BRD - Eskalation zwischen Reichsbürgern und Offiziellen der BRD

in #deutsch8 years ago (edited)

Diese Woche ereignete sich im Umgang der BRD mit dem sogenannten Reichsbürgertum eine handfeste Eskalation, die ein Polizist mit seinem Leben bezahlen musste, nachdem ein Reichsbürger "sein Territorium" sozusagen bis zum letzten Mann verteidigt hatte.

Exemplarisch sei ein Artikel über Reichsbürger hier verlinkt [1], in dem auf die typisch unfähige Art von Journalisten mit dem Thema umgegangen wird. Ich selber habe keine profunde Ahnung von dieser Thematik, hege auch keine Sympathien mit dieser Bewegung und würde bei so etwas auch nicht mitmachen, da man sich so ziemlich rasch in Teufels Küche begeben kann. Konkrete Kritik am Vorgehen oder an der Gesetzestreue von offiziellen Organen zu üben, halte ich immer wieder für angemessen, ein generelles Infragestellen kommt für mich bei meinem aktuellen Kenntnisstand nicht in Frage.

Mir ist von den Reichsbürgern nur bekannt, dass sie die Legitimität der BRD gänzlich in Frage oder in Abrede stellen und entsprechend bei BRD-Institutionen auftreten. Sie schütten massiv Sand in das Getriebe des Staatsapparates, bringen einfache Angestellte in den Gemeinden an ihre Grenzen und könnten deswegen kaum unerwünschter sein.

Im verlinkten Artikel wird der SPD-Fraktionschef im Bundestag Thomas Oppermann folgendermassen zitiert: "Wer Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität abspricht, hat in einer modernen Demokratie wie der unseren nichts zu suchen." Ein solches Zitat ist für mich ein reiner Ausdruck von Hilflosigkeit eines hohen staatlichen Funktionärs gegenüber ein Paar Spinnern. Gegenüber solchen braucht es keine Ankündigung oder Drohung, sie ganz aus der Gesellschaft auszuschliessen, sondern etwas ganz anderes:

Es braucht den rechtlich stringenten Beweis, dass die Reichsbürger-Theorien falsch sind! Damit könnte man diesen Theorien einfach den Treibstoff entziehen.

Mit ihrem sehr "eigenen" Gedankengut dürften sich die meisten Reichsbürger längst aus der gesellschaftlichen Mitte verabschiedet haben. Da es in den Auseinandersetzungen zwischen Staat und Reichsbürgern mittlerweile Verletzte und Tote gibt, haben sie sich für mich aus der Region der Harmlosigkeit und der zur Belustigung taugenden Unterhaltung in den bitteren Ernst verabschiedet.


Die von der sogenannten Exilregierung Deutsches Reich verwendete Flagge [2,3]. Es zeigt die Reichskriegsflagge mit Eisernem Kreuz, wie sie in der Weimarer Republik verwendet wurde.

Bei der Anzahl an Juristen, die die BRD beschäftigt, inklusive einer grossen Zahl an sachverständigen Professoren an Universitäten und Instituten, sollte es kein grosses Problem darstellen, eine solche stringente Beweisführung zu leisten und diese Theorien ein für allemal in die Märchenwelt zu verbannen. Wäre ich Autor von Gesetzestexten, wäre es eines meiner ganz zentralen Anliegen, solche Bewegungen mittels sehr präziser Texte bereits im Keim zu verunmöglichen.

Sollte diese Beweisführung nicht möglich sein, was mir zu meinem grossen Erstaunen von einer juristisch ausgebildeten Person nahegelegt wurde, ist dies ein verhängnisvolles Eingeständnis vonseiten der BRD, dass die Reichsbürger nicht überall ganz Unrecht haben. Sie speisen sich wohl in vielen Dingen mit Halbwissen, dichten Unwahrheiten hinzu usw. Aber solange sie nicht vollständig in die Unwahrheit befördert werden, bleiben sie dem Staat BRD als (kleine) Bedrohung erhalten, die aus meiner Laiensicht vollkommen unnötig ist.

