öffentlich ist, ist die Finanzierung...
Ich habe gesehen, dass du auch zum Thema veröffentlicht hast, musste ich unbedingt verlinken. Wenn ich mir die Slogans ansehe, habe ich vor allem das Gefühl, dass man sich vonseiten ARD nicht unbedingt an ein Publikum richtet, das die intelligentesten, kritischsten und freiheitlichsten Menschen zentral beinhaltet.
Bezeichnenderweise bedeuted "to frame, being framed" usw. im Englischen umgangssprachlich "betrügen, (jemanden) reinlegen, abzocken". Ob das Zufall ist... ?
Danke für den Kommentar!
Wahrscheinlich ist es kein Zufall und eigentlich bin ich gerade gar nicht stolz, dass ich mich an diese Bedeutung nicht erinnert habe. Einigermassen sicher bin ich, dass diese Bedeutung in einer ARD-Selbsterklärung zum Thema kaum vorkommen wird.
Susanne Pfab hat im Gespräch mit Stefan Winterbauer - erschienen bei Meedia [1] - die im deutschsprachigen Raum eher negative Konnotation des Begriffs "Framing" etwas moniert und gesagt, in den USA sei der Begriff gang und Gäbe. Die betrügerische Bedeutung wurde wie nicht anders zu erwarten nicht erwähnt.
[1] Wofür braucht die ARD denn ein “Framing Manual”? Generalsekretärin Susanne Pfab über den viel diskutierten Sprach-Leitfaden. Meedia, 13. Februar 2019, von Stefan Winterbauer https://meedia.de/2019/02/12/wofuer-braucht-die-ard-denn-ein-framing-manual-generalsekretaerin-susanne-pfab-ueber-den-viel-diskutierten-sprach-leitfaden/
Tja, schwer zu sagen was dahinter steckt. Ich würde auch nicht ausschließen, das sich irgendwelche Wichtigtuer den Namen haben einfallen lassen, um zu beweisen das ihre Studiengebühren nicht verschwendet waren. Da passiert es leicht mal, das man sich mit selbst erfundenen Anglizismen als Idiot outed. :)
Mit dem deutschen Begriff, wie zB. "Rahmenanweisung", wäre das nicht passiert, aber den kennt ja jeder schon und das ist nicht "cool".
Aha! Propaganda heißt jetzt Framing. Gut zu wissen.
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Danke für den Kommentar!
Framing ist nicht ganz die Propaganda selbst, sondern deren Gestaltungsrahmen. Den Ausdruck und dessen Bedeutung sollte man auf jeden Fall präsent haben. Ich gehe davon aus, dass er in Zukunft öfter anzutreffen sein wird.
Die Sprecherin der Universität Berkeley jedenfalls wird wortkarg, wenn man danach fragt, ob Wehlings Namenswahl für das Institut nicht irreführend sei: „Das möchten wir derzeit nicht kommentieren“, sagt Gilmore.
Salonkolumnisten
Danke für den Kommentar!
Ja, Salonkolumnisten ist auch eine sehr empfehlenswerte Seite, auf die ich auch mehr verlinken könnte.
Die Webseite des Berkeley Internatinal Framing Institute ist tatsächlich ziemlich dünn und führt wie erwähnt, keine Adresse.
Da mir selbst auch nicht der stromlinienförmigste Lebenslauf gelungen ist, gestehe ich anderen Menschen einiges an Fehlern zu. Der Spass hört allerdings an einem Punkt auf. Nämlich dann, wenn mich vielfach überführte Sünder in einem Thema zu Moral, Zurückhaltung, Verzicht usw. erziehen bis zwingen wollen.
Und was ich auch noch hübsch finde, es wurde verkündet, dass die ARD entweder € 80'000 oder gar € 120'000 bezahlt hat für diese 90 mehr oder weniger hübsch gestalteten Seiten.
90 Seiten umfassen etwa 15-20 meiner Steemit-Posts, € 5'000-8'000 pro Post... würde sich lohnen bei etwa 250 pro Jahr.