Ideologie 021 - Diktatur in den Köpfen gefährdet die Demokratie III - Drohungen

in #deutsch7 years ago (edited)

08. März 2017

Vergangene Woche habe ich in zwei Artikeln eine politische Veranstaltung erwähnt, die am 17. März in Zürich [1] hätte stattfinden sollen [2, 3].

Unter den Teilnehmern der Podiumsdiskussion "Die neue Avantgarde" hätte auch eines der hochrangigen Mitglieder der AfD, Marc Jongen, teilnehmen sollen. Dessen Teilnahme hat einige "Widerstandskämpfer gegen Rechts" auf den Plan gerufen, die die Veranstaltung von Beginn an verhindern wollten. Die Lokalität Theaterhaus Gessnerallee ist weniger für politische Veranstaltungen bekannt, noch weniger für solche liberaler oder nicht-sozialistischer Prägung.

Die Veranstaltung wurde gestern, 07. März, abgesagt [4]. Als Gründe werden Sicherheitsprobleme genannt. Es seien auch Drohungen ausgesprochen worden. Solche Drohungen sollen in diesem Artikel Thema sein. Aus meiner Sicht haben sowohl anonymes Auftreten, als auch das Aussprechen von Drohungen in der Politik nichts zu suchen. Ich will jeden, der Politik machen will, die mit den Grundrechten oder dem Naturrecht vereinbar ist, friedlich auf einer Bühne, in Videos, Audios oder schriftlich erleben können.

Vor Jahren habe ich einmal gesagt, dass man die Gesundheit eines Landes daran messen kann, ob Politiker in hohen Ämtern ohne Personenschützer auf die Strasse gehen und sich in der Öffentlichkeit zeigen können. Ein Land ist dann krank, wenn das nicht möglich ist. Wobei ich diese Aussage etwas relativieren möchte. Denn es kann auch sein, dass Leute aus dem Ausland einen Gewinn in einem Angriff auf einen Politiker sehen könnten oder die politische Gegenseite mittels toxischer Ideologien aufgehetzt wurde.

Meine Ansicht zu Drohungen

Da ich kein Jurist bin, möchte ich die Sache so darlegen, wie sie in meinem Kopf präsent ist. Die Drohung ist für mich eine Straftat, in der ein Mensch einem anderen ein Erlebnis von Gewaltanwendung prophezeit, wenn er nicht das bekommt, was er möchte. Keine Drohung ist es, wenn einer dem anderen seinen Widerstand gegen eine Straftat des anderen oder deren Konsequenzen ankündigt, wobei der Widerstand verhältnismässig stattzufinden hat. Widerstand kann auch gegen Behörden geleistet werden, die ihre Kompetenzen überschritten haben. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter bei den Behörden ganz genau darüber Bescheid wissen, was in ihrem Kompetenzbereich liegt und was nicht.

Wenn jemand in seiner Umgebung Äpfel von Bäumen in fremdem Besitz stiehlt, so ist angesichts der guten Versorgung mit Lebensmitteln hierzulande, eine Zurechtweisung des Fehlbaren bis zur Anzeige gerechtfertigt. Den Fehlbaren krankenhausreif zu schlagen oder ihn schwer bis tödlich zu verletzen läge weit ausserhalb der Verhältnismässigkeit. Allerdings beginnt der Dieb den Konflikt. Er geht das Risiko ein, erwischt zu werden und muss deswegen dem Geschädigten eine Reaktion zugestehen und dessen Widerstand hinnehmen. Auch eine Reaktion, die wegen des Schocks über den Vorfall überzogen sein kann. Beim Diebstahl von Äpfeln dürfte der zugestandene Schockzustand aber ein geringerer sein, als bei einem Einbruch in einer Wohnung oder einem Haus. Mit Selbstjustiz hat ein solches Leisten von Widerstand mindestens aus meiner Sicht gar nichts zu tun.

Drohungen sind in der Politik en vogue, was sind mögliche Hintergründe?