Zum Versuch der Autoren, eine Verbindung zwischen Reichsbürgern und der AfD herzustellen werde ich mich nicht ausführlich äussern. Ich halte dies für absurd und bin weiterhin der Meinung, dass die AfD sich als heterogene Bewegung verstehen sollte, in der nicht alle Reihen geschlossen werde, in der Angst, es könne wiederum Vorwürfe aus anderen Parteien oder vonseiten der Medien geben. Die werden sowieso weiter aufkommen. Trotzdem sollte die AfD Wert darauf legen, sich als seriöse, glaubwürdige Oppositionskraft aufzustellen. Auf diese Weise ist den - O-Ton Jörg Meuthen - Kartellparteien am besten entgegenzuwirken [4].

Alexander Benesch hat zum selben Thema gestern auch einen Artikel veröffentlicht, in dem er so gut er kann die Reichsbürger-Theorien in die Märchenwelt zu verbannen versucht [5]. Offizielle Stellungnahmen zum Thema habe ich bis auf das "Handbuch Reichsbürger" des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung wenig Anleitung im Umgang mit Reichsbürgern gefunden [6].

In genanntem Handbuch [6] gibt es auf Seite 83 eine Abbildung, die den Titel Prototyp eines Reichsbürgers trägt. Den Inhalt möchte ich untenstehend gerne zitieren. Für mich ist es interessant zu sehen, wie umfangreich um dieses Thema theoretisiert wird, wobei es eigentlich nur einer anständigen Beweisführung bedürfte, um das ganze Phänomen des Reichsbürgertums zum Verschwinden zu bringen. Im Original sind die einzelnen Punkte nicht nummeriert, ich habe die Nummerierung eingeführt, um einzelne punkte daraus besser kommentieren zu können.

Prototyp eines Reichsbürgers

Abbildung 9: Prototypische Psychopathologie der "Reichsbürger"

  1. männlich, lebensälter
  2. alleinstehend, sozial distanziert bzw. isoliert
  3. auf Beständigkeit bedacht
  4. narzisstische Persönlichkeit, Egozentrismus, vordergründig übersteigertes Selbstbewusstsein bis hin zu Größenwahn
  5. zwanghaft-schizoide Persönlichkeit, rechthaberisch, pedantisch, rigide, weitschweifig
  6. paranoide Persönlichkeit, Verfolgungswahn, Verschwörungsfantasien
  7. fanatische Einsparten-Identität in Bezug auf eine überwertige Idee bis hin zum Wahn
  8. neurotisch gestört bis wahnhaft krank
  9. mangelndes Ur-Vertrauen (Anfälligkeit für Esoterik), Angst vor Kontrollverlust
  10. schwaches Ich, abgespaltenes starkes Über-Ich, unterentwickeltes Es
  11. Selbstgestaltung wird mit viel Aufwand betrieben, Selbsterkenntnis ist kaum mehr möglich
  12. Zeitfokus eher auf die Vergangenheit ausgerichtet mit einer traditionell-antimodernistischen Werthaltung
  13. in der Regel verbal aggressiv, aber körperlich keine Fremdaggressionen
  14. Gefahren: depressiver Zusammenbruch, Autoaggression (Suizid, erweiterter Suizid)

Am besten hat mir daraus der Punkt 9 gefallen. Der Mangel an Ur-Vertrauen, den man mit einem Mangel an kindlicher oder kindischer Naivität synonym setzen kann, kommt bei einem Menschen durch Enttäuschung der Illusion des kindlichen Vertrauens zustande. Es handelt sich dabei um einen irreversiblen Prozess. Kindliches Vertrauen existiert einmal und wenn es zerstört ist, ist es für immer weg. Ich selber habe auch seit einiger Zeit keines mehr, fühle mich heute aber viel lebensnäher, gegenüber der Zeit, in der ich noch in dem kindischen Gefängnis von Täuschung und Illusion drin steckte. Abhängig davon, wie stark diese Illusion des Ur-Vertrauens war, gestaltet sich der Prozess des Verlustes dieses Vertrauens mehr oder weniger intensiv. Desillusionierung, Enttäuschung, Depression, Wut und dergleichen können dabei auftreten, nicht zuletzt deswegen, weil es kaum richtig gute Hilfestellungen dazu gibt oder mir diese nicht bekannt sind.