Leider beobachtete ich in vergangenen Jahren tatsächlich einen Verfall des bürgerlichen Anstandes. Dieser ist leider vielen abhanden gekommen, allerdings nicht nur den Normalbürgern, sondern auch Politikern, die lieber auf ihre Treue zur Ideologie schauen oder auf ihren Machterhalt. Obwohl alle politischen Ämter eigentlich den Dienst am Bürgertum, am Volk vorschreiben. Es gibt diesbezüglich auch in der Schweiz eine Zuspitzung. Auf der Seite des Mittelstandes und des privaten Sektors liegen die Nerven teilweise blank. Denn, über die vergangene Dekade musste jeder international tätige Betrieb seine Kosteneffizienz massiv verbessern, wobei gleichzeitig die Budgets des Staates weiter gestiegen sind, insbesondere beim Gesundheitswesen. Diesen Kostenanstieg werden die Bürger entweder bis zu ihrer Entrechtung mittragen oder irgendwann einen Kahlschlag zur Gesundung durchführen oder Einsparungen erzwingen. Real hat in der Schweiz über die letzten Paar Jahre auch eine Deflation Einzug gehalten, wobei die Zentralbank versucht, durch massive Vergrösserung der Devisenmenge in Schweizer Franken mit der im grossen Stil durchgeführten Abwertung der grossen Währungen US-Dollar, Britisches Pfund und Euro Schritt zu halten. Der Anteil der Menge Schweizer Franken, die sich in Besitz des Mittelstandes befinden, nimmt gegenüber der gesamten Währungsmenge ab, was den Druck auf die Menschen erhöht. Die Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg und damit ein gewisser Widerstand gegen die vorherrschende Politk hat rein aus dieser Betrachtung heraus, längst den Mittelstand erreicht.

Diese Situation, die ich soeben beschrieben habe, hat aber mit Drohungen und Einschüchterung noch wenig zu tun. Sie kann aber einer der Urheber sein, sich schlecht zu fühlen und mangels gutem Umgang mit dieser Situation andere zu beschuldigen. In der Politik wird ähnliches seit vielen Jahren betrieben, etwa wenn es darum geht, sogenannt "Superreiche" im Sinne "sozialer Gerechtigkeit" zu melken. So wird zwischen einzelnen Bürgern abhängig von ihrer finanziellen Situation Zwietracht gesät und schlussendlich meist vorwiegend der Mittelstand stärker durch Steuern und Abgaben belastet, weil die "Superreichen" nicht so einfach abkassiert werden können, weil sie entsprechend vorgesorgt haben. Fair wäre es eher, allen die gleichen Privilegien zu gewähren, die Gesetzgebung also bewusst einfach zu halten.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass gerade in den Umsetzungsversuchen von Sozialismen jedweder Prägung diese Zwietracht besonders stark ausgelebt wurde. Wer sich heute mit den Säuberungen der Tscheka, der Roten Armee, des NKWD oder des KGB in der Sowjetunion, der Gestapo und weiteren Organisationen im Dritten Reich, der Anhänger Maos in der Volksrepublik China oder die Massentötungen in Kambodscha durch die Roten Khmer, viele weitere könnten genannt werden, beschäftigt, kriegt das nackte Grausen. Die unermessliche Selbstüberschätzung, der diese Verbrecher in selbstproklamierter Autorität unterlagen, war derart gross, dass für diesen Irrtum Millionen von Menschen mit ihrem Leben bezahlen mussten. Für mich sind deswegen alle Bewegungen, die in irgendeiner Form eine Gesellschaftsform in der Nähe der genannten Mahnbeispiele anstreben, sei es auch "nur" die Planwirtschaft, illegitim und antibürgerlich.

Dabei ist klar, dass kein einziger Franken, Euro oder Dollar, der an Steuern eingenommen wird, mit Sicherheit eingenommen werden kann! Ebenso ist klar, dass eine Gesellschaft und ein politisches System prinzipiell nicht in Schönwetterdenk konstruiert sein darf, sondern auf grösstmögliche Krisenfestigkeit ausgelegt sein muss. Eine kleine Gemeinschaft hat sich so aufzubauen, dass sie selbsttragend ist, also netto nicht auf Energie oder eben Geld von aussen angewiesen ist. Man kann nicht sagen, ich will hier meine Gemeinde, meine Kommune, meine kleine Stadt, aber ein anderer muss für die Kosten aufkommen. Wird nicht ehrlich abgerechnet oder werden nicht einhaltbare Versprechungen gemacht, bleibt bei Verlusten oder dem Kollaps nicht nichts übrig, sondern Ansprüche und Schulden, respektive der Verteilungskampf um die Erfüllung der Ansprüche. Von Schönwetterphantasien bleiben schlussendlich Zwietracht, unerfüllte Ansprüche, respektive massives Konfliktpotential. Bei entsprechender Eskalation sind als Ergebnisse Bürgerkrieg und viele Tote wahrscheinlich.