Aus meiner Sicht sollten eigenverantwortliche Erwachsene sich von kindlicher Naivität weitestgehend fernhalten oder sie möglichst abzulegen versuchen. Erstklassig wäre es, man könnte diesen Prozess in die Erziehung von jungen Erwachsenen miteinbinden, um die Phase des grössten Umbruchs im Menschen drin auch zum Abriss kindlicher Luftschlösser zu nutzen.

Es mag sein, dass Staaten teilweise darauf setzen, in den Bürgern ein Ur-Vertrauen in ihre Institutionen zu generieren, um bequemer regieren zu können. Für mich ist das eine Verkindlichung der Bürger und eine Manipulation, die die eigenen Bürger in ihrer Offengeistigkeit und Leistungsfähigkeit behindert. Ein reifer Staat sollte dies unbedingt zu vermeiden versuchen und auf aufgeklärte, rational und eigenverantwortlich denkende Bürger setzen, nicht auf irgendwelche ideologische oder pseudoreligiöse Illusionen. Nicht zuletzt auch aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Landes. Dass das stimmt, lässt sich z. B. anhand der Geschichte in Vergleichen der ökonomischen Produktivität zwischen USA und UdSSR nachvollziehen.

Der Punkt 3, auf Beständigkeit bedacht, zeigt das exakte Gegenteil von Punkt 9. Oder dessen Konsequenz, nach der Enttäuschung der einen angeblichen Beständigkeiten, werden eben neue gesucht und eventuell auch gefunden.

Zu Punkt 11 bleibt mir nur zu sagen, dass ich nicht verstanden habe, wie die Autoren das Wort "Selbsterkenntnis" genau definieren. Denn, auf den Seiten 75 und 81 wird davon geschrieben, sie sei " ohne andere und die soziale Gruppe" nicht möglich. Ich halte Selbsterkenntnis für einen internen Prozess in mir selber. Da ich mich als Individualist bezeichne, wüsste ich nicht im Ansatz, inwiefern ich für die Erkenntnis meines Selbst ein Kollektiv benötigte. Aber ich bin bekanntlich auch keine psychologisch oder psychiatrisch geschulte Person.

[1] Spiegel Online. Sogenannte Reichsbürger - Die unterschätzte Gefahr. Von Florian Gathmann und Severin Weiland, 20.10.2016.
[2] Bild gefunden auf der deutschen Wikipedia-Seite über die Exilregierung Deutsches Reich. https://de.wikipedia.org/wiki/Exilregierung_Deutsches_Reich
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Flaggen_der_Weimarer_Republik
[4] Jörg Meuthen im Landtag BW zur Erbschaftssteuer

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"Es braucht den rechtlich stringenten Beweis, dass die Reichsbürger-Theorien falsch sind! Damit könnte man diesen Theorien einfach den Treibstoff entziehen."
Leider nein. (Selbst wenn man der Meinung ist, in diesem Fall fehlt das.)
Dass das nicht reicht, siehst du ganz einfach an Dingen wie Chemtrails oder Homöopathie.

Danke für die Antwort. Ich habe im Artikel meine Meinung breit dargelegt, mit deiner scheint sie nicht wirklich übereinzustimmen. Ich werde deswegen einmal antworten, vielleicht ergibt sich daraus noch mehr Dissens oder mehr Verständnis...

Mit den Vergleichen bin ich nicht ganz glücklich geworden. Vor allem deswegen nicht, weil es sich beim von mir bearbeiteten Reichsbürgertum um ein Nicht-Anerkennen von Gesetzestexten oder um ein Nicht-Wissen um eventuell vorhandene Geheimabkommen geht, währenddessen es bei den von dir angefügten Beispielen um Produkte oder messbare Einträge in die Atmosphäre geht. Allen drei Dingen gemeinsam ist ein Nichtvertrauen in staatliche Institutionen.