Wer hat ein Interesse daran, Drohungen auszusprechen?

Dieses Interesse besteht höchstens bei Menschen, die mit totalitären Phantasien sympathisieren. Solche, die eine freiheitliche, offene Gesellschaft nicht als Tatsache akzeptieren wollen, geschweige denn sie pflegen oder sich an ihr beteiligen. Es sind solche, die entweder die heute vorherrschende politische Ordnung zur Diktatur ausbauen möchten und solche, die lieber eine andere, vielleicht nationalistisch oder national-sozialistisch geprägte Diktatur möchten. Wo solche Menschen zu Hause sind, wer sie sind und warum sie so denken und agieren, wie sie es tun, bleibt der Öffentlichkeit meist verborgen, da die Drohungen wohl meist im Schutze der Anonymität ausgesprochen werden. Ich nehme an, dass meist anonym gedroht wird, weil ich bisher sehr wenig über daraus folgende Gerichtsprozesse gehört habe. Für mich ist klar, dass das Betreiben von Politik nicht anonym geschehen darf.

Eine offene, freiheitliche und individualistische Gesellschaft ist viel verletzlicher und einfacher zu destabilisieren als eine geschlossen organisierte, kollektivistische. Dafür ist sie gerade in wirtschaftlicher Hinsicht extrem viel leistungsfähiger und kreativer. Dies hat in sehenswerten Vorträgen und Interviews bereits vor mehr als 30 Jahren der sowjetische KGB-Deserteur Yuri Bezmenov dargelegt, über den ich auch schon berichtet habe [5]. Leider sind die Vorträge über das Wirken des KGB und der Subversion nur in Englisch verfügbar. Bezmenov spricht darin über ein Heer an "nützlichen Idioten", die der KGB im Westen (indirekt) unterhalten habe, vorwiegend Intellektuelle, die unter einer Herrschaft des KGB nicht lange überleben würden. Sie standen im (unfreiwilligen oder freiwilligen?) Dienste der von den Propagandisten des Sowjet-Sozialismus aufgestellten Dialektik und waren sich nicht der Tragweite oder der möglichen Konsequenzen ihres Handelns bewusst. Jemand, insbesondere Politiker, der internationale Interessen oder Interessen anderer Länder höher gewichtet, als die der eigenen Bürger, bewegt sich in der Nähe des Landesverrats. Vor allem dann, wenn diese Interessenvertretung nicht offen zugegeben wird oder der Fehlbare sich nicht einmal dessen bewusst ist.

Situation im deutschsprachigen Raum

Diese Woche wurde im MDR eine Dokumentation ausgestrahlt, in der es um Angriffe auf Lokalpolitiker ging [6]. Ihr Titel war Mit Hass und Gewalt - Angriff auf die Demokratie. Natürlich ging es dabei um das Thema Einwanderung, welches seit etwa zwei Jahren besonders Deutschland heimsucht und zu einem grossen Konfliktherd geworden ist. Die Öffnung der Grenzen war ein Gesetzesbruch der Regierung, die dafür nicht sanktioniert wurde. Im Gegenteil erhielt sie aus den Medien noch eine gewaltige Zustimmung dafür. Eine richtige Opposition gab es in der bürgerlichen Gesellschaft, die es aber nicht fertig brachte, ihr Anliegen in entsprechendem Umfang in die Öffentlichkeit zu transportieren. Eine mögliche Sanktionierung der Regierung, die ich für fair gehalten hätte, wäre gewesen, den Bürgern freizustellen, ob sie sich an "Wir schaffen das" beteiligen wollen oder nicht. Dann wäre auch einfach zu erkennen gewesen, wieviel Geld für die Integrationsanstrengungen wohl zur Verfügung stehen würde.

Was in der MDR-Dokumentation dargestellt wird, ist für mich die gewünschte Dialektik der jetzt Herrschenden. Man kann zwei unversöhnlich verfeindete Lager erkennen. Auf der linken Seite die halbwegs Zivilisierten aus der Partei die Linke, der SPD und Grünen , unzivilisiert die Antifa. Den anonymen Auftritt des Antifa-Mitglieds in der Dokumentation des MDR empfand ich als äusserst schwach. Denn wie ich in diesem Artikel mehr als einmal geschrieben habe, kann mich mit anonym betriebener Politik ohne Bereitschaft sein Gesicht zu zeigen, nichts anfangen und spreche solcher Politik sogar die Legitimität ab.
Auf der rechten Seite kann man als halbwegs zivilisiertes Beispiel die AfD, dann einen politischer Bürgerverein, als unzivilisiertes die NPD und dazu noch irgendwelche Braunsozialimus-Nostalgiker und Nationalsozialisten sehen. Die gehen aufeinander los, wobei das Wohlergehen des Einzelnen und dessen Freiheit nur eine ganz kleine Rolle zu spielen scheint.

Für fragwürdig halte ich auch, wenn Taten gegen politisch brisante Ziele ohne Verurteilungen, also ohne Beweis, einem politischen Lager zugeordnet werden. Nach einer Verurteilung ist der Beweis erbracht und die verurteilten Menschen öffentlich für die Taten bekannt. Zuvor sind das allerdings nur Mutmassungen.

Anschläge müssen auch nicht von Anhängern eines politischen Lagers verübt werden, sondern können als Aktivitäten der Strategie der Spannung in Auftrag gegeben werden. Sachbeschädigungen, wüste Beschimpfungsschriften an Fassaden und sogar Brandanschläge könnten von kleinen, professionellen Teams in grosser Zahl und Kadenz ausgeführt werden, es braucht dazu keine Täter aus der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft. Drohbriefe können, sofern eine Adressliste vorhanden ist, sogar automatisiert erstellt werden. Mit der bewiesenen Existenz der "Stay behind" Geheimarmeen, dem immer noch nicht sauber aufgeklärten Nationalsozialistischen Untergrund NSU und nahegelegter ausländischer Subversion und Destabilisierung sind genügend Zutaten vorhanden, die solche Taten auch aus anderen Aspekten interessant erscheinen lassen. ..

Auch wenn ein "Aufstand der Anständigen" 2016 von SPD-nahen Kreisen ausgerufen wurde, muss ich sagen, dass diese Forderung sehr richtig ist. Allerdings mindestens für mich muss es ein Anstand derer sein, die freiheitlich denken, sich als Eigenverantwortliche Menschen sehen, die genauso auch leben wollen und deswegen den totalitären Unsinn, der von den dialektischen Feindeslagern beworben wird, in Gänze ablehnen. Diese totalitären Phantasien sind zusammen mit den honigsüssen Schönwetterversprechen an die Wähler die grössten Feinde der Demokratie und der bürgerlichen Gesellschaft.

Mindestens 80 % der Menschen und Bürger sollten dies als Selbstverständlichkeit begreifen!

Abschliessend will ich anmerken, dass mindestens für mich die AfD auch zu diesen Anständigen gehört. Respektive es gehören alle zu den Anständigen, die erstens die AfD akzeptieren können und zweitens ihren Mitbürgern lieber Freiheiten zugestehen, als sie mit Einschränkungen und Verboten quälen. Das rasche Wachstum der Partei AfD bringt allerdings auch Probleme mit sich. Gerade bei den Ressourcen, die für die Prüfung von Mitgliedschaftsanträgen bereitgestellt werden können. Es wird deswegen in Einzelfällen unweigerlich passieren, dass Leute mit totalitären Ideen erst einmal Unterschlupf in der AfD finden. Um sich vor fragwürdigen Leuten und Saboteuren schützen zu können, ist es im besten Eigeninteresse der AfD, sehr sorgfältig zu sein.


[1] https://marcjongen.de/termine/die-neue-avantgarde-podiumsdiskussion/
[2] https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-019-diktatur-in-den-koepfen-gefaehrdet-die-demokratie
[3] https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-020-diktatur-in-den-koepfen-gefaehrdet-die-demokratie-ii
[4] Theaterhaus Gessnerallee Zürich - Podium mit AfD-Vordenker nach Drohungen abgesagt. 20min.ch, 07. März 2017
https://marcjongen.de/termine/die-neue-avantgarde-podiumsdiskussion/
Drohungen gegen Gessnerallee - Auftritt von AfD-Mann abgesagt. NZZ online, 07. März 2017.
https://www.nzz.ch/zuerich/drohungen-gegen-gessnerallee-auftritt-von-afd-mann-abgesagt-ld.149803
[5] https://plus.google.com/106613867040667347381/posts/4YEAuYcuB2o
Yuri Bezmenov (former kgb) Psychological Warfare Subversion & Control of Western Society - Complete


Yuri Bezmenov: Deception Was My Job
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