  1. Bei der Homöopathie wird soweit mir bekannt, häufig mit extremer Verdünnung gearbeitet, so dass in einem Fläschchen vielleicht noch eine handvoll Moleküle des angeblichen Wirkstoffs enthalten sind oder noch weniger. Bei logischer Überlegung muss jedem klar sein, dass er bei entsprechender Behandlung höchstens auf den Nutzen des Placebo-Effektes bauen kann. Wenn sich dabei das Problem verflüchtigt, kann der Patient nach der Behandlung trotzdem glücklich sein, da er zu seinem Wohlbefinden, bis auf das Geld für das homöopathische Produkt recht wenig gebraucht hat. In akuten Krankheitsfällen sollte man sich natürlich nicht auf diese Weise behandeln lassen, respektive muss bereit sein, allfällige Konsequenzen zu tragen. Dass sich die Wirkung homöopathischer Produkte nicht medizinisch-wissenschaftlich nachweisen lässt, kümmert keinen von den Menschen, die ich kenne und solche Produkte konsumieren.

  2. Bei Chemtrails gestaltet sich die Lage nach meinem Wissen auch etwas anders. Es gibt zwei Dinge, die aktuell mit der Atmosphäre angestellt werden.
    a) wird mit Geoengineering experimentiert. Für den Fall, dass die Erdatmosphäre durch die Erhöhung der Verschmutzung und der Konzentration von Kohlendioxid via Verbrennungen und Ausgasung aus Gewässern aus dem lange Zeit vorherrschenden Gleichgewicht herausbewegt und dieses nur mittels Eingriffen wiederherzustellen ist. Es gibt sogar bei der Wikipedia einen langen Artikel darüber.
    b) gibt es auch Aerosole, die zu militärischen Zwecken in die Atmosphäre geblasen werden.
    Hierbei gilt, dass alles, was in die Atmosphäre eingetragen wird, analytisch irgendwie messbar sein muss. Entweder in der Atmosphäre selber, wenn die entsprechenden Substanzen eine lange Verweilzeit aufweisen oder auf dem Boden. In der Schweiz werden einige Metalle und organische Substanzen im Boden überwacht. Welche genau, lassen sich beim entsprechenden Bundesinstitut BAFU [1] nachlesen. Ich werde das heute Abend noch tun. Gehört ein angeblich in die Atmosphäre gebrachte Substanz genau nicht zu den überwachten, sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Auch wenn man sie eventuell später hinzunimmt, sind Zweifel über die ursprüngliche Konzentration möglich. Da zu diskutieren dürfte wirklich uferlos werden. Ich würde mich an die Möglichkeiten der analytischen Chemie halten, da ich darin einigermassen kundig bin.

[1] http://www.bafu.admin.ch/bodenschutz/10161/10173/index.html?lang=de

http://www.principality-of-sealand.ch/hotstuff/dokusschaef/s_shaef_bverfg_dr_zsfg.html

https://www.bundestag.de/presse/hib/2015_06/-/380964

Es ist nicht möglich eine Rechtsnachfolge (Rechte und Pflichten) nicht zu vertreten aber trotzdem als Völkerrechtssubjekt identisch zu sein, somit wäre die BRD ja das Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich und hätte auch die rechten und Pflichten was die BRD aber Faktisch nicht hat!

Zudem sei hier noch angemerkt das wenn die BRd nicht die Rechten und Pflichten übernommen hat warum wir für die Kriegsschulden aufkommen.

Danke für den Kommentar.

Den ersten Abschnitt habe ich gut verstanden, er macht auch offensichtlich, warum es in der täglichen Praxis Probleme geben kann.

Aus dem zweiten und letzten Abschnitt werde ich aufgrund der wohl nicht ganz geglückten Syntax nicht schlau.

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